Drucksache 18 / 16 853 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Stefanie Fuchs und Katina Schubert (LINKE) vom 26. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Oktober 2018) zum Thema: Wie ist der Gemeindedolmetschdienst Berlin aufgestellt? und Antwort vom 14. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Stefanie Fuchs (LINKE) und Frau Abgeordnete Katina Schubert (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16853 vom 26. Oktober 2018 über Wie ist der Gemeindedolmetschdienst Berlin aufgestellt? ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Anfragen für Unterstützung durch den Gemeindedolmetschdienst gab es jeweils in den Jahren 2015, 2016 und 2017 und konnten diese Anfragen bedient werden? Zu 1.: Im Jahr 2015 wurden 10.101 Anfragen zur Sprach-und Kulturmittlung bedient. Im Jahr 2016 wurden 26.000 Anfragen zur Sprach-und Kulturmittlung bedient. Im Jahr 2017 wurden 23.950 Anfragen zur Sprach-und Kulturmittlung bedient. Ausführliche Daten zu den abgesagten Anfragen und den Anfragen, die aufgrund der nicht vorhandenen Sprache oder Thematik nicht bedient werden konnten, liegen erst seit 2017 für den Bereich der Sprachmittlung im Geflüchtetenbereich vor. Rund. 7 % der Anfragen konnten 2017 aufgrund der angefragten Sprache, Thematik oder fehlender Zugangskriterien für kostenfreie Sprachmittlung nicht bedient werden bzw. mussten abgesagt werden. 2. Wie viele Sprachmittler*innen wurden jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017 beim Gemeindedolmetschdienst eingesetzt und welche Beschäftigungsverhältnisse (reguläres Arbeitsverhältnis, Honorare, usw.) haben sie (bitte nach Art der Beschäftigung auflisten)? Zu 2.: Arbeitsverhältnis: 2015: 3 Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen „Roma“ (RO) 2016: 24 Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen Asyl und Geflüchtete (AG) in Qualifizierung + 3 Personen RO 2017: 15 Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen AG + 3 Personen RO - 2 - 2 Honorarverträge mit freiberuflichen Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen : 2015: 16 Personen (nur RO, kein AG) 2016: 24 Personen (AG+RO) 2017: 29 Personen (AG+RO) Kooperationsvereinbarungen mit freiberuflichen Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen in über 50 Sprachen und Dialekten: 2015: 143 Personen 2016: 168 Personen 2017: 143 Personen 3. Welche Sprachen kann der Gemeindedolmetschdienst mit wie vielen Sprachmittler*innen anbieten? Wo besteht Nachsteuerungsbedarf? Zu 3.: Der GDD hat 2018 seine Kooperationsvereinbarungen mit den freiberuflichen Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen, die über den Vermittlungsdienst des GDD vermittelt werden, aktualisiert und ersetzt bzw. neu abgeschlossen. Derzeit können ca. 80 freiberufliche Honorardolmetscher und Honorardolmetscherinnen die entsprechenden Qualitätsanforderungen des GDD erfüllen, eine Ausweitung auf ca. 100-150 freiberufliche Honorardolmetscher/-innen in 2019 ist geplant. Der GDD kann in ca. 50 Sprachen und Dialekten vermitteln. Besonders nachgefragte Sprachen im Vermittlungsdienst sind Arabisch , Dari/Farsi, Türkisch, Rumänisch, Bulgarisch, Serbisch/Kroatisch/Bosnisch, Polnisch . Nachsteuerungsbedarf besteht bei seltenen Sprachen wie z.B. Tigrinya, hier sind qualifizierte Dolmetscher und Dolmetscherinnen aber schwer zu finden. Bei den Sprachen der festangestellten Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen hat man sich am Bedarf für Geflüchtete bzw. am Aktionsplan Roma orientiert: 2012 – 3 Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen, Sprachen: Bulgarisch, Rumänisch, Ungarisch 2016 – Qualifizierung von 25 Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen für den Bedarf im Rahmen der Zuwanderung aus Syrien, Afghanistan, etc, Sprachen: Arabisch , Kurdisch, Dari/ Farsi, Russisch 2018 – aktuell: 17angestellte Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen, Sprachen: Arabisch, Kurdisch, Dari/ Farsi, Russisch Der GDD kann lediglich den Bedarf nach Sprache und Thematik erfassen, der von den Einrichtungen direkt beim GDD angefragt (und vermittelt) wird. Zurzeit wird ausgewertet, welcher Bedarf im Rahmen der festangestellten Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) bzw. bei Unterkünften für Geflüchtete und Asylbewerber und Asylbewerberinnen tatsächlich besteht, um in 2019 ggf. weitere Anpassungen vorzunehmen. Um eine bedarfsgerechte Dienstleistung zu ermöglichen, besteht vor allem Nachsteuerungsbedarf bei der Eingruppierung der Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen (aktuell: E4) sowie bei den Honoraren, die Einrichtungen den freiberuflichen Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen zahlen. - 3 - 3 Für gut qualifizierte Dolmetscher und insbesondere in den seltenen Sprachen sind die monetären Angebote (Eingruppierung bzw. Honorarsätze) kein Anreiz. Der GDD setzt sich als Mitglied einer Arbeitsgruppe des BMAS für die Entwicklung eines Berufsbilds „Sprach- und Kulturmittler und Sprach- und Kulturmittlerinnen“ ein. 4. Wie viele Anfragen von sozialen Beratungsstellen, Not- und Gemeinschaftsunterkünften für geflüchtete Menschen oder anderen Institutionen nach Unterstützung durch den Gemeindedolmetscher konnten aufgrund der anfallenden Kosten nicht realisiert werden? Zu 4.: Keine. 5. Wie hoch waren die Kosten für die Inanspruchnahme der Leistungen des Gemeindedolmetschdienstes in den vergangenen drei Jahren und auf welcher Grundlage wurden und werden diese berechnet (bitte nach Jahren auflisten)? Zu 5.: Zuwendung des Landes Berlin für den GDD 2015: 100.000 € 2016: 650.000 € (Beginn der Verstärkung des Fachpersonals ab Mai 2016 und der Qualifizierung der Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen ab Oktober/ November 2016) 2017: 1,4 Mio € 2018: 1,6 Mio € Im Jahr 2015 gab es neben der Zuwendung vom Land Berlin weitere Einnahmen, seit 2016 werden die gesamten Kosten des GDD vom Senat finanziert. Als Berechnungsgrundlage 2016 dienten die Einsatzzahlen 2015 und geschätzten Kosten für Qualifizierungsmaßnahmen der Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen. Für 2017 und 2018 wurden die Einsatzzahlen der Honorardolmetschenden aus den vorherigen Jahren als Grundlage für die Berechnung von Einsätzen fest angestellter Dolmetscher und Dolmetscherinnen herangezogen. Außerdem wurde die Vermittlungsstelle personell weiter ausgebaut. 6. Wer trägt in welcher Höhe und in welchem Umfang die Kosten für die Inanspruchnahme der Leistungen des Gemeindedolmetschdienstes, sofern sie nicht selbst von den privaten Nutzer*innen und den sozialen Beratungsstellen abgegolten werden können? Zu 6.: Der GDD bietet Sprach- und Kulturmittlung für den gesundheitlichen und sozialen Bereich an, (Face to Face Dolmetschen und administratives Telefondolmetschen). Im Rahmen der Vermittlung von freiberuflichen, qualifizierten Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen gehören die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung, der ÖGD, die Jugendämter und soziale Einrichtungen zu den Kunden und Kundinnen des GDD. - 4 - 4 Die festangestellten, qualifizierten Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen werden im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge vorrangig im ÖGD eingesetzt („Roma “: seit 2012, Asyl und Geflüchtete: seit 2017) bzw. wenn Anfragen für Einsätze in der gesundheitliche Versorgung über Not- und Gemeinschaftsunterkünfte/Unterbringung von Geflüchteten und Asylbewerbern und Asylbewerberinnen an den GDD gestellt werden (kostenfrei für ÖGD und Einrichtungen). Die Kosten der Vermittlung der Honorardolmetscher und Honorardolmetscherinnen und der angestellten Dolmetschern und Dolmetscherinnen werden über die Mittel der Zuwendung des Senates gedeckt. 7. Welchen Bedarf an Angeboten des Gemeindedolmetschdienstes sieht der Senat und wie soll dieser zukünftig abgedeckt werden? Welcher Finanzierungsbedarf ist damit verbunden? Zu 7.: Zusätzlich zu den Sprachmittlungsangeboten des Gemeindedolmetschdienstes (Face to Face Dolmetschen und administratives Telefondolmetschen) sieht der Senat einen Bedarf für ad hoc Sprachmittlungsangebote wie das Videodolmetschen. Neben den Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und den Einsätzen von Gemeindedolmetschern und Gemeindedolmetscherinnen über Not- und Gemeinschaftsunterkünfte ist die Sprachmittlung in der ambulanten und stationären gesundheitlichen Versorgung ungenügend. Der Senat prüft die Finanzierbarkeit und Umsetzbarkeit zusätzlicher Dolmetschangebote. 8. Hält der Senat die derzeitige finanzielle und personelle Ausstattung des Gemeindedolmetschdienstes angesichts der steigenden Bedarfe für ausreichend? Zu 8.: Im Rahmen der Vermittlung festangestellter Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen stellt der GDD sein Angebot den Einrichtungen des ÖGD in allen 12 Bezirken sowie allen Not- und Gemeinschaftsunterkünften bzw. Unterbringungsmöglichkeiten sowie weiteren vom Senat bestimmten Einrichtungen zur Verfügung. Es werden ausschließlich Einsätze im (sozial-) medizinischen Bereich angeboten, in den Sprachen Arabisch , Dari, Farsi, Paschtu, Kurdisch, Russisch und Rumänisch. Grundsätzlich kann der GDD die Nachfragen gut bedienen. Zur Deckung der über die Angebote des GDD hinausgehenden Sprach- und Kulturmittlungsbedarfe werden aktuell die Finanzierbarkeit und Umsetzbarkeit geprüft, siehe Antwort zu Frage 7. 9. Wie viele Rahmenvereinbarungen mit Gesundheitsämtern, Krankenhäusern und Gesundheitszentren wurden abgeschlossen, um das Angebot des Gemeindedolmetschdienstes breit zu verankern? Zu 9.: Der GDD kooperiert im Rahmen der Vermittlung von freiberuflichen Honorardolmetschern und Honorardolmetscherinnen mit über 300 Einrichtungen. - 5 - 5 Im Rahmen der Vermittlung festangestellter Gemeindedolmetscher und Gemeindedolmetscherinnen stellt der GDD sein Angebot den Einrichtungen des ÖGD in allen 12 Bezirken sowie allen Not- und Gemeinschaftsunterkünften bzw. Unterbringungsmöglichkeiten sowie weiteren vom Senat bestimmten weiteren Einrichtungen zur Verfügung. Es werden ausschließlich Einsätze im (sozial-)medizinischen Bereich angeboten. 10. Wie viele Menschen haben in den Jahren 2015, 2016 und 2017 an der 18monatigen Qualifizierung zum Sprach- und Integrationsmittler in Berlin teilgenommen und wie viele haben das entsprechende Sprint- Zertifikat erhalten? Zu 10.: Berlinweite Daten liegen dem Senat nicht vor. Eine Anfrage beim größten Anbieter von SprInt Qualifizierungen, GFBM – Gemeinnützige Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen mbH, hat folgende Daten ergeben: Kurs Beginn Ende Anzahl Teilnehmende Anzahl bestandene Prüfungen SprInt 1 31.03.2014 30.09.2015 17 15 SprInt 2 23.02.2015 14.08.2016 9 8 SprInt 3 01.09.2015 28.02.2017 14 13 SprInt 4 01.03.2016 31.08.2017 11 10 SprInt 5 15.08.2016 14.02.2018 10 10 SprInt 6 10.04.2017 05.10.2018 12 9 11. Gibt es Kooperationen mit Integrationslots*innen und Stadtteilmüttern für Begleitungen zu Ärzt*innen und wenn ja, mit welchen Einrichtungen in welchen Bezirken (bitte nach Jahreszahlen aufschlüsseln)? Zu 11.: Integrationslotsinnen und Integrationslotsen sowie Stadtteilmütter begleiten nicht zu Ärztinnen und Ärzten, sondern verweisen im Bedarfsfall an professionelle Sprachmittelnde des GDD oder an Ärztinnen und Ärzte mit entsprechenden Fremdsprachenkenntnissen. Berlin, den 14. November 2018 In Vertretung Boris Velter Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung