Drucksache 18 / 16 831 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 22. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Oktober 2018) zum Thema: Geeignete Engagementformen für Kinder und Jugendliche stärken und entwickeln und Antwort vom 11. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 831 vom 22. Oktober 2018 über Geeignete Engagementformen für Kinder und Jugendliche stärken und entwickeln ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie will der Senat in Bezug auf Kinder und Jugendliche das in der Koalitionsvereinbarung gesteckte Ziel umsetzen, “Bürger/-innenbeteiligung als Prinzip der politischen Willensbildung zu fördern und die Stadtgesellschaft an der Entwicklung Berlins zu beteiligen ...”? Zu 1.: Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist dem Senat ein zentrales Anliegen. Möglichkeiten der Weiterentwicklung von Angeboten zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen werden auf Bezirks- und Landesebene unterstützt und gefördert, zum Beispiel durch die Förderung von Projekten aus dem Landesprogramm „Stark gemacht -Jugend nimmt Einfluss“ des Jugend-Demokratiefonds sowie durch vielfältige Projekte der politischen, kulturellen und medienpädagogischen Jugendbildung, wie z.B. Projekte des Berliner Jugendportals jup!, der Medienkompetenzzentren, der Jugendfreizeiteinrichtungen , der Jugendkulturzentren, der Jugendbildungsstätten und der Berliner Jugendverbände. Mit dem geplanten Jugendfördergesetz verfolgt der Senat das Ziel, die Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen zu stärken. Jugendarbeit fördert die Beteiligung , Mitbestimmung und Teilhabe junger Menschen. Durch die Einführung der „Unterstützung der Beteiligung von jungen Menschen“ als Angebotsform der Jugendarbeit sollen die Bezirke dabei unterstützt werden, ihre Strukturen für Kinder- 2 und Jugendbeteiligung zu stärken. Zudem soll die verbindliche Beteiligung junger Menschen als ein zentrales Strukturelement bei der Erstellung von Jugendförderplänen festgeschrieben werden. 2. Welche Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche gibt es zurzeit im Land Berlin und welche davon haben sich bis jetzt als besonders erfolgreich für die aktive Einbeziehung junger Menschen erwiesen? Mit welchen Institutionen, Organisationen, Initiativen und Projekten arbeitet dabei der Senat zusammen? Zu 2.: Hierzu wird auf die Schriftlichen Anfragen Nr. 18/10 948 („Kinder- und Jugendbeteiligung in Berlin: Kinder- und Jugendparlamente in den Bezirken“), Nr. 18/10 949 („Kinder - und Jugendbeteiligung in Berlin: Organisations- und Unterstützungsstrukturen vor Ort“) und Nr. 18/10 950 („Kinder- und Jugendbeteiligung in Berlin“) verwiesen. 3. Gab es jemals eine Evaluation der gängigen Beteiligungsformen, um deren Akzeptanz bei Kindern und Jugendlichen festzustellen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was hat diese Evaluation erbracht und welche Schlussfolgerungen wurden daraus gezogen? Wäre der Senat bereit, eine Evaluation durchführen zu lassen, wenn in diesem Bereich noch keine Erkenntnisse vorliegen? Zu 3.: Die für Jugend und Familie zuständige Senatsverwaltung hat zuletzt im Zusammenhang mit der Entwicklung eines Jugendfördergesetzes das Instrument der Befragung von Kindern und Jugendlichen genutzt. Die hohe Beteiligung hat zum einen gezeigt, dass dieses Instrument von Kindern und Jugendlichen akzeptiert wird. Sie hat zudem wichtige Erkenntnisse über die Wünsche und Vorstellungen der jungen Menschen in Bezug auf die erwünschten Angebotsformen der Jugendarbeit erbracht. 4. Welche neuen Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche werden derzeit erprobt? Welchen Stellenwert haben dabei neben den bekannten Formen des freiwilligen sozialen Jahrs und des freiwilligen ökologischen Jahrs andere Freiwilligendienste insbesondere auch für jüngere Kinder und Jugendliche? Wie steht es in diesem Zusammenhang mit der Entwicklung eines Freiwilligenpasses für diese Zielgruppe? 5. Welche Formen der öffentlichen Anerkennung gibt es für engagierte Kinder und Jugendliche? Was muss dabei unbedingt verbessert werden, um mehr junge Menschen für ein Engagement zu interessieren? Zu 4. und 5.: In der Jugendarbeit werden neue Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche unter anderem im Rahmen des Jugend-Demokratiefonds erprobt, hier vor allem durch die Aktionsfonds für die bezirklichen Kinder- und Jugendjurys zur Umsetzung von selbstorganisierten Projekten. Beteiligungsprojekte von jungen Menschen beinhalten z.B. die kinderfreundliche Gestaltung des Wohnumfelds oder die Verbesserung von Straßenquerungen und Spielplätzen. Andere Projekte thematisieren die Umsetzung der UN-Kinderrechte und die Partizipation von Kindern und Jugendlichen auf bezirklichen Veranstaltungen mit Politik und Verwaltung. 3 Viele junge Menschen engagieren sich ehrenamtlich in den Berliner Jugendverbänden , u.a. als Jugendleiterinnen und Jugendleiter für Gruppenstunden und in Ferienfreizeiten . Sie integrieren junge Geflüchtete in ihre Arbeit und engagieren sich für die Umwelt und vieles mehr. Die ehrenamtlichen Jugendleiterinnen und Jugendleiter erhalten die Jugendleiterinnen/Jugendleiter-Card „Juleica“, die ein Instrument der Förderung von Ehrenamtlichkeit ist. Die „Juleica“ bietet zahlreiche Vergünstigungen, die zur Steigerung der Attraktivität des Ehrenamtes beitragen, um mehr junge Menschen für ein Ehrenamt zu interessieren und zu gewinnen. Die gesetzlich geregelten Freiwilligendienste, die junge Menschen als Bildungs- und Orientierungsjahr absolvieren können, richten sich an junge Menschen, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen. Kinder und Jugendliche, die noch zur Schule gehen , können sich außerhalb des Schulunterrichts freiwillig engagieren. Das tun sie z.B. als Schülerlotsinnen und Schülerlotsen, Konfliktlotsinnen und Konfliktlotsen oder Klassenpatinnen und Klassenpaten, im Schulsanitätsdienst und in anderen Schulprojekten sowie in unterschiedlichsten Ehrenämtern außerhalb von Schule, z.B. in Kitas und Seniorenheimen. Die ehrenamtlich aktiven Berliner Schülerinnen und Schüler der 4. bis 13. Klasse können von ihren Organisationen/Einrichtungen für ihr Engagement mit dem Berliner Schüler-FreiwilligenPass gewürdigt werden. Der Berliner Schüler-FreiwilligenPass ist ein geeignetes Instrument des Landes Berlin, mit dem das bürgerschaftliche Engagement von jungen Freiwilligen öffentlich anerkannt werden kann. Im Juni 2018 wurde im Roten Rathaus der Berliner Schüler- FreiwilligenPass an insgesamt 234 junge Freiwillige verliehen. 6. Hält der Senat die Angebote zur politischen Willensbildung von Kindern und Jugendlichen für ausgewogen und ausreichend? Welchen Stellenwert haben für ihn dabei die bezirklichen Kinder- und Jugendparlamente? Wie viele gibt es davon und wie werden sie finanziell gefördert? Zu 6.: In Berlin existieren zwei bezirklich geförderte Kinder- und Jugendparlamente in den Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg. Sie sind Bestandteil einer Vielfalt der im Land Berlin und in den Bezirken etablierten Beteiligungsstrukturen und Beteiligungsformen. Für den Senat sind Angebote zur politischen Willensbildung von Kindern und Jugendlichen von zentraler Bedeutung. Er wird auch künftig Angebote der politischen Jugendbildung weiterentwickeln, die zur politischen Willensbildung und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in allen kommunalen Politikbereichen beitragen. 7. Arbeiten alle bezirklichen Kinder- und Jugendparlamente nach dem gleichen Prinzip oder gibt es hier örtlich gewachsene Unterschiede? Wenn ja, welche sind das und wie sind diese einzuschätzen? Wie gelangen vor allem die Beschlüsse und Anregungen der Kinder- und Jugendparlamente an die BVVen und Verwaltungen? Wie kommen Vorschläge von Kindern und Jugendlichen an die genannten Institutionen von Bezirken, in denen es kein Kinder- und Jugendparlament gibt? 4 Zu 7.: Bei den beiden Kinder- und Jugendparlamenten gibt es in Bezug auf das Antragsund Rederecht örtlich gewachsene Unterschiede. Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg hat das Kinder- und Jugendparlament ein Antragsrecht in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Vom Plenum des Kinder- und Jugendparlaments verabschiedete Anträge müssen von der BVV bearbeitet und innerhalb von sechs Wochen beantwortet werden. Zudem haben die Kinder und Jugendlichen Rederecht in den Ausschüssen und einen beratenden Sitz im Jugendhilfeausschuss . Der gewählte Vorstand des Kinder- und Jugendparlamentes führt die Geschäfte und vertritt es nach außen. Das Kinder- und Jugendparlament Charlottenburg-Wilmersdorf hat Rederecht in allen Ausschüssen der Bezirksverordnetenversammlung, einen beratenden Sitz im Jugendhilfeausschuss und ein Antragsrecht über die BVV-Vorsteherin. Zwischen beiden bezirklichen Kinder- und Jugendparlamenten besteht ein enger Erfahrungsaustausch . Über die Vorschläge wird ebenso regelmäßig im „Landeskoordinierungskreis Kinder- und Jugendbeteiligung“ (LaKoK) in Berlin berichtet. Die Informationen werden über die „Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik“ bei der Stiftung SPI, über die bezirklichen Kinder- und Jugendbüros und Koordinierungsstellen der Kinder- und Jugendbeteiligung an die Verantwortungsträger auf Bezirks- und Landesebene weitergetragen. 8. Was will der Senat tun, um mehr Bezirke zu aktivieren, ein Kinder- und Jugendparlament ins Leben zu rufen? Welche Unterstützungsmaßnahmen hat er sich dafür vorgenommen? 9. Wie steht der Senat zur Implementierung eines Landesjugendparlaments in Berlin? Welche Vorund Nachteile sind für ihn damit verbunden? Was will der Senat in diesem Zusammenhang darüber hinaus konkret tun, um die politischen Mitwirkungsrechte für Kinder und Jugendliche auf Landesebene zu fördern und zu stärken? Zu 8. und 9.: Die Förderung und Einrichtung bezirklicher Beteiligungsstrukturen erfolgt durch die Bezirke aufgrund eigener Entscheidungen. Der Senat setzt sich für den Aufbau geeigneter Strukturen der Kinder- und Jugendbeteiligung in den Bezirken ein und unterstützt die bezirklichen Angebote und Projekte der Beteiligung u.a. über die Landeskoordinierungsstelle für Partizipation „Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik“ bei der Stiftung SPI und den Jugend-Demokratiefonds. Die qualitative Entwicklung wird außerdem durch die fachliche Vernetzung der bezirklichen Akteure im „Landeskoordinierungskreis Kinder- und Jugendbeteiligung“ unterstützt und gefördert. Auf Landesebene hat der Landesjugendhilfeausschuss junge Menschen zur Mitarbeit in der Steuerungsrunde des Jugend-Demokratiefonds benannt. Weitere Einflussmöglichkeiten bestehen im Rahmen der Jugendverbände, der U18-Wahlen und des Jugendportals jup! Berlin. Auch das geplante Jugendfördergesetz soll insbesondere zur Stärkung und Förderung der gesellschaftlichen Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen beitragen. In 5 diesem Zusammenhang soll insbesondere auch bei der Erstellung des Landesjugendförderplanes die Beteiligung junger Menschen verbindlich festgeschrieben werden. Berlin, den 11. November 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie