Drucksache 18 / 16 951 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 31. Oktober 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. November 2018) zum Thema: Krankenhausmanagement IV und Antwort vom 22. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16951 vom 31. Oktober 2018 über Krankenhausmanagement IV ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Anfrage betrifft überwiegend Sachverhalte, die der Senat nicht ohne Beiziehung der Charité – Universitätsmedizin Berlin (Charité) beantworten kann. Sie wurde daher um Stellungnahme gebeten. 1) Nach Medienberichten hat die Charité im Jahr 2016 etwa 694.000 ambulante Fälle behandelt und damit einen Umsatz von rund 81 Millionen Euro erlöst, also etwa 116 € pro Fall. Das Universitätsklinikum Dresden hat nach diesen Berichten etwa 271.000 ambulante Fälle bei einem Umsatz von 79 Millionen Euro erzielt, also mit rund 291 € pro Fall mehr als das Doppelte. Treffen diese Zahlen zu? Falls nein, welche Zahlen sind richtig? Und sofern diese - jedenfalls allgemein - zutreffen: wie erklärt sich dieser niedrigere Umsatz pro Fall? Zu 1.: Die Charité hat im Jahr 2016 etwa 695.000 ambulante Fälle behandelt. Die Erlöse aus ambulanten Leistungen des Krankenhauses betrugen 81,1 Mio. €. Privat versicherte Patientinnen und Patienten sind in der Zahl der ambulanten Fälle enthalten, werden jedoch in der Regel über eine Privatliquidation der jeweiligen Chefärztin bzw. des jeweiligen Chefarztes abgerechnet. Diese Erlöse sind nicht in den o. g. Erlösen aus ambulanten Leistungen des Krankenhauses enthalten, sondern Teil der sogenannten Erlöse aus Wahlleistungen oder der Nutzungsentgelte der Ärzte. Belastbare Vergleiche zu den Zahlen anderer Uniklinika gibt es nicht. Unterschiede im durchschnittlichen Erlös je Fall ergeben sich hauptsächlich aus dem unterschiedlichen Mix der ambulanten Abrechnungsarten und unterschiedlichen Abgrenzungskriterien. In den 695.000 ambulanten Fällen der Charité sind beispielsweise ca. 152.000 Erste-Hilfe-Fälle aus der ambulanten Behandlung in den Notaufnahmen enthalten. Diese werden im Schnitt nur mit ca. 40 € je Fall vergütet. - - 2 2) Wie hat sich das "Ambulanzprojekt" der Charité aus dem Jahr 2007 konkret weiterentwickelt, insbesondere welche Erfolge hat es bei der Reduzierung der Unterdeckung im Bereich der Hochschulambulanzen konkret seit dem Jahr 2007 gebracht (bitte Fallzahlen, Umsätze und Über-/Unterdeckung bezogen auf die Jahre 2007 bis 2017 angeben)? Zu 2.: Belastbare und über die Zeit vergleichbare Zahlen zur Über- bzw. Unterdeckung der Hochschulambulanzen insgesamt liegen nicht vor. Allerdings haben mehrere Aufwandserhebungen in den letzten zehn Jahren ergeben, dass die Vergütung der Hochschulambulanzen insgesamt nicht kostendeckend war. Die Charité hat hier über Effizienzerwägungen hinaus einerseits den gesetzlichen Auftrag in Forschung und Lehre und andererseits einen Versorgungsauftrag erfüllt. Letzterer wurde im Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz, GKV-VSG) mittlerweile auch gesetzlich verankert. Auf dieser Basis konnte in den Verhandlungen mit den Krankenkassen ab 2018 deutlich höhere fachgruppenspezifische Vergütungssätze für die Hochschulambulanzen vereinbart werden. Diese ermöglichen künftig eine zumindest annähernd kostendeckende Finanzierung der Hochschulambulanzen. Davon unabhängig wurden auch in den letzten Jahren Optimierungsmaßnahmen zur Reduzierung der Unterdeckung umgesetzt, z.B. Zentralisierung von Arbeitsschritten in der Patientenaufnahme, Konzentration auf Fälle, die nach Art, Schwere und Komplexität ihrer Erkrankung einer Behandlung in einer Hochschulambulanz bedürfen, Fallsteuerung in andere ambulante Abrechnungsarten (z.B. ambulante spezialfachärztliche Versorgung, Medizinische Versorgungszentren ). 3) Sofern es eine Unterdeckung gibt, wie wurde diese jeweils gegenfinanziert? Zu 3.: Die Finanzierung erfolgte jeweils aus dem laufenden Haushalt. Jahr Erlöse Fallzahlen der Hochschulambulanzen 2007 18.136.243,23 € 273.871 2008 17.616.773,01 € 267.599 2009 17.182.085,09 € 260.949 2010 17.259.473,62 € 262.649 2011 19.079.387,76 € 272.391 2012 19.205.328,18 € 278.687 2013 19.224.423,03 € 278.285 2014 20.047.474,81 € 281.364 2015 20.788.913,31 € 284.994 2016 23.528.041,87 € 299.521 2017 24.910.151,10 € 298.544 - - 3 4) Welche Zuschüsse hat das Land Berlin in den Jahren 2007 bis 2017 jährlich an die Charité gewährt? Zu 4.: Darüber hinaus erhält die Charité Zuschüsse für größere Baumaßnahmen. 5) In wie vielen Fällen hat der medizinische Dienst der Krankenkassen jeweils in den Jahren 2007 bis 2017 eine primäre Fehlbelegung in der Charité festgestellt? Um welchen jährlichen Gesamtumfang (in €) handelte es sich jeweils bei den monierten Fällen? Zu 5.: Diese Daten wurden bis zum Jahr 2017 nicht systematisch erfasst. Für eine Analyse müssten mehr als 100.000 Abrechnungsdatensätze ausgewertet werden; hiervon wurde abgesehen. 6) In wie vielen Fällen hat der medizinische Dienst der Krankenkassen jeweils in den Jahren 2007 bis 2017 eine sekundäre Fehlbelegung in der Charité festgestellt? Um welchen jährlichen Gesamtumfang (in €) handelte es sich jeweils bei den monierten Fällen? Zu 6.: Für die Jahre 2007 bis 2010 sind dazu keine Daten vorhanden. In den Jahren 2011 bis 2017 ist in insgesamt 33.000 Fällen eine sekundäre Fehlbelegung festgestellt worden. Bei der Frage nach einer sekundären Fehlbelegung prüft der Medizinische Dienst der Krankenkassen , ob einer Patientin oder ein Patient erst später hätte aufgenommen werden dürfen oder bereits früher hätte entlassen werden müssen. Dabei wurden im Schnitt 1,2 Behandlungstage je Fall gestrichen und die Abrechnung entsprechend korrigiert. Die Fallzahl ist vorläufig, da noch nicht alle strittigen Fälle aus den Jahren 2011 bis 2017 final bearbeitet und teilweise Klageverfahren anhängig sind. Eine damit zusammenhängende Erlössumme ist nicht ermittelbar, da in der großen Mehrzahl der betroffenen Fälle auch andere Änderungen im Reklamationsverfahren (z.B. Haupt- und Nebendiagnose, Prozedur) vorgenommen wurden, die entgeltrelevant sind und keine systemseitige Aufteilung der Erlöskürzung erfolgt. Berlin, den 22. November 2018 In Vertretung Steffen Krach Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei - Wissenschaft und Forschung - Zuschüsse* Haushalt WissForsch 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Mio. € Konsumtiver Zuschuss gem. Charité- Vertrag 215,9 202,8 189,7 176,6 183,6 189,2 195,0 198,6 202,2 203,0 207,1 Allg. inv. Zuschuss 35,9 30,6 32,9 33,6 33,6 33,6 33,5 33,5 33,6 33,6 33,6 *Die Zahlenangaben sind nach unten gerundet.