Drucksache 18 / 17 397 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 07. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Januar 2019) zum Thema: Mittendrin statt nur dabei und Antwort vom 17. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Jan. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17397 vom 07. Januar 2019 über Mittendrin statt nur dabei ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie ist bei Klassenfahrten an den öffentlichen Schulen Berlins das nummerische Verhältnis zwischen Schülerinnen und Schülern einerseits und Begleit-/Aufsichtspersonen/Lehrkräften andererseits grundsätzlich festgelegt oder liegt dies im Ermessen der einzelnen Schule oder der betreffenden Lehrkraft? 2. Wenn dies im Ermessen der Schule bzw. der Lehrkraft liegt, wie wird eine Gleichbehandlung im Land Berlin gewährleistet? 3. Gibt es bei einer grundsätzlichen Regelung Unterschiede ggf. zwischen den jeweils betroffenen Klassenstufen oder Schulformen? 4. Welche weiteren Faktoren verändern in der Praxis dieses Verhältnis und in welche Richtung (Zielort, Reisemittel, Reisedauer)? 5. Welche Änderungen folgen insbesondere aus eine inklusiven Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit bzw. ohne Handicap oder ist der Betreuungsschlüssel unabhängig z.B. von der Zahl mitreisender Kinder/Jugendlicher mit sozial-emotionalem Förderbedarf? Zu 1. bis 5.: Regelungen zu Schülerfahrten sind in den Ausführungsvorschriften zu Veranstaltungen der Schule (AV Veranstaltungen) vom 09.12.2013 zu finden. Darin wird bestimmt, dass grundsätzlich zwei Begleitpersonen für eine Klasse oder Lerngruppe mitreisen müssen, wobei die Leitung der Fahrt grundsätzlich durch eine 2 Lehrkraft oder bei Fahrten in den Ferien durch eine pädagogische Mitarbeiterin/einen pädagogischen Mitarbeiter erfolgt. Die Beaufsichtigung und Betreuung wird durch die Fahrtenleitung und mindestens einer weiteren geeigneten Begleitperson übernommen. In besonderen Fällen, z. B. bei der Teilnahme von Schülerinnen oder Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Förderung, kann es notwendig sein, dass noch weitere Begleitpersonen an der Fahrt teilnehmen. Umgekehrt gilt für Schüleraustauschfahrten mit weniger als 11 Schülerinnen und Schülern, dass die Fahrt auch mit nur einer Lehrkraft genehmigungsfähig ist. Besondere Regelungen für Klassenstufen und Schularten gibt es bezüglich der Anzahl der Begleitpersonen auf Schülerfahrten nicht, aber die Regelungen zur Klassenfrequenz bzw. zur Größe von Lerngruppen sind unterschiedlich und wirken sich daher indirekt auf das Verhältnis zwischen Schüleranzahl und Anzahl der Begleitpersonen aus. Weitere Faktoren verändern das Zahlenverhältnis nicht. 6. Wie wird im Rahmen von Klassenfahrten mit eventuellen Beschränkungen von mobilitäts- oder sinnesbehinderten Kindern und Jugendlichen umgegangen? Entfallen ggf. Turmbesteigungen generell oder nur für die rollstuhlnutzenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer? 7. Wenn einzelne mobilitäts- bzw. sinnesbehinderte Schülerinnen und Schüler zeitweise nicht teilnehmen können oder wollen, wie werden alternative Angebote für sie bzw. eine Betreuung gewährleistet oder wartet der „Rollifahrer“ einfach allein vor dem Gebäude bis die Turmbesteigung abgeschlossen ist? Oder die Blinde bis nach dem Besuch des Pantomimentheaters? 8. Gibt es hier Unterschiede in Abhängigkeit vom Alter der Teilnehmenden? Zu 6. bis 8.: Gem. der o.g. AV Veranstaltungen dienen Schülerfahrten ausschließlich Bildungsund Erziehungszwecken und müssen aus dem Schulprogramm erwachsen. Sie erweitern die Möglichkeiten, Bildungs- und Erziehungsziele zu verfolgen und den Gruppenzusammenhalt zu festigen. Insofern sind Schülerfahrten pädagogische Veranstaltungen, bei denen die fahrtenleitenden und –begleitenden Lehrkräfte bzw. Pädagoginnen und Pädagogen nach pädagogischem Ermessen über die Fahrtziele sowie einzelne Aktivitäten während der Fahrt entscheiden. So liegt es z. B. auch im pädagogischen Ermessen, ob im Rahmen einer Schülerfahrt, an der eine Schülerin oder ein Schüler teilnimmt, die bzw. der auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen ist, auch eine Turmbesteigung auf dem Programm steht. In jedem Fall gelten auch bei Schülerfahrten die Ausführungsvorschriften über die Wahrnehmung der Aufsichtspflicht im schulischen Bereich und die Verkehrssicherungspflicht sowie die Haftung (AV Aufsicht) vom 25. April 2006. Darin heißt es in Nr. 3 Absatz 3: „Art und Umfang der Aufsichtsführung richten sich nach dem Alter, der Reife, der Anzahl der Schülerinnen und Schüler und der Gruppenzusammensetzung sowie den sonstigen, bei sachgerechter Würdigung jeweils zu berücksichtigenden Umständen. Die sonstigen zu berücksichtigenden Umstände sind insbesondere die sich aus dem Schulbetrieb, der Art des Unterrichts oder der einzelnen schulischen Veranstaltung sowie der Beschaffenheit und des Gefährdungspotentials der Einrichtung oder des Geländes ergebenden Besonderheiten.“ Insofern ist bei den in der Anfrage dargestellten Fällen in Bezug auf die Beaufsichtigung ein pädagogisches Ermessen auszuüben. 3 9. Wer ist für diese ggf. zusätzlich notwendige Begleitung von Mobilitäts- bzw. Sinneseingeschränkten organisatorisch und finanziell verantwortlich? 10. Ist in jedem Fall gewährleistet, dass die grundsätzliche Teilnahme von Kindern und Jugendlichen mit Mobilitäts- oder Sinnesbehinderung an Klassenfahrten nicht davon abhängt, dass die Eltern eine Zusatzbetreuung selbst organisieren und finanzieren? Zu 9. und 10.: Schulen haben die Möglichkeit, für die Begleitung von Schülerfahrten Maßnahmen der ergänzenden Pflege und Hilfe bei der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie zu beantragen, die im Genehmigungsfall von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern von Träger der freien Jugendhilfe geleistet werden. 11. In wie vielen Fällen konnten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 Schülerinnen und Schüler mit Mobilitäts- bzw. Sinnesbehinderungen aus Gründen ihrer Behinderung nicht an Klassenfahrten teilnehmen? Zu 11.: Hierzu liegen der zuständigen Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie keine Erkenntnisse vor. Jedoch ist es ein vordringliches Ziel der Politik des Senats von Berlin, dass alle Schülerinnen und Schüler, auch solche mit sonderpädagogischem Förderbedarf, an Schülerfahrten teilnehmen können. 12. Ist aus Sicht des Senats die Inklusion auch bei Klassenfahrten an den öffentlichen Schulen Berlins umfassend gewährleistet? Zu 12.: Durch die vom Senat von Berlin veranlassten Maßnahmen im Rahmen der Entwicklung der inklusiven Schule und der Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention sowie durch die bestehenden schulrechtlichen Regelungen und die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für ergänzende Pflege und Hilfe, ist die Möglichkeit der Teilnahme von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Schülerfahrten umfassend gesichert. Berlin, den 17. Januar 2019 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie