Drucksache 18 / 16 894 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Michael Efler (LINKE) vom 29. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Oktober 2018) zum Thema: Arbeit der Tierversuchskommission im Jahr 2017 und Antwort vom 19. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Dr. Michael Efler (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16 894 vom 29. Oktober 2018 über Arbeit der Tierversuchskommission im Jahr 2017 ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Für welchen Zeitraum werden die Mitglieder der Tierversuchskommission berufen und wann läuft die derzeitige Berufungsperiode aus? Zu 1.: Die Berufung der Mitglieder der Tierversuchskommission (TVK) erfolgt derzeit für drei Jahre (Nr. 14.1.2 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes – AVV TierSchG -). Die laufende Berufungsperiode endet am 31.12.2019. 2. Wie und wo erfolgt die Bekanntmachung für die Bewerbungsphase für die nächste Berufungsperiode? Zu 2.: Bisher erfolgte durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) keine öffentliche Bekanntmachung der Bewerbungsphase für die Besetzung der Mitglieder aus dem Bereich Wissenschaft. Für die aus Vorschlägen von Tierschutzorganisationen zu berufenden Mitglieder werden alle dem LAGeSo bekannten Tierschutzorganisationen im Bereich Berlin-Brandenburg vorab angeschrieben und um Vorschläge zur Berufung gebeten. Die Tierschutzorganisationen informieren in diesem Zusammenhang bundesweit über die Neuberufung der TVK. 3. Inwiefern ist die Vorgabe des § 42 Tierschutz-Versuchstierverordnung, wonach mindestens ein Drittel der Mitglieder der Tierversuchskommission auf Grund von Vorschlägen der Tierschutzorganisationen ausgewählt werden müssen, in der jetzigen Zusammensetzung der Kommission eingehalten? Zu 3.: Die Vorgabe des § 42 Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV) ist wie folgt erfüllt: Die Mehrheit der Mitglieder sind Personen, die „…die für die Beurteilung von Tierversuchen erforderlichen Fachkenntnisse der Veterinärmedizin, der Medizin oder einer naturwissenschaftlichen Fachrichtung haben“ (§ 42 (1) TierSchVersV). Ein Drittel der Kommissionsmitglieder ist auf Grund von Vorschlägen von Tierschutzorganisationen berufen worden. Voraussetzung ist, dass sie auf Grund ihrer Erfahrungen zur Beurteilung von Tierschutzfragen geeignet sind (§ 42 (2) TierSchVersV). Darüber hinaus ist die Behörde im Jahr 2005 im Sinne der Stärkung des Tierschutzes dem Beschluss des 2 Abgeordnetenhauses von Berlin gefolgt und hat zusätzlich einen Tierschutzethiker in die Kommission berufen. 4. Wie viele der Mitglieder der Tierversuchskommission haben selbst Tierversuchsvorhaben durchgeführt bzw. führen diese durch? Zu 4.: Nach Kenntnis des LAGeSo haben fünf der sieben Mitglieder der TVK Tierversuche durchgeführt. Um eine mögliche Befangenheit bei der Bewertung von Tierversuchsanträgen auszuschließen , werden TVK-Mitglieder von Stellungnahmen zu Versuchsanträgen ausgeschlossen , die von ihrer eigenen Arbeitsgruppe eingereicht wurden. 5. Wie viele Tierversuche wurden 2017 in der Kommission beraten und wie vielen davon wurde durch die Kommission zugestimmt bzw. wie viele wurden abgelehnt? In wie vielen Fällen hat die Kommission Änderungen vorgeschlagen? Zu 5.: Im Jahr 2017 wurden insgesamt 278 Vorgänge beraten (249 genehmigungspflichtige Tierversuchsanträge und 29 Änderungsanträge zu bereits genehmigten Tierversuchen ). Bei 53 Anträgen von insgesamt 278 Vorgängen hat die TVK für eine Zustimmung (oder Zustimmung mit Vorbehalt) gestimmt. Inhaltlich abgelehnt wurden 24 Anträge. Die Kommission hat zu 272 von den 278 beratenen Tierversuchsvorhaben Änderungen vorgeschlagen oder Anmerkungen gemacht. 6. In welcher Form wird die Kommission über den Umgang der Behörde mit der Stellungnahme der Kommission unterrichtet? Zu 6.: Die Behörde nimmt als Protokollführerin an jeder Kommissionssitzung teil und dokumentiert ausführlich alle in der Sitzung aufgeworfenen Fragen und Anmerkungen sowie Beschlüsse zu den Tierversuchsanträgen schriftlich und zum Teil auch elektronisch (Audioaufnahme ). Die besprochenen Punkte werden in der darauffolgenden Bearbeitung durch die Mitarbeiter der Behörde berücksichtigt. Die Kommission ist gemäß Nr. 6.4.4 AVV TierSchG von der zuständigen Behörde in geeigneter Weise von der Entscheidung über den Antrag in Kenntnis zu setzen. Diese Forderung wird vom LAGeSo in folgender Weise erfüllt: a) Allen Mitgliedern der TVK wird in regelmäßigen Abständen eine tabellarische Zusammenfassung der behördlichen Entscheidungen mit folgendem Inhalt zur Verfügung gestellt (Auszug): Sitzungsnummer, Vorgangsnummer, Beschlussfassung der TVK, Daten zu behördlichen Nachfragen, Datum der Genehmigung oder Ablehnung, Aufzählung der Bedingungen und Auflagen des Verwaltungsaktes sowie Begründungen bei abweichender behördlicher Entscheidung. b) Darüber hinaus haben die TVK-Mitglieder zusätzlich die Möglichkeit, während der Beratung anzugeben, ob sie über den Entscheidungsfindungsprozess, d. h. über die behördlichen Nachfragen und die vom Antragsteller daraufhin folgenden Antworten und ggf. Einlassungen, informiert werden wollen. Diese Entscheidung wird auf den Protokollen der TVK-Sitzung dokumentiert, anschließend werden die gewünschten Informationen den TVK-Mitgliedern zur Kenntnis gegeben. 7. Wie viele Anträge wurden 2017 mehrfach in der Kommission beraten? 3 Zu 7.: Seit der mit Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht geltenden gesetzlichen Bearbeitungsfrist für Tierversuchsanträge von 40 (ggf. 55) Arbeitstagen (§ 32 Abs.1 TierSchVersV) ist eine mehrmalige Vorlage eines Antrags in der TVK nur in Ausnahmefällen möglich. Im Jahr 2017 wurde ein Tierversuchsantrag zweimal in der Kommission beraten, da der Umfang und die Schwierigkeit der Prüfung dies erforderten. Abgelehnte Tierversuchsanträge, die nach behördlicher Ablehnung von den Antragstellern grundlegend überarbeitet und neu eingereicht werden, durchlaufen das gesamte Genehmigungsverfahren erneut, inklusive Vorlage bei der TVK. 8. Wie viele antragstellende Personen mussten 2017 zu den Änderungen der Kommission Stellung nehmen? Zu 8.: Da das LAGeSo keine statistische Erhebung der Anzahl stellungnehmender Personen führt, können hierzu keine Angaben gemacht werden. 9. In wie vielen Fällen wurde 2017 ein Gutachten bei der „Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch“ (ZEBET) am Bundesinstitut für Risikobewertung angefordert ? Zu 9.: Im Jahr 2017 wurde durch das LAGeSo kein Gutachten von der ZEBET angefordert . Es wurden jedoch Anfragen beim Nationalen Ausschuss zum Schutz von für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tieren am Bundesinstitut für Risikobewertung gestellt. Gutachtenanforderungen an die ZEBET sollen zukünftig in geeigneten Fällen erfolgen. 10. Wie oft ist die zuständige Behörde 2017 von der Empfehlung der Kommission abgewichen? Zu 10.: Von den 278 2017 beim LAGeSo eingegangenen Anträgen, von denen abschließend 274 in der TVK beraten und vom LAGeSo abschließend beurteilt wurden, ist die Behörde in 20 Fällen von der Empfehlung der Kommission abgewichen (7,3%). 11. In wie vielen Fällen hat die zuständige Behörde 2017 das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nach § 43 Tierschutz-Versuchstierverordnung unterrichtet? Zu 11.: Die Behörde meldet turnusmäßig gemäß § 43 TierSchVersV an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). In der letzten Meldung (Daten zu 2017) wurde das BMEL über Folgendes unterrichtet: 1. Fälle, in denen die Genehmigung von Versuchsvorhaben mit der Begründung versagt worden ist, dass die Voraussetzungen des § 7a Abs. 2 Nr. 3 TierSchG (ethische Vertretbarkeit ) nicht erfüllt waren: 0 2. Fälle, in denen die Kommission nach § 15 Abs. 1 TierSchG oder der Tierschutzbeauftragte Bedenken hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7a Abs. 2 Nr. 3 TierSchG (ethische Vertretbarkeit) erhoben haben: 0 3. Fälle von grundsätzlicher Bedeutung bei der Genehmigung von Versuchsvorhaben: 4 aufgrund fehlender Voraussetzungen nach § 8 Abs.1 TierSchG zurückgewiesene Anträge . 12. Warum gibt es ähnlich zur „Ethikkommission für die Bewertung klinischer Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz “ keine jährlichen Tätigkeitsberichte der Tierversuchskommission? Zu 12.: Im Gegensatz zur „Ethikkommission für die Bewertung klinischer Prüfungen nach dem Arzneimittelgesetz“ ist ein Tätigkeitsbericht der TVK gesetzlich nicht vorgeschrie- 4 ben. Das LAGeSo erstellt und veröffentlicht jedoch einen jährlichen Tätigkeitsbericht für den Bereich Tierschutz – Tierversuche mit Daten zur Anzahl der Tierversuchsanträge und der Anzahl genehmigter Versuche. Berlin, den 19. November 2018 In Vertretung Margit Gottstein Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung