Drucksache 18 / 17 232 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) vom 05. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2018) zum Thema: Inanspruchnahme der Notfallrettung im Land Berlin - Sachstand und Maßnahmen 2018/2019 und Antwort vom 19. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 6 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Benedikt Lux (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17232 vom 05. Dezember 2018 über Inanspruchnahme der Notfallrettung im Land Berlin – Sachstand und Maßnahmen 2018/2019 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie haben sich die Einsatzzahlen der durch die Berliner Feuerwehr durchgeführten Rettungsdiensteinsätze (Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeug) in der Notfallrettung im Land Berlin in den letzten drei Jahren entwickelt (aufgeschlüsselt nach Jahren und Leistungserbringern = Berliner Feuerwehr, Bundeswehr, Hilfsorganisationen)? Zu 1.: Rettungswagen (RTW) Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) Feuerwehr HiO* Bundeswehr Gesamt Feuerwehr HiO** Bundeswehr Gesamt 2015 322.152 74.330 15.518 412.000 87.478 151 5.611 93.240 2016 306.466 109.241 15.900 431.607 89.229 141 5.871 95.241 2017 296.610 123.332 15.267 435.209 98.295 161 5.843 104.299 *HiO bezeichnet die auf der Grundlage der Beleihung eingebundenen Hilfsorganisationen Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdienst (MHD). **betrifft den Einsatz zur Abdeckung von Sonderbedarfen (z.B. durch Großveranstaltungen). Für das Jahr 2018 liegt dem Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine statistische Auswertung der erfragten Daten vor. Die hierfür erforderliche Auswertung erfolgt durch die Berliner Feuerwehr erst nach dem Jahreswechsel, voraussichtlich im 1. Quartal 2019. 2. Wie viele Einsätze fallen je Rettungswagen/Notarzteinsatzfahrzeug im Mittel pro 24 Stunden an (Aufstellung für 2017 und 2018 nach Leistungserbringern)? Seite 2 von 6 Zu 2.: Eine statistische Auswertung im Sinne der Fragestellung ist nicht möglich, da z.B. Fahrzeugumsetzungen, Fahrzeugverschiebungen oder temporäre Außerdienstnahmen (z.B. durch Personalausfall) zu falschen Ergebnissen führen würden. Im Jahr 2017 stellt sich die durchschnittliche Anzahl der Alarme von allen Rettungswagen / Notarzteinsatzfahrzeugen pro Tag wie folgt dar: Rettungswagen (RTW) Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) Feuerwehr HiO Bundeswehr Gesamt Feuerwehr HiO* Bundeswehr Gesamt 2017 813 338 42 1.193 269 <1 16 286 *betrifft den Einsatz zur Abdeckung von Sonderbedarfen (z.B. durch Großveranstaltungen). Hieraus resultiert der nachfolgend dargestellte und rechnerisch ermittelte Durchschnittswert, wobei nochmals darauf hingewiesen werden muss, dass dieser Wert aufgrund der einleitenden Ausführungen keine fundierte Aussagekraft hat. pro RTW / 24 h pro NEF / 24 h Feuerwehr HiO Bundeswehr Feuerwehr HiO* Bundeswehr 2017 8 12 14 13 <1 16 Für das Jahr 2018 liegt dem Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine statistische Auswertung der erfragten Daten vor. Die hierfür erforderliche Auswertung erfolgt durch die Berliner Feuerwehr erst nach dem Jahreswechsel, voraussichtlich im 1. Quartal 2019. 3. Wie lange dauert ein Einsatz je Rettungswagen/Notarzteinsatzfahrzeug im Mittel (Aufstellung für 2017 und 2018 nach Leistungserbringern)? Zu 3.: Rettungswagen (RTW) Notarzt-Einsatzfahrzeug (NEF) Feuerwehr HiO Bundeswehr Feuerwehr Bundeswehr 2017 59,88 min 63,32 min 64,36 min 48,15 min 48,00 min Für das Jahr 2018 liegt dem Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine statistische Auswertung der erfragten Daten vor. Die hierfür erforderliche Auswertung erfolgt durch die Berliner Feuerwehr erst nach dem Jahreswechsel, voraussichtlich im 1. Quartal 2019. 4. Wie viele Minuten (im Mittel) pro Tag sind Rettungswagen der Notfallrettung im Land Berlin während ihrer regulären Vorhaltung vorübergehend nicht im Dienst (Befristete Außerdienstnahme) (Aufstellung für 2017 und 2018 nach Leistungserbringern)? Seite 3 von 6 Zu 4.: Rettungswagen (RTW) Feuerwehr HiO Bundeswehr 2017 43 min 40 min 84 min Für das Jahr 2018 liegt dem Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine statistische Auswertung der erfragten Daten vor. Die hierfür erforderliche Auswertung erfolgt durch die Berliner Feuerwehr erst nach dem Jahreswechsel, voraussichtlich im 1. Quartal 2019. 5. Zu welchen Uhrzeiten kommt es regelmäßig zu deutlichen tageszeitlichen Häufungen von befristeten Außerdienstnahmen von Rettungsmitteln und was wird ggf. unternommen um dem entgegen zu wirken? Zu 5.: Im Jahr 2017 verteilen sich die befristeten Außerdienstnahmen von Rettungsmitteln prozentual auf folgende Tageszeiten: Stunde % Stunde % Stunde % 0 1,9 8 4,9 16 4,4 1 1,5 9 5,3 17 5,6 2 1,2 10 4,9 18 8,6 3 0,9 11 4,9 19 5,3 4 1,0 12 6,9 20 4,8 5 2,0 13 7,0 21 3,6 6 3,7 14 6,6 22 3,5 7 4,2 15 5,0 23 2,3 Derzeit wird durch eine Arbeitsgruppe bei der Berliner Feuerwehr eine Auswertung von Daten u. a. auch zu den befristeten Außerdienstnahmen vorgenommen. Auf der Grundlage der dort gewonnenen Erkenntnisse sollen geeignete Maßnahmen (z.B. Optimierung von Werkstattprozessen bei kleineren Instandsetzungen oder Schichtwechseln) geprüft werden, um der Häufung von Außerdienststellungen zu bestimmten Tageszeiten zu begegnen. 5. Bei wie vielen der Neueinstellungen der Berliner Feuerwehr in 2018 und 2019 ist vorgesehen diese umgehend zu Notfallsanitäter*innen auszubilden (Aufstellung: Gesamtanzahl Neueinstellungen 2018 und geplant für 2019 bei der Berliner Feuerwehr (feuerwehrtechnische Laufbahn) und Anteil dieser die zu Notfallsanitäter*innen ausgebildet werden)? Zu 5.: Im feuerwehrtechnischen Dienst stellt die Berliner Feuerwehr in den Laufbahnen mittlerer feuerwehrtechnischer Dienst, gehobener feuerwehrtechnischer Dienst und höherer feuerwehrtechnischer Dienst ein. Lediglich im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst ist die Qualifizierung zur Notfallsanitäterin bzw. zum Notfallsanitäter vorgesehen. Seite 4 von 6 Im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst hat die Berliner Feuerwehr im Jahr 2018 in den Einstiegswegen 112 Classic, 112 Direkt, 112 Medic, 112 Medic Expert insgesamt 231 Nachwuchskräfte eingestellt. Davon werden 55 Nachwuchskräfte zu Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern qualifiziert. Dies entspricht 23,8 % der im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst eingestellten Nachwuchskräfte. Im Jahr 2019 plant die Berliner Feuerwehr 264 Nachwuchskräfte im mittleren feuerwehrtechnischen Dienst einzustellen. Davon sollen 68 zu Notfallsanitäterinnen bzw. Notfallsanitätern qualifiziert werden. Dies entspricht einer Quote von 25,8 %. 6. In welchem Umfang wurden bzw. werden in den Jahren 2018 und 2019 Neubeschaffungen für die Berliner Feuerwehr getätigt (Kumulierte Aufstellung der Neubeschaffungen 2018/2019 in Euro nach Rettungsdienst, Brandbekämpfung und Katastrophenschutz)? Zu 6.: Neubeschaffungen Kosten in EURO Zum Zwecke des: Was wurde/ wird beschafft? bereits in 2018 geplant 2019 RD* Bbk* KatS* Löschhilfeleistungsfahrzeuge 769.000 572.000 X Hubrettungsfahrzeuge 1.181.000 0 X Gerätewagen Wasser 220.000 370.000 X Notarztfahrzeuge 2.000.000 2.000.000 X Rettungswagen 3.430.000 3.968.000 X Kommandowagen, Krankentransportwagen 0 690.000 X Mannschaftstransportwagen, Einsatzleitwagen B/C, Einsatzleitwagen Erkunder 600.000 600.000 X Löschfahrzeuge 2.770.000 5.000.000 X Drehleiter 0 660.000 X Rüstwagen 0 1.200.000 X Rettungswagen S (Schwerlast) 0 250.000 X Mehrzweckboot 0 125.000 X Ausstattung (Schränke, Tische ec.) 370.000 60.000 X X Dekon-Trinkwasser- Austauschsatz 60.000 X Lehr- und Unterrichtsmaterial z. B. Defi Simulatoren, Lizenzen für Lernsoftware 530.000 500.000 X Lehr- und Unterrichtsmaterial z. B. Schrottautos oder Übungsholz 50.000 70.000 X Erneuerung des Alarmierungssystems1 800.000 200.000 X X X Austausch Helmsprechgarnituren 200.000 200.000 X Medien- und IT-Ausstattung BFRA2 210.000 50.000 X X X IT-Ausstattung zur mobilen Datenerfassung 285.000 285.000 X Digitale Meldungspanel 50.000 50.000 X Seite 5 von 6 1, 2: eine genaue betragliche Aufteilung ist nicht möglich. *RD = Rettungsdienst, BbK = Brandbekämpfung, KatS = Katastrophenschutz 7. Gemäß § 8 des Gesetzes über den Rettungsdienst für das Land Berlin (RDG) soll zur fachlichen Begleitung der Einsatzlenkung und Unterstützung der Einsätze vor Ort eine Notärztin oder ein Notarzt in der Leitstelle ständig anwesend sein. An wie vielen Tagen in 2018 war eine Notärztin oder ein Notarzt in der Leitstelle ständig anwesend und wenn dies nicht der Fall war, wann ist beabsichtigt dies im Sinne des Gesetzes zu ändern? Zu 7.: 2018 war in der Leitstelle keine Notärztin bzw. kein Notarzt dauerhaft anwesend. Die hierfür erforderlichen Personalressourcen sind derzeit nicht vorhanden. Hiervon ausgenommen waren im Jahr 2018 Sonderlagen, wie z.B. Silvester. Seit April 2018 ist jedoch an den Werktagen im Zeitraum von 08:00 Uhr – 16:00 Uhr die telefonische Erreichbarkeit einer Oberärztin bzw. eines Oberarztes vom Dienst (OAvD) gegeben. Sie stehen für fachliche Fragen, insbesondere zur Indikation von Notverlegungen, zur Verfügung. Eine Unterstützung der Einsatzkräfte vor Ort im Sinne eines Telenotarztsystems kann leider noch nicht realisiert werden. Das hierfür erforderliche Konzept konnte aufgrund der Kündigung des federführend bearbeitenden Arztes im Oktober dieses Jahres noch nicht weiterentwickelt werden. Zudem müssen weitere Stellen besetzt werden, um den Schichtdienst entsprechend abzubilden. Dies gestaltet sich jedoch aufgrund der Tarifsituation für Ärztinnen und Ärzte im Land Berlin als sehr schwer. Gegenwärtig sind sechs von 13 Arztstellen der Berliner Feuerwehr nicht besetzt. Die weitere Implementierung der dauerhaften Anwesenheit einer Ärztin bzw. eines Arztes ist insoweit erst möglich, wenn sich die Rahmenbedingungen für die Ärztinnen und Ärzte verbessert haben, so dass die für einen Schichtbetrieb erforderlichen Stellen besetzt werden können. 8. In welchem Umfang wurden 2018 im Vergleich zu 2017 Verlegungstransporte von Patient*innen aus der Notfallrettung an private Krankentransportunternehmen abgegeben? Zu 8.: Die Abgabe von Verlegungstransporten durch die Berliner Feuerwehr an private Krankentransportunternehmen ist bisher nicht möglich, da für eine Auswahl unter den am Markt tätigen privaten Krankentransportunternehmen erst eine rechtskonforme Vergabe erfolgen muss. Eine solche Abgabe beträfe jedoch auch nur Fälle, bei denen es sich nicht um eine Notverlegung im Sinne der Notfallrettung handelt. Nach mehrfacher Kommunikation gegenüber den Kliniken werden seit April 2018 Notverlegungen nach strengerer Indikationsstellung und gegebenenfalls erfolgter Rücksprache mit der Oberärztin bzw. dem Oberarzt vom Dienst disponiert. Sofern es sich um eine Verlegung handelt, die nicht der Notfallrettung zuzuordnen ist, werden diese Anfragen, entsprechend der mit der Änderung des Rettungsdienstgesetzes verfolgten Intention des Gesetzgebers, an den freien Markt verwiesen und als arztbegleiteter Krankentransport durchgeführt. Für bestimmte Indikationen, Fahrstrecken und Zeiten scheint sich dieser Markt allmählich zu etablieren, was sich durch einen leichten Rückgang der Verlegungsfahrten bei der Berliner Feuerwehr bemerkbar macht. Verlegungen, die nicht der Notfallrettung zuzuordnen sind, werden somit im Ergebnis durch die Leitstelle der Berliner Feuerwehr nicht angenommen. Seite 6 von 6 9. Bisher findet in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr nur eine Punkt-zu-Punkt Disposition aller Rettungsmittel statt, dies führt dazu, dass unter Umständen kurzfristig frei werdende Rettungsmittel in der Nähe eines Einsatzortes nicht mehr berücksichtigt werden können, wenn einmal eine Disposition von Rettungsmitteln im Einsatzleitsystem veranlasst wurde. Dies führt möglicherweise dazu, dass in entsprechenden Fällen trotz Verfügbarkeit näherliegender Rettungsmittel nur die weiter entfernten Rettungsmittel eingesetzt werden. In Summe belastet dies möglicherweise zusätzlich die verfügbaren Einsatzmittel in der Notfallrettung. Sind die genannten Annahmen zutreffend und wann ist geplant diese Dispositionsstrategie zu Gunsten einer kontinuierlichen, georeferenzierten Disponierung weiterzuentwickeln? Zu 9.: Die Annahmen sind richtig. Es ist geplant mit dem nächsten Release-Update der Software des Einsatzleitsystems im Februar 2019 eine Dispositionsstrategie zur „Austauschüberwachung von Einsatzmitteln bei langen Anfahrtszeiten“ zu etablieren und sukzessive weiterzuentwickeln. Berlin, den 19. Dezember 2018 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport