Drucksache 18 / 17 265 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 10. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dezember 2018) zum Thema: Strukturbildende Maßnahmen für die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten und Exilanten in Berlin und Antwort vom 27. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Frau Abgeordnete Susanna Kahlefeld (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17265 vom 10.12.2018 über Strukturbildende Maßnahmen für die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten und Exilanten in Berlin Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. An ca. 50 Standorten in der Stadt sind geflüchtete Menschen untergebracht. An wie vielen Standorten finden Projekte der Kulturellen Bildung mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen statt? Bitte Standorte auflisten. An welchen Standorten finden Beratungsangebote der Wegweisung für Kunst- und Kulturschaffende mit Fluchterfahrungen in den Berliner Kunst- und Kulturbetrieb statt? Zu 1.: Nur ein Teil der Projekte der kulturellen Bildung mit geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen findet an Standorten statt, in denen Geflüchtete untergebracht sind. So werden derzeit etwa im Rahmen des Integrationsfonds / bezirklichen Nachbarschaftsprogramms in zwei Bezirken (Mitte und Reinickendorf) an drei Standorten (Lehrter Str. 67, Oranienburger Str. 285, Bernauer Str. 138a) entsprechende Projekte umgesetzt. Eine Auflistung der Maßnahmen befindet sich in der Anlage . Eine Vielzahl von Projekten für die genannte Zielgruppe wird nicht an den Standorten der Unterbringung, sondern in den Räumlichkeiten des jeweiligen Trägers durchgeführt . Dies dient auch der Beförderung der Integration in den Sozialraum. Letzteres gilt auch für Beratungsangebote zur Wegweisung für Kunst- und Kulturschaffende mit Fluchterfahrungen in den Berliner Kunst- und Kulturbetrieb. Die Projektverantwortlichen in den Maßnahmen der Kulturellen Bildung vermitteln bei Bedarf auf entsprechende existierende Beratungsangebote außerhalb von Standorten der Unterbringung. Weitere Hinweise bitte ich der Anlage zu entnehmen. Seite 2 von 5 2. Im Koalitionsvertrag steht geschrieben: „Die Koalition unterstützt Projekte und strukturbildende Maßnahmen, die die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen." In welcher Form sollen konkret Projekte und strukturbildende Maßnahmen, die die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen, unterstützt werden? Wie soll das Matching zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten realisiert und unterstützt werden? Und wie soll diese Zusammenarbeit verstetigt werden? Zu 2.: Es gehört zum Auftrag und damit zu den Regelaufgaben der von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa (SenKultEuropa) geförderten Kulturinstitutionen, breite Teilhabe an ihrem jeweiligen Angebot zu ermöglichen. Dies umfasst auch die adäquate Ansprache spezifischer Zielgruppen wie die der Geflüchteten. Etwaige Barrieren – v. a. in den Bereichen Publikum / Zugang, Programm und Personal – sind dabei kontinuierlich zu reflektieren und sukzessive abzubauen. Über die Regelförderung hinaus stellt die SenKultEuropa Mittel für spezifische Projekte bereit. Dazu gehören die Mittel des Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung (BPKB) und dort insbesondere die neue Fördersäule 1plus „Durchstarten“, die Mittel zur Förderung des Projekts Berlin Mondiale sowie die Mittel für Diversity-Beratung durch das Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung Diversity.Arts.Culture. Eine Übersicht über die im Kulturbereich initiierten Maßnahmen bietet der jährliche Bericht der für Integration zuständigen Senatsverwaltung zur Umsetzung des „Masterplan für Integration und Sicherheit“, einen Ausblick das am 17.12.2018 öffentlich präsentierte „Gesamtkonzept zur Integration und Partizipation von Geflüchteten“, an dessen ressortübergreifender Erarbeitung die SenKultEuropa im Rahmen ihrer Möglichkeiten intensiv mitgewirkt hat. Die konstant hohe Anzahl von Projekten im Kulturbereich in allen Sparten und Genres zeigt, dass die Arbeit mit Geflüchteten für eine Vielzahl von öffentlich geförderten Kultureinrichtungen als nicht nur temporäre Aufgabe erkannt und angenommen ist. 3. Welcher Bedeutung misst der Senat Netzwerk- und Mittler-Strukturen bei, die an der Schnittstelle zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten Kontakte und Zusammenarbeit ermöglichen? Zu 3.: Mit der Bereitstellung entsprechender Fördermittel dokumentiert die SenKultEuropa die Bedeutung von Netzwerk- und Mittler-Strukturen und Experten, die Hilfestellungen bei der direkten Kommunikation zwischen Kulturinstitutionen und Geflüchteten unterstützen. 4. Aus welchem Mitteln werden Projekte und strukturbildende Maßnahmen, die die Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen mit Geflüchteten ermöglichen, derzeit und weiterhin finanziert? Bitte nach Bund, Land und eventuell Europa auflisten. In welcher Höhe sollen dafür Gelder im Berliner Haushalt 2020/2021 verankert werden? Zu 4.: Wie in der Antwort zu Frage 2 dargestellt findet eine Vielzahl von Vorhaben im Rahmen der Regelaufgaben der Kultureinrichtungen statt. Auch vor diesem Hintergrund ist eine separierte Darstellung der entsprechenden Aufwendungen nicht möglich. Spezifisch zu nennen sind hier v.a. die drei bereits genannten, spezifisch im Kontext Strukturbildung entwickelten und zunächst im Rahmen des Masterplan Integration und Sicherheit finanzierten Vorhaben: Seite 3 von 5 Vorhaben Inhalt Finanzierung Projekt Berlin Mondiale Kooperation mit diversen Berliner Kultureinrichtungen zur Initiierung, Begleitung und Qualifizierung generations- und spartenübergreifend künstlerischer Zusammenarbeit im Kontext Migration , Asyl und Exil. Unterstützung von künstlerisch interessierten Menschen oder Kunstschaffenden, die eine Fluchtgeschichte haben, hinsichtlich des aufgrund von strukturellen und institutionellen Barrieren erschwerten Zugangs zu entsprechenden Ressourcen Land Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung Förderung von Projekten, die auf die strukturelle Benachteiligung und besonderen Bedingungen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Fluchterfahrungen reagieren durch: Tandemprojekte zwischen Kultureinrichtungen bzw. Kunstschaffenden und Unterkünften von Geflüchteten Fördersäule 1plus „Durchstarten“ Land Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung Diversity.Arts.Culture Diversitätsorientierte Beratung der Kultureinrichtungen sowie der Senatsverwaltung Stärkung der von Ausschlüssen betroffenen Kunst- und Kulturschaffenden Land Über die Fortschreibung der Projekte ist in dem Rahmen der laufenden Aufstellung sowie Beratung und Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2020/21 zu entscheiden . 5. Wie viele Anträge wurden im Jahr 2018 im Rahmen des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin “ gestellt? Wie viele der gestellten Anträge wurden bewilligt? Wie viele Fellowships werden für das Jahr 2019 vergeben? Zu 5.: Für die Fellowships 2019 gingen im Jahr 2018 insgesamt 23 Bewerbungen ein. Davon konnten zehn Anträge für ebenso viele Fellowships bewilligt werden. 6. Wie kommen die Kontakte zwischen den antragstellenden „Kulturakteurinnen und Kulturakteure, die in Berlin ansässig und professionell im Bereich Kunst, Medien und Kultur tätig sind“ und den „professionellen Künstlerinnen und Künstlern, Medien- und Kulturschaffenden, die ihre bisherigen Aufenthaltsländer verlassen haben oder wollen“ zustande? Wird über das Programm „Weltoffenes Berlin“ die Aufnahme und Vermittlung von Kontakten unterstützt ? Wenn ja, in welcher Form erfolgt diese Unterstützung? Findet hier eine Zusammenarbeit mit Organisationen statt, die solche Kontakte vermitteln? Wenn ja, bitte auflisten. Zu 6.: Die Kontakte kommen auf eigene Initiative der Bewerbenden zustande. SenKultEuropa beauftragt keine Dritten mit der Vermittlung. Es handelt sich um professionelle künstlerische Kooperationen, die aus vorherigen Kontakten in der Szene und über gemeinsame künstlerische Ziele entstehen. Seite 4 von 5 7. Ist eine Dokumentation des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin“ geplant? Wenn ja, in welcher Form soll diese Dokumentation erfolgen? Zu 7.: Die Dokumentation erfolgt im Rahmen der zuwendungsrechtlich gebotenen Vorgaben einer Projektförderung gemäß Landeshaushaltsordnung (LHO). Das Förderprogramm wird zudem jahrgangsweise evaluiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer füllen nach Abschluss des Förderzeitraums Evaluationsbögen aus. Des Weiteren erfolgt eine Evaluation durch prozessbegleitende Workshops für die Teilnehmenden in Kooperation mit der Universität der Künste (UdK). Die im Rahmen des Förderzeitraums umgesetzten Projekte der Fellows in Kooperation mit den Kulturakteurinnen und Kulturakteuren sind ebenfalls eine Form der Dokumentation . 8. Bis wann ist eine Finanzierung des Fellowship-Programms „Weltoffenes Berlin“ gewährleistet? Ist geplant, das Pro-gramm darüber hinaus weiterhin aufzulegen? Zu 8.: Die Finanzierung des Programms für die Jahre 2018 und 2019 erfolgt aus Mitteln des Einzelplan 08. Über die Fortschreibung des Programms ist in dem Rahmen der Aufstellung , Beratung und Beschlussfassung des Doppelhaushalts 2020/21 zu entscheiden . 9. Das am Maxim Gorki Theater angesiedelte „Exil Ensemble“, bietet seit 2016 eine Plattform für professionelle Künstler*innen, die im Exil leben. Die Förderung läuft Ende 2018 aus. Wird das „Exil Ensemble “ darüber hinaus fortgeführt werden? In welcher Form und an welchem Ort soll es fortgeführt werden? Zu 9.: Aus dem derzeitigen „Exil-Ensemble“ werden vier Künstlerinnen und Künstler ins feste Ensemble des Maxim Gorki Theaters übernommen, ein Künstler wird freiberuflich als Autor und Regisseur arbeiten. Das Maxim Gorki Theater hat angekündigt, das „Exil-Ensemble“ in neuer Besetzung fortführen zu wollen. Seite 5 von 5 10. Im Jahr 2018 wurde das neue Förderformat „Durchstarten“ aufgelegt, das sich an „Projektemacher *innen mit bislang unterrepräsentierten Perspektiven, die im jetzigen Antragsverfahren Barrieren ausgesetzt sind und dadurch kein Geld für ihre Projekte beantragen können“ richtet. Wie viele Projektanträge wurden insgesamt im Programm „Durchstarten“ gestellt? Wie viele der gestellten Projektanträge wurden von Menschen mit Fluchterfahrung gestellt? 11. Wie viele der gestellten Projektanträge wurden bewilligt? Wie viele der bewilligten Projektanträge sind von Menschen mit Fluchterfahrung gestellt worden? Ist es vorgekommen, dass Projektanträge formal aufgrund des aufenthalts-rechtlichen Status der Antragsteller*innen nicht bewilligt werden konnten ? Wenn ja, wie viele? Zu 10. und 11.: Im Fördermodul 1plus: Durchstarten des BPKB wurden 2018 insgesamt 43 vollständige Anträge gestellt. 20 Anträge wurden bewilligt, von diesen Anträgen waren elf von Menschen mit Fluchterfahrung gestellt worden. Es ist bisher nicht vorgekommen, dass Projektanträge formal aufgrund des aufenthaltsrechtlichen Status der Antragstellerinnen und Antragssteller nicht bewilligt werden konnten. Berlin, den 27.12.2018 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa Anlage zur S1817265 Bezirk Standort Nr. Maßnahmebezeichnung Stichworte zum Inhalt Trägerschaft Mitte Flüchtlings-unterkunft Lehrterstr. 67, 10557 Berlin 31 musikalische Bildung wöchentliche Kursangebote für geflüchtete Kinder und Jugendliche Musikschule Fanny- Hensel/Bezirk Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Oranienburger Str. 285 Nr. 1 Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Tanzkurse verschiedenener Stilrichtungen bis zu Yoga- und Entspannungsübungen Körperbewusstsein stärken; Atemtechniken zur Körperzentrierung; Entspannung und Achtsamkeit ausprobieren; Sich tänzerisch und in der Bewegung ausdrücken; Selbsterfahrung Musikschule Reinickendorf Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Oranienburger Str. 285 4 Aufführung in Zusammenarbeit mit dem Landesjugendballett Unterstützung der Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft durch: Teilhabe und Integration an kulturellen Angeboten durch Einbindung in feste vorhandene Strukturen und den Erwerb der deutschen Sprache mit Unterstützung durch Bewegung. Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Oranienburger Str. 285 6 Tanz: Körper- und mentales Training Ein Tanzworkshop, in dem Elemente des Ballett, Hip-Hopp und Yoga sowie der Körperentspannung bzw. Visualisierung mit einbezogen werden. Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Oranienburger Str. 285 9 Tanzkurse Körpermobilisierung und Tanzkurse für Frauen und Kinder Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Bernauer Str. 138a; Gemeinschaftsunterkunft Oranienburger Str. 285 10 Instrumentalunterricht auf Zupfund Saiteninstrumenten Minibass-Projekt, Gitarren-Unterricht in kleiner Gruppe (3 - 4 Gruppen); Ukulele- Unterricht Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Reinickendorf Gemeinschaftsunterkunft Bernauer Str. 138a 3 Gemeinsame Ferienfreizeit und Medienkompetenzerwerb Graffiti-Spray-Projekt, Verschönerung des Zaunes rund um die Unterkunft Abt. JugFamSchulSport, Bereich JugFam Reinickendorf Kinder/ Jugendliche/ Erwachsene aus Gmeinschafts-unterkunft Bernauer Straße 1 resiART Projektraum für Geflüchtete und Kunstinteressierte und Workshops Abt. Bauen, Bildung und Kultur, Bereich Kunst und Geschichte Integrationsfonds (Stand: Dezember 2018) Projekte der Kulturellen Bildung