Drucksache 18 / 16 594 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) vom 25. September 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 02. Oktober 2018) zum Thema: Gesundheitsprävention - Sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (STI) in Berlin eindämmen und Antwort vom 16. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Okt. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Herrn Abgeordneten Herbert Mohr (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 594 vom 25. September 2018 über Gesundheitsprävention - Sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (STI) in Berlin eindämmen ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie hoch sind die aktuellen Zahlen der Neuinfektionen sexuell übertragbarer Geschlechtskrankheiten (STI-„sexually transmitted diseases“) in Berlin für die letzten fünf Jahre (2013-2018)? 2. Wie hoch lagen die Fallzahlen der sexuell übertragbaren Infektionen HIV (Typ 1 und 2), HPV (alle Typen), HBV, HCV, HSV, Syphilis sowie Gonorrhoe im Speziellen in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 (nach Infektionsweg, Geschlecht, Alter und Zeitraum der Diagnosestellung aufsplitten; bitte auch Angabe der vermuteten Dunkelziffer, wenn möglich). Zu 1 und 2.: Gemäß Infektionsschutzgesetz existiert eine namentliche Meldepflicht an das Gesundheitsamt für den direkten oder indirekten Nachweis der Krankheitserreger der Hepatitis B und Hepatitis C. Die Daten werden nichtnamentlich an das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) und von dort an das Robert Koch-Institut (RKI) übermittelt. Darüber hinaus ist der direkte oder indirekte Nachweis von HIV und Treponema pallidum (Erreger der Syphillis) nichtnamentlich an das RKI zu melden. Für alle anderen in der Anfrage aufgeführten sexuell übertragbaren Infektionen und Geschlechtskrankheiten liegen keine systematischen Daten vor. Dies gilt auch zu Angaben über vermutete Dunkelziffern. In den Anlagen finden sich die Daten zu den Krankheiten seit 2013, geschichtet nach Meldejahr , Geschlecht und Altersgruppen. Des Weiteren finden sich Daten zum wahrscheinlichen Übertragungsweg und zum Meldequartal. - 2 - 2 3. Welche präventiven Maßnahmen werden aktuell von der Berliner Regierung zur Aufklärung von und zur Schließung der Wissenslücken über die sexuell übertragbaren Krankheiten bzw. Infektionen vorgenommen und gefördert? Zu 3.: Seitens der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung werden 13 Projekte im Rahmen des Integrierten Gesundheitsprogramms im Handlungsfeld HIV/AIDS, sexuell übertragbare Infektionen sowie Hepatitiden gefördert, deren zentrale Aufgabe Beratung von Betroffenen und Angehörigen sowie Prävention für spezielle, von HIV/AIDS besonders betroffene Zielgruppen ist. U.a. werden hier aufsuchende Vor-Ort-Projektarbeit, Testberatung und –durchführung angeboten. Die in Gesundheitsämtern des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bestehenden Zentren für sexuelle Gesundheit und Familienplanung sind für die Prävention der Allgemeinbevölkerung zuständig. Durch sie wird schulische Präventionsarbeit, aber auch Testberatung und –durchführung angeboten. 4. Ist eine ausführliche Aufklärung über sexuell übertragbare Krankeheiten im Schullehrplan an den Berliner Sekundarschulen, Gemeinschaftsschulen und Gymnasien vorgesehen? Zu 4.: Der gesetzliche Erziehungsauftrag der Schule schließt die Sexualerziehung als einen wichtigen und unverzichtbaren Teil der Gesamterziehung mit ein. Für das Fach Sachunterricht werden - im Themenfeld „Kind“ und im Themenfeld „Zeit“ - verbindliche Inhalte genannt, die Aspekte der Sexualerziehung berühren. In den Fächern Naturwissenschaften und Biologie finden sich im Rahmenlehrplan explizit Inhalte und Standards, die die Gesundheitsprävention thematisieren, insbesondere in den Themenfeldern „Sexualerziehung“ in Naturwissenschaften 5/6, „Sexualität, Fortpflanzung und Entwicklung“ und „Gesundheit und Krankheit“ in Biologie. Als mögliche Kontexte werden im Rahmenlehrplan z. B. genannt: „Hygiene und sexuell übertragbare Krankheiten“ und „HIV/AIDS, Grippe, HPV“. 5. Wie viele Unterrichtsstunden sind im Schullehrplan zur Aufklärung der sexuell übertragbaren Krankheiten festgeschrieben? Zu 5.: Der Rahmenlehrplan gibt keine Zahl an Unterrichtsstunden für die Umsetzung vor. Die Festlegung des Zeitpunktes und des Umfanges liegt in der Verantwortung der jeweiligen Schule. 6. Wie viele Unterrichtsstunden, die sich mit dem Thema sexuell übertragbare Krankheiten befassen, fallen jährlich an Berliner Schulen aus (bitte für die Schuljahre 2015-2016, 2016-2017 und 2017-2018)? - 3 - 3 Zu 6.: Es werden keine Daten über den Unterrichtsausfall von Stunden mit spezifischen Themen erhoben. 7. Plant das Land Berlin angesichts der speziell in Berlin hohen Zahl der von Chlamydien-Infektionen 15- bis 17-jährigen betroffenen Mädchen sowie der steigenden Antibiotika-Resistenzen (beispielsweise bei Gonorrhö ) einen Ausbau der Präventionsmaßnahmen? Falls ja, welche zusätzlichen Maßnahmen zur Diagnose und Prävention (incl. Therapie- Beratungs- und/oder Testangebote) sind vorgesehen? Zu 7.: Die vom Land Berlin unterstützten Präventionsangeboten werden grundsätzlich immer wieder an sich ändernde Situationen angepasst und ggf. über das Parlament haushalterisch gestärkt. 8. Plant das Land Berlin aufgrund der zuvor genannten Gründe die (nichtnamentliche) Meldepflicht auf die STI Chlamydia und Gonorrhö zu erweitern? Zu 8.: Nein. 9. Inwiefern werden die Präventionsmaßnahmen auch dahingehend erweitert, um die von STI betroffenen nicht-infizierten Partner an das Beratungs- und Versorgungssystem anzubinden? Zu 9.: Für den Bereich HIV/AIDS ist festzustellen, dass die oder der Betroffene bei der Mitteilung des positiven Testergebnisses immer auch darauf hingewiesen wird, dass Sexualpartner über die Infektion informiert werden sollen. Eine modellhafte Erprobung der anonymen Mitteilung an Sexualpartner wird derzeit auf Fachebene und mit Betroffenen diskutiert. Aufgrund der noch immer erlebten und vorhandenen Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV und AIDS können als reglementierend erlebte Eingriffe die in den letzten Jahren erzielten Erfolge des freiwilligen Testens auf HIV/Aids schnell zunichtemachen . 10. Beteiligt sich das Land Berlin an den Kosten der Krankenkassen für das kostenlose Chlamydien- Screening bei Frauen bis zum 25. Lebensjahr? Zu 10.: Nein, gegenwärtig nicht. 11. Welchen finanziellen Aufwand müsste das Land Berlin aufbringen, um ein jährliches kostenloses Screening auf Chlamydien auch für Frauen bis zum 35. Lebensjahr einzuführen? - 4 - 4 Zu 11.: Hierzu liegen dem Senat keine Angaben vor. Aus fachlicher Sicht wäre jedoch ein Screening , das sich ausschließlich auf Frauen bezieht, nicht sinnvoll, da die Erregerübertragung durch den meist symptomfreien Sexualpartner geschieht. Berlin, den 16. Oktober 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung SA 18-16 594 Syphilis Tab.1 Anzahl der an das Robert Koch-Institut seit 2013 übermittelten Erregernachweise von Treponema pallidum in Berlin, geschichtetet nach Geschlecht und Altersgruppe, Stand: 04.10.2018 Meldejahr Gesamt Männlich Weiblich M_0-39 Jahre M_40_59 Jahre M_≥60 Jahre W_0-39 Jahre W_40_59 Jahre W_≥60 Jahre 2013 809 776 32 391 344 41 23 7 2 2014 1007 980 27 534 405 41 18 7 2 2015 1240 1210 29 613 538 59 22 5 2 2016 1251 1225 26 613 562 49 19 7 0 2017 1354 1323 30 645 606 70 21 8 1 2018 772 755 17 379 340 32 8 8 1 Tab. 2 Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg bei Fällen mit Erregernachweis von Treponema pallidum in Berlin, die seit 2013 an das Robert Koch-Institut übermittelt wurden, Stand: 04.10.2018 Wahrscheinlicher Übertragungsweg Anzahl Heterosexuelle Übertragung 326 Homosexuelle Übertragung 5068 Mutter-Kind (konnatale) Infektion 3 Kontakt zu Prostituierten 13 Ausübung von Prostitution 4 nicht erhoben 1019 Abb. An das Robert Koch-Institut seit 2013 übermittelte Erregernachweise von Treponema pallidum, nach Meldequartal und -jahr, Stand: 4.10.2018 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Fa llz ah l Meldequartal und -jahr SA 18-16 594 Hepatitis C Tab.1 Anzahl der an das LAGeSo seit 2013 übermittelten Hepatitis C-Fälle in Berlin mit Referenzdefinition, geschichtetet nach Geschlecht und Altersgruppe, Stand: 04.10.2018 Meldejahr Gesamt Männlich Weiblich M_0-39 Jahre M_40_59 Jahre M_≥60 Jahre W_0-39 Jahre W_40_59 Jahre W_≥60 Jahre 2013 512 324 188 133 147 44 56 79 53 2014 591 397 194 150 191 56 68 75 51 2015 423 298 125 127 126 45 46 38 41 2016 384 268 116 115 124 29 39 43 34 2017 310 238 72 106 101 30 22 32 18 2018 234 168 66 62 89 17 23 23 20 Tab. 2 Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg* bei Hepatitis C-Fällen in Berlin mit Referenzdefinition, die seit 2013 an das LAGeSo übermittelt wurden, Stand: 04.10.2018 Wahrscheinlicher Übertragungsweg Anzahl Intravenöser Drogenkonsum 585 Heterosexuelle Übertragung 163 Homosexuelle Übertragung 210 Wohngemeinschaft mit Virusträger/-in 85 Perinatale Übertragung 13 Nosokomiale Übertragung 463 Übertragung über Piercing / Tattoo 204 Berufliche Exposition zu Patienten/-innen 39 * Angaben lagen zu 1351 Hepatitis C-Fällen vor, Mehrfachangaben möglich Abb. An das LAGeSo seit 2013 übermittelte Hepatitis C-Fälle in Berlin mit Referenzdefinition, nach Meldequartal und -jahr, Stand: 4.10.2018 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Fa llz ah l Meldequartal und -jahr SA 18-16 594 HIV Tab.1 Anzahl* der an das Robert Koch-Institut seit 2013 übermittelten Erregernachweise von HIV** in Berlin, geschichtetet nach Geschlecht und Altersgruppe, Stand: 1.3.2017 Meldejahr Gesamt Männlich Weiblich M_0-39 Jahre M_40_59 Jahre M_≥60 Jahre W_0-39 Jahre W_40_59 Jahre W_≥60 Jahre 2013 510 452 58 284 146 18 43 12 2 2014 441 377 64 221 139 14 43 19 2 2015 379 319 60 225 88 6 43 14 3 2016 354 303 51 176 112 12 29 19 2 2017 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2018 0 0 0 0 0 0 0 0 0 * aus technischen Gründen kann das RKI derzeit ab dem Jahr 2017 keine Zahlen zu HIV bereitstellen ** drei HIV-Erregernachweise gehörten zum Typ HIV-2, die übrigen zum Typ HIV-1 Tab. 2 Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg bei HIV-Fällen in Berlin, die seit 2013 an das Robert Koch-Institut übermittelt wurden, Stand: 1.3.2017 Wahrscheinlicher Übertragungsweg Anzahl Intravenöser Drogenkonsum 32 Heterosexuelle Übertragung 250 Homosexuelle Übertragung 1126 HIV / Prä-/perinatale Infektion 7 nicht erhoben 269 Abb. An das Robert Koch-Institut seit 2013 übermittelte HIV-Fälle* in Berlin, nach Meldequartal und -jahr, Stand: 1.3.2017 *aus technischen Gründen kann das RKI derzeit ab dem Jahr 2017 keine Zahlen zu HIV bereitstellen 0 20 40 60 80 100 120 140 160 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Fa llz ah l Meldequartal und -jahr SA 18-16 594 Hepatitis B Tab.1 Anzahl der an das LAGeSo seit 2013 übermittelten Hepatitis B-Fälle in Berlin mit Referenzdefinition*, geschichtetet nach Geschlecht und Altersgruppe, Stand: 04.10.2018 Meldejahr Gesamt Männlich Weiblich M_0-39 Jahre M_40_59 Jahre M_≥60 Jahre W_0-39 Jahre W_40_59 Jahre W_≥60 Jahre 2013 64 37 27 15 18 4 13 10 4 2014 71 47 24 29 9 9 14 8 2 2015 63 43 20 19 15 9 6 11 3 2016 78 47 31 14 22 11 19 10 2 2017 172 92 80 46 31 15 41 30 8 2018 170 93 76 51 31 11 37 29 10 * Die Referenzdefinition hat sich im Jahr 2015 geändert. Seither werden auch labordiagnostische Infektionen bei nicht erfülltem klinischen Bild in amtlichen Statistiken gezählt Tab. 2 Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg* bei Hepatitis B-Fällen in Berlin mit Referenzdefinition, die seit 2013 an das LAGeSo übermittelt wurden, Stand: 04.10.2018 Wahrscheinlicher Übertragungsweg** Anzahl Intravenöser Drogenkonsum 4 Heterosexuelle Übertragung 46 Homosexuelle Übertragung 18 Wohngemeinschaft mit Virusträger/-in 26 Perinatale Übertragung 9 Nosokomiale Übertragung 59 Übertragung über Piercing / Tattoo 11 Berufliche Exposition zu Patienten/-innen 8 * Angaben lagen zu 164 Hepatitis B-Fällen vor, Mehrfachangaben möglich Abb. An das LAGeSo seit 2013 übermittelte Hepatitis B-Fälle in Berlin mit Referenzdefinition, nach Meldequartal und -jahr, Stand: 4.10.2018 0 10 20 30 40 50 60 70 80 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Fa llz ah l Meldequartal und -jahr