Drucksache 18 / 16 449 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Michael Dietmann und Adrian Grasse (CDU) vom 10. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. September 2018) zum Thema: Schaffung von Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen in Flüchtlingsunterkünften und Antwort vom 01. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Okt. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Miachael Dietmann und Herrn Abgeordneten Adrian Grasse (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16449 vom 10. September 2018 über Schaffung von Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen in Flüchtlingsunterkünften ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welche Zuständigkeit fällt die Entscheidung darüber, Modulare Flüchtlingsunterkünfte für andere Bevölkerungsgruppen - abgesehen von Flüchtlingen - zur Verfügung zu stellen? 2. Welche Überlegungen gibt es, Modulare Flüchtlingsunterkünfte für andere Bevölkerungsgruppen freizugeben? 3. Welche Überlegungen gibt es, die Modulare Flüchtlingsunterkunft im Senftenberger Ring 37/39 für andere Bevölkerungsgruppen freizugeben? 4. Für welche Bevölkerungsgruppen könnte sich der Senat die Umsetzung dieses Vorhabens vorstellen? 5. Wann wäre mit dem Einzug anderer Bevölkerungsgruppen in Modulare Flüchtlingsunterkünfte zu rechnen? 6. Wann wäre mit dem Einzug anderer Bevölkerungsgruppen in die Modulare Flüchtlingsunterkunft im Senftenberger Ring 37/39 zu rechnen? 7. Falls es keine derartigen Überlegungen gibt: Welche Gründe sprechen seitens des Senats gegen einen derartigen Vorschlag? 8. Welche rechtlichen Vorgaben gilt es bei der Freigabe der MUFs für andere Bevölkerungsgruppen zu beachten? 11. Gibt es Überlegungen, die Modulare Flüchtlingsunterkunft in der Leonorenstraße 33 in Steglitz- Zehlendorf für andere Bevölkerungsgruppen freizugeben und wenn ja, für welche Bevölkerungsgruppen wäre dieses Vorhaben aus Sicht des Senats umsetzbar? 12. Welche Gründe sprechen aus Sicht des Senats gegen den Vorschlag, die MUF in der Leonorenstraße 33 für andere Bevölkerungsgruppen freizugeben? 15. Hält der Senat die temporäre Unterbringung von Bevölkerungsgruppen (z.B. Studenten im Erasmus-Semester) in leerstehenden Flüchtlingsunterkünften für sinnvoll? 16. Wenn ja, welche Anstrengungen unternimmt der Senat, die temporäre Unterbringung von Wohnungssuchenden in Flüchtlingsunterkünften zu ermöglichen? 2 17. Wenn nein, welche Überlegungen sprechen seitens des Senats gegen einen solchen Vorschlag? Zu 1. bis 8., 11., 12. und 15. bis 17.: Die Klärung zur aktuellen und künftigen Nutzung der modularen Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) erfolgt durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen als zuständiger Verwaltung für Wohnungsbau, oberster Bauaufsicht und Stadtplanung, sowie mit der Senatsverwaltung für Finanzen und dem jeweiligen Bezirk. Alle MUF werden zunächst durch das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) angemietet und belegt. Grundsätzlich muss bei den MUF unterschieden werden zwischen: den MUF der ersten Bautranche 1.0 (Grundstückssuche im Jahr 2016) und den MUF der ersten Bautranche 2.0 (Grundstückssuche ab Sommer 2017). Die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen gebauten MUF 1.0 haben einen klassischen Grundriss für Gemeinschaftsunterkünfte, mit gemeinsamen Aufenthaltsräumen, Küchen und Bädern für die Bewohnerinnen und Bewohner. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit und der möglichen Nachnutzungen wurden die Gebäude so konzipiert, dass sie nach Nutzung durch das LAF zu Wohnungen mit unterschiedlichen Größen umgebaut werden können. Die von den Wohnungsbaugesellschaften (WBG) gebauten MUF 1.0 wurden mit sehr unterschiedlichen Grundrissen errichtet und weisen häufig Wohnungsgrundrisse auf. Mit dem Jahr 2017 hat sich gezeigt, dass die Bewohnenden der Unterkünfte des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes mittelfristig in den Einrichtungen verbleiben. Der Senat hat mit dem Beschluss, in jedem Bezirk weitere zwei Modulare Unterkünfte für diesen Zweck zu errichten, die Grundlage geschaffen, dass Wohngebäude mit Wohnungen anstelle von bisher üblichen Gemeinschaftsunterkünften errichtet werden. Für eine Nachnutzung durch andere Personengruppen als Menschen mit Fluchthintergrund ist daher kein weiterer Umbau erforderlich. Soweit an den Standorten für die MUF 2.0 größere Wohnungsbauvorhaben entstehen, ist es das Ziel des Senats, dass sich die Unterkünfte möglichst in das Wohnungsbauvorhaben integrieren lassen und sich nicht von anderen Wohngebäuden vor Ort unterscheiden. Das bedeutet, dass in einigen Fällen auf die modulare Bauweise verzichtet werden kann. Abhängig von der Bedarfsentwicklung für die unterzubringenden Personengruppen können die aufgrund der multiplen Nutzungsoptionen in den von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften errichteten MUF 2.0 verfügbaren Kapazitäten perspektivisch als Wohnungen im Standard des sozialen Wohnungsbaus dem allgemeinen Wohnungsmarkt zugeführt werden, um so der voraussichtlich auch künftig starken Nachfrage nach preiswertem Mietwohnraum zu entsprechen. Neben bautypologischen Aspekten spielen bei der künftigen Nutzung der MUF auch bauplanungsrechtliche Aspekte eine Rolle. So können Bauten, die auf Basis einer Sonderregelung zum Flüchtlingsbaurecht errichtet wurden, nicht ohne weiteres als Wohnungen für andere Personenkreise genutzt werden. Die Voraussetzung für die 3 Wohnnutzung ist, dass der Standort in einem für die Wohnnutzung vorgesehenen Planungsgebiet liegt. Ist dies nicht der Fall, sind in erster Linie durch den jeweiligen Bezirk die Voraussetzungen für das Planungsrecht zu schaffen. Hinzu kommt, dass in den nächsten Jahren einige als Gemeinschaftsunterkünfte genutzte Objekte, wie die Containeranlagen und Tempohomes geschlossen werden, so dass für die entfallenden Plätze Ersatz benötigt wird. Daher können zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen über den Zeitpunkt der Nachnutzung getroffen werden. Für die Erweiterung der Bedarfsgruppen in LAF-Unterkünften sind folgende Voraussetzungen in den abgebildeten Stufen erforderlich: 1. Die Absicherung des gesetzlichen Auftrags der Unterbringung Geflüchteter (Allgemeines Zuständigkeitsgesetz /AZG). 2. Die Unterbringung ehemals Geflüchteter in Amtshilfe für die Bezirke und Jobcenter. Hierfür wird derzeit bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales eine „Rahmenvereinbarung zur Unterbringung von Geflüchteten in der ordnungs- und leistungsrechtlichen Zuständigkeit der Bezirke durch das LAF“ erarbeitet. 3. Die Unterbringung der von Wohn-/Obdachlosigkeit bedrohten Menschen in Amtshilfe für Bezirke und Jobcenter. 4. Die Unterbringung von Menschen in Wohnungsnot – Studierenden, Neu- Berlinerinnen und Neu-Berliner, Ältere Menschen usw. Die Gewährleistung einer qualitätsgesicherten und bedarfsgerechten Unterbringung aller von Wohnungslosigkeit bedrohten oder betroffenen Personen, die unterzubringen sind – unabhängig von ihren staatsangehörigkeits- und aufenthaltsrechtlichen Verhältnissen –, ist eines der Ziele des Projektes Gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung/GStU. Das Projekt bei der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales hat Mitte September 2018 offiziell die Arbeit aufgenommen. Die voraussichtliche Projektdauer beträgt zweieinhalb Jahre. Fachlich wird eine Mischung der Bedarfsgruppen als sinnvoll erachtet, da mit einem erheblichen qualitativen Unterschied bei den Auswirkungen auf z. B. die Integrationsförderung gerechnet werden kann. Es werden seitens des Senats viele mögliche Modelle durchgespielt, auch mit Personengruppen wie Studierenden oder als Übergangswohnraum für alle Bevölkerungsgruppen. Die Entscheidung, welche Angebote (qualitativ und quantitativ) unterbreitet werden können, wird maßgeblich von den vorhandenen Kapazitäten und den planungsrechtlichen Voraussetzungen abhängig sein. 9. Ist die Modulare Flüchtlingsunterkunft im Senftenberger Ring 37/39 nach dem sog. Flüchtlingsbaurecht gebaut worden? 10. Wenn ja, hat das Bezirksamt die Möglichkeit den Bebauungsplan für das Gebiet im Senftenberger Ring 37/39 noch einmal nachträglich zu ändern? 13. Ist die Modulare Flüchtlingsunterkunft in der Leonorenstraße 33 nach dem sog. Flüchtlingsbaurecht gebaut worden? 14. Wenn ja, hat das Bezirksamt die Möglichkeit den Bebauungsplan für das Gebiet in der Leonorenstraße 33 noch einmal nachträglich zu ändern? 4 Zu 9., 10., 13. und 14.: Beide MUF wurden auf Basis des Sonderbaurechts für Flüchtlingsunterkünfte errichtet. Die Bezirke haben die Möglichkeit und sind aufgefordert, Bebauungspläne aufzustellen, die eine allgemeine Wohnnutzung ermöglichen. 18. Wie viele Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge sind in Berlin aktuell bereits fertiggestellt und wie viele MUFs befinden sich a) noch in Planung bzw. b) derzeit im Bau (bitte aufgeschlüsselt nach Bezirken sowie unter Angabe des Standortes und des jeweiligen Fertigstellungsdatums)? Zu 18.: Die MUF an den Standorten Bernauer Straße (Reinickendorf), Wittenberger Straße, Paul-Schwenk-Straße, Rudolf-Leonhard-Straße, Albert-Kunz-Straße (alle Marzahn-Hellersdorf), Wolfgang-Heinz-Straße (Pankow), Hagenower Ring, Wartenberger Straße (alle Lichtenberg) sowie Freudstraße sind fertig gestellt und befinden sich in Betrieb. Die MUF an den Standorten Kiefholzstraße (Neukölln), Lindenberger Weg (Pankow), Leonorenstraße, Bäkestraße (beide Steglitz-Zehlendorf), Senftenberger Ring (Reinickendorf) Späthstraße/Chris-Gueffroy-Straße (Treptow-Köpenick) sind fertig gestellt und befinden sich kurz vor der Inbetriebnahme. Bei der Fertigstellung der weiteren MUF 1.0, die sich bereits in planerischer bzw. baulicher Umsetzung befinden, kann die Fertigstellung planungsbedingt, baubedingt bzw. wetterbedingt sich weiter verzögern, als in den nachfolgenden Terminen angegeben. Das MUF Beelitzhof in Steglitz-Zehlendorf wird lt. Planung im Jahr 2019 fertig gestellt werden. Für das MUF Fürstenwalder Damm in Treptow-Köpenick ist die Errichtung in 2019 vorgesehen, hier sind noch planungsrechtliche Klärungen erforderlich. Voraussichtlich in 2020 werden die MUF Falkenberger Straße und Kirchstraße in Pankow sowie das MUF in der Quedlinburger Straße in Charlottenburg-Wilmersdorf und das MUF im Müggelseedamm in Treptow-Köpenick fertig gestellt werden. Derzeit in Planung ist ebenfalls die Fertigstellung des MUF Oranienburger Straße in 2019/2020. Weiterhin in Planung befinden sich die MUF in der Zobtener Straße in Lichtenberg, am Blankenburger Pflasterweg in Pankow, in der Rauchstraße in Spandau, im Lichtenfelder Ring in Tempelhof-Schöneberg, im Hassoweg/Nelkenweg in Treptow-Köpenick. Für diese MUF ist der voraussichtliche Baubeginn noch nicht bekannt. Darüber hinaus sind mit den MUF 2.0-Standorten in allen Bezirken jeweils zwei Standorte geplant, in Neukölln drei Standorte. Diese Objekte befinden sich noch in Vorplanung, so dass noch keine Aussagen über Baubeginn und Fertigstellung getroffen werden können. Die Standorte für die MUF 2.0 sind der beiliegenden Tabelle zu entnehmen. 19. Wie viele Plätze in den bereits fertiggestellten Modularen Flüchtlingsunterkünften sind aktuell nicht belegt und was sind die jeweiligen Gründe für die Nichtbelegung (bitte aufgeschlüsselt nach Standorten und unter Angabe der jeweiligen Platzkapazitäten)? Zu 19.: Die bereits in Betrieb befindlichen MUF (siehe Anlage 1) sind zum 21.09.2018 zu 89 % belegt. 382 von 3.538 Plätzen sind nicht belegt, hiervon stehen 214 für die kurzfristige Belegung zur Verfügung. 168 Plätze können zurzeit nicht belegt werden, 5 davon 40 in der Paul-Schwenk-Straße sowie 22 in der Rudolf-Leonhard-Straße wegen der Behebung von baulichen Mängeln. Weitere Plätze können aufgrund von besonderen Unterbringungskonstellationen nicht belegt werden (z. B. 5-köpfige Familie wohnt in 6-Bett-Zimmer). Berlin, den 01. Oktober 2018 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Anlage 1 - MUF 2.0 Standorte Bezirk Standort Charlottenburg-Wilmersdorf Mecklenburgische Straße, 10713 Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf Glockenturmstraße, 14053 Berlin Friedrichshain-Kreuzberg Alte Jakobstr. mit Franz-Künstler-Straße, 10969 Berlin Friedrichshain-Kreuzberg Reichenberger Str. Ratiborstr., 10999 Berlin Lichtenberg Rheinpfalzallee, 10318 Berlin Lichtenberg Köpenicker Allee, 10318 Berlin Marzahn-Hellersdorf Zossener Str., 12627 Berlin Marzahn-Hellersdorf Murtzaner Ring, 12681 Berlin Mitte Putbusser Str., 13355 Berlin Mitte Triftstr., 13353 Berlin Neukölln Töpchiner Weg, 12349 Berlin (kleiner Standort) Neukölln Rudower Straße, 12349 Berlin Neukölln Buckower Felder, 12349 Berlin (kleiner Standort) Pankow Rennbahnstr., 13086 Berlin Pankow Fröbelstr., 10405 Berlin Reinickendorf Fläche am Paracelsus-Bad Reinickendorf Rue Montesquieu/ Jean-Jaurés-Straße (Cité Foch Nord - ehem. Gendarmerie) Spandau Askanierring , 13587 Berlin Spandau Griesinger Str., 13589 Berlin Steglitz-Zehlendorf Dahlemer Weg, 14167 Berlin Steglitz-Zehlendorf Osteweg, 14167 Berlin Tempelhof-Schöneberg General-Pape-Str., 12101 Berlin Tempelhof-Schöneberg Ankaufsbemühungen Privatgrundstück Treptow-Köpenick Bohnsdorfer Weg, 12524 Berlin Treptow-Köpenick Salvador-Allende-Str., 12559 Berlin