Drucksache 18 / 17 219 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 04. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Dezember 2018) zum Thema: Orangefarbener Parkausweis und Antwort vom 18. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17219 vom 04.12.2018 über Orangefarbener Parkausweis Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die jeweiligen Straßenverkehrsbehörden der 12 Bezirksämter von Berlin um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Die übersandten Stellungnahmen werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Mit welcher Rechtsgrundlage in Anwendung von § 46 Absatz 1 Nummer 11 StVO werden in Berlin Parkerleichterungen für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen - Gleichstellung – Orangefarbener Parkausweis erteilt? Antwort zu 1: Gemäß der Verwaltungsvorschrift zu § 46 Absatz 1 Nummer 11 der Straßenverkehrsordnung (StVO) gibt es für Personen mit besonderen gesundheitlichen Einschränkungen die Möglichkeit, eine bundesweit gültige Sonderregelung zur Ausnahmegenehmigung für Parkerleichterungen zu erlangen. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Sonderregelung zu Parkerleichterungen für besondere Gruppen Schwerbehinderter (Gleichstellung) - orangefarbener Parkausweis - lauten wie folgt: 2 • Vorliegen der Merkzeichen „G“ (erhebliche Gehbehinderung) und „B“ (Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson) und einem Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 80 allein wegen der Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule , soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) oder • Vorliegen der Merkzeichen „G“ und „B“ und einem GdB von wenigstens 70 allein wegen der Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) und gleichzeitig einem GdB von wenigstens 50 wegen Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane oder • Erkrankung an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa, wenn hierfür ein GdB von wenigstens 60 wegen dieser Erkrankung vorliegt oder • ein künstlicher Darmausgang und zugleich künstliche Harnableitung, wenn hierfür ein GdB von wenigstens 70 vorliegt. Frage 2: Wie viele Menschen mit Behinderung haben einen orangefarbenen Parkausweis? Bitte nach Bezirken und für die Jahre 2015, 2016 und 2017 differenziert. Antwort zu 2: Hierzu haben die Bezirksämter von Berlin wie folgt geantwortet: 2015 2016 2017 Bezirksamt Charlottenburg -Wilmersdorf von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Lichtenberg von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Marzahn- Hellersdorf von Berlin Es ist statistisch nur erfasst, wie viele orangefarbene Parkausweise ausgestellt worden sind: 16 31 19 Bezirksamt Neukölln von Berlin Eine Unterteilung nach Jahren wird statistisch nicht erfasst . Die aktuelle Anzahl beträgt 182 orangefarbene Parkausweise Bezirksamt Reinickendorf von Berlin Es ist statistisch nur erfasst, wie viele orangefarbenen Parkausweise ausgestellt worden sind: 35 36 56 Bezirksamt Spandau von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Steglitz- Zehlendorf von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Treptow- Köpenick von Berlin Insgesamt wurden 154 orangefarbene Parkausweise ausgestellt; eine Unterteilung nach Jahren wird statistisch nicht erfasst 3 Frage 3: Welche Gültigkeitsdauer haben diese Parkerleichterungen im Allgemeinen und wonach richtet sich diese? Antwort zu 3: Grundlage für Erteilung und Dauer des orangefarbenen Parkausweises sind die Feststellungen und Beurteilungen des Versorgungsamtes, ob die gesundheitlichen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Sofern das Versorgungsamt keine Hinweise zu einer möglichen Änderung des Gesundheitszustandes gibt, wird der orangefarbene Parkausweis von der Straßenverkehrsbehörde des örtlich zuständigen Bezirksamtes von Berlin in der Regel für fünf Jahre ausgestellt. Frage 4: Welche Kriterien entscheiden über die Gewährung der Parkerleichterung; - über die formalen Punkte (G & B & 80% untere Gliedmaßen oder G & B & 70% untere Gliedmaßen plus 50 Herz/Atem oder Morbus Crohn bzw. künstlicher Darmausgang/Harnableitung) hinaus? Dem Fragesteller sind Fälle bekannt, wo trotz G und B und GdB 100 eine Parkerleichterung abgelehnt wurde. Antwort zu 4: Die notwendigen Kriterien wurden bereits unter Antwort zu 1 ausführlich dargelegt. Darüber hinaus existieren - im Hinblick auf schwerbehindertenrechtliche Voraussetzungen - keine weiteren Kriterien. Ergänzend führt das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) an, dass bei Betrachtung der ersten beiden Konstellationen festzustellen ist, dass mindestens ein mobilitätsbedingter Einzelgrad der Behinderung von 70 bzw. 80 vorliegen muss – der Gesamtgrad der Behinderung ist hierbei unerheblich. Bei der Bildung des Gesamtgrades der Behinderung werden - soweit mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen - „Einzelgrade der Behinderung“ gebildet. Die Funktionsbeeinträchtigungen werden dann unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander beurteilt und sodann aus der ärztlichen Gesamtschau heraus als Gesamtgrad der Behinderung vorgeschlagen. Dabei dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden und auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamtgrades der Behinderung ungeeignet. Unter diesen Voraussetzungen existieren durchaus Fälle mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen G und B, bei denen der orange Parkausweis abgelehnt wurde, weil der mobilitätsbedingte Einzelgrad der Behinderung diesen Grad nicht erreicht. Frage 5: In welchen Fällen wird der Entscheidung ein Termin beim Vertrauensarzt vorgeschaltet? Frage 7: Welche Möglichkeiten sieht der Senat, um das Verfahren für Menschen mit Handicap transparenter zu machen und eine Zuständigkeitslücke zwischen LaGeSo und bezirklicher Straßenverkehrsbehörde zu vermeiden und was wird er davon bis wann umsetzen? 4 Antwort zu 5 und 7: Frage 5 und Frage 7 werden zusammen beantwortet. Über Ausnahmen im Straßenverkehr entscheiden nach § 46 StVO grundsätzlich die Straßenverkehrsbehörden . Im Zuge der Prüfung von Ausnahmegenehmigungen für schwerbehinderte Menschen erkunden die bezirklichen Straßenverkehrsbehörden in Abstimmung mit dem Senat beim LAGeSo im Rahmen der Amtshilfe, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines orangefarbenen Parkausweises vorliegen. Die Anfrage der Straßenverkehrsbehörde im Rahmen der Amtshilfe löst beim LAGeSo keine versorgungsärztliche Prüfung der gesundheitlichen Voraussetzungen aus. Sie dient lediglich der Feststellung, ob aufgrund der letzten versorgungsärztlichen Bewertung die gesundheitlichen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Die Entscheidung über die Ausnahmegenehmigung wird wiederum beim Bezirksamt - Straßenverkehrsbehörde - getroffen. Schwerbehinderte, bei denen eine Erst- oder Neufeststellung erfolgte, erhalten in der Regel neben dem üblichen Bescheid vom LAGeSo grundsätzlich automatisch eine Zusatzbescheinigung für die Gleichstellung zur „Vorlage bei der Straßenverkehrsbehörde“. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2012 hat die damalige Bundesministerin für Arbeit und Soziales gebeten, in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe die Neubestimmung des berechtigten Personenkreises, dem unter medizinischen Gesichtspunkten Parkerleichterungen eingeräumt werden sollten, zu erarbeiten. Diese Arbeitsgruppe bestand im Wesentlichen aus Vertreterinnen und Vertretern der Verkehrs- und Sozialressorts von Bund und Ländern, einzelnen Mitgliedern des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin und vom Deutschen Behindertenrat benannten Personen. Als Ergebnis hierzu wurde im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung (Bundesteilhabegesetz - BTHG) in § 229 Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX) der dritte Absatz ergänzt. Dort wird das Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) beschrieben. Im Rahmen des Feststellungsverfahrens wird versorgungsmedizinisch auch geprüft, ob die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG vorliegen . Die Straßenverkehrsbehörde erteilt bei Vorliegen des Merkzeichens aG dann ohne weitere Prüfung die Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO und stellt einen blauen Behindertenparkausweis mit Rollstuhlsymbol aus. Weitere Veränderungen für die Erteilung von Parkerleichterungen für schwerbehinderte Menschen sind aus bundesrechtlicher Sicht nicht vorgesehen. Informationen über mögliche Parkerleichterungen, Voraussetzungen, zuständige Behörden etc. stellt auch die Informationsplattform berlin.de unter https://service.berlin.de/dienstleistung/326439/ zur Verfügung. Insoweit vermag der Senat weder eine mangelnde Transparenz noch eine „Zuständigkeitslücke “ zwischen dem LAGeSo und den Straßenverkehrsbehörden der Berliner Bezirke zu erkennen. Frage 6: Wie viele Anträge auf einen orangefarbenen Parkausweis wurde 2015, 2016 und 2017 gestellt und wie viele wurden (trotz Arztschreibens) abgelehnt; im Antragsverfahren bzw. im Widerspruchsverfahren? 5 Antwort zu 6: Hierzu haben die Bezirksämter von Berlin wie folgt geantwortet: Anzahl der Anträge, der Ablehnungen und der Widersprüche 2015 Anzahl der Anträge , der Ablehnungen und der Widersprüche 2016 Anzahl der Anträge , der Ablehnungen und der Widersprüche 2017 Bezirksamt Charlottenburg -Wilmersdorf von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Lichtenberg von Berlin Es wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 etwa 92 Ablehnungen für den orangefarbenen Parkausweis erstellt. Die Ablehnungen erfolgten ausschließlich aufgrund unzureichender Zugangsvoraussetzungen (Merkzeichen/Gleichstellung). Bezirksamt Marzahn- Hellersdorf von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statische Erfassung. Es wird geschätzt, dass jährlich circa 100 Anträge gestellt werden. Hiervon werden 3/4 der Anträge abgelehnt, da durch das Landesamt für Gesundheit und Soziales im Antragsverfahren mitgeteilt wurde, dass die Antragsteller nicht zum Personenkreis der Gleichgestellten zählen. Bezirksamt Neukölln von Berlin Es gibt keine statistische Erfassung nach Jahren. Es werden pro Jahr im Durchschnitt 300 Anträge auf Ausstellung einer orangefarbenen Parkerleichterungskarte gestellt. Davon werden ca. 118 pro Jahr abgelehnt. Zu Widerspruchsverfahren bei der bezirklichen Straßenverkehrsbehörde gelangen ca. 10 Vorgänge im Jahr. Bei den meisten Widersprüchen handelt es sich um Widersprüche gegen die gesundheitlichen Feststellungen, so dass die Antragsteller darauf hingewiesen werden, sich erneut an das LaGeSo zu wenden. Bezirksamt Reinickendorf von Berlin 15 Ablehnungen im Antragsverfahren, 0 Widersprüche 23 Ablehnungen im Antragsverfahren , 2 Widersprüche 11 Ablehnungen im Antragsverfahren, 0 Widersprüche Bezirksamt Spandau von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Steglitz- Zehlendorf von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Bezirksamt Treptow- Köpenick von Berlin Es gibt diesbezüglich keine statistische Erfassung Berlin, den 18.12.2018 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz