Drucksache 18 / 16 722 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm (LINKE) vom 11. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Oktober 2018) zum Thema: Bibliothek des Konservatismus als Teil der Neuen Rechten und Antwort vom 26. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 722 vom 11. Oktober 2018 über Bibliothek des Konservatismus als Teil der Neuen Rechten ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Begriff der „Neuen Rechten“ ist kein geeignetes Kriterium für die Verfassungsschutzrelevanz einer Gruppierung. Relevant für den Verfassungsschutz sind nur Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Verfassungsschutzgesetz Berlin (VSG Bln). Die Beantwortung der Anfrage beschränkt sich daher auf hierunter gefasste Personengruppen. Der Senat ist bei der Beantwortung Schriftlicher Anfragen gehalten, das Recht der Abgeordneten auf Information und das Recht der von der Fragestellung betroffenen Bürger und Bürgerinnen auf informationelle Selbstbestimmung und weitere Grundrechte abzuwägen. Dem Senat ist es aus rechtlichen Gründen nicht möglich, personenbezogene Auskünfte zu erteilen. Fragen nach der Mitgliedschaft von Einzelpersonen in extremistischen Organisationen, Kontakten zu solchen Organisationen oder sonstigen personellen Verflechtungen können daher auch dann nicht beantwortet werden, wenn dem Senat im Einzelfall keine Erkenntnisse über entsprechende Bestrebungen, Kontakte oder Verflechtungen vorliegen. 1. Die Bibliothek des Konservatismus (BdK) gilt als einer der wichtigsten Treffpunkte der Neuen Rechten in Berlin. Regelmäßig treten hier Politiker*innen, Eurofeind*innen, Abtreibungsgegner*innen und Islamkritiker*innen auf und entwerfen das Bild einer anderen Gesellschaft, die nationaler, homogener, autoritärer ist als die heutige. (Vgl.: Rechte Gedankenschmiede: Die wollen nicht nur lesen, http://www.spiegel.de/spiegel/bibliothek-deskonservatismus -in-berlin-wo-die-rechten-eine-neue-republik-planen-a-1132494.html) Ist dem Senat die Nähe der Bibliothek des Konservatismus zur Neuen Rechten bekannt und welche Kenntnisse hat der Senat hierzu im Einzelnen? Seite 2 von 6 Zu 1.: Dem Senat sind nur einzelne Kontakte i.S.d. § 5 Abs. 2 VSG Bln bekannt. So soll am 7. November 2018 eine Buchvorstellung eines Aktivisten der „Identitären Bewegung“ in den Räumen der Bibliothek des Konservatismus stattfinden. 2. Trifft es zu, dass die Bibliothek des Konservatismus an der neurechten Messe „zwischentag“ des Mitbegründers der extrem rechten Denkfabrik Institut für Staatspolitik (IfS), G. K., teilnahm und welche Kenntnisse hat der Senat hierzu im Einzelnen? 3. Trifft es zu, dass ein weiterer Mitbegründer des IfS, K. W., in den Räumlichkeiten der Bibliothek des Konservatismus mehrmals im Rahmen einer Veranstaltung sprach und welche Kenntnisse hat der Senat hierzu im Einzelnen? Zu 2. und 3.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 4. Ist dem Senat bekannt, dass die Vorstellungen neurechter Aktivist*innen und Organisationen darauf gerichtet sind, tragende Prinzipien des Grundgesetzes abzulehnen und Querverbindungen zwischen extremer Rechten und Konservativen herzustellen und welche Kenntnisse hat der Senat hierzu im Einzelnen? Zu 4.: Verfassungsschutzrelevant ist derzeit im Kontext der „Neuen Rechten“ der muslimenfeindliche Rechtsextremismus. Muslimenfeindliche Rechtsextremisten negieren Grundprinzipien unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, indem sie Muslimen beispielsweise die Religionsfreiheit absprechen und durch Ausgrenzung, Verspottung und Herabwürdigung in ihrer Menschenwürde verletzten. Durch das Aufgreifen aktueller Vorfälle mit Flüchtlingsbezug versuchen muslimenfeindliche Rechtsextremisten auch im bürgerlichen Spektrum anschlussfähig zu werden. 5. In welchen Einrichtungen des Landes Berlin oder der Berliner Bezirke haben die Bibliothek des Konservatismus oder deren Förderstiftung konservative Bildung und Forschung (FKBF) seit ihrer Gründung Veranstaltungen abgehalten oder sind als Gastredner*innen aufgetreten? (Bitte einzeln aufschlüsseln nach Datum, Name der Veranstaltung und Veranstaltungsort.) 6. In welchen Einrichtungen des Landes Berlin oder der Berliner Bezirke haben weitere Organisationen der Neuen Rechten seit dem 1. Januar 2012 Veranstaltungen abgehalten oder sind Vertreter*innen der Neuen Rechten aufgetreten? (Bitte einzeln aufschlüsseln nach Datum, Name der Veranstaltung und Veranstaltungsort.) Zu 5. und 6.: Dem Senat sind keine entsprechenden Einrichtungen bekannt. 