Drucksache 18 / 16 915 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) vom 30. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. November 2018) zum Thema: Trennung von Ampelphasen und Antwort vom 15. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16915 vom 30. Oktober 2018 über Trennung von Ampelphasen Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwieweit ist nach Auffassung des Berliner Senats die Trennung von Ampelphasen eine wirksame und vergleichsweise kurzfristige Möglichkeit, Unfälle beim Abbiegen von Fahrzeugen deutlich zu reduzieren? Antwort zu 1: Eine Trennung von Ampelphasen, also eine getrennte Signalisierung für verschiedene Verkehrsströme, setzt u. a. voraus, dass die verschieden signalisierten Verkehrsarten räumlich getrennte Aufstellflächen haben. Während diese Forderung für den Fußverkehr in der Regel kein Problem darstellt, wären nur bestimmte Radverkehrsführungen in Berlin für eine getrennte Signalisierung geeignet, wie benutzungspflichtige Radwege oder teilweise Radfahrstreifen. Der Radverkehr hat zudem häufig kein eigenes Radsignal, sondern fährt gemeinsam mit den Kraftfahrzeugen (Kfz) auf das Kfz-Signal. An Lichtsignalanlagen (LSA), wo diese Voraussetzungen für den Radverkehr erfüllt wären, bedeutet eine Trennung der Signalisierung von Rad- und Kfz-Verkehr an Kreuzungen, dass zwei zusätzliche Phasen (Radverkehr Hauptrichtung und Radverkehr Nebenrichtung) im LSA- Programm geschaltet werden müssen. Um diese zusätzlichen Freigaben zu schalten, müssten die bestehenden Grün-Phasen entsprechend eingekürzt werden. Dadurch würden sich sowohl für den Kfz-Verkehr, als auch für den Radverkehr die zur Verfügung stehenden Grünzeiten deutlich verkürzen und auf Grund der zwischen den Phasen notwendigen Schutzzeiten in der Summe kürzer sein, als die bestehenden Freigabezeiten für Kfz und Radverkehr zusammen. Darüber hinaus kommt es zu erheblichen zusätzlichen Wartezeiten sowohl für den Kfz- als auch für den Radverkehr. 2 Eine getrennte Signalisierung für den Fußverkehr würde einer Rundum-Grün-Schaltung entsprechen. Das Rundum-Grün bietet eine konfliktfreie Signalisierung von Kraftfahrzeugen und Fußgängern. Insofern bietet sich diese Einrichtung für Knotenpunkte mit starken Abbiegeströmen und starken Fußgängerströmen an. Da für die Fußgänger jedoch eine eigene Freigabe geschaltet wird, ergeben sich an einer Kreuzung mindestens drei zu signalisierende Phasen (Kfz-Hauptrichtung, Kfz-Nebenrichtung, Fußgänger). Dadurch muss die Umlaufzeit (die Zeit von einem Grünbeginn bis zum nächsten) entsprechend hoch gewählt werden, was wiederum zu längeren Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmer führt. In Berlin wurde an der Kreuzung Kochstraße/ Friedrichstraße eine Test-Anlage mit einer Rundum-Grün-Schaltung installiert. An dieser relativ kleinen Kreuzung beträgt die Umlaufzeit bereits 90 Sekunden, wodurch die Wartezeit insbesondere für die häufig ungeduldigen Fußgänger zu hoch ist. Insofern sollte diese Schaltung nur für sehr kompakte Knotenpunkte gewählt werden. Auf Grund der Erfahrungen bezüglich der hohen Wartezeiten an der Test-Anlage ist derzeit nicht geplant, in Berlin weitere Rundum-Grün-Schaltungen einzusetzen. Auf Grund der notwendigen Umplanungen und Umprogrammierungen an den Lichtsignalanlagen handelt es sich nicht um eine kurzfristig umzusetzende Maßnahme (vgl. Antwort zur Frage 4), insbesondere wenn verkehrsabhängige Steuerungen, wie beispielsweise für die ÖPNV-Beschleunigung betroffen sind. Frage 2: Inwieweit gibt es eine Planung im Land Berlin Kreuzungen mit einem erkennbaren Gefährdungspotential zukünftig mit einer Trennung der Ampelphasen zu versehen? Um wie viele Kreuzungen handelt es sich ungefähr in Berlin? Antwort zu 2: Wenn im Land Berlin ein besonderes Gefährdungspotential zwischen unterschiedlichen Verkehrsströmen erkannt wird, wird auch heute schon eine getrennte Signalisierung geprüft und ggf. umgesetzt. So haben beispielsweise an zahlreichen Autobahnauffahrten der geradeausfahrende Radverkehr und der einbiegende Fahrzeugverkehr getrennte Freigaben. Eine Anzahl an Kreuzungen, wo dieses umgesetzt wurde, kann mangels auswertbarer Datenbasis nicht genannt werden. Frage 3: Welche negativen Aspekte sind aus Sicht des Berliner Senats mit einer Trennung der Ampelphasen verbunden? Antwort zu 3: Die Trennung der Ampelphasen führt zu folgenden negativen Begleiterscheinungen: kürzere Freigabezeiten für alle Verkehrsteilnehmenden, längere Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmenden, geringe Akzeptanz der langen Rotzeiten (vermehrte Rotlichtmissachtungen), verstärkte Staubildungen durch die kürzeren Grünphasen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Umwelt (Lärm und Luftschadstoffe) sowie auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), 3 regelmäßig größere Staulängen vor LSA können häufiger Überstauungen an Nachbar-Kreuzungen nach sich ziehen, was dort zu Verkehrssicherheitsproblemen führt, die LSA-Steuerungen werden weniger flexibel, so dass die Spielräume für eine verkehrsabhängige Steuerung, insbesondere zur ÖPNV-Beschleunigung, stark eingeschränkt werden oder ganz entfallen. Frage 4: In welchem zeitlichen Umfang wäre die Umstellung zu welchen Kosten umstellbar? Antwort zu 4: Sind die in der Antwort zu 1 genannten Randbedingungen (eigene Aufstellflächen, eigene Signalisierung) an einer LSA gegeben und muss das LSA-Programm angepasst werden, könnte je nach Komplexität der LSA eine Umstellung innerhalb von fünf bis zu elf Monaten erfolgen. Die Kosten würden für diese reinen Software-Maßnahmen zwischen rund 10.000,- € bei Festzeitsteuerung bzw. 14.000,- € bei verkehrsabhängiger Steuerung bei einfacheren LSA und knapp 22.000,- € pro LSA bei komplexen LSA-Steuerungen liegen. Kommen bauliche Maßnahmen wie zusätzliche Signalgeber oder Straßenbau zur Schaffung von Aufstellflächen hinzu, können die Kosten um ein Vielfaches höher liegen. Berlin, den 15.11.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz