Drucksache 18 / 16 781 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Frank-Christian Hansel und Ronald Gläser (AfD) vom 18. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Oktober 2018) zum Thema: Unteilbar! und Antwort vom 05. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Frank-Christian Hansel (AfD) und Herrn Abgeordneten Ronald Gläser (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16781 vom 18. Oktober 2018 über Unteilbar! ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Bei der Demonstration unter dem Label #unteilbar am 13. Oktober 2018 handelte es sich um eine angemeldete und friedlich verlaufene Versammlung. Beworben wurde diese von einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis demokratischer Institutionen und Vereinigungen, kirchlichen und gemeinnützigen Organisationen, Gewerkschaften, Parteien sowie Personen des öffentlichen Lebens aus Politik und Kultur. Die Initiatoren warben für ein friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft und sprachen sich gegen Hass und Gewalt in der politischen Auseinandersetzung aus. Der Senat unterstützt diese Zielsetzungen. Bei einer Teilnehmerzahl im sechsstelligen Bereich kann weder ausgeschlossen noch verhindert werden, dass sich darunter auch Personen und Gruppen befanden, die diese Ziele nur vordergründig teilen und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren versuchen. Die Beteiligung weniger extremistischer Organisationen hat der Senat ebenso zur Kenntnis genommen, wie vereinzelte israelfeindliche Äußerungen. Diese sind in der Gesamtschau jedoch nicht dazu geeignet, die von der Veranstaltung ausgehende Botschaft zu schmälern. Vorbemerkung der Abgeordneten: Bei der Kundgebung des Bündnisses „#unteilbar“ am 13. Oktober 2018 in Berlin hatten Zehntausende Personen gegen einen vermeintlichen Rechtsruck in der Gesellschaft und für Masseneinwanderung demonstriert. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf rund 150.000 Menschen. Die Organisatoren sprachen von über 240.000 Demonstranten. Auf dem Wagen des gemeinsamen Blocks der bundesweiten Montagsdemonstrationen und des Internationalistischen Bündnisses wurden Reden gehalten, die von Israel-Hass und Antisemitismus zeugen. So forderte ein Redner die „Befreiung von ganz Palästina 48“, was den Wunsch nach der Vernichtung Israels impliziert. Die einzige Demokratie im Nahen Osten verunglimpfte er als faschistisches Regime. Zu den Trägerorganisationen des Internationalistischen Bündnisses gehört die „Sympathisanten der PFLP“, Unterstützer einer palästinensischen Terror-Gruppe aus dem ultralinken Seite 2 von 4 Spektrum. Und auch die linksextreme Splitterpartei MLPD ist Mitglied in dem Internationalistischen Bündnis.1 Danach sprach die in Kreisen von Israel-Hassern bekannte Charlotte Kates vom „Samidoun“- Netzwerk für palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen. Das Netzwerk setzt sich für die Freilassung von Terroristen ein und unterstützt die Boykott-Bewegung BDS, die vom deutschen Bundestag als antisemitisch verurteilt wurde.2 Die Organisatoren der #Unteilbar-Demonstration haben zudem aufgrund ihrer Abneigung gegenüber der Deutschlandflagge von einer Gruppe mit Deutschlandfahnen gefordert, ihre Teilnahme an der Veranstaltung abzusagen. Die Sprecherin des Bündnisses, Theresa Hartmann, äußerte gegenüber dem Tagesspiegel hierzu: „Die Deutschlandflagge wollten wir nicht.“ Andere Demonstranten zeigten indes ihre Deutschlandfahne und wurden deshalb mehrfach beschimpft, eine Fahne wurde gewalttätig heruntergerissen und mehrere Mitglieder der Antifa stellten sich ihnen in den Weg und bedrohten sie. Palästinensische und türkische Fahnen seien indes erlaubt gewesen.3 Zu den Organisatoren der „#unteilbar“ Kundgebung gehört zudem der Zentralrat der Muslime (ZMD) mit seinem Vorsitzenden Aiman Mazyek.4 In dem Verband sind Moscheevereine organisiert, die Islamisten und türkischen Nationalisten nahestehen. So gehört zu den Mitgliedern des Zentralrates die Islamische Gemeinde in Deutschland (IGD). Die IGD wird vom Bundesverfassungsschutz als islamistische Vereinigung eingestuft, die einen Zweig der ägyptischen Muslimbruderschaft darstellt. Auch der Moscheeverein ATIB gehört zum Zentralrat. Mindestens bis 2015 wurde er von mehreren Verfassungsschutzämtern als deutscher Ableger der Grauen Wölfe aufgeführt, einer rechtsextremen, nationalistischen Bewegung in der Türkei. Der ATIB-Funktionär Mehmet Alparslan Çelebi ist einer von Aiman Mazyeks Stellvertretern im Vorstand des Zentralrats. Liberale Muslime distanzieren sich deshalb von dem Protest.5 Auch "Ehrlos statt wehrlos. Bündnis gegen Neuköllner Unzumutbarkeiten", dass sich gegen homound transphobe Übergriffe einsetzt, boykottiert #Unteilbar. "Man gibt einer allseits gefälligen Bündnisund Bekenntnispolitik den Vorzug vor jeder kritischen Auseinandersetzung", heißt es auf der Facebookseite der Gruppe. "Wir werden uns am 13. Oktober nicht mit Islamisten, Antisemiten und Freunden autoritärer Staaten gemein machen."6 Zu den zahlreichen Stimmen, die sich bereits im Vorfeld gegen „Unteilbar“ ausgesprochen haben, gehört Inge Bell, Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes, die erklärte: „‚Unteilbar‘ – ohne mich.“ Sie sprach von einer „Mogelpackung“, die sie nicht unterstütze.7 Die Intendantin des Maxim Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, dagegen unterstützte die Kundgebung hingegen als Erstunterzeichnende.8 1. Wie bewertet der Senat die Redner auf dem Wagen des gemeinsamen Blocks der bundesweiten Montagsdemonstrationen und des Internationalistischen Bündnisses und ihre Redebeiträge? Zu 1.: Der Senat verurteilt jede Art von Äußerungen, die den Staat Israel in durchschaubarer Absicht herabwürdigen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung der Verwaltung. 2. Wie bewertet der Senat die Teilnahme von linksextremistischen Gruppierungen wie VVN oder Interventionistischer Linker? Zu 2.: Siehe Vorbemerkung der Verwaltung. 1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article182221792/Unteilbar-in-Berlin-Wut-auf-der-Wohlfuehl- Demo.html 2 Ebd. 3 Ebd. 4 https://www.berliner-zeitung.de/berlin/grossdemo-in-berlin-zehntausende-wollen-gegen-rassismus-auf-diestrasse -gehen-31223774 und https://www.unteilbar.org/demonstration/programm/ 5 https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2018/10/unteilbar-demonstration-kritik-muslime-islamisten.html 6 Ebd. 7 https://www.welt.de/politik/deutschland/article182221792/Unteilbar-in-Berlin-Wut-auf-der-Wohlfuehl- Demo.html 8 https://www.unteilbar.org/wir/erstunterzeichnende/ Seite 3 von 4 3. Die Sprecherin des Bündnisses, Theresa Hartmann, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, dass Deutschlandfahnen „nicht Symbol der Demonstration“ sein sollten. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, die auf eine staatsfeindliche bzw. antidemokratische und antirepublikanische Ausrichtung der Demonstration deuten könnten? Zu 3.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor, die auf eine staatsfeindliche, antidemokratische oder antirepublikanische Ausrichtung der Demonstration hindeuten. 4. Wie bewertet der Senat die Unterstützung des ZMD für eine Demonstration, die sich vermeintlich gerade gegen Hass und Extremismus einsetzt? Zu 4.: Nach Kenntnis des Senats teilte der ZMD die Ziele der Demonstration. 5. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, die eine Beteiligung namentlicher und polizeibekannter Islamisten oder Linksextremisten nahelegen? Zu 5.: Dem Senat liegen vereinzelte Erkenntnisse über die Teilnahme von Personen aus dem islamistischen Spektrum vor. Aus dem linksextremistischen Spektrum konnte die Teilnahme von Einzelpersonen aus den vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierungen „Jugendwiderstand“ und „Interventionistische Linke“ festgestellt werden. 6. Der Moscheeverein „ATIB“, der den Grauen Wölfen nahesteht, gehört ebenfalls zum ZMD. Liegen dem Senat Erkenntnisse vor, die eine Beteiligung von Rechtsextremisten und Nationalisten an der Demonstration am Samstag nahelegen? Zu 6.: ATIB („Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.“) ist kein Moscheeverein, sondern ein Dachverband, dessen Sitz nicht in Berlin liegt. Dem Senat ist kein Berliner Verein bekannt, der diesem Dachverband angehört. Im Übrigen siehe Vorbemerkung der Verwaltung. 7. Welche Senatsmitglieder haben an der Demo teilgenommen? Zu 7.: An der Demonstration haben die Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Frau Pop, die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Frau Lompscher, die Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales, Frau Breitenbach sowie der Senator für Inneres und Sport, Herr Geisel, teilgenommen. 8. Wie erklärt sich der Senat, dass die Intendantin des Maxim Gorki-Theaters, das der Aufsicht der Senatsverwaltung für Kultur und Europa untersteht, an einer Veranstaltung teilnimmt, an der antisemitische Reden gehalten werden sowie linksextremistische Vereinigungen, Islamisten und türkische Nationalisten teilnehmen? Zu 8.: Grundsätzlich gelten auch für Intendantinnen und Intendanten von landeseigenen Theatern die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Im Übrigen siehe Vorbemerkung der Verwaltung. 9. Welche Erkenntnisse liegen dem Senat über die Finanzierung der Demo vor? Seite 4 von 4 Zu 9.: Dem Senat liegen keine Erkenntnisse dazu vor. 10. Warum konnte die Bühne bereits einen Tag vor der Demonstration aufgebaut werden? Ist es üblich, dass Demo-Veranstalter dies einen Tag früher dürfen? Zu 10.: Der Aufbau der Bühne und der Tontechnik am Vortag der eigentlichen Versammlung waren notwendig, da die Dimensionierung der Bühne mit den Maßen von circa 20 x 6 Metern zeitlich und logistisch umfangreiche Bauarbeiten erforderte. Diese Vorgehensweise stellt die gängige Praxis beim Aufbau von Groß-Bühnen dar. 11. Wie viele Teilnehmer hatte die Demonstration nach Polizeiangaben? Zu 11.: Unter Würdigung angefertigter Übersichtsaufnahmen aus dem eingesetzten Polizeihubschrauber geht die Polizei Berlin davon aus, dass ca. 120.000 Personen zeitgleich am Aufzug teilgenommen haben. Eine valide Aussage hinsichtlich der Gesamtteilnehmerzahl ist jedoch aufgrund der großen Ausdehnung des Aufzuges und des stetigen Zu- und Abstroms nicht möglich. Die Annahme des Veranstalters, dass insgesamt 240.000 Personen teilgenommen haben, erscheint realistisch. 12. Wurden die Belegschaften von Behörden und/oder landeseigenen Betrieben aufgefordert, an der Demo teilzunehmen? Wenn ja, in welchen. Zu 12.: Es erfolgte keine entsprechende Mobilisierung zur Teilnahme an der Demonstration. Berlin, den 05. November 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport