Drucksache 18 / 17 231 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Emine Demirbüken-Wegner (CDU) vom 04. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Dezember 2018) zum Thema: Vom öffentlich angekündigten eigenen Jugendfördergesetz zum Rumpfmodell im Berliner Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (AG KJHG)? und Antwort vom 21. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Frau Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17231 vom 4. Dezember 2018 über Vom öffentlich angekündigten eigenen Jugendfördergesetz zum Rumpfmodell im Berliner Ausführungsgesetz zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (AG KJHG)? ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann und warum hat sich der Senat entgegen seiner zahlreichen öffentlichen Ankündigungen entschieden (siehe SA 18/16552), anstelle eines eigenen Jugendfördergesetzes nur ein Änderungsgesetz zum Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) einzubringen ? Zu 1.: Das AG KJHG ist „das“ zentrale Berliner Landesgesetz zur Umsetzung und Ergänzung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII). Daher ist es angemessen und folgerichtig, dass die Änderungen im Bereich der Kinder- und Jugendförderung, die auch bereits jetzt Teil des AG KJHG sind, in diesem zentralen Landesgesetz erfolgen . Dieses Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Kinderund Jugendhilfegesetzes (AG KJHG) – Gesetz zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen - stellt das in Rede stehende „Jugendfördergesetz “ dar. 2. Ist diese Entscheidung mit der Lenkungsgruppe zum Jugendfördergesetz und all ihren Mitgliedern (SenBJF, SenFin, RdB, Bezirke, LJHA, LJR, LIGA) abgestimmt worden? Wenn nein, warum nicht? 3. Welche Meinung hat die externe Beraterfirma zu der unter 1. und 2. formulierten Problematik vertreten ? Zu 2. und 3.: Es ist ministerielle Aufgabe, über den Entwurf einer Gesetzesänderung zur Einbringung in das Abgeordnetenhaus zu entscheiden. Die Mitteilung über die Erstellung eines Entwurfs des „Jugendfördergesetzes“ als Änderungsgesetz des AG KJHG erfolgte in der Lenkungsgruppensitzung am 28.05.2018. 4. Wurden in der Lenkungsgruppe – wie im Inhaltsprotokoll der Ausschusssitzung BildJugFam vom 11. Mai 2017 durch die Verwaltung ausgeführt – unmittelbar Kinder und Jugendliche beteiligt? Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Die unmittelbare Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erfolgte in kind- und jugendgerechten Formaten innerhalb der Projektstruktur. In den einzelnen Projektphasen wurden zum Beispiel aus Anlass der U 18-Wahl im September 2017 ca. 10.000 Kinder und Jugendliche beteiligt und mit einer Fragebogenaktion zu ihren Erwartungen und Vorstellungen hinsichtlich eines „Jugendfördergesetzes“ befragt. Darüber hinaus initiierte die Drehscheibe Kinder- und Jugendpolitik Berlin (Stiftung SPI) im Auftrag der Lenkungsgruppe ein Beteiligungsprojekt zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Erstellung von Jugendförderplänen. Darüber hinaus wurde im Rahmen des JugendFORUMs 2018 ein Workshop zum „Jugendfördergesetz“ zu Beteiligungsformaten angeboten. 5. Inwieweit fand die Vorfeldbefragung von Kindern und Jugendlichen Eingang in die Arbeitsergebnisse der Lenkungsgruppe (bitte dafür konkrete Beispiele anführen)? 6. In welchen fünf zentralen Handlungsfeldern (siehe dazu Inhaltprotokoll der Ausschusssitzung vom 2. März 2017) wurden durch die Lenkungsgruppe qualitative und quantitative Standards festgelegt ? Zu 5 und 6.: Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bildet eine Grundlage für die Erstellung des „Jugendfördergesetzes“. Die Lenkungsgruppe hat den Wünschen und Erwartungen nach Vielfalt von Jugendarbeit und einer stärkeren Beteiligung Rechnung getragen. Die Vielfalt wird durch die fünf Angebotsformen abgebildet und die Beteiligung sowohl in der Angebotsform 4 (Unterstützung der Beteiligung von jungen Menschen) als auch bei der Erstellung der Jugendförderpläne auf Bezirks- und Landesebene eingebracht. Für die fünf Angebotsformen standortgebundene offen Kinder- und Jugendarbeit, standortungebundene offene Kinder- und Jugendarbeit, Erholungsfahrten und internationale Begegnungen, Unterstützung der Beteiligung von jungen Menschen, gruppenbezogene , curricular geprägte Angebote) wurden qualitative Ausstattungsstandards und quantitative Standards hinsichtlich des Umfangs definiert. 7. Welche Ergebnisse haben Lenkungsgruppe und Beraterfirma zu folgenden Schwerpunkten vorlegen können (siehe dazu MzK 18/0246 und 18/0395 sowie Inhaltsprotokoll der Ausschusssitzung vom 2. März 2017): • Einwohnerbezogene Bedarfsmodelle, • Bedarfsplanung für Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit, • Fahrten, Reisen, internationale Jugendarbeit, • Beteiligungsprojekte sowie • mobile und gruppenbezogene Jugendarbeit? Zu 7.: Die Anwendung des einwohnerbezogenen Bedarfsmodells findet sich im quantitativen Fachstandard (Umfang) für jede Angebotsform wieder. Für jede Angebotsform, also auch für die Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit (Angebotsform 1), wurde ein angemessener Bedarfsdeckungsgrad ermittelt. Die in der Fragestellung angeführten Fahrten, Reisen, die internationale Jugendarbeit , Beteiligungsprojekte sowie die mobile und gruppenbezogene Jugendarbeit sind drei der insgesamt fünf Angebotsformen und im Gesetzentwurf vorgesehen. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe tragen demnach dafür Sorge, dass Angebote der Jugendarbeit, insbesondere die folgenden fünf Angebotsformen, vorgehalten werden : standortgebundene offene Kinder- und Jugendarbeit, standortungebundene offene Kinder- und Jugendarbeit, Erholungsfahrten und internationale Begegnungen, Unterstützung der Beteiligung von jungen Menschen, gruppenbezogene, curricular geprägte Angebote. 8. Welche Verabredungen wurden in der Lenkungsgruppe zum Thema gesamtstädtische Fachsteuerung getroffen (siehe dazu MzK 18/0246 und 18/0395 sowie Inhaltsprotokoll der Ausschusssitzung BildJugFam vom 11. Mai 2017)? 9. Welche vorbereitenden Festlegungen traf die Lenkungsgruppe zu Jugendförderplänen auf Landesund Bezirksebene sowie zu einem Freizeitstättenentwicklungsplan (siehe dazu MzK 18/0246 und 18/0395 sowie Inhaltsprotokoll der Ausschusssitzung BildJugFam vom 11. Mai 2017)? Zu 8. und 9.: Die Lenkungsgruppe hat sich hinsichtlich der gesamtstädtischen Fachsteuerung auf die Erstellung von Jugendförderplänen auf Bezirks- und Landesebene verständigt. Diese sollen als verpflichtendes Planungs- und Steuerungsinstrument eingeführt werden. Damit werden die landesweite und bezirkliche Planung und die Steuerung der Angebote der Jugendarbeit erstmals verzahnt. Die Lenkungsgruppe hat die Strukturelemente der bezirklichen Jugendförderpläne und des Berliner Landesjugendförderplans hinsichtlich Inhalt und Verfahren sowie die Regellaufzeit für beide Jugendförderpläne auf vier Jahre festgelegt. Die erstmalige Erstellung erfolgt in 2021. Die Prüfung des Freizeitstättenentwicklungsplans war nicht Gegenstand des Projekts . Etwaige Anpassungen sind im Rahmen der Umsetzung des „Jugendfördergesetzes “ zu prüfen. 10. Inwieweit konnte das Problem der Ausfinanzierung bzw. Budgetierung der einzelnen Bereiche in Verbindung mit dem Prinzip des Globalsummenhaushalts der Bezirke durch die Lenkungsgruppe gelöst werden (siehe dazu MzK 18/0246 und 18/0395 sowie Inhaltsprotokoll der Ausschusssitzung BildJugFam vom 11.Mai 2017)? Zu 10.: Zur Finanzierung der bezirklichen Jugendarbeit ist auf Basis der neu entwickelten fünf Angebotsformen auch eine neue Produktstruktur für die Angebote der Kinderund Jugendarbeit entwickelt worden, die acht Produkte umfasst. Durch den angestrebten „Fachstandard Umfang“, der in einer noch zu erlassenen Rechtsverordnung zu konkretisieren sein wird, würden zusätzliche Haushaltsmittel für die Jugendarbeit der Bezirke erforderlich. Damit die Bezirke diese gesetzliche Vorgabe im Rahmen der Globalsummensystematik erfüllen können, ist geplant, Ihnen ein zusätzliches Budget als sogenannte Anschubfinanzierung für die neuen Angebotsformen (Produkte) zur Verfügung zu stellen. 11. Welche Haltung bezog die Lenkungsgruppe zur Aussage des Senats (MzK 18/0246 und 18/0395), die Finanzplanung 2017 für die Jugendarbeit unverändert fortschreiben zu wollen? Ist dem Senat klar, dass damit der vorgeschriebene Anteil für die Jugendarbeit, der 10% der für die Jugendhilfe bereit gestellten Mittel betragen soll, immer noch nicht erreicht wird und im Vergleich zu den Anforderungen der wachsenden Stadt weiter sinkt? 12. Wie müsste die Finanzplanung für den kommenden Haushalt verändert werden, damit die 10%- Regelung zur Förderung der Jugendarbeit greift? Zu 11. und 12.: Die Lenkungsgruppe geht davon aus, dass es zur Zielerreichung des Gesetzes erforderlich sein wird, zusätzliche Mittel für Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Die bisher in § 45 Absatz 2 Satz 4 AG KJHG vorgesehene „10%-Regel“ hat sich für die Sicherung und Steuerung von Jugendarbeit im Land Berlin als nicht geeignet erwiesen . Daher soll sich die Finanzierung der Jugendarbeit zukünftig aus“ dem Fachstandard Umfang“ ableiten. Die künftige Finanzierung soll an einwohnerbezogene Bedarfsmodelle (quantitativer Fachstandard hinsichtlich Umfang) gekoppelt sein. 13. Wie erfolgte die Information der bezirklichen Jugendhilfeausschüsse über den Prozess der Erarbeitung eines Jugendfördergesetzes? Geschah dies auf Antrag an das Landesjugendamt oder ging das Landesjugendamt von sich aus in die Offensive? Zu 13.: Die Projektstruktur war von vornherein in einer transparenten und partizipativen Form angelegt. Der Landesjugendhilfeausschuss hat drei eigenständige Informationsforen durchgeführt. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie hat die daraus resultierende Anregung, alle 12 Jugendhilfeausschüsse zu besuchen und ausführlich über den Stand des Projekts „Jugendfördergesetz“ zu informieren, aufgegriffen. 14. Welcher der bezirklichen Jugendhilfeausschüsse ging mit einer Stellungnahme zum Jugendfördergesetz an die Öffentlichkeit? Welche Forderungen an den Senat enthielten diese? Zu 14.: Es liegen Stellungnahmen aus den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Pankow und Treptow-Köpenick vor. Die Bezirke Fried- richshain-Kreuzberg, Mitte und Treptow-Köpenick haben ihre Positionierung an den Präsidenten und die Fraktionen des Abgeordnetenhauses, die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, die Senatsverwaltung für Finanzen, die Mitglieder ihrer Bezirksverordnetenversammlung, die Mitglieder des Landesjugendhilfeausschusses und die/den Vorsitzenden der Jugendhilfeausschüsse in Berlin gesandt. Im Wesentlichen fordern die Jugendhilfeausschüsse die Sicherstellung einer verbindlichen Qualität und Vielfalt in der Kinder- und Jugendarbeit, eine Orientierung an der Zahl der jungen Einwohner hinsichtlich der Festlegung des Umfanges des bezirklichen Angebotes, eine ausreichende und damit höhere als die bisherige Finanzierung der Jugendarbeit sowie Reglementierungsmöglichkeiten bei nicht zweckgebundener Verwendung der Mittel für die Jugendarbeit in den Bezirken. 15. Wie steht es in diesem Zusammenhang mit der Vorlage der notwendigen flankierenden Rechtsverordnung an den Senat (SA 18/16552)? Welche Inhalte werden durch die Rechtsverordnung abgebildet werden können (bitte konkret auflisten)? Zu 15.: Der geplante Gesetzentwurf enthält eine Verordnungsermächtigung. In der vorgesehenen Rechtsverordnung sollen u.a. die Richtwerte zur Bedarfsdeckung der fünf Angebotsformen (quantitativer Standard) und die Verfahren und Inhalte der bezirklichen Jugendförderpläne und des Landesjugendförderplans geregelt werden. 16. Welche Kosten verursachte das Projekt Jugendförderungsgesetz bis jetzt insgesamt? Wie hoch waren dabei die Kosten für die externe Beratungsfirma? Zu 16.: Die Kosten für die Beratungsleistungen der externen Beratungsfirma lagen im Rahmen des Projekts „Jugendfördergesetz“ 2017 bei 94.087 € und 2018 (Stand 06.12.2018) bei 161.395 €. 17. Kann der Senat seine öffentlichen Ankündigungen einhalten, das Jugendförderungs- Änderungsgesetz zum AG KJHG noch im Jahr 2018 in Kraft treten lassen zu wollen? Zu 17.: Der Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes – Gesetz zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen (Jugendfördergesetz) – befindet sich in der Ressortabstimmung. Er soll im Januar 2019 dem Senat zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Berlin, den 21. Dezember 2018 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie