Drucksache 18 / 16 997 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Stefan Taschner (GRÜNE) vom 06. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. November 2018) zum Thema: Automatische Dauerzählstellen für den Radverkehr in Berlin und Antwort vom 26. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Nov. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Dr. Stefan Taschner (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/16997 vom 06. November 2018 über Automatische Dauerzählstellen für den Radverkehr in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Kriterien bzw. Daten aus Verkehrserhebungen liegen der Standortauswahl für die automatischen Radzählstellen in Berlin zugrunde und wer hat diese Kriterien erstellt? Antwort zu 1: Die Standortauswahl erfolgte durch die damalige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt vor dem Hintergrund der Rahmenbedingung, dass die Zahl der realisierbaren Zählstellen aus Aufwandsgründen nicht zu groß werden durfte und die automatischen Zählungen hauptsächlich zur näheren Bestimmung der Verteilung der Radverkehrsstärke über eine längere Zeit hinweg (Jahresganglinien, Vergleich zwischen verschiedenen Tagen, Monaten und Jahren) dienen sollten. Grund für diese Zielsetzung war, dass für Aussagen zur Stärke bestimmter Verkehrsströme (z. B. durch Knotenstromzählungen an Lichtsignalanlagen) manuelle Zählungen nach wie vor wirtschaftlicher sind. Die Standorte der Zählstellen sollten sich daher auf sämtliche Berliner Bezirke, verschiedene Arten von Radverkehrsführungen und städtebauliche Rahmenbedingungen verteilen, um eine möglichst große Flächenabdeckung in der Radverkehrserfassung zu erzielen. Zusätzlich sollten auch einige besondere Aufkommensschwerpunkte eingeschlossen werden, um für diese stark frequentierten Zählquerschnitte über konkrete Werte zu verfügen, ohne auf Hochrechnungen angewiesen zu sein. Weiterhin war es aus technischen Gründen erforderlich, Querschnitte auszuwählen, wo ein möglichst großer Teil der Radverkehrsströme in Folge der baulichen und verkehrlichen Randbedingungen einen eng begrenzten, mit den verfügbaren automatischen Erhebungstechnologien gut abdeckbaren Zählquerschnitt passieren muss. Zudem schieden aus technischen Gründen (elektromagnetische Störungen der Induktionserfassung) einige Straßenbereiche aus. 2 Frage 2: Gibt es Überlegungen weitere Zählstellen für den Radverkehr in Berlin einzurichten? Wenn ja, wo sollen diese installiert werden? Antwort zu 2: Ja, entsprechende Abstimmungen, insbesondere zu Fragen der Finanzierung und dem Betreibermodell, stehen noch aus. Frage 3: Warum wurden in Lichtenberg am Paul- und Paula-Ufer sowie in Marzahn-Hellersdorf in der Alberichstraße automatische Zählstellen für den Radverkehr eingerichtet und nicht an verkehrsreichen Knotenpunkten oder stärker befahrenen Routen? Antwort zu 3: Die Zählstelle am Paul-und-Paula-Ufer weist für einen Geh- und Radweg abseits der großen Ausfallstraßen sehr hohe Radverkehrsstärken aus, die den an innerstädtischen Knotenpunkten mit maximaler Radverkehrsstärke recht nahe kommen. Auch die Alberichstraße weist im Verhältnis zu anderen möglichen Zählquerschnitten in Marzahn- Hellersdorf relativ hohe Radverkehrsstärken auf, zumal sie im Zuge einer mit Wegweisung versehenen Hauptroute des Radverkehrsnetzes liegt und hier als Fahrradstraße ausgeschildert ist. Eine strenge Beschränkung auf die innerstädtischen Knotenpunkte mit maximaler Radverkehrsstärke hätte dazu geführt, dass die Radverkehrsentwicklung in den Außenbezirken nicht berücksichtigt wird und damit den Zielen der Erhebungen nicht entsprochen (s. Antwort zu 1). Frage 4: Wie und nach welchen Kriterien erfolgt die Datenanalyse und welche Schlussfolgerungen hat die Verkehrslenkung Berlin bisher aus den Zählungen gezogen? Antwort zu 4: Die Ergebnisse der automatischen Radzählstellen werden unter https://www.berlin.de/senuvk/verkehr/lenkung/vlb/de/erhebungen.shtml veröffentlicht. In einem dort ebenfalls veröffentlichten Jahresbericht zu den Radzählstellen erfolgt eine ausführliche Datenanalyse und Beurteilung der Entwicklung des Radverkehrs. Mit den Dauerzählstellen wird es möglich, anders als bei den bisherigen monatlichen Pegelzählungen, neben Erkenntnissen zum Tagesgang auch Daten zum Wochen- und Jahresgang zu erfassen, vor allem aber auch die Entwicklung des Radverkehrs über die Jahre zu analysieren. Frage 5: Wurden aufgrund der Auswertung schon verkehrliche Anpassungen an den Stellen mit Zählstellen durch die Verkehrslenkung Berlin vorgenommen, beispielsweise längere Grünphase für Radfahrende? 3 Antwort zu 5: Konkrete Anpassungen der Signalprogramme von Lichtsignalanlagen (LSA) auf der Grundlage der an den Dauerzählstellen erhobenen Radverkehrsdaten haben bislang nicht stattgefunden. Der Zweck einer Dauerzählstelle besteht allerdings auch nicht darin, derartige Maßnahmen konkret zu befördern. Vielmehr handelt es sich dabei um eine rein statistische Erhebung, die zur Dokumentation spezifischen Verkehrsaufkommens, zugehörigen Prognosen und als Bezugsgröße für generelle Planungsgrößen wie etwa dem Modal-Split dienen. Auch Dauerzählstellen des Verkehrs fließen in der Regel nicht direkt in Planungsmaßnahmen einzelner Knotenpunkt ein, auch, weil hierfür differenziertere Informationen wie zum Beispiel die Richtungswahl an einem Knotenpunkt benötigt werden, die eine Querschnittszählung (übliche Erhebungsart bei Dauerzählstellen) nur sehr bedingt liefern könnte. Im Vorgriff auf LSA-Planungsvorhaben wird daher auf separate Erhebungen an Knotenpunkten zurückgegriffen oder Zählungen werden neu durchgeführt, die alle Fahrzeugklassen und Fahrtrichtungen innerhalb eines Zeitintervalls berücksichtigen und auch Radverkehre konkret erfassen. Erst vor dem Hintergrund dieser ortsbezogenen Belastungszahlen aller Richtungsrelationen erfolgen dann die Freigabezeitverteilungen innerhalb der Signalprogramme am konkreten Knotenpunkt. Die Verteilungsansprüche an LSA sind dabei sehr mannigfaltig und Umverteilungen daher in der Regel nur im Rahmen eines (Um-) Planungsprozesses möglich. Zur Anpassung tageszeitlich schwankender Belastungen erfolgen Freigabezeitumverteilungen daher im begrenzten Rahmen nur auf der Grundlage unterschiedlicher Programme sowie aktueller, umlaufbezogener Erfassungen der (Einzel-) Anlagen als Resultat einer verkehrsabhängigen Steuerung. Leider setzt die dazu notwendige, richtungstreue Erfassung auch geordnete Verhältnisse bei der Einhaltung der vorgesehenen Verkehrsspuren voraus, was die selektive Erfassung des Radverkehrs erschwert. Forschungsvorhaben zur sicheren Identifikation des Radverkehrs auf Mischverkehrsflächen laufen derzeit noch. Berlin, den 26.11.2018 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz