Drucksache 18 / 16 844 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm, Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) vom 25. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Oktober 2018) zum Thema: „Feindeslisten“ extrem rechter Gruppierungen und die Benachrichtigung der Betroffenen durch die Berliner Behörden und Antwort vom 08. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (Die Linke), Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (Die Linke) und Herrn Abgeordneten Hakan Tas (Die Linke) Über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 844 vom 25. Oktober 2018 über „Feindeslisten“ extrem rechter Gruppierungen und die Benachrichtigung der Betroffenen durch die Berliner Behörden ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In den letzten Jahren wurden bei Ermittlungen wegen rechtsterroristischer Vereinigungen in der extrem rechten Szene mehrfach sogenannte Feindeslisten mit Namen und Örtlichkeiten politischer Gegner*innen gefunden. So hatte der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) in einem Adressbuch 24 Namen von Beteiligten aus dem ersten NPD-Verbotsverfahren notiert, 233 jüdische Einrichtungen aufgelistet und auf Stadtplänen 386 Adressen von Politiker*innen und migrantischen Institutionen markiert. Außerdem verzeichnete der NSU in der sogenannten „Zehntausenderliste“ Namen von politischen Gegner*innen. Auch bei den Ermittlungen gegen die Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. wurden im Frühjahr 2017 neben Waffen, Munition und Sprengkörpern Listen mit Namen von Politiker*innen gefunden. Listen mit mehreren tausend Namen linker Politiker*innen und Journalist*innen förderten auch die Ermittlungen wegen der mutmaßlichen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gegen die extrem rechte Prepper-Gruppierung „Nordkreuz“ ab August 2017 zu Tage. Am 5. Juli 2018 fragten Abgeordnete der Bundestagsfraktion DIE LINKE im Rahmen einer Kleinen Anfrage (BT-Drs. 19/3350) unter anderem nach dem Umfang dieser Listen und in welcher Weise die Betroffenen bereits von den Behörden darüber informiert wurden, dass ihre Namen in „Feindeslisten“ vermerkt waren. Die Bundesregierung verwies in ihrer Antwort unter anderem auf die für Aufgaben der Gefahrenabwehr zuständigen Polizeien der Länder. Wie viele Namen von Personen oder Örtlichkeiten aus sogenannten Feindeslisten oder Adresslisten politischer Gegner*innen des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) hat das BKA der Berliner Polizei übermittelt? Zu 1.: Der Polizei Berlin wurden im Zusammenhang mit dem Ermittlungskomplex „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) im November 2011 rund 10.000 Datensätze vom Bundeskriminalamt (BKA) übermittelt, die von verschiedenen Asservaten stammten und Personen, Institutionen und Geschäften/Unternehmen der Seite 2 von 4 verschiedensten Bereiche (unter anderem Parteien, Politik, Religion, Militär, Vereine) aus dem gesamten Bundesgebiet zuzuordnen waren. a. Wie viele dieser Personen oder für Örtlichkeiten verantwortlichen Personen sind bisher jeweils wann und in welcher Form durch welche Berliner Behörden vollständig in Kenntnis darüber gesetzt worden, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? (Bitte nach Einzelfall, Örtlichkeit, Datum und Form aufschlüsseln.) Zu 1a.: Von der Polizei Berlin wurden zeitnah nach der Übermittlung der Datensätze im November und Dezember 2011 21 Personen mit Berliner Anschrift über ihre Nennung in Kenntnis gesetzt, davon wurde mit 16 Personen mündlich Kontakt aufgenommen und 5 Personen wurden in schriftlicher Form informiert. Ebenso wurden 146 Institutionen und Geschäfte/Unternehmen mit Berliner Anschrift angeschrieben, von denen sich 23 telefonisch zurückmeldeten. Eine Aufschlüsselung nach Einzelfällen ist unter anderem deshalb nicht möglich, da diese Auflistung personenbezogene Daten enthalten würde, über die aus datenschutzrechtlichen Erwägungen keine Auskunft erteilt werden kann. Örtlichkeit für die Benachrichtigung ist der Dienstsitz der Abteilung des Polizeilichen Staatsschutzes des Landeskriminalamtes Berlin. b. In wie vielen Fällen erfolgte bisher keine Meldung und aus welchen jeweiligen Gründen wurden die Personen bzw. für eine Örtlichkeit verantwortlichen Personen nicht in Kenntnis gesetzt? Zu 1b.: Alle Personen oder Institutionen und Geschäfte/Unternehmen mit einer Berliner Anschrift wurden von der Polizei Berlin in Kenntnis gesetzt, außer in Einzelfällen, bei denen nach vorheriger Absprache auch bei vorliegender Berliner Anschrift die Information durch das BKA erfolgte. c. Ist vorgesehen, bisher nicht informierte Personen darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? Wenn ja, wann? Zu 1c.: Siehe Antwort zu Frage 1b. d. In wie vielen Fällen erhielten betroffene Personen oder Örtlichkeiten besonderen polizeilichen Schutz? Zu 1d.: Die Polizei Berlin trifft nach eingehender Beurteilung der Gefährdungslage Personenoder Objektschutzmaßnahmen, erteilt jedoch grundsätzlich hierzu öffentlich keine Auskünfte. 2. Wie viele Namen von Personen oder Örtlichkeiten aus sogenannten Feindeslisten oder Adresslisten politischer Gegner*innen der Rechtsextremisten Franco A., Maximilian T. und Mathias F. hat das BKA der Berliner Polizei übermittelt? Zu 2.: Der Polizei Berlin wurden durch das BKA Datensätze von bundesweit insgesamt 32 Personen, Institutionen oder Örtlichkeiten übermittelt. a. Wie viele dieser Personen oder für Örtlichkeiten verantwortlichen Personen sind bisher jeweils wann durch welche Berliner Behörden vollständig in Kenntnis darüber gesetzt worden, dass ihre Seite 3 von 4 Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? (Bitte nach Einzelfall, Örtlichkeit, Datum und Form aufschlüsseln.) Zu 2a.: Im Zeitraum 28. April bis 4. Mai 2017 wurden durch die Polizei Berlin insgesamt acht Personen, die in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin fallen, und entweder namentlich betroffen waren oder als Verantwortliche für eine betroffene Institution fungierten, telefonisch kontaktiert und in Kenntnis gesetzt. Im Anschluss daran wurden entsprechende Sicherheitsgespräche angeboten und bei Inanspruchnahme durchgeführt. Eine Aufschlüsselung nach Einzelfällen ist unter anderem deshalb nicht möglich, da diese Auflistung personenbezogene Daten enthalten würde, über die aus datenschutzrechtlichen Erwägungen keine Auskunft erteilt werden kann. Örtlichkeit für die Benachrichtigung ist der Dienstsitz der Abteilung des Polizeilichen Staatsschutzes des Landeskriminalamtes Berlin. b. In wie vielen Fällen erfolgte bisher keine Meldung und aus welchen jeweiligen Gründen wurden die Personen bzw. für eine Örtlichkeit verantwortlichen Personen nicht in Kenntnis gesetzt? Zu 2b.: Alle Personen oder Institutionen, die gemäß der übermittelten Liste in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin fielen, wurden durch die Polizei Berlin kontaktiert und in Kenntnis gesetzt. c. Ist vorgesehen, bisher nicht informierte Personen darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? Wenn ja, wann? Zu 2c.: Siehe Antwort zu Frage 2b. d. In wie vielen Fällen erhielten Personen oder Örtlichkeiten besonderen polizeilichen Schutz? Zu 2d.: Siehe Antwort zu Frage 1d. 3. Wie viele Namen von Personen oder Örtlichkeiten aus sogenannten Feindeslisten oder Adresslisten politischer Gegner*innen, die im Rahmen der Ermittlungen gegen die extrem rechte Prepper-Gruppierung „Nordkreuz“ beschlagnahmt wurden, hat das BKA der Berliner Polizei übermittelt? Zu 3.: Im Ermittlungsverfahren bezüglich der Gruppierung „Nordkreuz“ wurde der Polizei Berlin durch das BKA eine 26-seitige Liste mit insgesamt rund 1.000 Datensätzen übermittelt. a. Wie viele dieser Personen oder für Örtlichkeiten verantwortlichen Personen sind bisher jeweils wann durch welche Berliner Behörden vollständig in Kenntnis darüber gesetzt worden, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? (Bitte nach Einzelfall, Örtlichkeit, Datum und Form aufschlüsseln.) Zu 3a.: Am 8. und 9. September 2017 wurden durch die Polizei Berlin zwei namentlich betroffene Personen, die gemäß Liste in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin fallen, telefonisch kontaktiert und in Kenntnis gesetzt. Seite 4 von 4 Eine Aufschlüsselung nach Einzelfällen ist unter anderem deshalb nicht möglich, da diese Auflistung personenbezogene Daten enthalten würde, über die aus datenschutzrechtlichen Erwägungen keine Auskunft erteilt werden kann. Örtlichkeit für die Benachrichtigung ist der Dienstsitz der Abteilung des Polizeilichen Staatsschutzes des Landeskriminalamtes Berlin. b. In wie vielen Fällen erfolgte bisher keine Meldung und aus welchen jeweiligen Gründen wurden die Personen bzw. für eine Örtlichkeit verantwortlichen Personen nicht in Kenntnis gesetzt? Zu 3b.: Alle Personen, die gemäß der übermittelten Liste in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin fielen, wurden durch die Polizei Berlin kontaktiert und in Kenntnis gesetzt. c. Ist vorgesehen, bisher nicht informierte Personen darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? Wenn ja, wann? Zu 3c.: Siehe Antwort zu Frage 3b. d. In wie vielen Fällen erhielten Personen oder Örtlichkeiten besonderen polizeilichen Schutz? Zu 3d.: Siehe Antwort zu Frage 1d. 4. Wie viele Namen von Personen oder Örtlichkeiten aus sogenannten Feindeslisten oder Adresslisten politischer Gegner*innen von weiteren rechtsextremistischen bzw. rechtsterroristischen Gruppierungen hat das BKA der Berliner Polizei übermittelt oder sind der Berliner Polizei anderweitig bekannt geworden? a. Wie viele dieser Personen oder für Örtlichkeiten verantwortlichen Personen sind bisher jeweils wann durch welche Berliner Behörden vollständig in Kenntnis darüber gesetzt worden, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? (Bitte nach Einzelfall, Örtlichkeit, Datum und Form aufschlüsseln.) b. In wie vielen Fällen erfolgte bisher keine Meldung und aus welchen jeweiligen Gründen wurden die Personen bzw. für eine Örtlichkeit verantwortlichen Personen nicht in Kenntnis gesetzt? c. Ist vorgesehen, bisher nicht informierte Personen darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihre Namen auf einer oder mehreren solcher Listen verzeichnet waren? Wenn ja, wann? d. In wie vielen Fällen erhielten Personen oder Örtlichkeiten besonderen polizeilichen Schutz? Zu 4. a- d.: Der bei der Polizei Berlin vorgehaltene Datenbestand ist nicht geeignet, eine automatisierte Antwort im Sinne der Anfrage zu generieren. Berlin, den 08. November 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport