Drucksache 18 / 16 536 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 14. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. September 2018) zum Thema: Nachgefragt zur Antwort des Senats in Drucksache 18/16060 – Wie erfolgreich ist die Familienpolitik des Senats – Teil 2 Familienzentren und Antwort vom 12. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Okt. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16536 vom 14. September 2018 über Nachgefragt zur Antwort des Senats in Drucksache 18/16060 – Wie erfolgreich ist die Familienpolitik des Senats – Teil 2 Familienzentren ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Warum hat sich auch bei dieser Antwort der Senat verweigert, auf konkrete Fragen konkrete Antworten zu geben? Inwieweit ist die Methode, mehrere Fragen zusammen zu beantworten (beispielsweise 3 bis 5 und 6 bis 10 bei 10 Fragen), die inhaltlich völlig unterschiedlich sind, Taktik oder Ausdruck von Überforderung? Wieso verweist der Senat dabei auch auf Internetseiten, aus denen die gewünschten Informationen gar nicht abgerufen werden können, wie zum Beispiel der Verteilung der unterschiedlichen Modelle von Familienzentren? Zu 1.: Der Senat beantwortet Schriftliche Anfragen auch in der Zusammenfassung einzelner Frageteile in einer Weise, die sowohl den erforderlichen Gesamtzusammenhang als auch die notwendige Differenziertheit des angefragten Themenkomplexes abbildet . 2. Wie viele der 42 Familienzentren sind dem Modell nach Einrichtungen an einer Kita und wie viele davon Einrichtungen in Kooperation mit mehreren Kitas? Wie unterscheiden sich diese beiden Modelle in ihrem Arbeitsansatz und mit welchem davon werden mehr Eltern erreicht? 3. Ist davon auszugehen, dass das Familienzentrum in Kooperation mit mehreren Kitas automatisch mehr Vernetzung in den Sozialraum hat und daher mit mehr Personal ausgestattet werden müsste? 2 Zu 2. und 3.: Von den 42 Familienzentren (FamZ) sind 22 Einrichtungen einer Kita zugeordnet (Zuwendungsempfänger: Kitaträger) und 20 befinden sich im Kooperationsmodell. Hierzu liegen bisher Daten aus 36 Familienzentren vor, da die sechs neuen Familienzentren sich erst seit Mitte des Jahres 2018 im Aufbau befinden: Anzahl Kooperations - kitas je FamZ Zuwendungsempfänger: Kitaträger Zuwendungsempfänger: Anderer Träger Anzahl FamZ Besuchskontakte Erwachsene im FamZ inkl. Flüchtlingsprojekt (im Durchschnitt ) Anzahl Vernetzungs - partner außerhalb der Jugendhilfe (im Durschnitt) Anzahl FamZ Besuchskontakte Erwachsene im FamZ inkl. Flüchtlingsprojekt (im Durchschnitt) Anzahl Vernetzungs - partner außerhalb der Jugendhilfe (im Durchschnitt ) eine 18 1477 4,9 7 2239 5,4 zwei 1 655 7 10 1672 5,4 Ist ein Kitaträger auch selbst Zuwendungsempfänger für das Familienzentrum wird in der Regel vorrangig mit und in der eigenen Kita gearbeitet. Im Antrag können die Antragsteller bis zu zwei Kitas angeben, mit denen Sie verbindlich (mit einem entsprechenden Kooperationsvertrag) arbeiten. Darüber hinaus beschreiben in beiden Modellen einige Familienzentren, dass sie als Kooperationspartner im Sozialraum auch mit weiteren Kitas zusammenarbeiten. Die Familienzentren, die mit einer oder mehreren Kita/s kooperieren, nehmen zunächst den Kontakt zu der/den Kita/s auf und stellen sich und ihre Arbeit vor. Sie machen sich sowohl in der/den Kita/s wie auch bei anderen potenziellen Partnern im Sozialraum bekannt. Die ersten Besucherinnen und Besucher kommen oft aus dem Sozialraum und vereinzelt aus der/den Kita/s. Die Familienzentren, die aus einer Kita heraus entstehen, konzentrieren sich zunächst auf die Eltern innerhalb der Kita und machen sich nach und nach im Sozialraum bekannt. Daher sind die ersten Besucherinnen und Besucher oft Familien, die auch die Kita besuchen. Die Modelle ermöglichen verschiedene Zugänge zum Leistungsangebot Familienzentrum . Die Angebote vor Ort werden nach den Bedarfen im Sozialraum ausgerichtet . Es bestehen unterschiedlichste Kooperationen auch außerhalb der Jugendhilfe. Kooperationen bestehen insbesondere zu Schulen, Gesundheitseinrichtungen und regionalen Bildungseinrichtungen; aber unter anderem auch zu Sport- und/oder Musikvereinen , Bibliotheken, weiteren Kitas und Flüchtlingsunterkünften. Die Gesamtvernetzung der Familienzentren unterscheidet sich nur unwesentlich. Die höheren durchschnittlichen Besuchskontakte beim Kooperationsmodell lassen sich vor allem auf die räumlichen Kapazitäten zurückführen. Oft haben diese Familienzentren hier etwas mehr Fläche zur Verfügung, so dass verschiedene Angebote auch 3 parallel stattfinden können und/oder mehr Besucherinnen und Besucher gleichzeitig beispielsweise den offenen Treff nutzen können. 4. Inwieweit behindert die Festbetragsregelung von 72.000 Euro pro Familienzentrum die Differenzierung innerhalb der beiden Modelle? Wie hoch ist bei diesem Festbetrag der Anteil für die Personalkosten festgelegt und was bleibt für die Sachkosten übrig? Zu 4.: Die Art der Finanzierung steht einer flexiblen und sozialraumorientierten Angebotsstruktur – bei beiden Modellen – nicht entgegen. Aus dem Festbetrag muss mindestens eine qualifizierte 0,75 Vollzeitäquivalent (VZÄ)-Personalstelle, z.B. eine Fachkraft Sozialarbeit/Sozialpädagogik, als Koordinationsstelle finanziert werden, die nicht auf mehrere Personen aufteilbar ist. 5. Über wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Festangestellte Teilzeitkräfte) verfügt im Durchschnitt ein Familienzentrum? Wer muss für die Ausstattung der Räume aufkommen und aus welchen Mitteln werden Externe bezahlt, die Kurse und Beratungen in den Familienzentren anbieten? Zu 5.: Die Träger der 42 Familienzentren beschäftigen im Rahmen der Zuwendung aus dem Landesprogramm Berliner Familienzentren innerhalb des Jahres 2018 durchschnittlich 2,9 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern pro Familienzentrum, deren Arbeitszeit (mit Ausnahme der Koordination) nur zu einem geringen Anteil dem Familienzentrum zuzuordnen ist, in dem z.B. einzelne Kurse angeboten werden. Des Weiteren sind in 29 Projekten zum Themenbereich „Arbeit mit Familien mit Fluchthintergrund “ durchschnittlich eine festangestellte Mitarbeiterin/ein festangestellter Mitarbeiter beschäftigt, ebenfalls mit nur anteiligem Stundenumfang. Ausstattungsgegenstände der Räume und externe Honorarkräfte, die Kurse und Beratungen in den Familienzentren anbieten sind zuwendungsfähig, wenn diese für das Projekt notwendig und angemessen sind. 6. Aus welchen Mitteln wird das Modellprojekt der 12 Stadtteilmütter in Familienzentren in welcher Höhe gefördert? Hält es der Senat für ausreichend, nur eine Stadtteilmutter pro Bezirk für Familien mit Migrationshintergrund zur Verfügung zu stellen? Was ist für die nächsten Jahre für den weiteren Ausbau der interkulturellen Familienarbeit in den Familienzentren geplant? Zu 6.: Das Modellprojekt Stadtteilmütter wird aus dem Masterplan Integration und Sicherheit finanziert. Für die Arbeit mit geflüchteten Menschen wurden dem Programm Berliner Familienzentren für das Jahr 2018 700.000 Euro zur Verfügung gestellt, woraus auch das Modellprojekt Stadtteilmütter finanziert wird (im Jahr 2018: rund 224.600 Euro). Weitere Mittel fließen in die seit dem Jahr 2016 in den Familienzentren stattfindenden Angebote und Projekte für die Arbeit mit geflüchteten Familien. 4 7. Bedeutet der Hinweis des Senats, dass „angesichts notwendigerweise stets begrenzter Ressourcen … die Handlungsempfehlungen aus der Evaluation aus dem Jahr 2015 immer wieder auf ihre Umsetzbarkeit und Priorität in der jeweils aktuellen Situation geprüft“ werden, dass bestimmte Aspekte inhaltlich-qualitativer Weiterentwicklung nicht mehr auf der Tagesordnung stehen, wie beispielsweise die Entwicklung einheitlicher Mindeststandards und Qualitätsmerkmale zur Profilbildung und Qualitätssicherung ? Gibt es weitere Handlungsempfehlungen aus der Evaluation, die dem Kostendruck bereits geopfert wurden? Wenn ja, welche? 8. Wie kommt der Senat vor diesem Hintergrund dazu, dass sich stattdessen „im Rahmen des Beteiligungsprozesses zum Familienfördergesetz weitere … einzubeziehende Gesichtspunkte zeigen“ werden ? Was meint der Senat damit genau? Zu 7. und 8.: Der Hinweis des Senats ist so zu verstehen, dass keine der Handlungsempfehlungen abschließend verworfen worden ist. Im Erarbeitungsprozess zum Familienfördergesetz werden die Leistungen zur Allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie nach § 16 Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) umfassend beleuchtet. Der Senat geht davon aus, dass zu diesem Thema auch diverse Aspekte des Landesprogramms Berliner Familienzentren Gegenstand der Diskussion sein werden. 9. Wie steht es mit den beiden Empfehlungen aus der Evaluation, über die sich der Senat bisher ausgeschwiegen hat: nämlich die Entwicklung eines Qualitätshandbuchs sowie eines Gütesiegels für Familienzentren? Ist der Senat hier mit mir einer Meinung, dass gerade ein Gütesiegel zur weiteren Profilbildung von Familienzentren beitragen könnte? Wenn nein, warum nicht? Zu 9.: Derzeit wird der individuellen Begleitung der Familienzentren bei der Arbeit in ihrem jeweiligen Standortsozialraum gegenüber der Verleihung eines allgemeinen Gütesiegels der Vorzug gegeben. Ein Gütesiegel hat eine öffentlichkeitswirksame und qualitätssichernde Wirkung, die allerdings einen aufwändigen Begleitprozess und eine umfängliche Überwachung zur Einhaltung der Kriterien notwendig macht. Sinnvoll ist ein Gütesiegel daher erst, wenn Familienzentren flächendeckend stabil etabliert sind. Noch ist das Landesprogramm in der Phase des Aufbaus und der Entwicklung. Die Umsetzung der Empfehlung steht folglich gegenwärtig nicht im Vordergrund. Die Sicherung der Qualität ist ein kontinuierlicher Prozess, der vor allem auch durch die enge Begleitung der Servicestelle geleistet wird. Bei dem weiteren Ausbau des Landesprogramms sind dafür weitere Maßnahmen im Rahmen der im Haushaltsplan zur Verfügung stehenden Mittel zu prüfen. 10. Was meint der Senat mit seiner Antwort: „Damit die gewollte Eigenständigkeit nicht zur Überforderung führt, unterstützt die Servicestelle individuell bei der Konzept- und Programmentwicklung der Familienzentren. Die Unterstützungsinstrumente werden kontinuierlich überarbeitet…“? Was heißt hier individuell und was sind das für Unterstützungsinstrumente? Wie viele und welche sind es? 5 Zu 10.: Die Servicestelle ist mit den Familienzentren im kontinuierlichen Dialog über die jeweilige Konzept- und Programmentwicklung. Durch die Gestaltung der Antragsunterlagen , Verwendungsnachweise und Dokumente werden bereits fachliche Impulse gesetzt und die Familienzentren in ihrer Arbeit unterstützt. Gleichzeitig erlaubt die Datenbank der Servicestelle gezielte Hinweise an die Familienzentren zur Verbesserung einzelner Teilbereiche ihres Angebotes. Die Servicestelle bietet telefonische Beratung, Vor-Ort-Besuche, Vernetzungstreffen, Workshops, Materialhinweise, Fortbildungshinweise u.a.m. 11. Wie ist die Aussage des Senats zu verstehen, „beim Ausbau des Landesprogramms wurde im Jahr 2018 die Frage der vorhandenen Infrastruktur höher gewichtet, sodass ein Schluss anderweitiger Versorgungslücken möglich wurde…“? Welche Versorgungslücken sind gemeint und in welchem Zusammenhang stehen sie zu den Familienzentren? Zu 11.: Neben der Berücksichtigung der vorhandenen Familienangebotsstruktur und der sozialstrukturellen Belastungsfaktoren (Kinderarmut, Alleinerziehende, Sprachdefizite) werden weitere wichtige Kriterien wie die steigende Geburtenrate in Planungsräumen mit einbezogen, um Versorgungslücken zu schließen bzw. nicht entstehen zu lassen. 12. Wer gehört dem Fachbeirat für Familienzentren an und welchen Beitrag hat dieser in den letzten Jahren für die Weiterentwicklung der Familienzentren geleistet? Worin sieht er die dringendsten Aufgaben für Politik und Gesellschaft in den nächsten Monaten und Jahren, damit Familien wirksam unterstützt werden können? Welche Maßnahmen sollten nach Auffassung des Fachbeirats in nächster Zeit unbedingt umgesetzt werden? Zu 12.: Dem Fachbeirat zum Landesprogramm Berliner Familienzentren gehören zwei Vertretungen der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin, zwei Vertretungen der Jugendämter, zwei Vertretungen des Sozialpädagogischen Fortbildungsinstituts Berlin Brandenburg, eine Vertretung der Senatsverwaltung für Integration , Arbeit und Soziales (Bereich Stadtteilzentren) sowie eine Sachverständige mit wissenschaftlicher Qualifikation und eine Vertretung des Berliner Beirats für Familienfragen an. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Servicestelle Berliner Familienzentren nehmen anlassbezogen an den Sitzungen teil. Unter Leitung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie befasst sich der Fachbeirat in regelmäßigen Arbeitstreffen mit Grundfragen der Programmausrichtung . Er begleitet das Landesprogramm mit Empfehlungen zu grundsätzlichen, fachlichen und organisatorischen Fragen. So geht beispielsweise die Ausgestaltung des im Jahr 2018 gestarteten Modellprojekts Stadtteilmütter an Familienzentren auf die Empfehlungen des Fachbeirats zurück. Der Fachbeirat berät konkret auch zur Auswahl von neuen Standorten der Familienzentren im Hinblick auf sozialstrukturelle Faktoren und der in den jeweiligen Sozialräumen bestehenden Angebotsstruktur für Familien. 6 Im Endbericht zu den Ergebnissen der Evaluation des Landesprogramms „Berliner Familienzentren“ des DESI – Institut für Demokratische Entwicklung und des IfS Institut für Stadtforschung und Strukturpolitik GmbH vom Mai 2015 wird empfohlen, dass das Landesprogramm für „Berliner Familienzentren“ fortgeführt und weiterentwickelt , die sozialräumliche Wirksamkeit von Familienzentren erhöht, die Ausstattung von Familienzentren verbessert und Koordinatorinnen und Koordinatoren gestärkt, Kooperationen zwischen Familienzentren und Kitas gestärkt und Familienzenten angemessen und nutzerfreundlich weiterentwickelt werden sollen. Auch diesen Aufgaben sieht sich der Fachbeirat verpflichtet. Über diese Empfehlungen wird gegebenenfalls im Rahmen der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2020/21 zu beraten sein. 13. Inwieweit will der Senat (siehe Schlusssatz der Antwort in 18/16060) den „weiteren Ausbau der Familienzentren als alle Familien in ihrer Vielfalt unterstützende Infrastruktur“ weiterentwickeln? Worin sieht er insbesondere seinen Auftrag für die nächsten Jahre in Bezug auf die Herausforderungen wachsende Stadt, Migration, soziale Diversität und Partizipation? Zu 13.: Der weitere Ausbau der Familienzentren sowie die Umsetzung sozialräumlicher familienfördernder Konzepte soll fortgeführt werden. Darüber hinaus sind die bereits guten Erfahrungen mit vernetzten Angeboten im Sozialraum – u.a. mittels der Stadtteilmütter – weiterzuentwickeln. Beides steht unter einem Haushaltsvorbehalt. Berlin, den 12. Oktober 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie