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kleineAnfragen
Drucksache 18
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Schriftliche Anfrage
18. Wahlperiode
Schriftliche Anfrage
des Abgeordneten
Kay
Nerstheimer
(
fraktionslos
)
vom
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. Januar 2019
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am
1
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.
Januar
201
9
)
zum Thema:
Unterliegen die Berliner Finanzämter den Verwaltungsrichtlinien gemäß
Verwaltungsverfahrensgesetz?
und
Antwort
vom
2
8
. Januar 2019
(Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Jan. 2019)
Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch
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Senatsverwaltung für Finanzen
Herrn Abgeordneten
Kay Nerstheimer
(
fraktionslos
)
über
den Präsidenten
des Abgeordnetenhauses von Berlin
über Senatskanzlei
-
G Sen
-
A n t w o r t
auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17527
vom 15.1.2019
über „Unterliegen die Berliner Finanzämter den Verwaltungsrichtlinien gemäß Ver-
waltungsverfahrensgesetz?“
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Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt:
1.
Unterliegen die Berliner Finanzämter den Verwaltungsrichtlinien gemäß dem Verwaltungsverfahrens-
gesetz? Wenn Ja, warum? Wenn Nein, warum nicht?
Sachverhalt:
Durch die Verweigerung einzelner Berliner Finanzämter haben Bürger keinerlei Chancen Aktenein-
sicht (AE) zu erlangen, um Rechtsmittel gegen Verwaltungsvorgänge etc. einzulegen.
Nach persönlicher Vorsprache von Bürgern in den Berliner Finanzäm
tern, erhielten diese recht wider-
sprüchliche Aussagen bzw. nicht die ihnen zustehende Akteneinsicht nach VwVfG § 29, BE VwVfG §
6 "Akteneinsicht durch Beteiligte".
In einigen Fällen kam es zu teils lautstarken und vielschichtigen Begründungen die nicht re
chtlich be-
legt erschienen, z. B. "es gäbe keine Akten (trotz vorh. Aktenzeichen) und es gäbe keine Pflicht zur
Aktenführung".
Einige Mitarbeiter verweigerten regelrecht das Recht auf Einsicht und forderten zum Verlassen des
Hauses auf.
In einem Finanzam
t wurde der Bürger sogar aufgefordert, die vorgeschriebene "Paginierung" auf den
vorhandenen Schriftstücken gemäß § 58 Abs. 3 GGO I, selbst vorzunehmen, da sich die Angestellten
der Finanzbehörde nicht imstande fühlten, diese Arbeit auszuführen, obwohl es
in der Verwaltungs-
vorschrift sowie durch das B
-
VG gesetzlich geregelt ist. Der § 55 wurde hier demnach ebenfalls außer
Acht gelassen.
Zu 1.: Die Berliner Finanzämter verwalten als Landesfinanzbehörden (§§ 2, 17 Finanz-
verwaltungsgesetz) vornehmlich bundesg
esetzlich aber auch landesgesetzlich gere-
gelte Steuern. Diese Verwaltungsverfahren in Steuersachen richten sich nach den Vor-
schriften der Abgabenordnung. Das Verwaltungsverfahrensgesetz gilt insoweit nicht
(§ 1 Abs. 1 des Berliner Verwaltungsverfahrensgese
tzes i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes). Nur soweit Berliner Finanzämter in an-
deren Verwaltungsverfahren tätig werden, unterliegen sie den Regelungen des Ver-
waltungsverfahrensgesetzes. Dies ist beispielsweise in bestimmte
n Fällen der Amts-
hilfe für andere Behörden der Fall.
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2. Gemäß der Geschäftsordnung für Finanzämter (FAGO 2010, Abs. 1.2) sind die Mitarbeiter des Fi-
nanzamtes angehalten, dem Bürger höflich und mit Verständnis gegenüberzutreten. Wie rechtfertigen
die Vera
ntwortlichen dieses Verhalten der Dienstleister, wie oben beschrieben?
Sind den Mitarbeitern in den Finanzämtern auch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Ver-
waltung GGO I bekannt? Eine explizite Schulung der Mitarbeiter durch die jeweiligen Veran
twortlichen
ist nicht erkennbar gewesen.
Ist es eine Ermessensfrage, inwieweit den Mitarbeitern eigenmächtiges Handeln gestattet ist (Nich-
tumsetzung bzw. Abänderung der Verwaltungsvorschriften)?
Die betreffenden Finanzämter:
-
Marzahn
-
Hellersdorf,
Pankow
-
Weißensee
(Verweigerung der AE und Paginierung)
-
Reinickendorf, Wedding, Charlottenburg
(Verweigerung der AE)
-
Schöneberg
(hier wurde der Bürger aufgefordert, das Paginieren selbst vorzunehmen)
-
Mitte
-
Tiergarten, Steglitz, Zehlendorf
(kamen der Verwalt
ungsvorschrift u. Auskunft ordnungsgemäß nach).
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
§ 29
Akteneinsicht durch Beteiligte
(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, so-
weit deren Kenntnis zur Geltendmac
hung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich
ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen
sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Soweit nach den §§ 17 und 18 eine Ver
tretung
stattfindet, haben nur die Vertreter Anspruch auf Akteneinsicht.
(2) Die Behörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungs-
gemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des
Inhalts der Akten
dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach
einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten
oder dritter Personen, geheim gehalten werden mü
ssen.
(3) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt. Im Einzelfall kann die Einsicht auch
bei einer anderen Behörde oder bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der
Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen;
weitere Ausnahmen kann die Behörde, die die Ak-
ten führt, gestatten.
BE VwVfG
§ 6 Akteneinsicht durch Beteiligte
(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten. Bis
zum Abschluss des Verwaltungsverfahren
s gilt Satz 1 nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie für
die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung.
(2) Die Regelungen der §§ 5 bis 12 des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes gelten entsprechend.
(3) Die Akteneinsicht erfolgt bei der
Behörde, die die Akten führt.
(4) Für Nichtbeteiligte gilt das Berliner Informationsfreiheitsgesetz.
(5) § 72 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Re-
gelungen des Berliner Informationsfreiheitsgesetzes uneing
eschränkt auch im Planfeststellungsver-
fahren gelten.
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GGO I
§ 58
-
Führung der Akten
(1) Die Akten sind übersichtlich und in einfacher Form zu führen. Bei elektronischer Vorgangsbearbei-
tung gehört zur ordnungsgemäßen Führung elektronischer Akten auch die Erfassung der erforderli-
chen Metadaten für die Akte sowie das darin enthaltene Schrift
gut.
(2) Erledigtes Schriftgut ist unverzüglich zu den Akten zu nehmen. Zuvor ist zu prüfen, ob alle Teile
der Verfügung ausgeführt und mit Erledigungsvermerken versehen sind.
(3) Das Schriftgut wird bei papiergebundener Aktenführung in zeitlicher Reih
enfolge den Akten regel-
mäßig in der Weise eingefügt, dass die Schriftstücke von vorn nach hinten geheftet werden, um ein
buchmäßiges Lesen zu ermöglichen (chronologische Aktenführung). Die in die Akten eingeordneten
Blätter sollen fortlaufend an der rechte
n oberen Ecke nummeriert werden.
(4) Bezieht sich ein Schriftstück auf mehrere Akten, ist es in die Akte zu nehmen, zu der es nach sei-
nem Hauptinhalt gehört. In die anderen Akten ist ein Hinweis, ein Auszug oder eine Kopie zu nehmen
mit der Angabe, wo si
ch das Originalschriftstück befindet.
GGO I
§ 55 Abs. 1
-
Zweck und Geltungsbereich
(1) Die Schriftgutverwaltung dient der Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns. Stand und Ent-
wicklung der Vorgangsbearbeitung müssen jederzeit im Rahmen der Aufbewa
hrungsfristen aus den
Akten nachvollziehbar sein. Dabei ist zu gewährleisten, dass das zur Akte genommene Schriftgut voll-
ständig und vor Veränderung geschützt verfügbar ist. Diese Anforderungen gelten gleichermaßen für
elektronische oder in Papierform gefü
hrte Akten.
FAGO 2010, Abs. 1.2
Verhältnis Bürgerinnen und Bürger
Verwaltung
Das Finanzamt ist ein dem Gemeinwohl verpflichteter Dienstleister. Die Beschäftigten nehmen ihre
Aufgaben höflich und mit Verständnis für die Belange der Bürgerinnen und
Bürger wahr und erledigen
deren Anliegen sachgerecht und zügig. Sie erteilen verständliche Auskunft und gewähren notwendige
Hilfe.
Zu 2.: Dem Senat ist nicht bekannt, dass die Dienstkräfte der Berliner Finanzämter
die Vorgabe der Geschäftsordnung für die
Finanzämter (FAGO) zum Umgang mit
Bürgern allgemein nicht beachten.
Die FAGO regelt die Grundsätze der Organisation bei den Finanzämtern. Soweit dar-
über hinaus erforderlich, sind den Dienstkräften in den Finanzämtern die Vorschriften
der GGO I bekannt. Di
e Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Finanzämter han-
deln pflichtgemäß. Pauschal erhobene Vorwürfe gegen Bedienstete des Landes Berlin
weist der Senat zurück.
Berlin, den 28.01.2019
In Vertretung
Dr. Margaretha Sudhof
Senatsverwaltung für
Finanzen