Drucksache 18 / 17 239 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten June Tomiak und Georg Kössler (GRÜNE) vom 06. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Dezember 2018) zum Thema: Durchsuchung bei Greenpeace und Aktivist*innen und Antwort vom 20. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Frau Abgeordnete June Tomiak (Bündnis 90/Die Grünen) und Herrn Abgeordneten Georg Kössler (Bündnis90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17239 vom 6. Dezember 2018 über Durchsuchung bei Greenpeace und Aktivist*innen -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden die Durchsuchungen am 06.11.2018 bei Greenpeace und verschiedenen Aktivist*innen durchgeführt und welche Straftaten werden den Betroffenen vorgeworfen? Bitte einzeln auflisten. Zu 1.: Gegen Beschuldigte in dem betreffenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Berlin erfolgten die Durchsuchungen auf der Rechtsgrundlage der §§ 102, 105 i.V.m. § 110 Strafprozessordnung (StPO). Bei anderen Personen erfolgten die Durchsuchungen auf der Rechtsgrundlage der §§ 103, 105 i. V. m. § 110 StPO. Die Ermittlungen werden wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Strafgesetzbuch (StGB), Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB, Verstoß gegen § 26 Nr. 2 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge wegen der Nichtanmeldung der Aktion sowie wegen Verstoß gegen § 62 Luftverkehrsgesetz wegen Betriebes einer Kameradrohne im gesperrten Luftraum geführt. 2. Wie viele Büros und Privatwohnungen wurden im Rahmen dieser Maßnahme durchsucht? Wie viele Büros und Privatwohnungen wurden in Berlin durchsucht? Zu 2.: Es wurden insgesamt 31 Objekte durchsucht. Neben vier Niederlassungen von „Greenpeace e.V.“ in Hamburg und zwei Vertretungen in Berlin wurden 25 Meldeanschriften im gesamten Bundesgebiet, davon eine in Berlin, durchsucht. 2 3. Wann wurden die Durchsuchungen durch welche Gerichte angeordnet? Zu 3.: Die Durchsuchungen wurden durch das Amtsgericht Tiergarten angeordnet. Die Durchsuchungsbeschlüsse wurden zwischen dem 9. Juli und dem 19. Oktober 2018 erlassen . 4. Was war Zweck, Ziel und Ausmaß der Durchsuchungen? Waren der Zweck, das Ziel und das Ausmaß auch in den Durchsuchungsbeschlüssen konkret benannt? 5. Falls die Durchsuchungen dem Auffinden von Beweismitteln dienten, waren diese, ggf. auch annäherungsweise , im Durchsuchungsbeschluss benannt? Falls nein warum nicht? Falls ja, welche Erkenntnisse versuchen die Behörden durch die jeweiligen Beweismitteln zu erlangen? Zu 4. und 5.: Ziel der Durchsuchungen war das Auffinden von Unterlagen und Dateien, welche Rückschlüsse auf die Vorbereitung und Organisation der Aktion am „Großen Stern“ vom 26. Juni 2018 sowie der hieran beteiligten (auch weiteren) Personen ermöglichen , ferner Hinweise auf den Führer und Inhaber einer zur Dokumentation und Veröffentlichung der Aktion verwendeten Kameradrohne sowie das Auffinden der Drohne selbst. Dies war in den Durchsuchungsbeschlüssen benannt. Alle Durchsuchungsbeschlüsse waren mit einer Abwendungsklausel versehen, welche eine freiwillige Herausgabe des gewünschten Materials ohne weitergehende Durchsuchung ermöglichte. 6. Wurden zu den Hausdurchsuchungen Zeugen hinzugezogen? Falls nein, warum geschah dies nicht und wurden die Betroffenen über ihr Recht auf Hinzuziehung von Zeugen unterrichtet und haben sie explizit darauf verzichtet? Zu 6.: Bei sämtlichen Hausdurchsuchungen waren Zeugen zugegen. 7. Wurden im Zuge der Ermittlungen und Hausdurchsuchungen wegen „gefährlichem Eingriffs in den Straßenverkehr “ erkennungsdienstliche Behandlungen durchgeführt? Zu 7.: Nein. 8. Wie viele gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr gab es in den letzten 5 Jahren in Berlin? Wie viele Hausdurchsuchungen aufgrund von „gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr“ wurden in den letzten 5 Jahren in Berlin durchgeführt? Zu 8.: Zwischen dem 1. Januar 2013 und dem 11. Dezember 2018 gingen bei der Amtsanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft Berlin insgesamt 5.964 Ermittlungsverfahren ein, deren Gegenstand (auch) der Vorwurf eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr war. Davon richteten sich 2.211 Verfahren gegen Unbekannt. In wie vielen dieser Verfahren Hausdurchsuchungen stattgefunden haben, ist nicht feststellbar, da Hausdurchsuchungen statistisch nicht erfasst werden. 9. Wie viele erkennungsdienstliche Behandlungen wurden in den letzten 5 Jahren in Berlin aufgrund von Ermittlungen zu „gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr“ durchgeführt? Zu 9.: Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da eine gesonderte statistische Erfassung , die eine der Frage entsprechende Eingrenzung der Verfahren ermöglichen würde , weder von Seiten der Berliner Polizei noch von der Staatsanwaltschaft Berlin erfolgt. 3 10. Welche Voraussetzungen müssen in Berlin vorliegen um eine Hausdurchsuchung aufgrund von „gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr“ durchzuführen? Zu 10.: Durchsuchungen von Räumlichkeiten Beschuldigter oder andere Personen im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen dienen der Ergreifung von Beschuldigten oder dem Auffinden von Spuren oder Beweismitteln. Bundeseinheitlich sind die Voraussetzungen einer Durchsuchung von Räumen von Beschuldigten oder von anderen Personen im Zuge von strafrechtlichen Ermittlungen in den §§ 102ff. StPO geregelt. Die Regelungen knüpfen nicht an bestimmte Straftatbestände an. Vielmehr können Durchsuchungsmaßnahmen bei dem Verdacht einer jeden Straftat in Betracht kommen, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass eine solche begangen wurde. 11. Welche Voraussetzungen müssen in Berlin vorliegen um eine Erkennungsdienstliche Behandlung aufgrund von „gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr“ durchzuführen? Zu 11.: Die Voraussetzungen für die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen bei Beschuldigten sind in § 81b StPO geregelt. Danach ist diese Maßnahme entweder zum Zweck der Sachverhaltsaufklärung im jeweiligen Strafverfahren zulässig (§ 81b 1. Alt. StPO) oder sie wird als präventiv-polizeiliche Maßnahme ergriffen, sofern beim jeweiligen Beschuldigten nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bestehen, § 81b 2. Alt. StPO. Auch § 81b StPO knüpft nicht an bestimmte Straftatbestände an. 12. Wie viele Polizist*innen welcher Untergliederungseinheiten waren am 06.11.2018 im Rahmen der Hausdurchsuchungen in Berlin im Einsatz? Wie viele Dienststunden kamen dabei zusammen? Bitte nach Anzahl der Dienstkräfte und Untergliederungseinheiten aufschlüsseln. Zu 12.: Anlässlich der Durchsuchungsmaßnahmen in Berlin und Brandenburg waren insgesamt 62 Polizeidienstkräfte im Einsatz. Diese lassen sich aufgliedern in 24 Polizeidienstkräfte des Landeskriminalamts Berlin, 11 Polizeidienstkräfte der Direktion 3, dortiges Referat Kriminalitätsbekämpfung der Polizei Berlin sowie zwei Polizeidienstkräfte der Polizei Brandenburg, dortige Kriminalpolizei der Polizeidirektion West. Durch diese Kräfte wurden insgesamt 160 Einsatzkräftestunden geleistet. Darüber hinaus waren an den Maßnahmen 25 Polizeidienstkräfte der Direktion Einsatz der Polizei Berlin beteiligt. Durch diese Kräfte wurden 100 Einsatzkräftestunden geleistet. 13. Sieht der Senat im Fall der Ermittlungen auf denen die Hausdurchsuchungen vom 06.11.2018 basieren die Voraussetzungen für Hausdurchsuchung und erkennungsdienstliche Behandlungen aufgrund von „gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr“ als gegeben an und falls ja warum? Falls nein, welche Konsequenzen ergeben sich für den Senat? Zu 13.: Die hier in Rede stehenden Durchsuchungen von Räumlichkeiten am 6. November 2018 erfolgten in Umsetzung entsprechender richterlicher Durchsuchungsbeschlüsse . In Beachtung der sich aus Artikel 97 Absatz 1 des Grundgesetzes ergebenden Unabhängigkeit der Gerichte enthält sich der Senat der Kommentierung der richterlichen Entscheidungen. 14. Greenpeace sagt von sich selbst dass sie in vollem Maße kooperieren würden. Hätte es insbesondere vor diesem Hintergrund auch mildere Möglichkeiten gegeben, um die Ermittlungsziele zu erreichen? Falls ja, welche und warum wurden diese nicht genutzt? Zu 14.: Die Staatsanwaltschaft hat dazu mitgeteilt, dass kein Kooperationsangebot an sie herangetragen worden ist. 4 15. Sind dem Senat ähnliche oder vergleichbare Einsätze gegen Umweltaktivist*innen bekannt und falls ja welche? Zu 15.: Die Frage kann nicht beantwortet werden, da bereits unklar ist, nach welchen Merkmalen die Ähnlichkeit bzw. Vergleichbarkeit der Fälle bestimmt werden soll. 16. Ab welcher Farbmenge werden in Berlin nach Kenntnis des Senats Wohnungen durchsucht und spielt die Zusammensetzung der Farbe oder der Ort der Farbgebung dabei eine Rolle? Zu 16.: Auf die Antwort zu Frage 10 wird verwiesen. Berlin, den 20. Dezember 2018 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung