Drucksache 18 / 16 823 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) vom 18. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2018) zum Thema: Maßnahmen des Senates gegen die Bedrohung und Erpressung von Richtern und Antwort vom 06. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Dr. Hans-Joachim Berg (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 823 vom 18. Oktober 2018 über Maßnahmen des Senates gegen die Bedrohung und Erpressung von Richtern ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen dem Berliner Senat über versuchte und/oder erfolgte Nötigungen, Bedrohungen und Erpressungen von Richtern und Staatsanwälten durch Mitglieder krimineller Banden und Clans vor? Bitte detaillierte Auflistung – unter Wahrung des Persönlichkeits- und Datenschutzes - der bekannten Fälle für die letzten vier Jahre! Zu 1.: Es gab in den zurückliegenden vier Jahren nur einen der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung bekannt gewordenen Fall der Bedrohung eines Staatsanwalts durch Mitglieder krimineller Banden und Clans. Der Fall ereignete sich 2015 und stand im Zusammenhang mit dem sog. „Rockermord“, der auch aktuell noch vor dem Landgericht Berlin verhandelt wird. Bei den Gerichten ist kein Fall von versuchter und/oder erfolgter Nötigungen, Bedrohungen und Erpressungen von Richterinnen und Richtern durch Mitglieder krimineller Banden oder Clans bekannt. 2. Welche Erkenntnisse liegen dem Berliner Senat über versuchte und/oder erfolgte Nötigungen, Bestechungen von Richtern und Staatsanwälten vor? Bitte detaillierte Auflistung – unter Wahrung des Persönlichkeits - und Datenschutzes - der bekannten Fälle für die letzten vier Jahre! Zu 2.: Es sind keine Fälle der Bestechung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten bekannt geworden. Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind wegen ihrer dienstlichen Tätigkeit gelegentlich pointierter Kritik, substanzlosen Strafanzeigen und unberechtigten Dienstaufsichtsbeschwerden ausgesetzt. Eine statistische Erfassung erfolgt nicht. Bei den Gerichten kommen Nötigungsversuche gegenüber Richterinnen, Richtern und anderen Mitarbeitenden (vor allem bei Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtvollziehern) vereinzelt vor, diese stehen aber in der Regel nicht in Zusammenhang mit Banden- und Clankriminalität sondern stammen in nicht unerheblichem Maße aus der rechtsradikalen Reichsbürgerszene. Eine statistische Erfassung erfolgt nicht. 3. Welche personellen und organisatorische Vorkehrungen bestehen im Land Berlin, die es Richtern und Staatsanwälten ermöglichen, sich unter Wahrung des Eigenschutzes vor Nötigungs-, Bedrohungs-, Erpressungs - oder Bestechungsversuchen zu schützen? Zu 3.: Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung hat mit dem am 17. Oktober 2018 erlassenen Sicherheitsrahmenkonzept für die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden ein umfassendes Konzept erarbeitet und in Kraft gesetzt, um die Bediensteten der Berliner Justiz möglichst umfassend bei ihrer Arbeit zu schützen. Das Sicherheitsrahmenkonzept sieht zahlreiche Maßnahmen vor, die den Schutz vor Angriffe erhöhen, so beispielsweise die Ertüchtigung der Eingangsbereiche der Dienstgebäude , die Ausstattung mit neuen Alarmierungssystemen, die Durchführung ständiger Einlasskontrollen in allen Dienstgebäuden und eine einheitliche Ausstattung im Justizwachtmeisterdienst . Am Justizstandort Moabit und weiteren Gerichten gibt es bereits seit mehreren Jahren Zugangskontrollen zu den Dienstgebäuden, teilweise auch mit Videoüberwachung. Gegen Personen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedroht haben, können Hausverbote ausgesprochen werden. Zudem werden die Sicherheit des Hauses gefährdende Besucherinnen und Besucher, die als Zeugen oder Angeklagte das Gebäude betreten müssen , in Einzelfällen auf dem Gang durch das Gebäude durch den Justizwachtmeisterdienst begleitet. Gegebenenfalls werden Namensschilder von den Türen entfernt und die Telefon- und Zimmernummer der bedrohten Person aus Verzeichnissen entfernt. Es bestehen Alarmierungsmöglichkeiten aus den Dienstzimmern an den Justizwachtmeisterdienst . Für Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit besonders gefährdet sind, werden von den Gerichts- und Behördenleitungen Auskunftssperren in den Melderegistern erwirkt. Gegebenenfalls kann auch eine Beratung durch die Zentralstelle Individualgefährdung (LKA 13 ZSt IG) der Polizei Berlin erfolgen. Im Fall einer erhöhten Gefährdungslage in einer Gerichtsverhandlung kann das Gericht Sicherheitsmaßnahmen verschiedener Eskalationsstufen bis hin zu einer Hinzuziehung der Polizei veranlassen. Außerdem werden als Maßnahme zum Eigenschutz Fortbildungen (z.B. Safe-Sicherheitstraining, Umgang mit schwierigem Publikum, Deeskalationstraining) angeboten. 4. Inwieweit hat es in den vergangenen vier Jahren - ggf. auch anonyme - Hilferufe von Staatsanwälten und Richtern vor dem Hintergrund von Nötigungs-, Bestechungs-, Erpressungs- und Bedrohungsversuchen gegeben? Zu 4.: Ein Richter des Landgerichts hat im Jahr 2018 um Unterstützung gebeten, da er in einer außerhalb der Bundesrepublik geführten Plattform „Nürnberg 2.0 Deutschland“ als Richter geführt wird, der deutsches Recht missachtet und dem Vordringen des Islam Vorschub leistet. Weitere Fälle sind nicht bekannt geworden. 5. Inwieweit sichtet und analysiert der Berliner Senat - ggf. in Zusammenarbeit mit der unabhängigen Gerichtsbarkeit – staatsanwaltliche Entscheidungen und Gerichtsentscheidungen in Bezug auf mögliche ermessensmissbräuchliche Entscheidungen, die Anlass für die Besorgnis nicht allein rechtlich begründbarer Entscheidungen bieten? 6. Inwieweit erkennt der Senat, dass derartige Sichtungen und Analysen nicht nur einen durchaus erheblichen Kontrollfaktor darstellen, sondern auch dem Schutz von Richtern und Staatsanwälten dienen können? Zu 5. und 6.: Auf Grund der verfassungsrechtlich garantierten richterlichen Unabhängigkeit kontrolliert der Senat nicht die Berliner Gerichte in ihrer Rechtsprechung und sichtet und analysiert daher nicht ihre Entscheidungen. Staatsanwaltschaftliche Entscheidungen werden in der Regel von den unabhängigen Gerichten überprüft. Die Dienst- und Fachaufsicht der Generalstaatsanwaltschaft stellt darüber hinaus die Rechtmäßigkeit der staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen auch sicher. Betroffenen steht es frei, sich an den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses zu wenden. Manche Entscheidungen sind darüber hinaus auch schon innerhalb der Staatsanwaltschaft von der Zustimmung eines Vorgesetzten abhängig oder müssen diesem zur Kenntnis gegeben werden. Darüber hinaus werden regelmäßig nach wechselnden Kriterien Geschäftsprüfungen durch die Generalstaatsanwaltschaft durchgeführt, bei denen - unabhängig vom Vorliegen eines Rechtsmittels oder einer Dienstaufsichtsbeschwerde - die Sachbehandlung umfassend geprüft wird. Welche Verfahren von einer Geschäftsprüfung betroffen sein werden, ist für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte nicht vorhersehbar. 7. Inwieweit erkennt der Senat ganz allgemein in der nicht zuerst durch den ehemaligen Neuköllner Bürgermeister thematisierten möglichen Nötigung, Bedrohung, Erpressung und Bestechung von Richtern und Staatsanwälten eine fundamentale Gefährdung des Rechtsstaates und welche Schritte unternimmt der Senat, um dieser Gefährdung entgegenzuwirken? Zu 7.: Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Die durch den ehemaligen Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky in dem Interview der BILD-Zeitung vom 11. September 2018 wiedergegebene Einschätzung teilt der Senat daher nicht. Insbesondere sind keine Nötigungen , Bedrohungen, Erpressungen und Bestechungen von Richterinnen und Richtern durch Mitglieder krimineller Banden und Clans festzustellen. Bezüglich der zum Schutz der Mitarbeitenden in der Justiz getroffenen Maßnahmen wird auf die Antwort zu 3. verwiesen . Berlin, den 6. November 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung