Drucksache 18 / 17 476 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 09. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Januar 2019) zum Thema: Dispositionspool Inklusion und Antwort vom 30. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17476 vom 09. Januar 2019 über Dispositionspool Inklusion ___________________________________________________________________ Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wer nimmt die Disposition der Stunden aus dem „Dispositionspool Inklusion“ nach welchen Kriterien vor? 2. Mit welchem Vorlauf werden die Schulen über ihr künftiges Stundenkontingent aus dem „Dispositionspool Inklusion“ informiert, um ein Mehr oder Weniger einplanen zu können? Zu 1. und 2.: Die Entscheidung und die Information über eine Verteilung der entsprechenden Ressourcen im Bereich Integration/Inklusion liegen bei der regionalen Schulaufsicht. Das erforderliche Ermessen wird unter Berücksichtigung der Gesamtressource der einzelnen Schule ausgeübt. Für Grundschulen steht im Rahmen der Verlässlichen Grundausstattung für die sonderpädagogische Förderung in den Bereichen Lernen (L), Emotional-soziale Entwicklung (E) und Sprache (S) eine Nachsteuerungsressource zu Verfügung. Diese Ressource ist dazu gedacht, Veränderungen in der Struktur der Schülerschaft im Sinne eines strukturell und sozialräumlich bedingten Anstiegs der Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Bedarfen an pädagogischer und sonderpädagogischer Förderung in den Bereichen L-E-S in einer Schule auszugleichen. Schulen können bei entsprechendem Bedarf einen Antrag bei der regionalen Schulaufsicht stellen. 3. Inwiefern sind an zahlreichen Schulen wegfallende Stunden im Schuljahr 2018/19 darauf zurückzuführen , dass der Haushaltsansatz im Doppelhaus zu gering war, da die Annahmen zum Aufwuchs von „I-Kindern“ zu gering berechnet waren? 2 4. Auf welcher Grundlage wurde dieser künftige Bedarf errechnet und wo lagen ggf. die Annahmefehler , denn die betreffenden Kinder waren ja bereits vorher Teil des Berliner Schulsystems und damit mit ihren Stärken und Schwächen bekannt? Zu 3. und 4.: Die Anmeldung für den Doppelhaushalt basierte auf der Annahme eines 5%igen Aufwuchses von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Integration/Inklusion. Tatsächlich gab es vom Schuljahr 2017/18 zu 2018/19 einen 8%igen Anstieg von Schülerinnen und Schülern in der Integration. Dies steht auch im Zusammenhang mit den allgemein wachsenden Zahlen von Schülerinnen und Schülern in Berlin. Zudem ist die Entwicklung in den einzelnen Förderschwerpunkten sehr unterschiedlich. Die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderschwerpunkten wie Geistige Entwicklung und Autismus, die einen höheren Bedarf an Lehrkräftewochenstunden haben, hat zugenommen. Dies wirkt sich ebenso auf den Bedarf aus und bringt Unsicherheit in der Planung. 5. Ist der Umstand, dass für eine Schule in der Bildungsstatistik 3,25% Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der SEK I ausgewiesen wird, der aber auf den Hinweis der Schulleitung „über Nacht“ auf 10,86% korrigiert wird, ein Normalfall und wie will der Senat bei einer derartig unsicheren Datenlage seriöse Planung betreiben? 6. Wird bei einem derart festgestellten höheren Bedarf auch zusätzliche Förderstunden zur Verfügung gestellt? Zu 5 und 6.: Die Zuweisung von Stunden für die Integration erfolgt auf Basis von festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf durch sonderpädagogische Diagnostik der Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ). Ausgenommen davon ist die Zuweisung von Ressourcen im Rahmen der Verlässlichen Grundausstattung L-E-S. Die Schulen geben die tatsächliche Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrer IST-Statistik an. Die Prüfung solcher Angaben obliegt der zuständigen Schulaufsicht in Zusammenarbeit mit dem zuständigen SIBUZ in Kommunikation mit der Schule. Die Angaben im Portal der Bildungsstatistik – hier Statistik der Unterrichtsversorgung – können von Schulleitungen jederzeit eingesehen und auf Plausibilität überprüft werden. Die in der Frage beschriebene Diskrepanz an einer Schule entspricht nicht dem Regelfall 7. Teilt der Senat die Einschätzung der Schulen, denen bei einer steigenden Zahl an Schülerinnen und Schülern mit Unterstützungsbedarf gleichzeitig die Förderstunden gekürzt werden, dass Berlin Inklusion nach Kassenlagen betreibt? 8. Hält der Senat dieses Vorgehen für vereinbar mit den Forderungen der UN-BRK? 9. Wie begründet der Senat die Prioritätensetzung einerseits das Schulessen einkommensunabhängig kostenfrei zu stellen und gleichzeitig den notwendigen sonderpädagogischen Förderunterricht nicht auskömmlich zu finanzieren? 3 Zu 7. bis 9.: Förderstunden wurden nicht gekürzt. Im Gegenteil: Berlin investiert seit vielen Jahren erhebliche Mittel im Bereich Integration/ Inklusion. In den vergangenen fünf Schuljahren wurden mehr als 1000 Lehrkräftestellen/ Vollzeiteinheiten (VZE) zusätzlich in die Integration/Inklusion investiert. 2014/15 2015/16 2016/17 2017/18 2018/19 Integration/Inklusion Summe 1497 1899 2091 2527 2562 Die UN-BRK macht keine Angaben zur Lehrkräfteausstattung an Schulen. Sie stellt fest, dass Menschen mit Behinderungen ein Recht auf "angemessene Vorkehrungen " haben. Die Umsetzung dieser Forderung hat im Land Berlin hohe Priorität. Dafür wurden in den letzten Jahren im Bereich Bildung erhebliche Haushaltsmittel eingesetzt . So wurden z.B. die Mittel für die Ergänzende Pflege und Hilfe (Schulhelferinnen und Schulhelfer) an Schulen seit 2014 mehr als verdoppelt. Weiterhin wurden erhebliche finanzielle Ressourcen zu Verfügung gestellt für die Schaffung von Barrierefreiheit in Schulen. Auch die Einrichtung und Ausstattung Inklusiver Schwerpunktschulen sowie die Schaffung eines stabilen Beratungs- und Unterstützungssystems in Form von Schulpsychologischen und Inklusionspädagogischen Beratungs- und Unterstützungszentren (SIBUZ) seien beispielhaft genannt. 10. Welche Schulen beteiligen sich derzeit regelmäßig an der AG Inklusion der Senatsbildungsverwaltung und wer bestimmt auf Grundlage welcher Kriterien über die Zusammensetzung dieses Gremiums ? Zu 10.: Die Aufgaben einer AG Inklusion übernimmt in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie der von der Senatorin einberufene „Fachbeirat Inklusion“ unter Vorsitz von Frau Sybille Volkholz, Senatorin a.D. Für den Bereich Schule sind hier vertreten der oder die Vorsitzende oder ein benanntes Mitglied der Landesgremien (Landesschulbeirat, Landeselternausschuss, Landeslehrerausschuss, Landesschülerausschuss ) und der Interessenvertretungen der Schularten (Grundschulverband, Vereinigung der Berliner ISS Schulleiterinnen und Schulleiter, Vereinigung der Oberstudiendirektoren des Landes Berlin, Netzwerk der Berliner Gemeinschaftsschulen, Verband Sonderpädagogik e.V., Vereinigung der Leitungen berufsbildender Schulen in Berlin e.V.). Berlin, den 30. Januar 2019 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie