Drucksache 18 / 17 477 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Sibylle Meister (FDP) vom 09. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Januar 2019) zum Thema: Drängt der Senat Mieter der Karl-Marx-Allee zu riskanten Strohmann- Geschäften? und Antwort vom 28. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Jan. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Frau Abgeordnete Sibylle Meister (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 /17477 vom 09.01.2019 über Drängt der Senat Mieter der Karl-Marx-Allee zu riskanten Strohmann-Geschäften Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1 Wie viele Mieter der Karl-Marx-Allee haben ihr Vorkaufsrecht nach §577 BGB ausgeübt und es anschließend an die Wohnungsbaugesellschaft abgetreten? Um wie viele Mietparteien und wie viele Miteigentumsanteile handelt es sich dabei? Antwort zu 1: Aktuell haben die Mieterinnen und Mieter von 316 Wohneinheiten das Vorkaufsrecht zum 05.01.2019 ausgeübt. Die Vorkaufsrechtsausübungen verteilen sich wie folgt: Block C-Nord (104 Wohneinheiten mit rund 3.394 Miteigentumsanteilen) Block C-Süd (129 Wohneinheiten mit rund 4.016 Miteigentumsanteilen) Block D-Nord (83 Wohneinheiten mit rund 4.584 Miteigentumsanteilen) Frage 2 Wie genau erfolgt der "gestreckte Erwerb"? Frage 4 Wer trägt die Kosten im Falle einer Abtretung, die beim Mieter anfallen? Sollten Sie dem Mieter erstattet werden, wie wird die Erstattung formal abgewickelt?? Antwort zu 2 und 4: Beim Modell des „gestreckten Erwerbs“ beauftragen die vorkaufsberechtigten Mieterinnen und Mieter einen Bevollmächtigten als Vertreter, um das Mietervorkaufsrecht auszuüben, die Wohnung an eine städtische Wohnungsbaugesellschaft weiterzuverkaufen und eine 2 Rückvermietung an die Mieterinnen und Mieter zu vereinbaren. Die Mieterinnen und Mieter werden von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft von Nebenkosten freigestellt. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft schließt mit den Mieterinnen und Mietern einen Rückmietvertrag zunächst zu den bisherigen Konditionen ab. Für das Rückmietverhältnis findet die Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ Anwendung. Frage 3 Handelt es sich bei diesem "gestreckten Erwerb" durch die Wohnungsbaugesellschaft um zwei Grundstückstransaktionen, so dass doppelte Grunderwerbsteuer und zusätzliche Notarkosten anfallen? Antwort zu 3: Ja, es handelt sich um zwei grundsteuerpflichtige Rechtsgeschäfte. Es fallen für jedes Grundstücksrechtsgeschäft gesondert Notargebühren an. Frage 5 An welcher Stelle im Haushaltstitel ist Vorsorge für entstehende Kosten getroffen? Antwort zu 5: Vorsorge für die entstehenden Kosten wurde im SIWANA getroffen. Frage 6 Wie wird sichergestellt, dass beim Mieter im Falle einer unmittelbaren Weiterveräußerung der Eigentumswohnung an die Wohnungsbaugesellschaft zu einem höheren Preis, um sämtliche Nebenkosten abzudecken, keine Spekulationssteuer anfällt? Antwort zu 6: Nach dem unter Antwort 2 beschriebenen Modell des „gestreckten Erwerbs“ fallen auf der Mieterseite keine steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne an. Frage 7 Welche Garantien gegen Mietsteigerungen erhalten die Mieter von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft? Wie lange gelten eventuelle Garantien? Werden diese Garantien grundbuchlich gesichert? Antwort zu 7: Für das Rückmietverhältnis findet die Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ Anwendung. In dieser Vereinbarung sind die Mieterhöhungsmöglichkeiten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften geregelt. Eine grundbuchliche Sicherung ist nicht möglich. Frage 8 Wie schützt der Senat die Mieter gegen Rechtsstreitigkeiten, die ihnen durch den „gestreckten Erwerb“ drohen könnten? Frage 9 Wird der Senat Mieter ggf. finanziell entschädigen, sollten diese durch den „gestreckten Erwerb“ in langwierige Rechtsstreitigkeiten verwickelt werden? 3 Antwort zu 8 und 9: Bei dem Modell des „ gestreckten Erwerbs“ übernimmt die städtische Wohnungsbaugesellschaft die Pflichten, die sich für die Mieterinnen und Mieter aus der Ausübung des Vorkaufsrechts ergeben. Zugleich sollen alle Rechte, die den Mieterinnen und Mietern aus dem durch Ausübung des Vorkaufsrechts erlangten Vertrag erhalten an die städtische Wohnungsbaugesellschaft weitergegeben werden. Frage 10 Wie oft wurde das Konstrukt des „gestreckte Erwerb“ bisher angewendet? Antwort zu 10: Das Modell wurde zum ersten Mal angewendet. Frage 11 Ist geplant, den „gestreckten Erwerb“ auch in anderen Objekten durchzuführen? Antwort zu 11: Aktuell wird überlegt, dieses Modell auch zum Schutz der Mieterinnen und Mieter eines weiteren verkauften Blocks in der Karl- Marx Allee anzuwenden. Die Anwendung des Modells zum „gestreckten Erwerb“ ist eine Ausnahme. Bisher ist nicht geplant, das Modell des „gestreckten Erwerbs“ auch bei anderen Objekten durchzuführen. Frage 12 Wird im Rahmen des „gestreckten Erwerbs“ zu Gunsten der Wohnungsbaugesellschaft EU-Recht, insbesondere Beihilferecht tangiert? Wenn ja, wann und durch wen und mit welchem Ergebnis wurde eine entsprechende Prüfung vorgenommen? Wenn nein, warum ist eine entsprechende Prüfung nicht erfolgt? Antwort zu 12: Verschiedene Stellungnahmen der Verwaltungen haben ergeben, dass die Umsetzung des „gestreckten Erwerbs“ europäisches Beihilferecht tangieren könnte. Die beihilferechtlichen Anforderungen werden entsprechend berücksichtigt werden. Berlin, den 28.01.2019 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ 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