7. Beabsichtigt der Senat, künftig die Nutzung von Einrichtungen des Landes Berlin und der Berliner Bezirke für Aktivist*innen und Organisationen der Neuen Rechten zu unterbinden und wie will der Senat dies sicherstellen? Zu 7.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zu einer geplanten entsprechenden Nutzung von Einrichtungen des Landes Berlin vor. Im Übrigen wird auf die üblichen Nutzungsbedingungen entsprechender Einrichtungen verwiesen. 8. Wann wurde die FKBF als Betreiberin der BdK als rechtsfähige Stiftung durch die Stiftungsaufsicht in Berlin anerkannt? Seite 3 von 6 Zu 8.: Die Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung wurde im Jahr 2000 von der Regierung Oberbayern anerkannt. Sie hat im Jahr 2015 durch satzungsändernden Beschluss mit Genehmigung der bayerischen Behörde ihren Sitz nach Berlin verlegt. 9. Wann erhielt die Stiftung aus welchen Gründen nach § 52 Abs. 2 Abgabenordnung ihren gemeinnützigen Status? a) Welche natürlichen oder juristischen Personen sind die Stiftenden der FKBF? b) Was ist das Stiftungsgeschäft der FKBF und welchen Zweck verfolgt die Stiftung? c) In welcher Höhe profitierte die FKBF auf Basis ihres gemeinnützigen Status jährlich durch Vergünstigungen für steuerbegünstigte Körperschaften? d) Welche Fördermittel von welchen Institutionen oder Programmen, etc. in welcher Höhe erhalten die FKBF oder die BdK seit ihrem Bestehen? (Bitte einzeln sowie nach Jahren auflisten.) e) Welche Veranstaltungen der FKBF oder der BdK wurden von welchen Institutionen oder Programmen etc. in welcher Höhe gefördert? (Bitte einzeln sowie nach Jahren auflisten.) Zu 9. und 9 c): Soweit Informationen im Rahmen des Besteuerungsverfahrens bekanntgeworden sind, unterliegen diese dem Steuergeheimnis i.S.d. § 30 Abgabenordnung und dürfen daher ohne Zustimmung des Betroffenen grundsätzlich nicht offenbart werden. a) Stifter war eine natürliche Person. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. b) Nach dem Stiftungsgeschäft ist Zweck der Stiftung die Förderung von Bildung und Erziehung, Kultur, Wissenschaft und Forschung. Die Förderung der Stiftung soll sich nach der Satzung insbesondere auf die konservative Bildung und Forschung, die Kultur und die internationale Zusammenarbeit erstrecken. d) und e) Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 10. Wie viele Zustiftungen in welcher Höhe bzw. Form und durch wen erhielten die FKBF oder die BdK jährlich seit ihrer Gründung bzw. Anerkennung? (Bitte die jeweiligen einzelnen Zustiftungen dem Jahr zuordnen.) Zu 10.: Eine Auskunft über Zustiftungen kann derzeit nicht erteilt werden. Die Stiftung und der Zustifter sind gerichtlich gegen die Einschätzung der Stiftungsaufsichtsbehörde vorgegangen, das Interesse der Öffentlichkeit, Informationen über Zustiftungen an die Stiftung zu erhalten, überwiege das Interesse der Stiftung und des Zustifters an der Geheimhaltung. Die entsprechenden Verfahren sind noch bei den Verwaltungsgerichten anhängig. Würde die Auskunft jetzt erteilt werden, hätten sich die Rechtsmittel der Betroffenen erledigt und wäre damit der verfassungsrechtlich gewährleistete effektive Rechtsschutz gegen die behördliche Entscheidung nicht mehr gegeben. 11. Welche Kenntnisse hat der Senat über weitere Körperschaften, die ihren Sitz in der Fasanenstraße 4 haben oder hatten? Bitte einzeln auflisten. Zu 11.: Es sind zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung an der in Frage genannten Anschrift bekannt. Seite 4 von 6 12. Kann der Senat ausschließen, dass die BdK, deren FKBF und/oder die unter der Adresse Fasanenstraße 4 gemeldeten Körperschaften an Kooperationen, Projekten oder Veranstaltungen beteiligt waren, die das Land Berlin finanzierte oder förderte? Wenn ja, bitte begründen. Wenn nein, bitte die entsprechenden Kooperationen, Projekte oder Veranstaltungen mit der entsprechenden Fördersumme angeben. Zu 12.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 13. Welche Kenntnisse hat der Senat seit der Gründung der Stiftung über Beanstandungen, Rügen und verhangene Bußgelder seitens des Finanzamtes für Körperschaften I wegen Steuerbegünstigung? Zu 13.: Siehe Antwort zu Frage 9. 14. Welche Organe und Gremien besitzen die FKBF bzw. die BdK? a) Welche Personen sind die Vorsitzenden dieser Organe bzw. Gremien und welchen Parteien oder anderen gesellschaftlichen wie politischen Organisationen gehören diese an? b) Wie viele und welche Mitglieder sind in diesen Organen und Gremien vertreten und welchen Parteien oder anderen gesellschaftlichen wie politischen Organisationen gehören diese an? c) Gibt es Politiker*innen auf Bezirks-, Landes-, Bundes oder Europaebene, die Mitglied in der FKBF sind? Wenn ja, bitte Namen und Parteizugehörigkeit angeben. Zu 14.: Die Stiftung hat einen Vorstand und einen Stiftungsrat. Über die Organe und Gremien der Bibliothek ist dem Senat nichts bekannt. a) Zur Angaben über das geschäftsführende Vorstandsmitglied der Stiftung und den Vorsitzenden des Stiftungsrats der Stiftung wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Die Zugehörigkeit zu Parteien oder anderen gesellschaftlichen und politischen Organisationen von Mitgliedern der Stiftungsorgane wird im Rahmen der Stiftungsaufsicht nicht erhoben. b) Zu weiteren Mitgliedern des Vorstands der Stiftung siehe Vorbemerkung, ebenso zu weiteren Mitgliedern des Stiftungsrats der Stiftung. c) Stiftungen haben keine Mitglieder. 15. Gibt es Politiker*innen auf Bezirks-, Landes-, oder Europaebene, die in der BdK öffentlich aufgetreten sind? Wenn ja, bitte Namen, Datum und Parteizugehörigkeit angeben. Zu 15.: Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 16. Wie viel Spenden erhielten jeweils die BdK und deren FKBF seit ihrer Gründung jährlich? a) Wie viel natürliche und juristische Spender*innen gab es jeweils für die BdK, welche waren das und in welcher Höhe wurde gespendet? b) Wie viele Spenden erhielt die FKBF durch Parteien, durch welche und in welcher Höhe? c) Wie viele Spenden erhielt die FKBF durch juristische und auch natürliche Spender*innen und in welcher Höhe? Seite 5 von 6 Zu 16 a) bis c): Bei der Stiftungsaufsichtsbehörde liegen nur Erkenntnisse über die Höhe der Zuwendungen an die Stiftung, nicht aber an die Bibliothek vor. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 9. Die Spender und die Höhe der Einzelspenden sind bei der Stiftungsaufsicht nicht bekannt. In den Jahren, für die die Stiftung ihre Jahresberichte bei der Berliner Stiftungsaufsichtsbehörde einreichen musste, hat sie jährlich insgesamt Spenden in folgender Höhe vereinnahmt: 2014 402.997,28 2015 252.413,21 2016 308.044,14 2017 299.001,53 17. Welche Kenntnisse hat der Senat über die inhaltliche Gestaltung des „Studienprogramms“ der BdK? a) Unter welchen thematischen Titeln standen die jeweiligen einzelnen Halbjahre? b) Welche vermeintlichen Seminare unter welchen thematischen Titeln fanden während der einzelnen Halbjahre jeweils statt? c) Welche Referent*innen etc. traten während dieser vermeintlichen Seminare jeweils auf? d) Welche Publikationen oder andere Medien wurden während der einzelnen vermeintlichen Seminare oder Halbjahre jeweils behandelt? Zu 17 a) - d): Hierzu liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 18. Wie stellt das Land Berlin sicher, dass in der BdK keine Veranstaltungen mit verfassungsfeindlichen Inhalten veranstaltet werden? Zu 18.: Soweit hinreichende Anhaltspunkte für strafbare Inhalte von Meinungsäußerungen vorliegen, werden diese entsprechend der gesetzlichen Vorschriften verfolgt. 19. Welche Kenntnisse hat der Senat über Ermittlungsverfahren, die einen Anknüpfungs- bzw. Bezugspunkt zur Fasanenstraße 4 haben oder hatten? (Bitte einzeln aufschlüsseln nach Datum, Deliktart und Stand des Ermittlungsverfahrens.) Zu 19.: Seit Gründung der Bibliothek des Konservatismus im Jahr 2012 hat die Polizei Berlin insgesamt vier Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Fasanenstraße 4 in 10623 Berlin bearbeitet. Datum Delikt Ermittlungsstand 23.05.2013 Sonstiger einfacher Diebstahl an/aus Kfz abgeschlossen 08.03.2015 Sachbeschädigung abgeschlossen 07.03.2018 Sachbeschädigung abgeschlossen Seite 6 von 6 Datum Delikt Ermittlungsstand 23.05.2018 Sachbeschädigung abgeschlossen Quelle: Polizeiliches Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung, Stand 19. Oktober 2018 20. Welche Kenntnisse hat der Senat über nachrichtendienstliche Maßnahmen, die einen Anknüpfungs- bzw. Bezugspunkt zur Fasanenstraße 4 haben oder hatten? (Bitte einzeln aufschlüsseln.) Zu 20.: Die Frage berührt Einzelheiten und Methoden der operativen Arbeitsweise des Berliner Verfassungsschutzes. Um die weiterhin nötige Wirksamkeit dieser Arbeitsweise auch künftig zu gewährleisten, kann daher eine Beantwortung im Rahmen der Veröffentlichung einer schriftlichen Anfrage nicht erfolgen und zwar unabhängig davon, ob derartige Maßnahmen im Einzelfall stattfinden oder nicht. Berlin, den 26. Oktober 2018 In Vertretung Sabine Smentek Senatsverwaltung für Inneres und Sport