Drucksache 18 / 16 840 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 24. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Oktober 2018) zum Thema: „Schwer verdaulich“ 3 - konkrete Umsetzungserfordernisse aus der zweiten Studie zur Qualität des schulischen Mittagessens und Antwort vom 05. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16840 vom 24. Oktober 2018 über „Schwer verdaulich“ 3 – konkrete Umsetzungserfordernisse aus der zweiten Studie zur Qualität des schulischen Mittagessens ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In seiner Antwort 18/15549 führt der Senat an, dass er alle 6 „Handlungsempfehlungen, die sich aus der zweiten Studie ergeben haben, mit den Caterern besprochen“ habe. Wie viele Sitzungen fanden dazu wann und mit wem durch die zuständige Senatsverwaltung statt? Welche konkreten Themen wurden in diesen Beratungen mit welchen Ergebnissen und Beschlüssen gemeinsam erörtert? Zu 1.: Caterer, die derzeit an Grundschulen das Mittagessen anbieten, wurden von der für das Schulwesen zuständigen Senatsverwaltung im Jahr 2018 zweimal zu einem Fachgespräch eingeladen. Im Zentrum des ersten Fachgesprächs stand der Austausch über den letzten Ausschreibungszeitraum. In dem zweiten Fachgespräch stellte die Qualitätskontrollstelle Schulessen die Ergebnisse der ersten Audits vor. Hierbei wurden die Ergebnisse der zweiten Studie zum Schulmittagessen in die Erörterung einbezogen. Die Fachgespräche sind keine Beratungen, in denen Beschlüsse gefasst werden. Das Mittagessen wird von den Caterern auf der Basis eines gültigen Vertrags mit den Schulämtern erbracht. Die Konditionen sind im Vertragszeitraum nicht verhandelbar. In den Fachgesprächen geht es vielmehr um einen Austausch über praktische Fragen der Umsetzung. 2. Welche Schlussfolgerungen wurden gemeinsam mit den Caterern zum Problem der Portionsgrößen gezogen? Welche Haltung nimmt der Senat in diesem Zusammenhang zu dem Hinweis ein, dass die Komponenten des Mittagsessens nicht durchdacht festgelegt seien - zu große Portionen für die 2 jüngeren Schulkinder, realitätsferne Komponentenmenge bei Gemüse, Vollkorn und Rohkost - sodass fast 50% der gelieferten Speisen als Lebensmittelabfall zurückgehen? Zu 2.: Die Musterausschreibung für das Schulmittagessen folgt den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE). Die von der DGE beschriebenen Qualitätsstandards bilden die Grundlage für die Schulverpflegung. Der Senat hält die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Standards für die gesunde Mittagsverpflegung an Schulen für durchdacht und hinterlegt diese daher auch konsequent in den Verträgen für die Schulverpflegung. 3. Wie wird mit der Verrechnung der zusätzlichen Kosten von ca. 100.000 Euro im Jahr umgegangen, die den Caterern durch die Entsorgung nicht verbrauchter Speisen entstehen? Sind diese zusätzlichen Kosten bereits in den Verträgen berücksichtigt oder müssen diese von den Dienstleistern selbst getragen werden? Zu 3.: Die Verträge für die Schulverpflegung weisen einen Festpreis pro Tellergericht in Höhe von 3,25 Euro aus. Mit dem Festpreis sind alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Schulverpflegung entstehen, abgedeckt. 4. Was will der Senat tun, um die Schulen mit ausreichenden Kühlsystemen auszustatten, damit die Vorgaben für die Warmhaltezeiten eingehalten werden können? Zu 4.: Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass das Mittagessen so geliefert wird, dass es direkt ausgegeben werden kann oder, wie im Fall von cook and chill, direkt vor der Ausgabe erhitzt wird. Die über die erforderliche Grundausstattung hinausgehende Ausstattung der Ausgabeküchen mit Kühlsystemen ist im Einzelfall zwischen den Vertragspartnern abzustimmen. 5. Wie beurteilt der Senat die immer wieder aus der breiten Öffentlichkeit vorgebrachte Meinung, der bis 2020 gebildete Preis pro Mittagessen (3,45 Euro) sei viel zu niedrig, um ein qualitativ gutes und gesundes Mittagessen herzustellen? Wie steht er dabei zu dem Argument der immer höher werdenden Personalkosten (Mindestlohn zum dritten Mal angehoben) sowie zu der Forderung nach einer transparenten und offenen Preiskalkulation? Wie will der Senat künftig den Vorwurf vermeiden, für wenig Geld zu viel zu fordern? Zu 5.: Der Preis von 3,25 Euro für ein Tellergericht ist auf der Grundlage der wissenschaftlichen Studie „Beurteilung der Kosten- und Preisstrukturen für das Bundesland Berlin unter Berücksichtigung des Qualitätsstandards in der Schulverpflegung“ (2012) kalkuliert worden. Da es sich um eine Mischkalkulation handelt, konnten Caterer trotz der Weiterentwicklung des Mindestlohnes die Vertragsbedingungen in der Regel einhalten und ein den DGE Qualitätsstandards entsprechendes Mittagessen anbieten. In die Überarbeitung der 3 Musterausschreibung für das Jahr 2020 werden auch Überlegungen hinsichtlich der Preisgestaltung einbezogen. 6. Welche Haltung beziehen die bezirklichen Schulämter bzw. bezirklichen Schulträger zu der Problematik gestiegenen Kosten versus Qualität des schulischen Mittagessens? Welche Vorschläge haben sie bis jetzt unterbreitet, um das dabei entstandene zunehmende Spannungsverhältnis zu lösen und welche eigenverantwortlichen Maßnahmen (wie in der Antwort des Senats 18/15549 formuliert) wurden nach Kenntnis des Senats durch sie ergriffen? Zu 6.: Caterer vereinbaren sich vertraglich mit einem Schulträger und verpflichten sich damit die Vertragsbedingungen einzuhalten. Als Unternehmer überlegen sich die Caterer bevor sie auf ein Los bieten, ob sie zu den in der Ausschreibung verankerten Konditionen die Leistung übernehmen können. Innerhalb des dreijährigen Vertrags sind die Bedingungen festgeschrieben und weitere Maßnahmen werden nicht ergriffen. 7. Nach Auffassung des Senats sind die Schulen unter Beteiligung der Mittagsessensausschüsse allein verantwortlich für die interne Qualitätskontrolle. Wie können jedoch Schulen, die über keine Mittagessensausschüsse verfügen – nach Aussagen von Experten gibt es nur in 10% aller Schulen einen solchen Ausschuss – überhaupt dieser Verantwortung nachkommen? Was tut der Senat dafür, um dieses Vakuum zu füllen? Zu 7.: Nach § 78 Absatz 2 Schulgesetz bildet die Schulkonferenz der Schule einen Mittagessensausschuss, sofern an der Schule ein Mittagessen angeboten oder ein solches Angebot geplant wird. Der Ausschuss dient insbesondere der Unterstützung der Schulkonferenz bei der Stellungnahme zu der Auswahl des Essensanbieters, der Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle des Mittagessens sowie dem Informationsaustausch mit der für die Kontrolle des Mittagessens zuständigen Stelle im Bezirk. Es ist davon auszugehen, dass die Schulen sich an die Vorgaben des Schulgesetzes halten und hierzu von der regionalen Schulaufsicht beraten werden. 8. Welchen Wert misst der Senat der Raumgestaltung und den Essenszeiten für die Qualität des schulischen Mittagessens bei? Warum erhebt er dazu keine Daten, um sich ein reales Bild zu dem Zustand dieser wichtigen Begleitumstände zu machen? Wie steht der Senat in diesem Zusammenhang zu der Forderung, eine flächendeckende Pausengestaltung nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Land Berlin einzuführen? Zu 8.: Eine qualitativ hochwertige Schulverpflegung hat in Berliner Schulen einen sehr hohen Stellenwert. Was und wie täglich gegessen und getrunken wird, ist von hoher Bedeutung für die Ausbildung eines gesundheitsförderlichen Lebensstils. Ganztagsschulen gestalten die Qualitätsbereiche „Raumkonzept“ sowie „Ernährungskonzept“ und „Umgang mit der Zeit“ eigenverantwortlich und unter Einbezug der Schülerinnen und Schüler. Sie verbinden damit das Ziel, für ihre Schülerinnen und Schüler ausreichend Zeit für ein Mittagessen in guter 4 Essatmosphäre zu ermöglichen. Hierbei werden sie von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung und der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ beraten. Für eine Datenerhebung zu den Begleitumständen der schulischen Verpflegung sieht der Senat derzeit keinen Anlass. Frühstück und Zwischenverpflegung leisten bei optimaler Lebensmittelauswahl einen wichtigen Beitrag zur täglichen Nährstoffzufuhr. Die Verantwortung für die Zwischenmahlzeit liegt bei den Eltern. Eine standardisierte Pausenverpflegung ist derzeit in Berliner Schulen nicht vorgesehen. 9. In der Drucksache 18/15549 wird ausgeführt, dass die verantwortliche Senatsverwaltung gemeinsam mit der Qualitätskontrollstelle und der Vernetzungsstelle Schulverpflegung die Handreichung für das Schulmittagessen überarbeiten wird. Wann wird diese Überarbeitung beendet sein und für welchen Nutzerkreis ist die Handreichung gedacht? Was sagt der Senat dabei zu dem Vorwurf von Expertinnen und Experten, dass bekannt gewordene Teile der Überarbeitung schon jetzt überaltert sein sollen? Zu 9.: Die Handreichung „Neuordnung des schulischen Mittagessens an offenen und gebundenen Ganztagsgrundschulen sowie für Förderzentren im Land Berlin“ bietet Schulen eine Orientierung dafür, bei der Auswahl der Caterer mitwirken zu können. Sie ist insbesondere ein Nachschlagewerk für Mittagessensausschüsse. In Teil II der Handreichung werden Schulen Handlungsempfehlungen zur Qualitätssicherung und Kontrolle gegeben. Die Überarbeitung der Handreichungen ist für Ende 2019 geplant und wird federführend durch die Vernetzungsstelle Schulverpflegung übernommen. Dem Senat sind keine überalterten Textpassagen bekannt. 10. Wie steht der Senat zu der Kritik, dass es hinsichtlich des notwendigen Austausches zu Fragen des schulischen Mittagessens an einer gemeinsamen Gesprächsebene fehlt, bei der alle Beteiligten – wie die zuständige Senatsverwaltung, die bezirklichen Schulämter, die Qualitätskontrollstelle QKS, die Vernetzungsstelle Schulverpflegung sowie die Caterer, Eltern, Schüler und Lehrer – zusammengeführt werden, um aktuelle Problemlagen miteinander zu besprechen? Wäre der Senat bereit, eine solche Ebene in die Struktur zu implementieren? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Zu 10.: Die Neuordnung des Mittagessens wurde im Jahr 2013 unter Einbezug aller relevanten Interessengruppen vorbereitet. Die aus einer breiten Diskussion entstandene Musterausschreibung für das Schulmittagessen ist 2014 fertiggestellt worden. Die Ausschreibungsunterlagen sind 2014 und 2017 für die Vergabe des Mittagessens eingesetzt worden. Die nächste berlinweite Ausschreibung des Schulmittagessens erfolgt im Sommer 2020. Es ist nicht nur geplant, mit allen Beteiligten ins Gespräch zu kommen, sondern die ersten Fachgespräche haben bereits stattgefunden. Gemeinsam mit der Qualitätskontrollstelle Schulessen und der Vernetzungsstelle Schulverpflegung hat die für das Schulwesen zuständige Senatsverwaltung erste Anpassungsvorschläge entwickelt. Mit den bezirklichen Schulämtern hat ebenfalls ein erster konkretisierender Austausch über Erfordernisse von Änderungen stattgefunden. Am 5 5. November 2018 findet das nächste Fachgespräch mit den Caterern statt. Die Caterer haben in diesem Fachgespräch die Möglichkeit Anpassungsbedarf begründet darzustellen. Im Anschluss an die Fachgespräche soll in einer paritätisch besetzten Arbeitsgruppe aus den oben genannten Akteuren sowie Eltern und Vertretungen aus Mittagessensausschüssen die in den Fachgesprächen entwickelten Positionspapiere konsolidiert und zu einem gemeinsamen Änderungsvorschlag weiterentwickelt werden. Ab März 2019 werden dann weitere Interessengruppen um Einschätzung der Änderungsfassung gebeten. Der Senat hat bereits langfristig mit der Überarbeitung der Musterausschreibung begonnen. Mit Beteiligung wichtiger Stakeholder soll die überarbeitete Fassung im Dezember 2019 vorliegen. Berlin, den 05. November 2018 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie