Drucksache 18 / 17 317 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) vom 13. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Dezember 2018) zum Thema: Terrorismus in Berlin – Umgang mit verurteilten Terroristen (II) und Antwort vom 04. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Januar 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17317 vom 13. Dezember 2018 über Terrorismus in Berlin - Umgang mit verurteilten Terroristen (II) -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. In welchen Justizvollzugsanstalten waren und sind nach §§ 129 a und 129 b StGB und § 89 a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) verurteilte Personen von 2017 an bis heute inhaftiert? (Aufstellung erbeten.) Zu 1.: Erfasst sind rechtskräftig aufgrund der Straftatbestände §§ 89 a, 129, 129a Strafgesetzbuch (StGB) verurteilte Gefangene (d. h. keine Untersuchungshäftlinge). Aufgrund zum Teil mehrjähriger Verurteilungen und somit jahresübergreifender Unterbringungen in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) sowie Verlegungen innerhalb des Berliner Justizvollzuges während eines Kalenderjahres beziehen sich die nachfolgenden Einzelangaben auf die Anzahl der insgesamt zu einem beliebigen Zeitpunkt während des Zeitraumes vom 1. Januar 2017 bis zum 21. Dezember 2018 in der jeweiligen JVA inhaftierten Strafgefangenen. JVA/Jahr 01.01.2017 - 21.12.2018 Gesamtanzahl Gefangene JVA Tegel 4 JVA Plötzensee 2 JVA Heidering 3 JVA Moabit 6 Jugendstrafanstalt Berlin 1 JVA Offener Vollzug Berlin 1 JVA für Frauen Berlin 1 2. Besteht der Beschluss, keine baulich-technischen Veränderungen in den Justizvollzugsanstalten für die oben genannten Inhaftierten vorzunehmen, weiterhin fort? (Wenn ja, wie wird dieser Beschluss begründet? Wenn nein, welche Veränderungen wurden bereits umgesetzt, bzw. sind in Planung und ab wann sollen diese realisiert werden?) (Aufstellung erbeten.) Zu 2.: Hinsichtlich der unveränderten Grundsatzentscheidung zur Unterbringung von nach den §§ 89a, 129a und 129b StGB inhaftierten Personen wird auf die Antwort zu Fragen 2 und 4 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/10444 vom 8. Februar 2017 verwiesen. Insbesondere 2 machen die Zahlen, die der Antwort zu Frage 1 zu entnehmen sind, deutlich, dass das quantitative Ausmaß dieses Personenkreises weiterhin begrenzt ist. Sollte sich im Zuge der weiteren Entwicklung begründet spezifischer baulich-technischer Bedarf zur sicheren Unterbringung ergeben, werden entsprechende Maßnahmen durchgeführt. 3. Wie viele Aus- und Fortbildungen fanden in den jeweiligen Haftanstalten, der Untersuchungshaft sowie der Jugendstrafanstalt im Hiblick auf islamistischen Terrorismus sowie den Umgang mit verurteilten Terroristen seit 2012 statt? (Aufstellung erbeten.) Zu 3.: Im Rahmen der Ausbildung für den allgemeinen Justizvollzugsdienst werden den Anwärterinnen und Anwärtern auch Kenntnisse zum Thema islamistischer Terrorismus und Umgang mit verurteilten Terroristen vermittelt (siehe Antwort zu Frage 3 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/10444). Diese Themen werden im Rahmen der Ausbildung zum allgemeinen Vollzugsdienst in verschiedenen Unterrichtsfächern wie beispielsweise politische Bildung, Freiheits- und Menschenrechte und Berufsethik mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung aufgegriffen. Aufgrund der zunehmenden extramuralen und auch intramuralen Brisanz im Umgang mit Radikalisierungen, aber auch der allgemeinen Auseinandersetzung mit dem Islam und Extremismus, wurden in diesem Fach inhaltliche Veränderungen vorgenommen. Daher werden seit 2016 sämtliche Lehrgänge im 1. Ausbildungsjahr in einem zweitägigen Workshop von Violence Prevention Network (VPN) zu folgenden Themen unterrichtet: • Islam als Religion - Grundlagen, • Extremismus im Islam - Salafismus, • Umgang mit Vorurteilen und Stereotypen, • Vermittlung und Förderung von Dialogfähigkeit, • Erkennen extremistischer Argumentationsweisen und • Strategien zur Auflösung extremistischer Argumentationen. Der Unterrichtsschwerpunkt wird auf praxisrelevante pädagogische Denk- und Verhaltensweisen gelegt, um die Kompetenzerweiterung und Professionalisierung der auszubildenden Mitarbeitenden im allgemeinen Vollzugsdienst zu fördern. Im Bereich der Fortbildungen gibt es für alle Justizvollzugsanstalten eine Vielzahl an Angeboten , die sich mit den genannten Themen befassen. Die nachfolgenden Aufstellungen berücksichtigen zum einen Fortbildungen, die zentral von der Bildungsstätte Justizvollzug für alle Justizvollzugsanstalten angeboten wurden, sowie sogenannte Inhouse-Schulungen, die von den Justizvollzugsanstalten aufgrund der eigenen Bedarfsermittlung selbst organisiert und vor Ort durchgeführt wurden. Zentrale Fortbildungsangebote der Bildungsstätte des Berliner Justizvollzuges - Verlauf 2012 bis 2017: Jahr Seminarthema Anzahl Seminare 2012 Hintergrundwissen für den Umgang mit muslimischen Inhaftierten Organisierte Kriminalität 4 3 2013 Hintergrundwissen für den Umgang mit muslimischen Inhaftierten Organisierte Kriminalität „Lagebild extremistischer Beobachtungsfelder“ - Verfassungsschutz 2 2 1 3 Jahr Seminarthema Anzahl Seminare 2014 Hintergrundwissen für den Umgang mit muslimischen Inhaftierten Organisierte Kriminalität 2 2 2015 Hintergrundwissen für den Umgang mit muslimischen Inhaftierten Organisierte Kriminalität „Lagebild extremistischer Beobachtungsfelder“ - Verfassungsschutz 2 4 1 2016 „Lagebild extremistischer Beobachtungsfelder“ - Verfassungsschutz Islam und Extremismus Multiplikatorenschulung im Umgang mit radikalem Islamismus Basisschulung im Umgang mit radikalem Islamismus Multiplikatorenschulung zum Thema „Salafismus und Jihadismus“ 2 2 1 2 1 2017 „Lagebild extremistischer Beobachtungsfelder“ - Verfassungsschutz Organisierte Kriminalität Islam und Extremismus - Hintergrundwissen und Unterschiede 2 2 1 2018 „Lagebild extremistischer Beobachtungsfelder“ - Verfassungsschutz Organisierte Kriminalität Islam und Extremismus - Hintergrundwissen und Unterschiede 2 2 2 Seit 2012 fanden folgende 22 Inhouse-Schulungen in den Berliner Justizvollzugsanstalten statt: Justizvollzugsanstalten 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Justizvollzugsanstalt Plötzensee 0 0 0 1 (Info-) Veranstaltung zum Thema „Umgang mit islamistischen Gefangenen“ 0 0 0 Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin 0 0 0 0 0 1 Fortbildung zum Thema „Sensibilisierung Islamismus“ 1 Fortbildung zum Thema „genderspezifischer Islamismus“ Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin 0 0 0 0 0 0 0 Justizvollzugsanstalt Moabit 0 0 0 0 2 (Info-) Veranstaltung zum Thema „Islamismus“ Fortbildung zum Thema „Islam und Extremismus “ 1 Fortbildung zum Thema „Islam und Extremismus“ 2 Fortbildungen zum Thema „Islamismus und Extremismus“ 4 Justizvollzugsanstalten 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Justizvollzugsanstalt Tegel 0 0 0 1 (Info-) Veranstaltung zum Thema „Islamismus“ 6 4 Fortbildungen zum Thema „Möglichkeiten und Grenzen des Justizvollzuges im Umgang mit islamistischem Extremismus “ 1 Fortbildung zum Thema „Islamismus“ 1 Fortbildung zum Thema „Konzeption zum Umgang mit radikalem Islamismus“ 0 0 Jugendstrafanstalt Berlin 0 0 0 2 Schulung zum Thema Islam, Muslimische Jugendkulturen , Islamismus , Salafismus Schulung zum Thema „Neuer Terrorismus“, Islamismus, Salafismus, (De-) Radikalisierung 0 3 1 Schulung „Konstruktive Präventionsarbeit “ 1 Schulung „Soziale Medien und Radikalisierung “ 1 Schulung „Soziale Aspekte von Radikalisierungsprozes - sen“ 0 Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg 0 0 0 0 1 Einführung zum Thema „Islamismus“ für alle Mitarbeitenden 0 0 Justizvollzugsanstalt Heidering 0 0 0 0 1 Fortbildung für Führungskräfte zum Thema „Salafismus“ 0 0 Darüber hinaus werden Multiplikatorenschulungen für Mitarbeitende des Justizvollzuges seit 2016 vom Träger Violence Prevention Network e.V. im Rahmen des Projektes „Ansätze der Deradikalisierung im Berliner Strafvollzug“, übergegangen in das Projekt JUST X Berlin, angeboten. JUST X Berlin ist ein Trägerverbund bestehend aus dem Violence Prevention Network (VPN), NEXUS - Psychologisch-therapeutisches Netzwerk und Denkzeit- Gesellschaft e.V., der seit Oktober 2018 bis September 2019 eine aus 10 Modulen bestehende Qualifizierungsreihe durchführt. Die Inhalte eines jeden Moduls werden in 1-tägigen Veranstaltungen vermittelt, sodass insgesamt 10 aufeinander aufbauende Qualifizierungsveranstaltungen stattfinden. 5 Insgesamt ergibt sich folgende Übersicht für die Jahre 2016 bis 2019: 2016 2017 2018 2019 (geplant) 9 9 14 7 4. Gab es, über den Hinweis eines Mitarbeiters des Violence Prevention Networks bei einer Anhörung im Verfassungsschutzausschuss am 09.05.2018 hinaus, in den letzten fünf Jahren konkrete Hinweise auf die Bildung einer Terrorzelle in einer oder mehreren Berliner Justizvollzugsanstalten? Zu 4.: Die Fragestellung in dem Verfassungsschutzausschuss am 9. Mai 2018 lautete: „Wir haben Zellenbildung in den Zellen, und wir kriegen es gar nicht mit? Das ist auch kein Berlin-Problem, das ist eher ein bundesweites Problem? Wo muss da mehr angesetzt werden .“ In der sehr allgemein gehaltenen Antwort heißt es u. a.: „Das ist klar. Zellenbildung gibt es. Das kann ich nur mit ja beantworten.“ Hinweise auf „Terrorzellen“ innerhalb des Berliner Justizvollzuges gibt es nicht. 5. Welche konkreten Präventionsmaßnahmen gegen islamistischen Terrorismus gibt es seit 2012 in den Berliner Justizvollzugsanstalten? (Aufstellung nach Jahren und Maßnahmen erbeten.) Zu 5.: Es wird auf die Antworten zu Frage 6 und zu Frage 10 der Schriftlichen Anfrage Nr. 18/16529 vom 20. September 2018 verwiesen. Die zu Frage 10 genannten Maßnahmen werden seit 2013 im Berliner Justizvollzug angeboten. Die Maßnahmen werden zielgruppen - und bedarfsorientiert eingesetzt. Berlin, den 4. Januar 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung