Drucksache 18 / 16 797 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 19. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Oktober 2018) zum Thema: Kommunikationsüberwachung von E-Mails, Servern und Internet-Foren und Big-Data-Auswertungen und Antwort vom 05. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16797 vom 19.10.2018 über Kommunikationsüberwachung von E-Mails, Servern und Internet-Foren und Big-Data-Auswertungen ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie oft haben welche Landesbehörden in den zurückliegenden Jahren (bitte seit 2010 auflisten) von der sogenannten a. "E-Mail-TKÜ", b. „Foren Überwachung“ und/oder c. „Server_TKÜ“ Gebrauch gemacht? Zu 1.: a.-c. Eine statistische Aussage zu durchgeführten Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation ist rückwirkend zu den angefragten Einzelmaßnahmen nicht möglich. Dies gilt für die Strafverfolgungsbehörden Berlins sowie für die Polizei Berlin als auch die Abteilung Verfassungsschutz bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Nahezu jeder im Internet angebotene Dienst wird mit Hilfe von Servern erbracht; das gilt auch für das Versenden und Empfangen von E-Mails sowie das Betreiben von Internet-Foren und Chatrooms. 2. Bitte jeweils nach den in 1. a-c genannten Maßnahmen aufschlüsseln: a. Welche Landesbehörden haben zwar selbst keine der in 1. a-c genannten Maßnahmen eingesetzt , sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden und Firmen sowie die Art der konkreten angefragten und erteilten Unterstützung benennen)? b. Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt betroffen (bitte nach Informationsgewinnung , Gefahrenabwehr und Strafverfolgung differenzieren)? c. Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden? d. Welcher Zeitraum lag jeweils zwischen dem Einsatz der Maßnahme und der Benachrichtigung der Betroffenen? Seite 2 von 3 e. Welche Hard- und Software wird für die Maßnahmen jeweils genutzt? f. Inwiefern haben die Maßnahmen in den zurückliegenden Jahren (seit 2010) bis heute aus Sicht der Landesregierung Erkenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Abwehr von Gefahren beitrugen? Zu 2.: a. Die Staatsanwaltschaft Berlins setzt entsprechende Maßnahmen nicht selbst um. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erwirkt die Staatsanwaltschaft im Rahmen eines anhängigen Ermittlungsverfahrens einen entsprechenden Beschluss bei dem zuständigen Gericht. Die konkrete Umsetzung der Maßnahme erfolgt sodann durch die Polizei. e. Im Rahmen von Maßnahmen der Kommunikationsüberwachung kommt Hard- und Software zum Einsatz, die Inhalte der Fernkommunikation wieder hörbar bzw. sichtbar macht und deren Aufzeichnung und Auswertung ermöglicht. Nähere Einzelheiten zu konkret eingesetzten Produkten könnten Rückschlüsse auf die operativtechnischen Fähigkeiten der Polizei und des Verfassungsschutzes ermöglichen und können daher aus Gründen des Schutzes der Arbeitsweise und Funktionsfähigkeit nicht veröffentlicht werden. f. Aus Maßnahmen der Kommunikationsüberwachung wurden in den zurückliegenden Jahren in zahlreichen Fällen Informationen gewonnen, die zur Aufklärung von Straftaten bzw. Abwehr von Gefahren beigetragen haben. Im Übrigen s. Antwort zu 1. 3. Seit wann kommen die unter 1. a) bis c) aufgezählten Maßnahmen jeweils in den verschiedenen Behörden zum Einsatz und auf welche konkreten Rechtsgrundlagen stützen sie sich? Zu 3.: In einem Verfahren wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrug (Phishing) wurde erstmals im Jahr 2014 eine sog. „Server-TKÜ“ durchgeführt. Rechtsgrundlage für die Maßnahmen ist umfassend §§ 100a Abs. 1, Abs. 2, 100e Strafprozessordnung (StPO) (ggf. auch mit 100g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Satz 3 StPO i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 TKG), wobei für die Fälle einer retrograden Postfachbeschlagnahme auch § 99 StPO als Rechtsgrundlage gegeben ist. Beim Verfassungsschutz Berlin kommen Maßnahmen der Kommunikationsüberwachung seit mehreren Jahrzehnten auf der Grundlage des Artikel 10-Gesetzes zum Einsatz. Der Gesetzgeber hat bei der Neuregelung der statistischen Erhebungen in § 101b StPO auch die frühere Unterscheidung zwischen der Überwachung von Festnetz-, Mobilfunk- und Internetkommunikation aufgegeben, weil sie sich nicht durchführen lässt. 4. In wie vielen Fällen (bitte im Einzelnen auflisten) kommen bereits Big-Data-Analyse-Verfahren und Technologien in Landesbehörden im Allgemeinen und beim Verfassungsschutz Berlin im Speziellen zum Einsatz und aufgrund welcher konkreten Rechtsgrundlage jeweils? Seite 3 von 3 Zu 4.: Der Verfassungsschutz Berlin nutzt Verfahren, die ihn bei der Analyse und Aufbereitung großer Datenmengen unterstützen. Ob diese dem Begriff „Big Data“ unterfallen, kann mangels aussagekräftiger Definition nicht beurteilt werden. Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung ist § 11 Absatz 1 des Verfassungsschutzgesetzes Berlin (VSG Bln). Bei der Polizei Berlin sind derartige Technologien im Sinne der Fragestellung derzeit nicht im Einsatz. 5. In welchen Fällen ist der Einsatz von selbstlernenden Systemen anhand von Big-Data- Datenbeständen geplant? Zu 5.: Gegenwärtig ist ein Einsatz von selbstlernenden Systemen anhand von Big-Data- Datenbeständen weder beim Verfassungsschutz noch bei der Polizei Berlin geplant. 6. In welchen Bereichen (bitte im Einzelnen auflisten und erläutern) kommen bereits algorithmische Entscheidungssysteme zur Unterstützung der Arbeit in Landesbehörden im Allgemeinen und beim Verfassungsschutz Berlin im Speziellen zum Einsatz? Bitte aufschlüsseln: a. Wo ist jeweils die Grenze zu Entscheidungen gezogen, die nur von Menschen getroffen werden dürfen? b. Wer hat diese algorithmischen Entscheidungssysteme erstellt? c. Welchen Qualitätskontrollen werden diese unterzogen und von wem? d. welche Prozesse zur Absicherung der Zulässigkeit ihres Einsatzes sind dem Einsatz jeweils vorausgegangen ? Zu 6.: Die Strafverfolgungsbehörden, die Polizei und der Verfassungsschutz Berlin nutzen keine algorithmischen Entscheidungssysteme im Sinne der Fragestellung. Entscheidungen werden stets einzelfallbezogen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter getroffen. Berlin, den 05. November 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport