Drucksache 18 / 17 316 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 13. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dezember 2018) zum Thema: Polizei Berlin – Keine Pariser Zustände rund um die Pallasstraße/Ecke Potsdamer Straße in 10783 Berlin und Antwort vom 03. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Januar 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17316 vom 13. Dezember 2018 über Polizei Berlin – Keine Pariser Zustände rund um die Pallasstraße/Ecke Potsdamer Straße in 10783 Berlin ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Was konkret ereignete sich bei den Ausschreitungen am 01.11.2018 im Gebiet Pallasstraße, Ecke Potsdamer Straße (PLZ 10783 Berlin)? Zu 1.: Am 31. Oktober 2018, gegen 17:45 Uhr, wurde in 10783 Berlin, Potsdamer Straße Ecke Pallasstraße, eine 20 Personen umfassende Gruppe festgestellt, aus der heraus rohe Eier auf einen Bus der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) geworfen wurden. Zudem kam es aus dieser Gruppe heraus zum Beschuss des Fließverkehrs auf der Potsdamer Straße mittels Pyrotechnik, bei dem auch eine Radfahrerin getroffen wurde. Mit Beginn der Dämmerung konnten durch eingesetzte Dienstkräfte auf Höhe der Potsdamer Straße 170 insgesamt 56 Personen, unter denen sich auch Tatverdächtige zu den Würfen mit Pyrotechnik befanden, einer Überprüfung unterzogen werden. Im unmittelbaren Nahbereich der polizeilichen Maßnahmen sammelten sich bis zu 40 Personen; dabei es kam es zu ersten Unmutsäußerungen gegenüber den Dienstkräften der Polizei Berlin. Zur Sicherung der Überprüfungsmaßnahmen wurden gegen 18:45 Uhr weitere Unterstützungskräfte angefordert. Unmittelbar nach Beendigung der polizeilichen Maßnahmen kam es auf der Kreuzung Goebenstraße Ecke Steinmetzstraße aus einer ca. 40 Personen starken Gruppe zum Wurf eines Brandsatzes auf ein Einsatzfahrzeug der Polizei Berlin, ohne zu treffen oder Personen zu verletzen. Am Tatort wurde eine bereitgestellte Glasflasche mit brennbarer Flüssigkeit aufgefunden. Zudem wurde eine bereits zerbrochene Flasche gesichert. Obwohl sich die Personengruppe auflöste, konnten sieben Personen überprüft und zwei Tatverdächtige festgenommen werden. Gegen 20:00 Uhr wurde in der Potsdamer Straße 161 durch unbekannte Personen ein Feuerlöscher in einem Hausflur entleert. Ab 22:00 Uhr beruhigte sich die Lage spürbar. Bis zum Einsatzende gegen 24:00 Uhr kam es immer wieder zu vereinzeltem Abbrennen von Pyrotechnik. Seite 2 von 4 2. Wie viele der 65 beteiligten Personen waren kiezorientierte Täter, Schwellentäter und Intensivtäter? (Aufstellung erbeten.) Zu 2.: Es wurden drei kiezorientierte Mehrfachtäter festgestellt. 3. Welche Personengruppen oder Einzelpersonen wurden konkret durch die beteiligten Personen angegriffen und mit Gegenständen beworfen? (Aufstellung erbeten.) Zu 3.: Es kam zu einem gezielten Böllerwurf auf eine Radfahrerin, zu vielfachen Böllerwürfen in Richtung der eingesetzten Polizeidienstkräfte und zu gezielten Angriffen auf Fahrzeuge im Fließverkehr sowie BVG-Linienbusse durch Eier- und Böllerwürfe. Ferner gab es einen gezielten Angriff durch einen geworfenen Brandsatz auf ein Einsatzfahrzeug der Polizei Berlin. 4. Laufen seit dem 01.11.2018 diesbezüglich staatsanwaltschaftliche Ermittlungen? Zu 4.: Am 31.10.2018 wurden Ermittlungsverfahren von der Polizei eingeleitet. 5. Was wird dem Personenkreis bzw. den Personenkreisen der Täter vorgeworfen? Zu 5.: Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts folgender Straftaten wurden eingeleitet: - Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs, - gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, - gefährliche Körperverletzung (Versuch), - Beleidigung, - Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln, - Sachbeschädigung, - Verstoß Aufenthaltsgesetz, - schwere Brandstiftung (Versuch), - Verstoß Waffengesetz 6. Wie bewertet die Polizei Berlin die selbstgebauten Brandsätze hinsichtlich deren Gefährdungspotenzials, bzw. deren Wirksamkeit? Zu 6.: Glasflaschen, die mit brennbarer Flüssigkeit gefüllt und mit einer brennenden Lunte versehen auf Menschen, Fahrzeuge oder andere Gegenstände geworfen werden, stellen eine erhebliche Gefahr für Leib, Leben und bedeutende Sachwerte dar. 7. Wann und durch wen wurden die Kinder und Jugendlichen, welche an diesem Abend in Gewahrsam genommen wurden, von den Polizeidienststellen abgeholt und kam es hierbei zu Vorfällen verbaler oder physischer Attacken auf Polizeidienstkräfte? Zu 7.: Soweit Kinder und Jugendliche von den polizeilichen Maßnahmen betroffen waren, wurden sie nach Beendigung der Überprüfung vor Ort in die Obhut ihrer Erziehungsberechtigten übergeben. Sofern dies nicht möglich war, wurden sie an ihrer Wohnanschrift den Erziehungsberechtigten übergeben, wobei es zu Seite 3 von 4 vereinzelten verbalen Unmutsäußerungen gegenüber den Polizeidienstkräften durch die Erziehungsberechtigten kam. Vorfälle, bei denen es hierbei zu Angriffen auf Polizeidienstkräfte gekommen ist, sind dem Senat nicht bekannt. 8. Wann wurde das bezirkliche Jugendamt in der Sache aktiv und mit welchen Ergebnissen? (Aufstellung der Einzelfälle und den jeweiligen Status erbeten.) Zu 8.: Umgehend nach dem Vorfall hat das Jugendamt Tempelhof-Schöneberg, Bezirksregion Schöneberg Nord, Kontakt zu den in der Region tätigen Trägern der Jugendhilfe, der Eingliederungshilfe und zum Team Quartiersmanagement aufgenommen. Eine Zuordnung beteiligter Kinder und Jugendlicher zum Bezirk oder zu einzelnen Bezirksregionen kann seitens dieser Netzwerkpartner nicht vorgenommen werden, dieses Wissen liegt dort nicht vor. Nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen werden dem Jugendamt durch die Polizei einzelne Namen der möglicherweise dort beteiligten Kinder oder Jugendlichen für die Zwecke der bezirklichen Jugendhilfe im Strafverfahren übermittelt. 9. Welche konkreten Maßnahmen hat der Bezirk Tempelhof-Schöneberg nach dem 01.11.2018 ergriffen um präventiv im Bereich von Schule und Bildung sowie bei den Jugendlichen und auch Erziehungsberechtigten der beteiligten Personen aktiv zu werden? Zu 9.: Dem Schulamt und der Regionalen Schulaufsicht (Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Tempelhof-Schöneberg) liegen derzeit keine Informationen über die beteiligten Personen vor. Folglich konnten noch keine Maßnahmen in die Wege geleitet werden. 10. Wurden “Hilfe-zur-Erziehungs-Maßnahmen“ seitens des Bezirks eingeleitet? (Wenn ja, welche und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht?) Zu 10.: Dem Jugendamt Tempelhof-Schöneberg sind bis dato keine Einzelfälle benannt worden. Auch hat sich keine Familie eigeninitiativ und ratsuchend an das Jugendamt gewendet. Entsprechend wurde keine Hilfe zur Erziehung eingeleitet und konnte keine Unterstützungsleistung angeboten werden. 11. Soll zum Jahreswechsel eine Besondere Aufbauorganisation seitens der Berliner Polizei in der Direktion 4 und den örtlichen Polizeiabschnitten aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre eingerichtet werden? Zu 11.: Die Direktion 4 hatte unter Führung des örtlich zuständigen Polizeiabschnittes 41 eine Besondere Aufbauorganisation geplant und durchgeführt. 12. Auf welche Weise wird die Berliner Feuerwehr für den Jahreswechsel für Einsätze in diesem Wohngebiet besonders vorbereitet und ausgestattet werden? (Aufstellung erbeten.) Zu 12.: Die Einsatzplanung der Berliner Feuerwehr für den Jahreswechsel eines jeden Jahres erfolgt immer für das gesamte Stadtgebiet. Eine spezielle Vorbereitung und Ausstattung für dieses bzw. einzelne Wohngebiete erfolgt nicht. In Vorbereitung zum Einsatzgeschehen zum Jahreswechsel wird u.a. ein sog. Silvesterbriefing bei der Seite 4 von 4 Berliner Feuerwehr durchgeführt, in dem die Führungskräfte der Berliner Feuerwehr, Vertreter der Freiwilligen Feuerwehren als auch der Hilfsorganisationen für das erhöhte Einsatzaufkommen und die besondere Einsatzsituation, möglicherweise mit erhöhtem Gewaltpotenzial, sensibilisiert werden. Grundsätzlich gilt immer, deeskalierend aufzutreten und zu wirken. Ferner erfolgt eine enge Abstimmung zwischen Polizei und Berliner Feuerwehr. Es werden in der Silvesternacht Verbindungsbeamte in die Einsatzleitzentralen der benachbarten Behörde entsandt. Die Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr werden bereits in der Aus- und Fortbildung in entsprechenden Seminaren auf solche möglichen Einsatzsituationen vorbereitet. Hier wird der Umgang mit kritischen Situationen im täglichen Einsatzgeschehen vermittelt. 13. Wird es zukünftig einen Staatsanwalt vor Ort für dieses Gebiet geben? (Wenn ja, ab wann? Wenn nein, warum nicht?) Zu 13.: Es ist derzeit nicht geplant, das Modell „Staatsanwalt vor Ort“ auf weitere Orte auszudehnen. Insoweit wird auf die Antwort zu den Fragen 1 – 3 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/16590 (insbesondere auf den letzten Absatz) verwiesen. Berlin, den 03. Januar 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport