Drucksache 18 / 17 136 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm, Niklas Schrader und Hakan Taş (LINKE) vom 26. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. November 2018) zum Thema: Extrem rechter Aufmarsch von „Wir für Deutschland“ am Gedenktag für die Novemberpogrome von 1938 - Polizeieinsatz und Antwort vom 12. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (DIE LINKE), Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (DIE LINKE), Herrn Abgeordneten Hakan Taș (DIE LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17136 vom 26. November 2018 über Extrem rechter Aufmarsch von „Wir für Deutschland“ am Gedenktag für die Novemberpogrome von 1938 - Polizeieinsatz ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner Polizist*innen welcher Untergliederungseinheiten waren am 9. November 2018 im Rahmen der Demonstration „Trauermarsch für die Toten von Politik“ der extrem rechten Organisation „Wir für Deutschland“ und der Gegendemonstrationen insgesamt im Einsatz (bitte eine Einzelaufschlüsselung nach Anzahl der Dienstkräfte und Untergliederungseinheiten.)? Zu 1.: Es wurden 1.237 Dienstkräfte der Polizei Berlin aus folgenden Bereichen eingesetzt: Präsidialstab 6 Direktion Einsatz 912 Direktion 1 15 Direktion 2 62 Direktion 3 62 Direktion 5 60 Direktion 6 63 Landeskriminalamt 56 Serviceeinheit Informations- und Kommunikationstechnik 1. Seite 2 von 6 2. Wie viele Polizeidienstkräfte aus welchen anderen Bundesländern waren an dem Polizeieinsatz im Rahmen der unter 1. genannten Demonstration und der Gegendemonstrationen beteiligt? Zu 2.: Der Polizei Berlin waren keine Dienstkräfte des Bundes oder anderer Bundesländer unterstellt. 3. Waren beim Polizeieinsatz im Rahmen der unter 1. genannten Demonstration und der Gegendemonstrationen auch Dienstkräfte der BFE+, also spezialisierte Polizeikräfte der Bundespolizei für die Terrorismusbekämpfung eingesetzt? Wenn ja, wie viele, an welchen Stellen und zu welchen Zeiten, zu welchem Zweck und in welchem dienstlichen Auftrag jeweils? 4. Waren darüber hinaus weitere Dienstkräfte der Bundespolizei an dem Polizeieinsatz im Rahmen der unter 1. genannten Demonstration und der Gegendemonstrationen beteiligt und wenn ja, von welchen jeweiligen Bundespolizeistandorten? Zu 3. und 4.: Nein. 5. Wie viele Zivilpolizist*innen (Dienstkräfte in bürgerlicher Kleidung) waren bei dem Polizeieinsatz im Rahmen des Marschs von WfD und der Gegendemonstrationen im Einsatz (bitte jeweils nach WfD-Marsch und Gegendemonstration aufschlüsseln.)? Zu 5.: Es wurden 77 Dienstkräfte in bürgerlicher Kleidung eingesetzt. Diese operativen Kräfte waren auf Grund der dynamischen und komplexen Einsatzlage wechselnd in den verschiedenen Aufzügen im Einsatz. Eine konkrete Zuordnung lässt sich somit nicht darstellen. 6. Welcher konkreten Untergliederungseinheit (Zivile Tatbeobachter*innen, FAO-Einheiten, Direktionen, MEK, LKA 5, etc.) gehörten die im Rahmen der Demonstration von „Wir für Deutschland“ und der Gegendemonstrationen eingesetzten Zivilpolizist*innen jeweils an (bitte jeweils nach WfD-Marsch und Gegendemonstration aufschlüsseln.)? Zu 6.: Aus polizeitaktischer Sicht können derartige Angaben nicht gemacht werden. Bei einer Veröffentlichung solcher Detailinformationen würden polizeiliche Maßnahmen vorhersehbar und damit ins Leere laufen. 7. Wie viele Polizist*innen des LKA 5 – Abteilung Polizeilicher Staatsschutz welcher genauen Dezernate waren im Rahmen der Demonstration von „Wir für Deutschland“ und der Gegendemonstrationen im Einsatz (Bitte jeweils nach WfD-Demonstration und Gegendemonstration aufschlüsseln)? Zu 7.: Insgesamt befanden sich vier Dienstkräfte aus dem LKA 5 im Einsatz. Die Beamten gehörten dem Dezernat 53 an. 8. Welche genauen räumlichen Abgrenzungen hatten die Verantwortungsbereiche der Bundespolizei und der Berliner Polizei für den Polizeieinsatz während des Demonstrationsgeschehens am Abend des 09.11.2018, bzw. an welchen räumlichen Grenzen endete die Zuständigkeit der Berliner Polizei? Wurden diese Abgrenzungen im Laufe des Abends geändert und wenn ja aus welchen Gründen? (Bitte die Örtlichkeiten jeweils genau beschreiben.) Seite 3 von 6 Zu 8.: Grundsätzlich endet der Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin an den Zu- und Abgängen des Hauptbahnhofes. Die Grenzen der Zuständigkeit haben während des Gesamteinsatzes keine Änderungen erfahren. Im Verlauf des Einsatzes sind jedoch gewisse Schnittmengen unvermeidlich. 9. Wann, auf wessen Veranlassung und in welcher Stärke haben Dienstkräfte der Berliner Polizei auf welcher Rechtsgrundlage den Einsatz der Bundespolizei im Hauptbahnhof unterstützt? a. Welche Stelle stellte für diesen Einsatz die Einsatzleitung? b. Was war der Auftrag der Berliner Polizei innerhalb des Hauptbahnhofs? Zu 9.: Nach Beendigung der Versammlung „Trauermarsch für die Toten von Politik!“ (WfD) wurden die ehemaligen Versammlungsteilnehmenden begleitet, um eine störungsfreie Abreise zu gewährleisten. Die gegenseitige Unterstützung beider Sicherheitspartner bei Einsätzen richtet sich nach den geltenden Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) in Verbindung mit § 64 Bundespolizeigesetz. Ergänzend dazu wurde zur rechtssicheren internen Regelungslage im Jahre 2015 eine Gemeinsame Vereinbarung über die sachliche Zuständigkeit und Zusammenarbeit der Polizei Berlin mit der Bundepolizeidirektion Berlin geschlossen. Zu 9.a.: Die Führung der Gesamteinsatzlage oblag der Direktion Einsatz. Zu 9.b.: Zur Unterstützung der Bundespolizei war es erforderlich, die Teilnehmenden direkt bis zum Bahngleis und entsprechend in der S-Bahn bis zu den nächstgelegenen Umsteigemöglichkeiten zu begleiten, um ein Aufeinandertreffen widerstreitender Personen/-gruppen zu verhindern. 10. Wie viele Personen wurden durch die Bundespolizei in Gewahrsam genommen und zu welchem Zweck, wegen welcher Tatvorwürfe oder zur Durchführung welcher Maßnahmen an die Berliner Polizei übergeben? Zu 10.: Gewahrsamnahmen durch die Bundespolizei sind nicht bekannt. Den eingesetzten Kräften der Polizei Berlin wurden keine Personen von der Bundespolizei übergeben. 11. Trifft es zu, dass Polizeidienstkräfte im Verlauf des Polizeieinsatzes im Rahmen der unter 1. genannten Demonstration Zugänge oder Durchgänge im Berliner Hauptbahnhof für Personen gesperrt haben? Wenn ja, wo, wann, aus welchem Anlass, aus welchen Gründen und mit welchem Zweck, auf welcher Rechtsgrundlage und ggf. welche Personenkreise waren von dem Grundrechtseingriff betroffen? 12. Welcher genaue dienstliche Auftrag bzw. welche Anweisung ist den Polizeidienstkräften erteilt worden, die Zugänge oder Durchgänge im Berliner Hauptbahnhof für Personen gesperrt haben? Zu 11. und 12.: Im Verlauf der zu Frage 9.b. erörterten Maßnahmen kam es im Zeitraum von 22:00 - 22:40 Uhr zum mehrfachen kurzfristigen Errichten von Sperrlinien an Auf- und Abgängen zur Mittelebene des Hauptbahnhofes durch Einsatzkräfte der Polizei Berlin. Tangiert waren hierbei die Zugänge zu den Gleisanlagen 13/14 und 15/16. Diese Maßnahmen ergingen auf Grundlage des ASOG als Einzelaufträge, zum Seite 4 von 6 Zweck der Gefahrenabwehr, an die Einsatzkräfte, um Gegenprotestierende am Aufeinandertreffen mit Personen von widerstreitendem Interesse zu hindern. 13. Waren auch Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes der Deutschen Bahn zur Durchsetzung der Zugangs- und Durchgangsbeschränkungen beteiligt? Zu 13.: Nein. 14. Kam es durch Mitarbeiter*innen des Sicherheitsdienstes der Deutschen Bahn im Hauptbahnhof zu Aufnahmen oder Aufzeichnungen mithilfe von Bodycams? Wenn ja, welcher Art, und falls Aufzeichnungen vorgenommen wurden, wie viele Minuten Filmmaterial sind dabei entstanden? Zu 14.: Dazu kann die Polizei Berlin keine Aussage treffen. 15. Kam es im Bereich Washingtonplatz zu Videoaufnahmen oder -aufzeichnungen von Teilnehmer*innen der Gegenproteste durch eingesetzte Polizeidienstkräfte? Wenn ja, a. wann, wo, aus welchen unmittelbaren Anlässen, und auf welcher jeweiligen Rechtsgrundlage, b. aus welchem genauen Grund war es erforderlich, dass die Polizei Videoaufzeichnungen von diesen Personen oder Personengruppen anfertigte, c. wie viele Minuten Filmmaterial sind dabei entstanden? 16. Kam es an anderen Orten des unter 1. genannten Versammlungsgeschehens zu Videoaufnahmen oder -aufzeichnungen von Teilnehmer*innen der Gegenproteste durch eingesetzte Polizeidienstkräfte? Wenn ja, a. wann, wo, aus welchen unmittelbaren Anlässen, und auf welcher jeweiligen Rechtsgrundlage, b. aus welchem genauen Grund war es erforderlich, dass die Polizei Videoaufzeichnungen von diesen Personen oder Personengruppen anfertigte, c. wie viele Minuten Filmmaterial sind dabei entstanden? Zu 15. und 16.: Ja. Zu 15.a. und 16.a.: Im Bereich Washingtonplatz und im Umfeld der Aufzugsstrecke der Versammlung des „WfD“ sind Bild- und Tonaufzeichnungen in der Zeit von 15:20 Uhr bis 23:11 Uhr angefertigt worden. Eine genaue Zuordnung der Bereiche Washingtonplatz bzw. “andere Orte“ ist nicht möglich. Die Aufzeichnungen erfolgten hauptsächlich wegen angelegter Vermummung, des Übersteigens von Absperranlagen oder Gewalt gegen Polizeibeamte. Die Rechtsgrundlagen hierfür ergeben sich aus dem Versammlungsgesetz, dem ASOG und der Strafprozessordnung. Zu 15.b. und 16.b.: Die Aufzeichnungen erfolgten zur Gefahrenabwehr und zur Strafverfolgung. Zu 15.c. und 16.c.: Insgesamt beträgt die Länge dieser Videoaufzeichnungen ca. 1 Std. und 39 Minuten. 17. Von wie vielen Personen wurden am 9. November 2018 im Rahmen der Versammlung von „Wir für Deutschland“ wegen welcher konkreter Tatvorwürfe die Personalien festgestellt a. von Teilnehmer*innen des Marschs von WfD? b. von Teilnehmer*innen der Gegenproteste? Seite 5 von 6 Zu 17.: Insgesamt wurden 32 Identitätsfeststellungen durchgeführt. Zu 17.a.: 4 Identitätsfeststellungen, davon: 1x versuchte Sachbeschädigung 1x Beleidigung 2x Tätigkeitsbericht Maßnahmen ASOG Zu 17.b.: 28 Identitätsfeststellungen, davon: 6x Verstoß Versammlungsgesetz (Vermummung) 1x Sachbeschädigung 2x gefährliche Körperverletzung 1x Strafvereitelung 18x Tätigkeitsbericht Maßnahmen nach ASOG 18. Wie viele Ingewahrsamnahmen hat die Polizei am 9. November 2018 im Rahmen der Versammlung von WfD jeweils vorgenommen a. gegen Teilnehmer*innen des Marschs von WfD? b. gegen Teilnehmer*innen der Gegenproteste? Zu 18.: Keine. 19. Wie viele Festnahmen wegen welcher konkreter Tatvorwürfe hat die Polizei am 9. November 2018 im Rahmen der Versammlung von WfD jeweils vorgenommen a. gegen Teilnehmer*innen des Marschs von WfD? b. gegen Teilnehmer*innen der Gegenproteste? Zu 19.: Es wurden 32 Festnahmen durchgeführt. Bezüglich der Tatvorwürfe wird auf die Antwort zu Frage 17 verwiesen. 20. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen welcher Tatvorwürfe wurden gegen Teilnehmer*innen von WfD und der Gegendemonstration eingeleitet und warum jeweils? (Bitte eine Einzelaufschlüsselung nach WfD-Demonstration und Gegenprotesten, Anzahl und jeweiligem Tatvorwurf.) Zu 20.: Es wurden zwei Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmende der Versammlung wegen Verdachts der versuchten Sachbeschädigung und Beleidigung eingeleitet. Weiterhin wurden zwei Ermittlungsverfahren gegen Teilnehmende der Gegendemonstrationen wegen Verdachts der Sachbeschädigung und der gefährlichen Körperverletzung eingeleitet. Zu einer Person der Gegenproteste wurde zusätzlich zum Verdacht des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz noch eine Strafanzeige wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz gefertigt. Die Anzahl der Ermittlungsverfahren gibt keinen Aufschluss darüber, wie viele Tatverdächtige in je einem Verfahren geführt werden. Seite 6 von 6 21. Bei wie vielen Personen aus der Versammlung von WfD, gegen die ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, liegen Vorerkenntnisse aus dem Bereich PMK –rechts vor? Zu 21.: Zu einer. Berlin, den 12. Dezember 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport