Drucksache 18 / 16 865 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 19. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Oktober 2018) zum Thema: Weiterentwicklung und Beteiligungsprozess auf dem Tempelhofer Feld I und Antwort vom 15. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Frau Abgeordnete Susanna Kahlefeld (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16865 vom 19. Oktober 2018 über Weiterentwicklung und Beteiligungsprozess auf dem Tempelhofer Feld I Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Grün Berlin GmbH (GB) und die Geschäftsstelle Tempelhofer Feld (GStelle THF) um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Wie viele Menschen besuchen das Tempelhofer Feld? Bitte nach Jahren auflisten für die Zeit seit 2014. Antwort zu 1: Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Da es auf dem Tempelhofer Feld keine Einlasskontrollen gibt, kann die Anzahl der Menschen, die das Tempelhofer Feld besuchen, nicht exakt ermittelt werden. Die Schätzung der Anzahl der Besucherinnen und Besucher beläuft sich auf etwa 2 Millionen pro Jahr, wovon etwa 200.000 das Gelände lediglich zum Transit nutzen, um z.B. von Neukölln nach Tempelhof zu gelangen. Diese Schätzungen beruhen auf Extrapolation der in verschiedenen Jahren zu verschiedenen Jahreszeiten durchgeführten Besuchermonitorings, bei denen die Anzahl der Besucher stichprobenartig konkret gezählt wurde.“ 2 Frage 2: Jährlich kommen viele Gruppen auf das Tempelhofer Feld (in 2018 u.a. Architectures of Displacement' University of Oxford Refugee Studies Centre 3, UK, Goethe Institut Seoul, Roskilde University Denmark, Politecnico di Torino, Italy, Europäische Akademie, Mitglieder von Verwaltung und Ministerien in Marokko), die sich darüber informieren wollen, wie auf diesem Platz, für den „die Bevölkerung selber ein Gesetz geschrieben hat“ (Zitat aus den Anfragen), direkte Demokratie und Beteiligung funktionieren. Wer betreut diese Gruppen? Ist eine Liste bei GrünBerlin einsehbar? Antwort zu 2: Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Da das Tempelhofer Feld zu den Öffnungszeiten frei zugänglich ist, wird von solchen Besuchen nur Kenntnis erlangt, wenn sich die Gruppen zuvor bei der Grün Berlin GmbH anmelden. Sofern sich ein politischer Hintergrund bzw. ein politisches Interesse, z.B. zur Partizipation, bei anfragenden Gruppen erkennen lässt oder solche Gruppen Delegationen aus Verwaltungen, Ministerien etc. darstellen, werden entsprechende Anfragen zu Führungen durch die Grün Berlin GmbH an die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) weitergeleitet. Entsprechend führt die Grün Berlin GmbH hierzu keine Liste.“ Anfragen von Besuchergruppen zum Tempelhofer Feld werden von der Fachabteilung oder - bei Gruppen aus dem Ausland - mit Unterstützung des Referates EU- Angelegenheiten und Internationales betreut. Trotz der vielfältigen Anfragen zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes, gibt es die Bemühung alle Führungsanfragen zu ermöglichen. Eine gesonderte Übersicht dieser Besuchergruppen wird nicht geführt. Frage 3: Seit dem ersten Feldforum am 10.10.2016 läuft – nach der ebenfalls partizipativen Entwicklung des EPP - der Beteiligungsprozess zur Weiterentwicklung des Tempelhofer Feldes, an dem Bürger*innen, Dienstleister und die GrünBerlin beteiligt sind. Warum können weder auf der Website mein.berlin.de noch an anderer Stelle die Protokolle der Feldforen öffentlich eingesehen werden (in Ausnahme von denen vom 10.7.2017 und 12.4.2018)? Wer ist für die Protokolle verantwortlich? Teilt der Senat die Einschätzung, dass zu jedem Beteiligungsprozess ganz wesentlich Protokolle als Mittel der Dokumentation gehören? In welcher Form wird der stattfindende Beteiligungsprozess für alle Beteiligten und die Berliner Bevölkerung transparent gemacht? Antwort zu 3: Für die Protokolle ist die Geschäftsstelle zum Beteiligungsmodell Tempelhofer Feld zuständig. Die GStelle THF hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Die Protokolle und alle weiteren Materialien zum Beteiligungsmodell THF stehen auf der Website des Beteiligungsmodells, so dass der Beteiligungsprozess für die Öffentlichkeit transparent dokumentiert ist: https://tempelhofer-feld.berlin.de/material/. Da Abstimmungen der Protokolle zum Teil erheblich Zeit in Anspruch nehmen, ist die Geschäftsstelle in Abstimmung mit der Feldkoordination inzwischen dazu übergegangen, auch Protokollentwürfe zeitnah zu veröffentlichen." 3 Frage 4: Warum hat die Aufstellung von 50 Bänken (am 12.09.2018) so lange gedauert? Da keine Protokolle existieren, kann der früh geäußerte Wunsch nach Bänken leider nicht belegt werden, ist allen Beteiligten aber bekannt. Warum wurden im Sommer mehrere öffentliche Bankworkshops durchgeführt, wenn nun doch 50 einfache Standart-Bänke aufgestellt wurden? Wie viele Gelder wurden in diesen Workshops ausgegeben? Was geschieht mit den Resultaten? Wo sind diese Resultate öffentlich einsehbar? Auch das ist aufgrund der fehlenden Protokolle nicht nachvollziehbar. Antwort zu 4: Im Rahmen des Besuchs des Feldes „Sommertour am 14.09.2017“ (Bürger, Politik Verwaltung und Grün Berlin GmbH) wurde beschlossen, dass weitere 50 „Standard- Bänke“ für das Tempelhofer Feld bestellt und aufgestellt werden. Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Die jetzt aufgestellten 50 neuen Bänke einer bereits auf dem Feld vorhandenen Bauart waren als Sofortmaßnahme geplant, um die Anzahl der Bänke schnell zu erhöhen. Dies auch, weil die bei den Bankworkshops speziell für das Tempelhofer Feld erarbeiteten Bankmodelle Zeit benötigen, um in die Umsetzung zu gehen. Die Standorte der 50 neuen „Standard-Bänke“ wurden nach Vorbereitung in der Feldkoordination auf dem 1. Feldforum am 12. April 2018 durch die anwesenden Bürgerinnen und Bürger - für das gesamte Tempelhofer Feld - bestimmt und nach Ausschreibung bzw. Vergabe der Grün Berlin GmbH im Mai 2018 unter Beachtung der hierbei erforderlichen Fristen gemäß LHO (Landeshaushaltsordnung) (VOL/A - Vergabeund Vertragsordnung für Leistungen Teil A) hinsichtlich Beschaffung, Lieferung und Aufstellen der Bänke durch einen beauftragten Dienstleister umgesetzt. Es kam zu Verzögerungen in der Leistungserbringung der beauftragten Unternehmen, die von der Grün Berlin GmbH die Setzung einer angemessenen Nachfrist wegen Verzugs inkl. Androhung von Ersatzmaßnahmen notwendig machte. Am 28. April und 13. Mai 2018 wurden bei zwei Bankworkshops Vorschläge für „mobile Sitzgelegenheiten“ entwickelt, aus denen das beauftragte Landschaftsplanungsbüro zum Teilbereich Oderstraße mehrere Varianten entwickelte. Die Teilnehmenden des 6. Feldforums am 21. Juni 2018 empfahlen zwei dieser Varianten für eine Weiterbearbeitung. Aus diesen soll auf Wunsch der Teilnehmenden gemeinsam mit einem sozialen Träger und interessierten Bürgerinnen und Bürgern nun ein Prototyp entwickelt und gebaut werden. Am 13. September 2018 wurde in einem Fachgespräch der aktuelle Planungsstand der Varianten "Flügel" und "Cockpit" sowie Details wie das überarbeitete Design und die Materialien vorgestellt und vertieft. Des Weiteren wurde in einer Themenwerkstatt am 11.10.2018 am Standort Oderstraße über den aktuellen Planungsstand der „Sitzgelegenheiten in den Nischen der Böschungsmauer Oderstraße“ informiert und über die Planungen ausgetauscht. Die Prototypen / Sitzgelegenheiten sollen ab Frühjahr 2019 vor Ort umgesetzt/getestet werden.“ Die Kosten im Rahmen der partizipativen Entwurfsplanung für die „mobilen Sitzgelegenheiten“ belaufen sich derzeit auf rd. 26.300 Euro brutto. Frage 5: Warum gibt es bis jetzt außer den Toilettenhäusern u.a. an den Eingängen keine Toiletten auf dem Feld? Der früh geäußerte Wunsch nach Toiletten, ist aufgrund der fehlenden Protokolle leider nur lückenhaft zu belegen. 4 Antwort zu 5: Aufgrund des hohen Vandalismus in den vorhandenen Toilettenanlagen muss vorerst geprüft werden, welches Toilettenmodell für das Tempelhofer Feld geeignet ist. Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Das Aufstellen zusätzlicher Toiletten ist Bestandteil der „Prioritäten Maßnahmen“ des Entwicklungs- und Pflegeplans Tempelhofer Feld (EPP). Gegenwärtig werden in einem umfangreichen Beteiligungsprozess zunächst Entwicklungsmaßnahmen für einen ersten Bereich, dem Teilbereich Oderstraße, erarbeitet, die dort auch zusätzliche Toiletten vorsehen. Entscheidungen zum Aspekt Toiletten sind im Rahmen der zeitaufwändigen prozesshaften Teilbereichsplanung unter Berücksichtigung des EPP-Beteiligungsmodells noch nicht gefallen. Wenn die partizipativen Planungen für den Bereich Oderstraße abgeschlossen sind, können Planungsüberlegungen für die anderen der im EPP benannten Bereiche des Tempelhofer Feldes begonnen werden.“ Weiterhin wird auf die Antwort zu 3 verwiesen. Frage 6: Wie viele Bäume wurden seit 2012 auf dem Feld gepflanzt? Wie viele dieser Bäume haben den Sommer 2018 überlebt? Wer ist für ihre Pflege/Bewässerung zuständig? Antwort zu 6: Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Seit 2012 wurden 45 Bäume inkl. der sogenannten „Tanzlinde“ auf dem Tempelhofer Feld gepflanzt. Alle diese Bäume haben den Sommer 2018 überlebt, da sie von der Grün Berlin GmbH regelmäßig gewässert und gepflegt worden sind.“ Frage 7: Am 24.11.2017 wurde in Erinnerung an Gerda Münnich eine „Tanzlinde“ gepflanzt. Wann wurde von GrünBerlin dafür die Erlaubnis erteilt? Der Wunsch, eine „Tanzlinde“ zu pflanzen ist in welchem Protokoll festgehalten? Antwort zu 7: Nach dem Tod von Gerda Münnich wurde aus der Feldkoordination und der Bürgerschaft heraus der dringende Wunsch nach der Pflanzung einer Tanzlinde geäußert. In der Bürgerschaft sowie in den Sitzungen gemäß Beteiligungsmodell Tempelhofer Feld wurde die Pflanzung der Tanzlinde viel diskutiert. Dies wurde in den folgenden Protokollen festgehalten: 06. Sitzung der Feldkoordination am 08.05.2017 08. Sitzung der Feldkoordination am 04.09.2017 10. Sitzung der Feldkoordination am 06.11.2017 03. Feldforum am10.07.2017 04. Feldforum am 27.11.2017 5 Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Die Pflanzung der Tanzlinde wurde in der Feldkoordination am 04.09.2017 diskutiert und im Ergebnis empfohlen. Entsprechend hat die Grün Berlin GmbH diese Empfehlung nach Prüfung der ThFG-Konformität (Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes vom 14.06.2014) durch die SenUVK umgesetzt.“ Frage 8: Wann wird mit der Pflanzung der 200 gespendeten Bäume begonnen, deren Anpflanzung das Feldforum am 27.11.2017 empfohlen hat? Antwort zu 8: Die GB hat hierzu wie folgt mitgeteilt: „Die Anzahl der gespendeten Obstbäume ist im Laufe des Diskussionsprozesses in der durch das Feldforum am 21.11.2017 mandatierten Feldkoordination auf 20 reduziert worden. Das Pflanzen dieser Bäume ist nach partizipativen Konkretisierungen der geplanten Baumstandorte am 02.07.2018 im Rahmen der Feldkoordination sowie am 09.10.2018 im Rahmen einer Informationsveranstaltung auf dem Tempelhofer Feld aktuell durch die Grün Berlin ausgeschrieben, so dass hiermit je nach Witterung entsprechend Feldforum vom 27.11.2017 noch im Herbst 2018 zu rechnen ist.“ Frage 9: Wer nutzt das Haus 104? Wer hat einen Schlüssel und die Verantwortung für Mobiliar etc.? Wie geht es mit dem Erhalt und der Nutzung des Hauses weiter? Antwort zu 9: Der Verein „Haus 104 Tempelhofer Feld e.V.“ ist Mieter des Gebäudes 104 und trägt gemäß Mietvertrag auch die Verantwortung für die Schlüssel und das überlassene Mobiliar. Das Gebäude 104 auf dem Tempelhofer Feld soll zu einem beispielhaften Ort für bürgerliches Engagement entwickelt werden. Zu diesem Zweck soll mit einer Trägerin aus der Bürgerschaft, über erprobbare partizipatorische Formate, ein Konzept bis Frühjahr 2019 entwickelt werden, wie das Gebäude 104 langfristig für Teilhabemöglichkeiten in Nutzung und Trägerschaft gebracht werden kann. Ziel ist eine Vielfalt von gemeinwohlorientierten bürgerschaftlichen Aktivitäten und Themen an diesem Ort zu verankern. Das Gebäude 104 wurde daher in einer Erprobungsphase an den Verein „Haus 104 Tempelhofer Feld e.V.“ übergeben, um direkt vor Ort partizipativ ein Konzept zu erarbeiten. Das Land Berlin möchte diese niederschwellige, partizipative Nutzungsentwicklung und das gemeinwohlorientierte bürgerschaftliche Engagement ermöglichen und überlässt mietfrei dem „Verein Haus 104 Tempelhofer Feld e.V.“ dafür das Gebäude 104 zur befristeten Nutzung. Frage 10: Jeder Beteiligungsprozess muss einen klar definierten Entscheidungsspielraum haben. Im Fall des Tempelhofer Feldes ist dies u.a. das Tempelhofer-Feld-Gesetz. Warum werden von Verwaltung und 6 Beteiligungsdienstleister regelmäßig Vorschläge eingebracht, die den Entscheidungsspielraum deutlich verletzten (zuletzt wieder Spielgeräte und die Rampe auf dem Feld)? Teilt der Senat die Auffassung, dass der Entscheidungsspielraum von allen Beteiligten zu respektieren ist? Wäre es Aufgabe des Dienstleisters als „Anwalt des Verfahrens“, das sicherzustellen? Wenn nicht Aufgabe des Dienstleisters – wessen Aufgabe dann? Antwort zu 10: Der Senat teilt die Auffassung, dass die Bestimmungen des Tempelhofer Feld-Gesetzes von allen Beteiligten zu respektieren sind. Das Gesetz zum Erhalt des Tempelhofer Feldes ist daher die Grundlage für Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entwicklung und Qualifizierung des Tempelhofer Feldes und gibt den einzuhaltenden Rahmen vor. Es ist auch dem Planungsprozess im Zusammenhang mit der Umsetzung des Entwicklungs- und Pflegeplanes für das Tempelhofer Feld zugrunde gelegt. Allerdings gibt es immer wieder Situationen, in denen im Einzelfall konkret geklärt werden muss, ob und welche Vorschläge gesetzeskonform sind. Die Prüfprozesse über die Zulässigkeit einer Maßnahme basieren dabei immer auf konkreten Vorhaben. Beim genannten Fall einer möglichen Rampe wird die Empfehlung aus dem Feldforum vom 21.06.2018 z.B. anhand einer Bauvoranfrage überprüft. Eine Entscheidung über eine Realisierung verbindet sich damit nicht. Im Fall der Nichtkonformität mit dem Tempelhofer Feld-Gesetz hätte sich eine Realisierung erledigt, im Falle der Zulässigkeit wäre im Rahmen der durch den EEP vorgegeben partizipativen Prozess über die Option im Weiteren zu befinden. Die Verwaltung als für die Ausführung des Gesetzes zuständiges Organ ist zuständig dafür und trägt Sorge dass die gültigen Rechtsnormen und Rechtsvorschriften eingehalten werden. Berlin, den 15.11.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz