Drucksache 18 / 17 505 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Anja Kofbinger (GRÜNE) vom 15. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Januar 2019) zum Thema: Gender Budgeting – Wann wird es zum impliziten Bestandteil des Verwaltungshandelns? und Antwort vom 29. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Jan. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Finanzen Frau Abgeordnete Anja Kofbinger (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. S18/ 17505 vom 15. Januar 2019 über Gender Budgeting – Wann wird es zum impliziten Bestandteil des Verwaltungshandelns ? ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Aufgrund der Senatsbeschlusslage von 2002 und der Parlamentsauflage von 2004/2005 sind Gender-Informationen systematischer Bestandteil des Berliner Haushaltsplans . 1) In welchem Rahmen ist geplant, die Erhebung von Gender-Informationen auf deutlich mehr Titel und Produkte in auszuweiten? Zu Frage 1: Die Anwendung des Gender Budgeting in Berlin ist seit der Einführung ein selbstlernender Prozess aller beteiligten Senatsverwaltungen und Bezirke. Der Motor der Entwicklung ist die seit 2003 tagende Arbeitsgruppe Gender Budgeting, die in einem partizipativen Prozess über die Jahre hinweg maßvoll die Informationen der geschlechtsspezifischen Analyse von Haushaltsmitteln sukzessive ausgeweitet hat. Dabei wurde in den Bereichen begonnen, in denen bereits Daten vorlagen oder leicht zu erheben waren, nach der primären wurde die sekundäre Nutzungsebene untersucht, nach der Datenanalyse wurde die Bewertung und Zielbildung in Angriff genommen. Im Aufstellungsrundschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen, welches die Anforderungen in die Berliner Verwaltung transportiert, ist neben der qualitativen Ausweitung durch Zielbildung und ggf. Umsteuerungsmaßnahmen nach wie vor die Aufforderung enthalten, weitere geeignete noch nicht untersuchte Bereiche einzubeziehen (quantitative Ausweitung), „so z. B. bei Fortbildungen und Dienstreisen. Selbst bei Investitionsausgaben der Hgr. 7 und 8 können solche Angaben sinnvoll sein, wie z. B. der Beitrag „Frauensporthalle“ des Bezirkswettbewerbs Gender-Budgeting-Verfahren gezeigt hat.“. Auch die Ausweitung der untersuchten Produkte der Bezirke von zuletzt 90 auf 116 liegt in dieser Kontinuität; dabei war wieder die Geschäftsstelle Produktkatalog involviert . Darüber hinaus ist zurzeit keine konkrete Ausweitung auf Titel oder Produkte geplant. In welchem Umfang die Senatsverwaltungen und Bezirke neue Untersuchungen umgesetzt und im Haushalt abgebildet haben, darüber berichtet die Verwaltung seit dem Haushalt 2016/2017 zu den 1. Lesungen gemäß Auflage Nr. 12 bzw. neu Nr. 14. 2) Bei wie vielen der ausgewählten Produkte und Titel, für die Gender-Informationen erhoben wurden, wurde bei der Nutzenanalyse der Bedarf einer konkreten Umsteuerung festgestellt? Bei welchen Produkten und Titeln wurde daraufhin eine Umsteuerung initiiert? Welche Instrumente wurden hierbei eingesetzt? Welche Erfolge konnten erzielt werden? Zu Frage 2: Jede Senatsverwaltung und jedes Bezirksamt hat sich aufgrund des unter 1. beschriebenen Prozesses in den jeweiligen Fachgebieten in einem mehrstufigen Prozess über die Jahre eine immer tiefer gehende Expertise erworben: Anfangs durch punktuelle, später flächendeckende Nutzungsanalyse, darauf aufbauend die Bewertung der vorliegenden Repräsentanzen, schließlich Zielbildung bis hin zu ggf. Umsteuerungsmaßnahmen . Jeder Bereich ist dezentral für die Analysen, die Formulierung von Zielen und Steuerungsmaßnahmen und die Darstellung im Haushaltsplan verantwortlich. Dadurch ist der Stand der Umsetzung in den verschiedenen Bereichen auch auf einem unterschiedlichen Niveau. Die Senatsverwaltung für Finanzen wird den Prozess der Synchronisierung durch einheitliche formale Vorgaben mit dem Aufstellungsrundschreiben weiter unterstützen. 3) Wie bewertet der Senat das Verfahren zur Nutzenanalyse, gemessen an seinen Ergebnissen? Zu Frage 3: Die Nutzungsanalyse (Nutzerinnen- und Nutzeranalyse) kann ein guter Einstieg in weitere Analysen im Kontext Gender Mainstreaming und Gender Budgeting sein. Durch die Betrachtung unter verschiedenen Blickwinkeln, z. B. nach geförderten Personen, nach Förderbeträgen, nach Beschäftigtenstruktur der fördernden Bereiche, lassen sich auch erst mittelbar Unterrepräsentanzen aufdecken. Das wird unter Umständen erst nach längerer Zeit und von einem übergeordneten Standpunkt aus ersichtlich. Dafür kann der jeweilige berlinweite Vergleich Hilfestellung leisten. Erst die fachbezogene Bewertung der vorliegenden Daten im Hinblick auf ein fachpolitisch definiertes Ziel für den jeweiligen Bereich kann dann zu einer konkreten Umsteuerung von Ressourcen führen. Dies liegt zuvorderst, wie unter 2. beschrieben, im Interesse und den Möglichkeiten jedes einzelnen Politikbereiches. 4) In welchem Zeitrahmen ist geplant, den nächsten qualitativen Schritt des Implementierungsprozesses , die flächendeckende Nutzung der Daten im jeweiligen fachlichen Rahmen, umzusetzen? Zu Frage 4: Wegen der unter 2. beschriebenen verschiedenen Umsetzungsstände in den Senatsverwaltungen und Bezirken ist eine einheitliche Vorgabe für einen weiteren qualitativen Schritt zurzeit nicht absehbar und nicht beabsichtigt, zumal das Aufstellungsrundschreiben die ständige dezentrale Ausweitung anregt. Davon unberührt wären weitere Schritte zu prüfen, sofern sich ein übergeordnetes Informationsinteresse abzeichnet. 5) In welchem Rahmen ist darüber hinaus geplant, die Nutzenanalyse der erhobenen Daten weiterzuentwickeln und ein effizientes Controlling-Verfahren einzuführen? Zu Frage 5: Wie unter 2. beschrieben, ist die Weiterentwicklung ein Prozess, der in den unterschiedlichen Politikbereichen je nach fachlicher Besonderheit und fachspezifischen Zielen auf einem unterschiedlichen Stand ist. Daher muss auch der jeweilige Controlling -Prozess den spezifischen Bedingungen Rechnung tragen. An ein zentrales Controlling auf Basis gleichermaßen geltenden Größen ist deshalb nicht gedacht. 6) Mit welchen Maßnahmen wirkt der Senat darauf hin, die Gender Budgetierung von einzelnen Produkten auf den gesamten Landeshaushalt auszuweiten? Zu Frage 6: Das Aufstellungsrundschreiben der Senatsverwaltung für Finanzen ist für den Senat die geeignete Möglichkeit, einheitliche strukturelle Vorgaben zum Gender Budgeting zu gewährleisten. Dabei werden moderate Ausweitungen – wie zuvor beschrieben – unter Berücksichtigung der dezentralen Mittelverantwortung angeregt. Der partizipative Prozess in der Arbeitsgemeinschaft Gender Budgeting wird genutzt, um mögliche Ausweitungen zu diskutieren. Die bisherige Erhebung von geschlechtsspezifischen Daten bei den momentan maximal 116 Produkten der Bezirkshaushalte wird von den Bezirken unterschiedlich umgesetzt . Insofern könnte hier noch Potenzial für eine Ausweitung innerhalb der Bezirksebene stecken. In der Hauptverwaltung wird bislang auf Kapitel- und Titelebene geschlechterdifferenziert analysiert. Auch hier lassen sich noch Potenziale entdecken. Die Produktdarstellung in den Kapiteln der Hauptverwaltung hat eine andere Systematik, da nicht auf zwölf parallele Erstellungsprozesse zurückgegriffen werden kann und sie sich daher einem unmittelbaren Vergleich überwiegend verschließen. Berlin, den 29. Januar 2019 In Vertretung Fréderic Verrycken Senatsverwaltung für Finanzen