Drucksache 18 / 17 377 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) vom 02. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Januar 2019) zum Thema: UNESCO Weltkulturerbe Olympiagelände und Olympiastadion und Antwort vom 16. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Jan. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Andreas Statzkowski (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17377 vom 02.01.2019 über UNESCO Weltkulturerbe Olympiagelände und Olympiastadion Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Stätten des UNESCO Weltkulturerbes gibt es bereits in Berlin? Zu 1.: Berlin verfügt über drei UNESCO-Welterbestätten: 1. Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin 2. Museumsinsel Berlin 3. Sechs Siedlungen der Berliner Moderne 2. Welche Voraussetzungen müssen Stätten des Weltkulturerbes erfüllen? Zu 2.: Die Voraussetzungen regeln die Richtlinien für die Durchführung des UNESCO- Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt. Maßgebend ist der außergewöhnliche universelle Wert einer Kulturstätte. Vorgeschlagene Güter sollten daher mindestens einem oder mehreren von sechs Kriterien für Kulturerbestätten entsprechen. Bei der Entscheidung über die Aufnahme in die Welterbeliste sind weiterhin die übergreifenden Bedingungen der Authentizität (historische Echtheit) und der Integrität (Unversehrtheit) ausschlaggebend. Um als Gut von außergewöhnlichem universellem Wert zu gelten, muss ein Gut auch die Bedingungen der Unversehrtheit und/oder Echtheit erfüllen und über einen Seite 2 von 3 Schutz- und Verwaltungsplan (Managementsystem) verfügen, der ausreicht, um seine Erhaltung sicherzustellen. Die aktuelle Praxis der UNESCO orientiert sich zudem an einer sogenannten „Gap- List“, wonach künftig fast nur noch Objekte unterrepräsentierter Kategorien Chancen auf Eintragung in die Welterbeliste haben. 3. Wer entscheidet über den Status „Weltkulturerbe“ bzw. welche Wege müssen beschritten werden, um den Status „Weltkulturerbe“ zu erhalten und welche zeitlichen Abläufe ergeben sich daraus? Zu 3.: Das Nominierungsverfahren sowie die Zuständigkeiten auf internationaler Ebene sind in den Richtlinien für die Durchführung des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt festgehalten. Die Verfahren auf nationaler Ebene in Deutschland sind in der Handreichung der Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder zum UNESCO-Welterbe erläutert. Anträge können nur vom Vertragsstaat selbst eingereicht werden. Erster Schritt im Nominierungsverfahren ist die Aufnahme auf die nationale Vorschlagsliste, die sogenannte „Tentative List“. In Deutschland sind auf Grund der Kulturhoheit der Länder Unterschutzstellung und Pflege von Denkmälern Angelegenheit der Länder und ihrer Denkmalbehörden. Die Länder haben daher auch das Vorschlagsrecht. Die aktuelle Tentativliste ist Ergebnis eines bundesweiten Auswahlverfahrens von 2012-2014, bei dem durch einen international besetzten Fachbeirat 9 aus 31 eingereichten Vorschlägen ausgewählt wurden . Für die ausgewählten Vorschläge wurden und werden Welterbeanträge erarbeitet , die die Bundesrepublik in den jährlich stattfindenden Komiteesitzungen einreicht. Seit 2018 darf jeder Vertragsstaat nur noch einen Antrag einreichen (bis dahin 2-3 Anträge). Immer häufiger werden dabei Anträge auch abgewiesen oder zurückgestellt , sodass die aktuelle Tentativliste nicht vor 2025 abgearbeitet sein wird. Über eine Fortführung der deutschen Tentativliste hat die KMK unter Berücksichtigung der Überrepräsentanz europäischer und speziell deutscher Welterbestätten nicht entschieden . 4. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Status eines Weltkulturerbes bzw. inwieweit sind bauliche Veränderungen an einem Weltkulturerbe möglich? Zu 4.: Die Einschreibung in die Welterbeliste bedeutet die Anerkennung des außergewöhnlichen universellen Wertes einer Stätte für die gesamte Menschheit und damit auch des sehr hohen Schutzanspruches der jeweiligen Stätte. Schutz von Authentizität und visueller Integrität, Erhalt, Management und Vermittlung dieser Stätten sind Sinn und Zweck der Welterbekonvention und Aufgabe aller beteiligten Akteure. In Deutschland kommt auf Grund der Kulturhoheit die Verantwortung für die Sicherstellung von Schutz und Erhalt den Bundesländern zu. Zuständig für die konkrete Umsetzung sind die Träger einer Welterbestätte. Schutz und Entwicklung sind für die Welterbekonvention kein Gegensatz. Vielmehr gilt: Veränderungen in und um Welterbestätten sollten immer welterbeverträglich sein. Dies bedeutet, dass alle Entwicklungsprojekte in und im Umfeld von Welterbestätten deren außergewöhnlichen universellen Wert, also den Grund für ihre Bedeu- Seite 3 von 3 tung als Menschheitserbe, nicht gefährden. Um zu verhindern, dass es zu Gefährdungen von Welterbestätten kommt, muss die Verträglichkeit eines jeden Projektes mit dem Welterbestatus bereits vor der Projektumsetzung geklärt werden. Für das Controlling verfügt die UNESCO über Monitoringprozesse. 5. Inwieweit erfüllen das Olympiagelände bzw. das Olympiastadion die Voraussetzungen eines Weltkulturerbes ? Zu 5.: Das Berliner Olympia-Gelände ist als einzigartige Sportstätte ein Denkmal von nationaler Bedeutung und ein Dokument der deutschen Geschichte. Die Geschichte des Olympiageländes umfasst nahezu ein Jahrhundert. Bestimmend für den Ort im Westen Berlins ist die ungebrochene Kontinuität der Nutzung. Seit dem frühen 20. Jahrhundert gilt das Gelände als zentrale deutsche Sportstätte. Dieser Mythos wurde in der Vergangenheit immer wieder aufgegriffen und für politische Aussagen dienstbar gemacht. Das Olympia-Gelände ist demnach als Gesamtanlage „Olympiagelände & Reichssportfeld (ehem.) & Deutsches Sportforum (ehem.) & Rennbahn Grunewald (ehem.)“ unter der Objektnummer 09040530,T sowie unter der Objektnummer 09046355 als Gartendenkmal „Sport-, Grün- und Gartenanlagen mit Skulpturen auf dem Olympiagelände“ in die Denkmalliste des Landes Berlin eingetragen. Gleichwohl kommt ihm über diese nationale Bedeutung auch eine internationale Dimension zu. Schon zur Erbauungszeit beeinflusste die Anlage den Sportstättenbau in dieser Zeit weltweit. Die Einschätzung, ob die Anlage die Voraussetzungen für die Aufnahme als UNESCO-Welterbe erfüllt, kann nur auf der Grundlage einer umfassenden wissenschaftlichen und fachlichen Bewertung erfolgen, die auch einer internationalen Vergleichsstudie bedarf. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Stätte zu den laut „Gap- List“ ausgewiesenen unterrepräsentierten Kategorien zählt. 6. Welche Auffassung hat der Berliner Senat dazu, für den Olympiapark und das Olympiagelände den Status eines Weltkulturerbes anzustreben und zu erhalten? Zu 6.: Der Senat verfolgt zurzeit nicht das Ziel, das Olympiagelände oder das Olympiastadion für einen Eintrag auf die UNESCO-Welterbeliste vorzuschlagen. Berlin, den 16.01.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa