Drucksache 18 / 16 440 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 11. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2018) zum Thema: Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 18/15763 – Aktueller Sachstand der Sanierungsarbeiten in der Friedrichswerderschen Kirche (II) und Antwort vom 26. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Sep. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 16 440 vom 11. September 2018 über Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 18/15763 – Aktueller Sachstand der Sanierungsarbeiten in der Friedrichswerderschen Kirche (II) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine umfassende Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) um Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahme ist in der Beantwortung berücksichtigt. 1. Wie ist der aktuelle Sachstand der Sanierungsarbeiten an der Friedrichswerderschen Kirche? Bitte, im Gegensatz zur Antwort auf Frage 1 der Anfrage Drs. 18/15763, mit konkreten Daten zum Baustopp, dem Beginn der Erarbeitung eines Sicherungs- und Sanierungskonzepts, den vom Senat erwähnten Einzelschritten sowie zur geplanten Fertigstellung der Sanierungsarbeiten. Zu 1.: Der Baustopp wurde nach Feststellung von erheblichen Rissen in der Apsis und im Deckengewölbe sowie Abplatzungen von größeren Putzteilen am 11. Oktober 2012 mit sofortiger Wirkung vom Bezirksamt Mitte verfügt und es wurden sofort erste Besprechungen durchgeführt mit Bausachverständigen zur Abklärung der Ursachen der festgestellten Grenzwertüberschreitungen. Auf Anregung des ebenfalls zeitnah eingebundenen Landesdenkmalamtes (LDA) wurden weitere anerkannte Sachverständige eingebunden und damit auch die Erarbeitung tragfähiger Konzepte zur Sicherung des Kirchengebäudes und zu dessen Sanierung begonnen. Vorrangig waren dabei eine gründliche Ursachenforschung und die Identifizierung optimaler Sicherungsmethoden für das Kirchengebäude, wozu insbesondere die Kircheneigentümerin und die Kirchennutzerin ständig in die Beratungen eingebunden wurden und der Kreis der beratenden Fachleute entsprechend der dabei formulierten Seite 2 von 6 Erwartungen auch um Spezialisten erweitert wurde, die das Verhalten besonders sensibler historischer Bauwerke mit Hilfe virtueller Modelle untersuchen und Gebäudeverformungen sowie deren Auswirkungen auf die Gebäudestatik so analysieren und einschätzen können. Auf der Grundlage der so gewonnenen Erkenntnisse entschied man sich einvernehmlich für eine Methode, bei der unter die Kirchenfundamente Beton eingespritzt wurde zu deren Stabilisierung und auch zur punktuellen behutsamen Rückführung von stattgefundenen Bewegungen, was allerdings nur unmittelbar an den Fundamenten wirken konnte und schon im Gewölbebereich eingetretene Verformungen nicht neutralisieren konnte. Dort und in den Kirchenwänden eingetretene Risse waren nur durch so genannte Verpressungen oder Vernadelungen kraftschlüssig zu beseitigen. Diese Maßnahmen erfolgten teilweise noch während des verhängten Baustopps, teilweise und insbesondere baubegleitend nach Wiederaufnahme der Bauarbeiten unter ständiger Beobachtung unmittelbar am Bauwerk und durch Auswertung laufender Messungen am Kirchengebäude durch unabhängige Sachverständige, die ihre Erkenntnisse auch regelmäßig in Beratungen mit weiteren Sachverständigen und den Vertreterinnen und Vertretern des Landesdenkmalamtes, der Kircheneigentümerin und der Kirchennutzerin einbrachten. Nach Abschluss der Rohbaumaßnahmen auf der Westseite des Kirchengebäudes erfolgte zusätzlich zu den bereits beschriebenen Sicherungsmaßnahmen auch die restauratorische Bearbeitung der zunächst nur statisch gesicherten Risse. Erst nach Abschluss der Rohbauarbeiten auch auf der Ostseite des Kirchengebäudes , die unter Berücksichtigung der eindringlichen Vorgaben des Landesdenkmalamtes erfreulicherweise ohne neue Beschädigungen verliefen, konnte das im Inneren des Kirchengebäudes für die Sanierungsarbeiten aufgestellte Gerüst beseitigt werden , um nun den Boden des Gebäudes und die Altartreppen auf Schäden zu prüfen. Die insoweit noch erforderlichen Sanierungsarbeiten werden derzeit definiert, weshalb auch eine konkrete Aussage zum Ende des Sanierungsprozesses vorläufig nicht möglich ist. 2.a. Wie hoch ist der Schaden durch die vom Senat in der Antwort auf Frage 3 der Anfrage Drs. 18/15763, erwähnte „bleibende Gebäudeverformung“ sowie die Reduzierung der statischen Reserven in Euro zu beziffern? Zu 2.a.: Diese Schäden sind in Euro nicht bezifferbar, weil einerseits nicht ersichtlich ist, mit welchen Maßnahmen, deren Kosten dann zu ermitteln wären, diese Schäden beseitigt werden könnten und zum anderen das Kirchengebäude als einmaliges Kulturgut keinen Marktwert hat für seinen unbeschädigten und für seinen nunmehr in der beschriebenen Form beeinträchtigten Zustand, aus deren Differenz abgeleitet werden könnte, wie der eingetretene Schaden in Euro zu beziffern ist. 2.b. Gibt es eine Übereinkunft mit dem Schadensverursacher über die Übernahme der Kosten, welche infolge der Schädigung der Bausubstanz (Reduzierung der statischen Reserven) zukünftig entstehen könnten? 2.c. Wenn ja wie sehen diese aus? Wenn nein warum nicht? Seite 3 von 6 Zu 2.b. und 2.c.: Es existiert eine Nachbarvereinbarung mit umfänglichen Regelungen, auch zur Schadensregulierung, die einer Veröffentlichung aber nicht zugänglich ist. 3. In welcher finanziellen Höhe belaufen sich die Kosten für die Beseitigung der Schäden in der Friedrichswerderschen Kirche und welche rechtlichen Konsequenzen sind zu erwarten? Bitte, im Gegensatz zur Antwort auf Frage 6 der Anfrage Drs. 18/15763, mit konkreter Angabe der Kosten für die Beseitigung der Schäden in Euro sowie einer detaillierten Aussage bezüglich der rechtlichen Konsequenzen. Zu 3.: Die Schadensbeseitigungen, die technisch möglich und erfolgt sind bzw. noch erfolgen werden, finanziert der Schadensverursacher. Eine Rechnungslegung, zu der dem Senat ein Einsichtsrecht zustünde, ist nicht vereinbart. Eine Rechtsgrundlage für diese Einsichtnahme ist nicht ersichtlich. 4.a. Wurden die vom Senat in Antwort auf Frage 7 der Anfrage Drs. 18/15763 beschriebenen Auflagen eingehalten? Zu 4.a.: Das Ausmaß der entstandenen Schäden gibt Grund zu der Annahme, dass nicht alle geeigneten und notwendigen Maßnahmen vor Beginn der Baumaßnahme durch den Antragsteller ergriffen wurden, um den benachbarten Denkmalbestand vor Gefährdungen durch das Neubauvorhaben zu schützen. 4.b. Wenn ja, welche Maßnahmen wurden wann durch den Bauherren ergriffen, um den Denkmalbestand vor Gefährdungen zu schützen und waren diese aus Sicht des Senats geeignet? Zu 4.b.: Entfällt. 4.c. Wenn nein, warum nicht und wann ist dieses Versäumnis aufgefallen? Zu 4.c.: Dem Landesdenkmalamt wurden erstmals am 12.10.2012 Schäden mitgeteilt. 5. Wann wurden durch wen die Schadensbilder an der Friedrichswerderschen Kirche erkannt und wann wurde durch wen die Denkmalschutzbehörde informiert? Mit Bitte um Nennung konkreter Daten. Zu 5.: Mit Datum vom 11.10.2012 erhielt die Bauaufsicht des Bezirksamtes Berlin-Mitte die Riss-Anzeige durch die Friedrichswerdersche Kirche. Am 11.10.2012 wurde ein Baustopp für Großbohrpfähle verhängt. Seite 4 von 6 Am 11.10.2012 erging ein Schreiben der Bauwert Werderscher Markt GmbH, dass die Bauarbeiten an den Großbohrpfählen entlang der Kirche eingestellt werden. Die Gründe für die Schäden waren zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Am 12.10.2012 erfolgte mündlich eine Erweiterung des Baustopps für die gesamte Baugrube. Am 16.10.2012 erfolgte ein erstes „Krisengespräch“ mit allen Beteiligten (Bauleitung, Kirche, Denkmalpflege, SPK, Nationalgalerie). Das Landesdenkmalamt wurde erstmals am 12.10.2012 durch einen Mitarbeiter der Staatlichen Museen zu Berlin über Schäden in der Kirche informiert. 6.a. Welche Abstandsregelungen und Traufhöhen gelten in dem Gebiet und wurden diese zwischen der Friedrichswerderschen Kirche und der Bebauung der „Kronprinzengärten“ eingehalten? Bitte, im Gegensatz zur Antwort auf Anfrage Drs. 18/15763, mit detaillierter Darstellung der angefragten Abstandsregelungen und Traufhöhen. Zu 6.a.: Die Abstandsregelungen und Traufhöhen in dem Gebiet sind durch Bebauungsplan I-208-1 vom 20.12.2011 festgesetzt. Die detaillierte Darstellung ist veröffentlicht im Gesetz und Verordnungsblatt des Landes Berlin und kann dort nachvollzogen werden . 6.b. Wenn diese Abstandsregelungen und Traufhöhen nicht eingehalten wurden, wie stellt sich der Istzustand dar und welche Konsequenzen sind dem Bauherrn dadurch erwachsen? Zu 6.b.: Ob die Abstandsregelungen und Traufhöhen eingehalten wurden, überprüft das zuständige Bauordnungsamt im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens. Ob der Bauherr bereits eine Baufertigstellungsanzeige beim zuständigen Bauordnungsamt eingereicht hat, ist dem Senat nicht bekannt. 7. Wann wird die Friedrichswerdersche Kirche wieder der Öffentlichkeit zugänglich sein? Bitte, im Gegensatz zur Antwort auf Frage 9 der Anfrage Drs. 18/15763, mit Angabe eines detaillierten Zeitplans inklusive des geplanten Termins der Wiedereröffnung. Zu 7.: Wie im letzten Satz der Antwort zu Frage 1. erläutert wurde, ist noch nicht absehbar, wann konkret die Sanierungen abgeschlossen sein werden, weshalb der Termin einer Wiedereröffnung des Kirchengebäudes derzeit auch noch nicht seriös genannt werden kann. 8.a. Welche Nutzungsmöglichkeiten für die Friedrichswerdersche Kirche werden, neben der Nutzung als Museum, derzeit diskutiert und welche zukünftige Nutzung würde der Senat begrüßen? Zu 8.a.: Dem Vernehmen nach gibt es auf Seiten der Kirchengemeinde in der Friedrichstadt Überlegungen und Abstimmungen zu einer Wiederaufnahme der Kirche als Verkündigungsstätte . Seite 5 von 6 8.b. Hat der Senat eigene Pläne zur Nutzung der Friedrichswerderschen Kirche und wenn, ja welche? Zu 8.b.: Der Senat hat keine eigenen Pläne zur Nutzung der Friedrichswerderschen Kirche. 8.c. Plant der Senat die Förderung einer zukünftigen Nutzung? Wenn ja welcher und in welcher Höhe? Geplante Summe bitte in Euro. Zu 8.c.: Nein, da es noch keine Entscheidungen zur künftigen Nutzung gibt. 9.a. In der dritten Sitzung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten am 13.3.2017 sprach der Landeskonservator und Direktor des Landesdenkmalamtes ,Dr. Jörg Haspel, von einem Gesprächstermin mit Landesbischof Dröge, Staatssekretär Woop und Senatsbaudirektorin Lüscher, wo man das gesamte Vorhaben auswerten und Schlüsse für die Zukunft ziehen wolle. Konkret gehe es dabei um die Frage, wie man reagiere, wenn ein Bauherr die ihm obliegende Verpflichtung, bestimmte Auflagen einzuhalten, nicht oder nicht in dem erforderlichen Umfang ausführe, und um die nach dem Verursacherprinzip zu beseitigenden Schäden und Mängel. (Siehe Inhaltsprotokoll der Sitzung Seite 6). Fand dieses Gespräch statt? Zu 9.a.: Das Gespräch mit Bischof Dr. Markus Dröge fand am 27.04.2017 statt. 9.b. Wenn ja, wann, unter Beteiligung welcher Personen und welche Ergebnisse wurden erzielt? Zu 9.b.: An dem Gespräch am 27.04.2017 nahmen unter anderem Bischof Dr. Dröge, Staatssekretär Woop, Landeskonservator Prof. Dr. Haspel sowie Vertreter der SPK, der Technischen Universität Berlin (TU Berlin), des Bezirksamtes Mitte sowie der evangelischen Kirche teil. Die Beteiligten kamen überein, dass - bestehende Bau- und Denkmalgesetze gewissenhaft beachtet werden müssten , - Bauvorhaben in der Nähe eines Denkmals keine Genehmigungsfreiheit nach Bauordnungsrecht erhalten sollten, - solche Bauvorhaben unter wirksamer Einbeziehung des Denkmalschutzes sowie der Eigentümer des Denkmals eingehend geprüft und erst dann genehmigt werden dürften, - das Planwerk der Stadt Berlin nicht unkritisch und pauschal umgesetzt werden dürfe, - die Ausschreibungskultur zu verbessern sei, - dem Denkmalschutz in seiner Bedeutung für die Stadtplanung ein größeres Gewicht beizumessen sei. Seite 6 von 6 9.c. Wenn nein, warum bisher nicht und wann ist ein entsprechendes Gespräch geplant? Zu 9.c.: Entfällt. 10. Laut Aussage des Landeskonservators und Direktors des Landesdenkmalamtes, Dr. Jörg Haspel, in der dritten Sitzung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten am 13.3.2017, haben sich verschiedene Parameter hinsichtlich einer musealen Nutzung an der Friedrichswerderschen Kirche verändert, so etwa die Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse (Siehe Inhaltsprotokoll der Sitzung Seite 7). Ist geplant diese veränderten Verhältnisse durch technische Lösungen auszugleichen und gibt es diesbezüglich Übereinkünfte über die finanzielle Beteiligung des Bauherrn der Kronprinzengärten? Zu 10.: Dazu liegen dem Senat noch keine Informationen vor. 11. Laut Aussage des Landeskonservators und Direktors des Landesdenkmalamtes, Dr. Jörg Haspel, in der dritten Sitzung des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten am 13.3.2017, sei angedacht „(…) eine Klausel in die Formblätter aufzunehmen, die sicherstelle, dass die Investoren für den angeführten Nachweis sorgten und man nicht von späteren Schäden überrascht werde.“ (Siehe Inhaltsprotokoll der Sitzung Seite 8) Ist diese Veränderung der Formblätter bereits umgesetzt worden? Wenn nein, wann soll dies erfolgen? Zu 11.: Für Genehmigungsverfahren wurden Textbausteine formuliert, die bei kritischen Bauvorhaben standardmäßig in die Genehmigung übernommen werden können. Berlin, den 26.09.2018 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa