Drucksache 18 / 16 539 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 20. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. September 2018) zum Thema: Zweite Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 18/13915 „Wir setzen den IMP um …“ – Wie steht es damit im Bereich Gesundheit (3)? und Antwort vom 15. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Okt. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16539 vom 20. September 2018 über Zweite Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 18/13915 „Wir setzen den IMP um ...“ – Wie steht es damit im Bereich Gesundheit (3)? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Aus der Antwort 18/13915 zur Frage der Umsetzung von Schutzkonzepten in Einrichtungen des Gesundheitswesens geht hervor, dass dem Senat darüber „keine Erkenntnisse“ vorliegen, „ob alle Einrichtungen des Gesundheitswesens des Landes Berlin Schutzkonzepte im Sinne des IMP entwickelt haben“. Vor diesem Hintergrund frage ich erneut, inwieweit die zuständige Fachverwaltung mit den Einrichtungen sowie den zuständigen Kammern und Verbänden Gespräche geführt hat, um diesen Prozess voran zu treiben? Wie viele Gespräche hat es mit wem bisher mit welchem Ergebnis gegeben? Welche Kontrollmaßnahmen wurden miteinander vereinbart, ob und wie diese Maßnahme umzusetzen ist? Zu 1.: Der Öffentliche Gesundheitsdienst als Teil des Gesundheitswesens wird sozialkompensatorisch tätig und greift im Rahmen seiner Tätigkeit die Belange des Schutzes vor sexueller Gewalt auf. Die Psychotherapeutenkammer ist kein Mitglied des Berliner Netzwerkes gegen sexuelle Gewalt. Der Verein S.I.G.N.A.L e.V., der die Geschäftsstelle zum Runden Tisch, der sich mit der Umsetzung der WHO Leitlinien "Umgang mit Gewalt in Paarbeziehungen und mit sexueller Gewalt im Rahmen von Gesundheitsversorgung und -politik" beschäftigt, hat bei der PTK Berlin angefragt und um Mitarbeit gebeten. Frau Hillenbrand, Vizepräsidentin der Kammer, wird beim nächsten Treffen teilnehmen. Die Ärztekammer Berlin leistet bislang zwar keinen direkten Beitrag zur genannten „Maßnahmenplanung gegen sexualisierte Gewalt (IMP)“. Die Ärztekammer Berlin und der Verein S.I.G.N.A.L. e. V., der Mitglied des Netzwerkes gegen sexualisierte Gewalt ist, sind jedoch seit vielen Jahren Kooperationspartner: Auf Beschluss des Vorstandes der Ärztekammer Berlin und unter Bezugnahme auf Artikel III des Berliner Gesetzes zum Schutz und Wohl des Kindes vom 17. Dezember 2009 ist die Befassung mit Themen der häuslichen Gewalt sowie der Kindesmisshandlung und Vernachlässigung seit 2011 regelmäßig Teil des Fortbildungsangebotes der Ärztekammer Berlin. - 2 - 2 Im Rahmen der langjährigen Kooperation mit „S.I.G.N.A.L. e. V.– Intervention im Gesundheitsbereich gegen häusliche und sexualisierte Gewalt“ beteiligte sich die Ärztekammer Berlin zudem an der Durchführung von Fortbildungen zum Thema „Wenn Partnerschaft verletzend wird… – Kompetent (be-)handeln bei häuslicher Gewalt“ mit den Schwerpunkten „Erkennen und Handeln“ und „Rechtssicher dokumentieren“ und „Als ärztliche Zeugin /ärztlicher Zeuge vor Gericht“. Ebenfalls im Rahmen der Kooperation mit S.I.G.N.A.L. e. V. hat die Ärztekammer Berlin in 2017 Fortbildungen sowie zum interkollegialen und interprofessionellen Austausch für ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwei Fallkonferenzen/Intervisionsseminare angeboten. 2. Was die Schutzkonzepte der Krankenhäuser betrifft, so hat der Senat in seiner Antwort 18/13915 darauf hingewiesen, dass dies nur Plankrankenhäuser betrifft, die an der Notfallversorgung teilnehmen. Warum wurde diese Entscheidung so getroffen und warum wurden nicht alle Häuser einbezogen? Warum wird eine Abfrage dieser sehr reduzierten Vorgabe des IMP-Punktes 1.1.1.b) erst im Rahmen des nächsten Krankenhausplans 2020 erfolgen? Zu 2.: In Bezug auf die Beantwortung aus der Schriftlichen Anfrage 18/13915 liegt offenbar ein Missverständnis vor. Die Beantwortung lautete: „Für den Bereich der Plankrankenhäuser schreibt der Krankenhausplan 2016 (S. 63) verbindlich vor, dass ein Krankenhaus, welches an der Notfallversorgung teilnimmt, ein Konzept zu Sicherstellung der adäquaten Versorgung von Erwachsenen und Kindern, die von häuslicher und/oder sexueller Gewalt betroffen sind, zwingend vorzuhalten hat. Im Rahmen der Beratungen zum nächsten Krankenhausplan 2020 ist dies entsprechend nachzuweisen.“ Der Hinweis auf das Jahr 2020 erfolgte lediglich in Bezug auf eine Überprüfung. Vorzuhalten haben die Kliniken das Konzept bereits jetzt. Die Beschränkung auf die Notfallkrankenhäuser ist dem Umstand geschuldet, dass nur diese über Rettungsstellen verfügen, die diese Patienten überhaupt erhalten. Mit 38 Anlaufstellen in ganz Berlin ist eine flächendeckende Versorgung auf Seiten der Krankenhäuser sichergestellt. 3. Was hinderte die zuständige Fachverwaltung bisher daran, ein Gesamtkonzept zur Implementierung, Durchsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten in Einrichtungen des Gesundheitswesens mit kurz- und langfristigen Maßnahmen zu entwickeln? Wann könnte ein solches Konzept vorliegen? 4. Dass im Land Berlin Fortbildungsmaßnahmen zum Kinderschutz angeboten werden – wie in der Antwort 18/13915 ausgeführt - steht außer Frage. Aber wie steht es konkret um das Thema „Schutzkonzepte in Einrichtungen des Gesundheitswesens“? Wie viele und welche Veranstaltungen wurden bisher mit welcher Beteiligung zum Thema durchgeführt? Sind dabei neben den Krankenhäusern auch Gesundheitszentren und Pflegeeinrichtungen einbezogen worden? Wenn nein, warum nicht? - 3 - 3 Zu 3. und 4.: Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung geht davon aus, dass auch in Berlin Pflege(fach)kräfte an ihrem Arbeitsplatz sexualisierter Gewalt und Belästigung ausgesetzt sind sowie anderen Formen von Aggression und Gewalt wie Beschimpfungen , Drohungen oder körperlicher Gewalt. Die Bandbreite der Vorfälle an sexualisierter Gewalt, mit denen Pflege(fach)kräfte bei ihrer Arbeit konfrontiert werden, ist hierbei groß und die Grenzziehung zwischen Übergriff und Gewalt schwierig. Zudem sind die Übergänge zwischen sexueller Gewalt und anderen Formen der Gewalt im Pflegealltag vielfach fließend. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung beabsichtigt deshalb, nicht allein sexuelle Belästigung im Pflegealltag verstärkt zum Gegenstand zu machen, sondern Gewalt gegen Pflegende mit sexualisierter Gewalt als wichtigen Aspekt aufzunehmen. Verlässliche oder umfängliche Statistiken, die quantifizieren, wie häufig und ausgeprägt Gewalt gegen Pflegekräfte, vor allem sexualisierte Gewalt ist, liegen aktuell nicht vor. Allerdings liegt eine Vielzahl von Hinweis gebenden Befragungen vor. Eine Anfang 2018 veröffentlichte Befragung des Online-Portals "BuzzFeed", das deutschlandweit 153 Pflegekräfte aus der stationären und ambulanten Alten- und Intensivpflege nach ihren Erfahrungen zum Thema sexuelle Belästigung befragte, ergab, dass fast 90 Prozent aller Befragten angaben, verbale Belästigung und/oder körperliche Übergriffe bereits erlebt zu haben. Fast der Hälfte passierte das regelmäßig. In dem am 11.07.2018 in „BibliomedPflege - Das Portal für die Pflege“ veröffentlichten Artikel „Gewalt gegen Pflegende. Wenn Patienten aggressiv werden“ wird auf eine jüngst ausgewertete Befragung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) verwiesen: Demzufolge gaben 76 Prozent der befragten Pflegekräfte aus Krankenhäusern an, innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate körperliche Gewalt am Arbeitsplatz erlebt zu haben . Bei den Pflegekräften in der stationären Altenpflege waren es 73 Prozent, bei den Pflegekräften in der ambulanten Pflege 51 Prozent. Und 97 Prozent der befragten Pflegenden in Krankenhäusern hatten im selben Zeitraum verbale Gewalt erfahren (in der stationären Altenpflege 94 Prozent, in der ambulanten Pflege 90 Prozent). Im Rahmen einer Berichterstattung zu Alltagssexismus in Deutschland griff FOCUS Online am 01.09.2018 ebenfalls das Thema auf. Der Artikel verweist auf Claudia Depauli, die im Zuge ihrer wissenschaftlichen Forschung an der Universität Salzburg eine empirische Untersuchung mit dem Titel „Sexualität und Pflegeberuf“ gemacht und 2980 Pflegekräfte befragt hat. Demzufolge wurden 66,8 Prozent aller Studienteilnehmer im Rahmen intimer Pflege von Patientinnen und Patienten bereits sexuell belästigt. Der Studie zufolge kommen auch Übergriffe durch Pflegepersonal vor, die jedoch wesentlich seltener seien. Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Thema. Gewalt gegen helfende und soziale Berufe ist ein Teilaspekt. Für die Altenpflege kommt allerdings auch dem Thema vor dem Hintergrund der notwendigen Stärkung der Attraktivität des Pflegeberufs und der Unterstützung des Verbleibs im Beruf besondere Bedeutung zu. Die Akteure der Altenpflege sind auch deshalb gefordert, gemeinsam geeignete Wege zur Reduzierung der Problematik zu finden. Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung wird hierzu im Landespflegeausschuss den Diskurs mit allen relevanten Akteuren suchen, insbesondere den Pflegeeinrichtungen und ihren Verbänden, auch da das Vorbeugen und der richtige - 4 - 4 Umgang mit solchen Vorfällen zu den zentralen Arbeitsschutzaufgaben im Betrieb gehören . Gewalt gegen helfende und soziale Berufe betrifft über den Zuständigkeitsbereich der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung hinaus auch die Bereiche Soziales , Erziehung, Bildung, innere Sicherheit, Katastrophenschutz und Strafverfolgung, Sie ist insofern ein Thema, dem fachübergreifend begegnet werden muss. Die 95. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2018 beabsichtigt dem mit dem Tagesordnungspunkt „Gewaltprävention und Arbeitsschutz – Gewalt gegen Helfer“ Rechnung zu tragen. Betroffene können zu ihrer Unterstützung das mit Mitteln des Landes Berlin im Rahmen des Integrierten Sozialprogramms finanzierte Projekt „Pflege in Not“ in Anspruch nehmen. Das Projekt verfügt über einschlägige Erfahrungen im Umgang mit der Problematik und hat seine Kompetenzen aktuell aktualisiert und vertieft. Auch der Verein Tauwetter e.V. wird von psychosozialen Trägern z.B. von Wohn- und Betreuungsangeboten nach der Konzipierung und Etablierung von Gewaltschutzkonzepten gefragt. Mit den gegenwärtigen Ressourcen ist diese Aufgabe jedoch nicht leistbar. Der Senat von Berlin wird daher prüfen, inwieweit es möglich wird, hierfür in der Zukunft zusätzliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Weiterhin wird auch hier der Öffentliche Gesundheitsdienst als Teil des Gesundheitswesens sozialkompensatorisch tätig und greift im Rahmen seiner Tätigkeit die Belange des Schutzes vor sexueller Gewalt auf. Die geforderte Erarbeitung eines Gesamtkonzepts zur Implementierung, Durchsetzung und Kontrolle von Schutzkonzepten in Einrichtungen des Gesundheitswesens mit kurzund langfristigen Maßnahmen erfordert die Einbeziehung einer Vielzahl von Beteiligten. In Anbetracht der Heterogenität der Einrichtungen des Gesundheitswesens, der sehr unterschiedlichen Einflussmöglichkeiten des Senats auf die verschiedenen Einrichtungen sowie der Zielgruppen zieht der Senat es gegenwärtig vor, die begrenzten Ressourcen für die Erarbeitung und Umsetzung konkreter zielgruppenbezogener Maßnahmen einzusetzen. 5. Warum ist der Senat nicht konkret auf die Fragestellung zum Punkt 3.1. des IMP eingegangen, in dem es um die Optimierung des Versorgungsangebotes für die Opfer von sexueller Gewalt in den Rettungsstellen und in der Gewaltschutzambulanz geht? Inwieweit wurden bisher die unter diesem Punkt aufgeführten Forderungen umgesetzt? Welche besonderen Hemmnisse waren bisher bei der Umsetzung dieser Maßnahme zu verzeichnen? Was will der Senat tun, um diese Hemmnisse zu beseitigen? Zu 5.: Was die Optimierung des Versorgungsangebots für Opfer sexueller Gewalt in den Rettungsstellen betrifft, wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Gewaltschutzambulanz (GSA) der Charité hat einen großen Teil der unter Ziffer 3.1 des IMP aufgeführten Leistungsangebote fest etabliert. So erfolgt seit Juli 2016 die Untersuchung von Opfern von sexualisierter Gewalt sowohl nach polizeilicher Strafanzeige als auch im Rahmen der vertraulichen Spurensicherung in allen vier Rettungsstellen der Charité an allen drei Campi im sogenannten Rendezvousverfahren zwischen einer Ärztin der GSA und der Gynäkologie (bei weiblichen Opfern) bzw. der Chirurgie (bei männlichen Opfern ) in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 08:00 und 18:00 Uhr. - 5 - 5 Außerhalb dieser Zeiten erfolgt die Untersuchung durch die diensthabenden Ärztinnen und Ärzte und am nächsten Tag kann eine körperliche Untersuchung in der GSA durchgeführt werden. Eine für das Opfer kostenlose Postexpositionsprophylaxe gegen HIV und Hepatitis B sowie die Gabe von hormonellen Präparaten zur postkoitalen Empfängnisverhütung bei Bedarf und die Weitervermittlung an eine Fachberatungsstelle gehören zu diesem Verfahren dazu. Seitens der GSA wird dann ein Gutachten erstellt, das bei Bedarf von den Ärztinnen und Ärzten der GSA in einem Strafverfahren vertreten werden kann. Dieses Angebot seitens der GSA wird sehr gut angenommen, so wurden in den ersten zwei Jahren in Berlin bereits 34 Fälle von vertraulicher Spurensicherung und 109 Fälle nach polizeilicher Anzeige versorgt. In weiteren 222 Fällen, für die aus unterschiedlichen Gründen keine vertrauliche Spurensicherung in Frage kam beziehungsweise diese nicht gewünscht wurde, erfolgte eine Weitervermittlung an eine Fachberatungsstelle oder eine medizinische Versorgung. Die Schulung von medizinischem Personal und anderen Berufsgruppen, die regelmäßig Kontakt zu Opfern von Gewalt haben, in Bezug auf Spurensicherung, Dokumentation von Verletzungen nach Gewalt und typische Befunde nach sexualisierter Gewalt ist ebenfalls ein standardisiertes Angebot der GSA. Seit Februar 2014 bis zum Juli 2018 wurden insgesamt 275 Schulungen durchgeführt. Die Ausweitung der Öffnungszeiten der GSA auf 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche ist bislang nicht erfolgt. Da sich auf dem Arbeitsmarkt fast keine Fachärztinnen und Fachärzte für Rechtsmedizin befinden, bildet die GSA Assistenzärztinnen und Assistenzärzte in Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin selber zu Fachärztinnen und Fachärzten für Rechtsmedizin weiter. Da die Weiterbildungszeit mindestens fünf Jahre beträgt, wurde und wird in der Ausbaustufe 2018 / 2019 zunächst der Schwerpunkt auf die Etablierung einer niedrigschwelligen permanenten inhouse-Beratung in der GSA durch die Opferhilfe e.V. gelegt, die sehr gut von den Gewaltbetroffenen angenommen wird. Für die Ausbaustufe 2020 / 2021 ist zunächst die Einführung eine Festfinanzierung geplant, um den weitergebildeten Ärztinnen und Ärzten eine Zukunftsperspektive in der GSA bieten zu können und somit ein Abwandern von erfahrenen Kräften zu verhindern. Dies ist mit den aktuellen Jahresverträgen kaum möglich. Perspektivisch ist eine Ausweitung der Öffnungszeiten der GSA geplant. Entsprechende Mittel werden zum Doppelhaushalt 2020 / 2021 beantragt. Seit Juli 2018 erfolgt auch eine wöchentliche kostenlose Rechtsberatung in der GSA. 6. Wie weit ist der Senat mit der Umsetzung des Punktes 3.3. des IMP gekommen? Dauern die Überlegungen zur Einführung eines Lotsensystems immer noch an oder ist der Senat doch schon ein paar Schritte weiter? Wenn ja, in welchem Stadium befindet sich der Umsetzungsprozess und wann wird er abgeschlossen sein? Wenn nein, warum stagniert der Prozess? Zu 6.: Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin ist gerne bereit, sich in geeigneter Weise im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung an einem solchen Projekt zu beteiligten und betont , dass es ihr ein ständiges Anliegen ist, einen Beitrag nicht nur zur Linderung der Folgen stattgefundener sexueller Übergriffe, sondern auch zu ihrer Prävention zu leisten. Um die Ärzteschaft zu sensibilisieren, wurde im KV-Blatt im Jahr 2016 mehrfach zu verschiedenen Themen berichtet (Heft 1/2016 zum Präventionsprojekt Dunkelfeld „Kein Täter werden “, in Heft 3/2016 über die Vereinbarung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum besseren Schutz von Kinder und Jugendlichen vor sexuellen Missbrauch, in Heft 6/2016 - 6 - 6 mit einem Titelthema zur medizinischen Hilfe nach Genitalverstümmelung und in Heft 8/2016 zur Versorgung von Frauen nach sexueller Gewalt in Paarbeziehungen - Buchbesprechung von S.I.G. e.V.). 7. Zur IMP-Forderung 3.4.a) traumatherapeutische Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund war in der Antwort 18/13915 zu lesen, dass der Senat „hierzu im Gespräch mit relevanten Institutionen im Berliner Gesundheitssystem“ sei. Welche Institutionen sind das und zu welchen Gesprächsergebnissen ist es dabei gekommen? 8. Im Landesbeirat für psychische Gesundheit gibt es nunmehr eine Unterarbeitsgruppe „Migration – Interkulturelle Öffnung “. Wer gehört dieser Arbeitsgruppe an, wie oft hat sie bisher getagt und hat die Arbeitsgruppe bereits Empfehlungen verabschiedet? Wenn ja, welche sind das? Wenn nein, wann sind diese Empfehlungen zu erwarten? Zu 7. und 8.: Wie aus Drucksache 18/13915 hervorgeht, werden Gespräche über traumatherapeutische Angebote für Menschen mit Migrationshintergrund von der Unterarbeitsgruppe „Migration - Interkulturelle Öffnung“ des Landesbeirats für psychische Gesundheit geführt. Die UAG tagte bislang vier Mal, erarbeitet weiterhin Empfehlungen für die Interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems und beabsichtigt, diese bis spätestens Sommer 2019 dem Beirat zur Beschlussfassung vorzulegen. Mitglieder der Unterarbeitsgruppe sind Vertreter der folgenden Institutionen: - Vivantes Klinikum Am Urban, - Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus - Campus Charité Benjamin Franklin (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Charité) - Vivantes Klinikum im Friedrichshain (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, psycho-therapie und –psychosomatik) - Landesarzt für Psychiatrie - Verein für Psychiatrie und seelische Gesundheit e. V. - Pflegestation Meyer & Kratzsch GmbH - Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienste - KommRum e.V. - Ärztekammer Berlin - Katholische Hochschule für Sozialwesen Berlin Darüber hinaus tagt seit 08.06.2018 ein gemeinsamer Jour Fix zur Gesundheitlichen Versorgung von Geflüchteten mit Vertretern aus der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung sowie der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin. Bisher liegen keine konsentierten Ergebnisse vor. 9. Das Konzept zur Umsetzung der IMP-Forderung 3.4.b) liegt seit November letzten Jahres in Form des „Berliner Modellvorhabens zur Versorgung gewaltbetroffener Frauen mit traumatherapeutischem Behandlungsbedarf sowie ihren Kindern im Rahmen eines integrativen Netzwerkes“ vor. Sind die noch offenen Abstimmungsprozesse jetzt abgeschlossen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, an welchen Standorten wird es wie viele Therapieplätze geben? Wie viele Plätze wird demnach das Gesamtangebot ausmachen? - 7 - 7 Zu 9.: Allein das Vorliegen eines Konzepts bedeutet nicht dessen sofortige abschließende Umsetzung . Das Konzept zeigt sehr anschaulich auf, wie viele Einrichtungen/Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens in Kontakt mit betroffenen Frauen und ihren Kindern kommen. Um hier zu sinnvollen und effektiven Unterstützungspfaden zu gelangen, ist eine enge Vernetzung aller Beteiligten erforderlich. Hierzu bedarf es eines strukturierten Vorgehens , das mit den bestehenden Ressourcen nicht leistbar war. Da die traumatherapeutische Versorgung gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder für den Senat von Berlin eine besondere Wichtigkeit besitzt, werden ab 2018 Zuwendungsmittel für den Träger S.I.G.N.A.L. e.V. zur Umsetzung des Konzepts für die Realisierung der darin genannten Fachstelle zur Verfügung gestellt. Die Fachstelle hat ihre Arbeit aufgenommen und mehrere interdisziplinäre Arbeitsgruppen gebildet, darunter auch eine AG „Kinder“, um von vornherein die Bedarfe der (mitbetroffenen) Kinder aufzunehmen. Gegenwärtig erfolgt durch die Fachstelle eine Umfrage bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeutinnen und –therapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und –therapeuten zur therapeutischen Versorgung gewaltbetroffener Frauen und ihrer Kinder. Ziele sind, Aussagen zur bestehenden Versorgungssituation einschließlich möglicher Versorgungslücken zu erhalten sowie eine Angebotsübersicht für Fachkräfte und betroffene Frauen veröffentlichen zu können. Die Regelungen des Datenschutzes werden selbstverständlich beachtet. Die Befragungsergebnisse können zu gegebener Zeit auf der Internetseite https://www.signal-intervention.de/fachstelle-traumanetz eingesehen werden. An den Vernetzungs- und Strukturierungsprozessen sind drei Berliner Kliniken beteiligt, dies sind das Alexianer St. Joseph Krankenhaus Berlin Weißensee, das Gemeinschaftskrankenhaus Havelhöhe und die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Vivantes Netzwerk für Gesundheit Neukölln. Wie in der Antwort zur Anfrage 18/13 479 bereits dargestellt, sind pro Standort 10 stationäre Betten und fünf teilstationäre Plätze mit regionaler Ausrichtung (je vier Bezirke) geplant. Die Realisierung wird nach derzeitigem Kenntnisstand im Rahmen der nächsten Krankenhausplanung erfolgen. Das Traumanetz Berlin plant am 17.10.2018 ein Fachgespräch unter dem Titel „Dialogforum Gewalt gegen Frauen – Gute Praxis der Vernetzung für traumatisierte Frauen und ihre Kinder“, eine Veranstaltung im Rahmen der 12. Berliner Woche der seelischen Gesundheit . 10. Welche konzeptionellen Überlegungen hat der Senat bisher entwickelt, um die IMP-Forderung „3.4.d) Schaffung eines nichtpsychiatrischen Kriseninterventionsangebotes innerhalb des gesundheitlichen Regelversorgungssystems “ umzusetzen? Zu 10.: Der Senat von Berlin realisiert bereits eine abendliche/nächtliche Krisenanlaufstelle für gewaltbetroffene Frauen – das FrauenNachtCafé -, die vom Wildwasser e.V. betrieben wird. Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Mitteln kann das FrauenNachtCafé die Öffnung an drei Abenden in der Woche und zusätzlich an Abenden vor Feiertagen realisieren. Nach Auffassung der Fachleute ist dieses Modell nicht einfach auf Männer übertragbar, da sie in Krisensituationen evtl. auf andere Bewältigungsstrategien zurückgreifen. - 8 - 8 Wie ein sinnvolles Angebot zur Unterstützung gewaltbetroffener Männer aussehen kann, muss somit erst noch diskutiert werden. Ob und mit welchen Ressourcen eine nichtpsychiatrische Krisenintervention mit kurz- und mittelfristiger Wohnmöglichkeit sinnvoll eingerichtet werden kann, muss noch diskutiert werden. Aufgrund der psychischen Krise, in der die hilfesuchenden Personen sich befinden – auch mit der möglichen Gefahr akuter Suizidalität – wird nach hiesiger Kenntnis zumindest eine enge Kooperation mit dem psychiatrischen Versorgungssystem unumgänglich sein. Berlin, den 15. Oktober 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung