Drucksache 18 / 17 337 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Catherina Pieroth und Sebastian Walter (GRÜNE) vom 12. Dezember 2018 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Dezember 2018) zum Thema: Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung durch die Clearingstelle I und Antwort vom 03. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Jan. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung Frau Abgeordnete Catherina Pieroth (GRÜNE) und Herrn Abgeordneten Sebastian Walter (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17337 vom 12. Dezember 2018 über Gesundheitsversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung durch die Clearingstelle I ________________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Antworten beruhen zu großen Teilen auf Auskünften des Betreibers, der Berliner Stadtmission. 1. Wie viele Menschen haben seit der Eröffnung die Clearingstelle aufgesucht? (bitte nach Monaten aufschlüsseln ) Zu 1.: Im Oktober 2018 wurden 71 und im November 2018 84 Klientinnen und Klienten in der Clearingstelle beraten. 2. Wie viele Menschen, die die Clearingstelle aufgesucht haben, haben einen festen Wohnsitz, keinen festen Wohnsitz oder sind obdachlos? (bitte nach Monaten aufschlüsseln) Zu 2.: Oktober: Einen festen Wohnsitz hatten 53 der in der Clearingstelle beratenen Personen, vier Personen waren obdachlos und 13 Personen waren ohne festen Wohnsitz (z.B. bei Freunden untergebracht). Eine Person hat keine Angaben dazu gemacht. November: Einen festen Wohnsitz hatten 61 der beratenen Personen, neun Personen waren obdachlos und 13 Personen waren ohne festen Wohnsitz (z.B. bei Freunden untergebracht ). Eine Person hat keine Angaben dazu gemacht. - 2 - 2 3. Wie viele Menschen, die die Clearingstelle aufgesucht haben, sind Mitglied der GKV, der PKV oder einer Krankenversicherung in einem EU-Mitgliedsstaat und wie viele sind kein Mitglied einer Krankenversicherung ? Zu 3.: 80 Personen verfügten über keine Krankenversicherung, 44 Personen waren ehemals in der privaten Krankenversicherung oder befinden sich aktuell im Notlagentarif der PKV. 34 Personen waren ehemals in der gesetzlichen Krankenversicherung und 16 Personen verfügen über europäische Krankenversicherungen (Mehrfachnennungen sind berücksichtigt ). 4. Wie viele Menschen, die die Clearingstelle aufsuchen, gehören welchen Geschlechts an und wie ist die Verteilung über die Altersgruppen? In wie vielen Fällen sind Kinder und Jugendliche betroffen? Zu 4.: 103 Personen waren männlich und 50 Personen waren weiblich. Das durchschnittliche Alter der Klientinnen und Klienten war 54 Jahre. Insgesamt gab es vier Beratungen von Kindern unter 11 Jahren. Zwei Personen haben keine genauen Angaben zum Alter gemacht . 5. Wie viele Beratungen haben vor Ort und telefonisch stattgefunden? (bitte nach Art und Monaten aufschlüsseln ) Zu 5.: Alle unter Frage 1 genannten Beratungen haben vor Ort stattgefunden. Seit November werden Telefonberatungen gesondert erfasst, im November fanden 34 Telefonberatungen statt. 6. Wie ist die derzeitige Auslastung der offenen Sprechstunden? Inwiefern besteht der Bedarf diese auszuweiten ? Zu 6.: Die offenen Sprechstunden sind i.d.R. gut ausgelastet. Die durchschnittliche Wartezeit der Klientinnen und Klienten beträgt aktuell 20 Minuten. Eine Ausweitung der offenen Sprechstunden scheint derzeit nicht erforderlich zu sein. 7. Sollen Terminsprechstunden eingeführt werden? Und wenn ja, wann und in welchem Umfang? Zu 7.: Terminsprechstunden sind seit Eröffnung der Clearingstelle am 09. Oktober möglich. Termine werden Montag bis Freitag außerhalb der offenen Sprechstundenzeit i.d.R. zwischen 10 und 15 Uhr vergeben. Für einen Beratungstermin wird eine Stunde pro Klient eingeplant . - 3 - 3 8. Wie viele Personen mit welchen Berufen arbeiten derzeit in der Clearingstelle und mit welchem wöchentlichen Stundenumfang? Zu 8.: Seit Oktober arbeiten vier Personen in der Clearingstelle. Ein Sozialpädagoge in Leitungsposition (8h), eine Sozialwissenschaftlerin für die Koordination (40h) , eine Soziologin in der Sozialberatung (40h) und eine Sozialarbeiterin (25h) in der Sozialberatung. 9. Ist nach Kenntnis des Senats ein personeller Ausbau der Clearingstelle notwendig? Inwiefern ist eine Erweiterung des Personals oder des wöchentlichen Stundenumfangs der Mitarbeitenden angedacht und zu wann? Zu 9.: Ein personeller Ausbau ist vorgesehen. Ab 02.01.2019 wird eine medizinische Fachangestellte mit 32 Wochenstunden ihre Arbeit aufnehmen. Zusätzlich sind folgende Stellen ausgeschrieben: Sozialversicherungsfachangestellte/r (Vollzeit, Teilzeit möglich) Jurist/in für Ausländerrecht (Vollzeit, Teilzeit möglich) 10. Aus welchen Gründen bzw. mit welchem Anliegen wurde die Clearingstelle aufgesucht? (bitte nach jeweiligem Anliegen/Grund und Häufigkeit aufschlüsseln) Zu 10.: 80 Personen suchten die Clearingstelle auf, weil sie keine Krankenversicherung hatten, 44 Personen hatten Probleme mit der Privaten Krankenversicherung (wie z.B. hohe Eigenbeteiligung ), 34 Personen hatten Probleme mit der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. Beitragsschulden), 16 Personen hatten Probleme mit europäischen/ausländischen Krankenversicherungen (z.B. abgelaufene Versicherung in Heimatländern). (Mehrfachnennung möglich). 11. Mit welchen zusätzlichen Beratungsangeboten und -stellen ist die Clearingstelle ausgestattet bzw. vernetzt ? Welche weiteren Beratungsangebote sollen zukünftig sichergestellt werden, und zu welchem Zeitpunkt? Zu 11.: Die Clearingstelle steht in engem Austausch mit der Beratungsstelle der Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung, den bezirklichen Einrichtungen (Jobcenter, Sozialamt , Schuldnerberatungen) sowie den Beratungseinrichtungen des Runden Tisches zur gesundheitlichen Versorgung von Migrantinnen und Migranten in Notlagen und des Runden Tischs zur medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen . - 4 - 4 Ab 2019 wird die aufenthaltsrechtliche Beratung in enger Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten beim Beauftragten für Integration und Migration des Landes Berlin sowie der Senatsverwaltung für Inneres und Sport sowie der Ausländerbehörde erfolgen. 12. Inwiefern decken die Sprachkompetenzen der Mitarbeitenden in der Clearingstelle die sprachlichen Bedürfnisse der Klient*innen und Patient*innen ab, die die Clearingstelle aufsuchen? In wie vielen Fällen und für welche Sprachen müssen Dolmetscher und für welche Sprachen herangezogen werden? Zu 12.: Die Mitarbeitenden der Clearingstelle decken folgende Sprachkompetenzen ab: Deutsch, Englisch, Bulgarisch, Türkisch, Russisch, Spanisch, Portugiesisch. Dolmetscherinnen und Dolmetscher des Gemeindedolmetschdienstes werden für zusätzlich benötigte Sprachen hinzugezogen, bisher vor allem für Vietnamesisch, Arabisch und Polnisch. 13. In wie vielen Fällen wurde ein anonymer Krankenschein ausgestellt? Zu 13.: Anonyme Krankenscheine wurden 2018 noch nicht ausgestellt, sondern werden 2019 eingeführt . 14. In wie vielen Fällen hat eine Erstdiagnose oder eine medizinische Versorgung in der Clearingstelle stattgefunden ? (bitte nach Monat aufschlüsseln) Zu 14.: In der Clearingstelle wurden keine Diagnosen gestellt und es erfolgte keine medizinische Versorgung. 15. Wie viele Menschen mit welchen Erkrankungen/ Diagnosen sind in der Clearingstelle vorstellig geworden ? In wie vielen Fällen handelt es sich um akute und in wie vielen Fällen um chronische Erkrankungen (bspw. Grippe, HIV/AIDS)? Zu 15.: In 2018 wurden keine Daten zur gesundheitlichen Situation der Klienten und Klientinnen erhoben. 16. Welche Leistungen und wie häufig wurden in der Clearingstelle erbracht? (bitte nach Art der Leistung und nach Monat aufschlüsseln. Zu 16.: In den Monaten Oktober und November fand in der Clearingstelle Sozialberatung statt zur Ermittlung und Herstellung von Leistungsansprüchen nach der Sozialgesetzgebung. - 5 - 5 17. Inwiefern werden auch Präventionsleistungen, wie bspw. Impfungen, angeboten? 18. Werden bestimmte medizinische Leistungen von der Clearingstelle ausgeschlossen, nicht erbracht oder nicht gezahlt? Wenn ja, welche? Aus welchen Gründen wurden die jeweiligen Leistungen nicht durchgeführt oder gewährt? 19. In welchen Fällen wird eine Versorgung über niedergelassene Ärzt*innen oder in Krankenhäusern sichergestellt ? Wie viele Fälle betraf dies bisher? (bitte nach Behandlungsort, Anzahl der Fälle und Monat aufschlüsseln) Zu 17. bis 19.: Es wurden keine medizinischen Leistungen in der Clearingstelle erbracht. 20. Wurden, und wenn ja mit wem und wann, Verhandlungen über Kooperations-/Rahmenverträge geführt, die dazu beitragen sollen, die Versorgung von Nichtversicherten in Krankenhäusern oder niedergelassenen Praxen sicherzustellen? Was sollen die Kooperations-/Rahmenverträge umfassen und zu wann sollen sie geschlossen werden? Zu 20.: Verhandlungen zu Kooperationen finden mit Krankenhäusern und niedergelassenen Arztpraxen statt. Die Kooperationsverträge sollen die ambulante und stationäre medizinische Versorgung nach §§ 4 und 6 AsylbLG im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel umfassen und die medizinische Versorgung der über die Clearingstelle vermittelten bedürftigen , nicht krankenversicherten Menschen 2019 ermöglichen. 21. Wie viel der im Haushalt 2018/19 bereitgestellten Gelder wurden bisher für die medizinische Versorgung von Menschen ohne oder unklaren Krankenversicherungsschutz verwendet (Notfallfonds)?Wie viele Gelder stehen für die medizinische Versorgung aktuell noch zur Verfügung? Zu 21.: Um die medizinische Versorgung von nicht krankenversicherten Menschen 2018 zu ermöglichen , hat die Clearingstelle den Berliner Krankenhäusern Kosten für die Behandlungen nicht krankenversicherter, bedürftiger Personen im Zeitraum 01.09.2018 bis 30.11.2018 erstattet. Das Leistungsspektrum der erstattungsfähigen Behandlungen ist dabei begrenzt auf die Behandlungsmöglichkeiten nach §§ 4, 6 AsylbLG. Die Mittel hierzu stammen aus dem Notfallfonds und betrugen 1.330.388,12 € im Jahr 2018. 2019 stehen abzüglich der geplanten Personal- und Sachkosten in Höhe von bis zu 750.000 € zum Betreiben der Clearingstelle 750.000 € für die medizinische Behandlung zur Verfügung. 22. Wie viel der im Haushalt 2018/19 bereitgestellten Gelder wurde für Personal, Ausstattung und Materialien , Miete und weitere Betriebskosten verwendet? - 6 - 6 Zu 22.: 2018 wurden 169.711,88€ für Personal- und Sachmittel zum Betrieb der Clearingstelle ausgegeben. 23. Werden die bereitgestellten Gelder im Doppelhaushalt 2018/19 nach Kenntnis des Senats ausreichen, um die medizinische Versorgung von Menschen ohne oder unklarem Versicherungsstatus zu gewährleisten ? Wenn nein, welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die medizinische Versorgung der betroffenen Menschen zu gewährleisten? Zu 23.: Aktuell ist nicht absehbar, wie viele nicht krankenversicherte Menschen, die einer medizinischen Behandlung bedürfen, zur Beratung die Clearingstelle aufsuchen und nach eingängiger Prüfung nicht in die Regelversorgung vermittelbar sind. Der Senat plant, zusätzliche Spendenmittel für die Aufstockung der Mittel zur medizinischen Versorgung bedürftiger , nicht krankenversicherter Menschen zu akquirieren. 24. Wie viele Behandlungen lagen nach Einschätzung der Ärztin/ des Arztes über 5.000 Euro und wie hat die Prüfstelle in diesen Fällen entschieden? Wie lange dauert ein Prüfvorgang? Zu 24.: Siehe Antwort zu Frage 13. 25. Welche Personen aus welchen Tätigkeitsfeldern und mit welchen Aufgaben sitzen in der Prüfstelle? Zu 25.: Für die Prüfkommission sind mindestens drei Mitglieder vorgesehen, mit Kompetenzen in den Bereichen Medizin bzw. Medizinethik, Soziologie/Gesundheitswissenschaften und Sozialrecht. Aufgabe der Kommission ist es, der Clearingstelle Vorgaben zu machen, ob Kostenübernahmen für teure medizinische Behandlungen erfolgen können. 26. Welche Personen aus welchen Tätigkeitsfeldern und mit welchen Aufgaben sitzen im Begleitgremium? Zu 26.: Das Begleitgremium wird aus folgenden Mitgliedern bestehen: Drei Mitglieder aus den Verwaltungen (Einrichtung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, Senatsverwaltung für Inneres und Sport, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales ), ein Mitglied aus dem Verein der Berliner Stadtmission, drei Mitglieder des runden Tisches Flüchtlingsmedizin zur gesundheitlichen Versorgung von Migrantinnen und Migranten in besonderen Notlagen und drei Mitglieder des runden Tischs zur medizinischen - 7 - 7 und zahnmedizinischen Versorgung obdachloser Menschen, ein Mitglied aus einer selbstorganisierten Betroffenengruppe, ein Mitglied der Berliner Krankenhausgesellschaft. Berlin, den 03. Januar 2019 In Vertretung Martin Matz Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung