Drucksache 18 / 17 301 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Friederici (CDU) vom 13. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dezember 2018) zum Thema: Einführung neuer Systeme zur Entlastung der Verkehrssituation in Berlin (Ride Pooling Systeme) und Antwort vom 27. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Dez. 2018) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Oliver Friederici (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17 301 vom 13. Dezember 2018 über Einführung neuer Systeme zur Entlastung der Verkehrssituation in Berlin (Ride Pooling Systeme) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum blockiert der Berliner Senat neue nachhaltige, private Mobilitätsangebote wie MOIA oder door2door in Berlin, obwohl durch die Konzepte der zunehmende Mobilitätsbedarf der wachsenden Stadt gedeckt, die Verkehrsprobleme Berlins gelindert werden könnten und dies bereits in anderen deutschen Städten möglich ist? Antwort zu 1: Berlin erfreut sich großer Resonanz bei der Erprobung neuer Mobilitätsformen. Insofern führt der Senat seit Jahren Gespräche mit Anbietern, die die Neuzulassung von „Ridepooling -Verkehren“ als Erprobungsverkehr auch in Berlin anstreben. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine neue Mobilitätsform ein verkehrlich relevantes Alleinstellungsmerkmal besitzen sollte. Zudem sollte sie nicht von verschiedenen Anbietern mehrfach im selben Gebiet erprobt werden. Das würde die bestehende Nachfrage zersplittern und damit dem Ziel, möglichst viele gepoolte Fahrten zu erreichen, entgegenstehen. Zudem würde die Aussagekraft bereits laufender gleichartiger Probebetriebe dadurch deutlich geschmälert. Die entgeltliche und geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen ist in aller Regel nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) genehmigungspflichtig. Zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel können nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 2 Abs. 7 PBefG auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von den Vorschriften des PBefG zeitlich befristet (bis zu vier Jahre) genehmigt werden, soweit 2 öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen. Sinn dieses Genehmigungstatbestandes ist es, Erfahrungsdaten sammeln zu können, die dem Gesetzgeber die Prüfung erlauben, ob er durch Änderung des PBefG den erprobten Verkehr zulassen will. Das Unternehmen door2door hat im Jahr 2016 parallel zum seinerzeit genehmigten Clever Shuttle-Betrieb mit dem Senat Gespräche über das „Ally“-Projekt geführt, in Berlin allerdings keinen Antrag auf Genehmigung zur Erprobung einer neuen Verkehrsart gestellt. Auch der von der Firma MOIA in diesem Jahr beantragte „Ridepooling-Verkehr“ mit virtuellen Haltestellen setzt sich aus Komponenten der bereits laufenden Erprobungen zusammen . Frage 2: Warum gab es bei der Genehmigung, Einführung und im Nachgang der Einführung des "BerlKönig" der landeseigenen BVG, keine Ausschreibung, so dass sich auch andere Unternehmen auf den Testpiloten der Stadt hätten bewerben können? Frage 6: Wann ist mit einem diesbezüglich offenen, transparenten und nachvollziehbaren Ausschreibungsverfahren zu rechnen, bei dem sich andere Bewerber um die Durchführung des Angebotes bewerben können? Antwort zu 2 und 6: Eine Genehmigung zur Erprobung einer neuen Verkehrsart gemäß § 2 Abs. 7 PBefG stellt keine Dienstleistungskonzession dar, da es an der erforderlichen Gegenleistungsverpflichtung des Wirtschaftsteilnehmers fehlt. Diese rechtliche Bewertung wurde erst jüngst vom Oberlandesgericht (OLG) Celle in einem Verfahren bestätigt, in dem die Erteilung einer Genehmigung an MOIA in Hannover mit dem Hinweis auf eine vermeintliche Ausschreibungspflicht verhindert werden sollte. Für eine Ausschreibung von eigenwirtschaftlichen Genehmigungen zu „Experimentierzwecken“ fehlt es somit an einer Rechtsgrundlage. Frage 3: Warum operieren die derzeitigen beiden Anbieter wie „CleverShuttle“ und der „BerlKönig“ nur mit geringen Fahrzeugstückzahlen und in sehr begrenzten Bediengebieten, welche Erkenntnisse erhofft sich der Senat davon? Antwort zu 3: Den beiden Erprobungen dürfen öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen. Es sind daher insbesondere die Vereinbarkeit mit den Angeboten im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), mit dem Erhalt der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes und sonstige nicht konkretisierte öffentliche Verkehrsinteressen zu berücksichtigen. Daher sind nur geringe Fahrzeugzahlen und begrenzte Bediengebiete genehmigt worden. 3 Das Abgeordnetenhaus hat durch das Berliner Mobilitätsgesetz (MobG)1 den Rahmen für die Bestimmung „sonstiger“ öffentlicher Verkehrsinteressen abgesteckt. Zentrale Maßgabe des Berliner Mobilitätsgesetzes ist, dass der Anteil der Verkehrsmittel des Umweltverbundes gesteigert werden soll. Dem Umweltverbund zugerechnet werden der Fußverkehr, der Radverkehr und der ÖPNV. Auf Basis dieser und weiterer Vorgaben des Mobilitätsgesetzes wird auch der künftige Nahverkehrsplan 2019 - 2023 (NVP) konkretisieren, unter welchen Maßgaben davon ausgegangen werden kann, dass „Ridepooling“-Verkehre das Berliner Verkehrssystem im Sinne der Zweckbestimmung und der Ziele des Berliner Mobilitätsgesetzes optimieren. Daher ist den beiden Anbietern durch geeignetes Monitoring auferlegt, Daten zu generieren , die eine Bewertung erlauben, welche Auswirkungen die „Ridepooling“-Verkehre in Bezug auf das öffentliche Verkehrsinteresse haben. Das Land Berlin hat auf diese Weise die Grundlage für eine systematische Datenerhebung zur Beurteilung der verkehrlichen Wirkungen der „Ridepooling“-Verkehre gelegt und strebt an, im bundesweiten Austausch mit Genehmigungsbehörden, Ländern und Bund eine Harmonisierung der Kennziffern und der Methodik des Monitorings zu erreichen. Frage 4: Wann gelten die derzeitigen Ride Pooling-Tests wie der „BerlKönig“ der BVG als erfolgreich? Antwort zu 4: Erklärtes Ziel der „Ridepooling“-Verkehre ist es, individuelle Mobilitätsbedürfnisse zu bündeln und dadurch das individuelle Kraftfahrzeugaufkommen zu reduzieren. Somit dürfen die Erprobungen nicht zu einer relevanten Beeinträchtigung des ÖPNV, der Funktionsfähigkeit des örtlichen Taxigewerbes oder gar zur Zunahme des Kraftfahrzeugaufkommens zu Lasten des Umweltverbundes führen. Frage 5: Was würde dies für die Zulassung weiterer Unternehmen in Berlin bedeuten? Antwort zu 5: Das Land Berlin wird im Einzelfall nach den o. g. Kriterien entscheiden. Frage 7: Gilt bei der Zulassung von Ride Pooling-Anbietern das Gebot der Eigenwirtschaftlichkeit oder werden Verkehrskonzepte wie der "BerlKönig" der landeseigenen BVG durch Landesmittel subventioniert? Antwort zu 7: Die Erprobungsverkehre werden nicht durch Landesmittel subventioniert. 1 Berliner Mobilitätsgesetz vom 5. Juli 2018, verkündet als Artikel 1 des Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mobilitätsgewährleistung vom 5. Juli 2018 (GVBl. S. 464) 4 Frage 8: Bejahendenfalls zu 7. - Wie hoch ist der zu erwartende Subventionsbetrag? Antwort zu 8: Entfällt. Berlin, den 27.12.2018 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz