Drucksache 18 / 17 176 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anne Helm (LINKE) vom 27. November 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Dezember 2018) zum Thema: Extrem rechte Prepper-Szene in Berlin und Antwort vom 14. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Frau Abgeordnete Anne Helm (LINKE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17 176 vom 27. November 2018 über Extrem rechte Prepper-Szene in Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt der Senat die sogenannte Prepper-Szene (vom Englischen „to be prepared“) ein, die seit der Vorstellung eines neuen Ratgebers des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Deutschland im Jahr 2016 erheblichen Zuwachs verzeichnet? Zu 1.: Der Senat hat Kenntnis von einer sogenannten Prepper-Szene, sie ist als sehr heterogen einzustufen. Das grundsätzliche Anliegen der Prepper, sich auf mögliche Untergangs- bzw. Katastrophenszenarien durch das Anlegen von Vorräten vorzubereiten, ist strafrechtlich nicht relevant. Dem Senat liegen keine Erkenntnisse zu Straftaten von Personen vor, die diese vor dem Hintergrund ihrer Zugehörigkeit zur Prepper-Szene begangen haben . Verfassungsschutzrelevant sind Prepper nur dann, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestehen einer extremistischen Bestrebung jedweden Phänomenbereichs hinzutreten. Ein solcher Zusammenhang zwischen „Preppen“ und extremistischen Bestrebungen kann im Einzelfall vorliegen. Eine strukturelle Verbindung besteht aus Sicht des Senats allerdings nicht. 2. Trifft es zu, dass im August 2017 Angehörige der Prepper-Szene in Mecklenburg-Vorpommern verhaftet wurden, weil sie in einem Chat erklärten, dass ein Krisenfall auch eine Chance zur Machtübernahme mit anschließender Internierung bzw. Ermordung linker Politiker sein könne und dass bei den verdächtigen Preppern Adressen von Politiker*innen und Personen des öffentlichen Lebens gefunden wurden und wie bewertet der Senat diese Äußerungen und Funde? Zu 2.: Die Polizei Berlin wurde durch das Bundeskriminalamt (BKA) über ein Verfahren informiert, welches durch den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) geführt wird, der dem Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz untersteht . Die parlamentarische Kontrolle von Bundesbehörden und ihrer nachgeordneten Behörden, einschließlich des damit einhergehenden parlamentarischen Fragerechts, obliegt ausschließlich dem Deutschen Bundestag. Seite 2 von 3 3. Trifft es darüber hinaus zu, dass die Rechtsterroristen Bundeswehrsoldat Franco A., der auf seinen Todeslisten auch Berliner Politiker*innen führte, und André S., Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK), Auskunftsperson des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) und offenbar Begünstigter beim Geheimnisverrat durch den MAD-Offizier Peter W., ebenfalls Mitglieder einer Prepper-Gruppe gewesen sein sollen und wie bewertet der Senat diese Zusammenhänge? Zu 3.: Über die Mitgliedschaft der genannten Personen in einer Prepper-Gruppe oder über die eigene Zuordnung der genannten Personen zur Prepper-Szene liegen dem Senat keine Erkenntnisse vor. 4. Welche Kenntnisse hat der Senat über extrem rechte Strömungen und Radikalisierungstendenzen innerhalb der Berliner Prepper-Szene? 5. Welche Kenntnisse hat der Senat über Gewalt- und Untergangsphantasien und Umsturzpläne innerhalb der Berliner Prepper-Szene? 6. Welche Kenntnisse hat der Senat über ähnliche Entwicklungen wie in der Berliner Prepper- auch in der hiesigen Bushcraft-Szene als Bestandteil der Survival-Bewegung (bitte begründen)? 7. Welche Kenntnisse hat der Senat über Waffenbesitz der Berliner Prepper-Szene und Versuche, Sprengstoff und Waffen legal und illegal zu beschaffen? 8. Welche Kenntnisse hat der Senat über Wehrsportübungen oder andere militärisch geprägte Übungen, die durch Angehörige der Berliner Prepper-Szene veranstaltet wurden oder an denen diese teilnahmen (bitte einzeln aufschlüsseln)? 9. Trifft es zu, dass die Prepper-Szene sichere Unterschlupfe, so genannte Safe-Häuser, nutzt und dass diese auch als Lager für Sprengstoff und Waffen genutzt werden, und welche Kenntnisse hat der Senat ggf. über Safe-Häuser der Prepper-Szene in Berlin (bitte einzeln nach Standort aufschlüsseln)? Zu 4. bis 9.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 10. Wie viele Angehörige und Sympathisierende kann der Senat der Berliner Prepper-Szene zuordnen und wie viele schätzt er davon als extrem rechts ein (bitte einzeln aufschlüsseln)? 11. Welche Kenntnisse hat der Senat über die personelle Stärke der Berliner Prepper-Szene und wie viele davon schätzt er als extrem rechts ein (bitte einzeln aufschlüsseln)? Zu 10. und 11.: Über das Personenpotential der Prepper-Szene in Berlin kann der Senat keine validen Aussagen treffen, da so gut wie keine Erkenntnisse zur Prepper-Szene aus Berlin vorliegen. Es sind einzelne Rechtsextremisten bekannt, die sich Techniken und Verhaltensweisen der sog. „Prepper“ bedienen. 12. Welche Kenntnisse hat der Senat über Überschneidungen der Prepper- mit der Reichsbürger- Szene sowie mit anderweitigen so genannten Selbstverwaltern? Zu 12.: Bei diesen drei äußerst heterogenen Gruppen handelt es sich um offene Beschreibungen. Einzelne Personen des Spektrums der Reichsbürger und Selbstverwalter bedienen sich Techniken und Verhaltensweisen der sog. „Prepper“. Eine strukturelle Verbindung besteht aus Sicht des Senats nicht. 13. Welche Kenntnisse hat der Senat über Survival-Seminare, die von Angehörigen der Berliner Prepper-Szene veranstaltet wurden oder an denen diese teilnahmen (bitte einzeln nach Datum, Veranstaltungstitel, Veranstaltungsort aufschlüsseln)? 14. Welche Kenntnisse hat der Senat darüber, ob auf Survival-Seminaren Angehörige a) der Bundeswehr, b) der Polizei, c) des Reservist*innenverbands, Seite 3 von 3 d) des Verfassungsschutzes oder e) weiterer Organe im Sinne der Fragestellung als Referent*innen auftraten (bitte einzeln nach Datum, Veranstaltungstitel, Veranstaltungsort, Zugehörigkeit der Referent*innen aufschlüsseln)? Zu 13. und 14.: Dem Senat liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 15. Welche Maßnahmen hat der Senat seit der 207. Sitzung der Innenministerkonferenz im Dezember 2017 ergriffen, um der terroristischen Bedrohung von extrem rechten Preppern zu begegnen? Zu 15.: In ihrer Beschlussfassung zur 207. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder sieht die IMK das Erfordernis, die bundesweiten Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz zur "Prepper"-Szene in den fortzuschreibenden Lagebericht zu den Reichsbürgern und Selbstverwaltern einzubeziehen . In der Beschlussfassung zur 208. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder stellt die IMK fest, dass eine generelle Gefährdungslage durch Anhänger der "Prepper"-Szene auf der Grundlage des vorliegenden gemeinsamen Bundeslagebildes zu Reichsbürgern und Selbstverwaltern nicht gegeben ist. Mangels belastbarer Vergleichszahlen kann keine Aussage zu Radikalisierungstendenzen getroffen werden. Die bekannt gewordenen Fälle lassen entsprechende Rückschlüsse nicht zu. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es sich bei den festgestellten Sachverhalten um Einzelfälle handelt, die nicht allgemein auf die "Prepper"- Szene übertragbar sind. Letztendlich können auf Grundlage der festgestellten geringen Relevanz inkriminierten "Prepper"-Verhaltens bezogen auf Politisch motivierte Kriminalität oder Waffenkriminalität keine Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. Es liegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen der heterogenen "Prepper"-Szene vor, die eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden rechtfertigen würden. Einzelne Extremisten, die sich mit "preppen" befassen, stehen jedoch stets im Fokus der Verfassungsschutzbehörden. Insoweit ergaben sich für den Senat Berlin keine Handlungsansätze weitergehenden Maßnahmen einzuleiten. Berlin, den 14. Dezember 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport