Drucksache 18 / 17 528 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld (GRÜNE) vom 15. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 16. Januar 2019) zum Thema: Programm der Roma-Schulmediator*innen: Abgewickelt? Warum? und Antwort vom 04. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Frau Abgeordnete Susanna Kahlefeld (Bündnis 90/Die Grünen) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17528 vom 15. Januar 2019 über Programm der Roma-Schulmediator*innnen: Abgewickelt? Warum? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Seit 2000 gibt es in Berlin das sehr erfolgreiche Projekt der Roma-Schulmediator*innen, in dem Menschen mit Sprach- und Kulturkenntnis bei allen Arten von Problemen zwischen Schule. Eltern und Kindern vermitteln. Wurde dieses Projekt nun beendet? Wenn ja, warum? Zu 1.: Seit 2011 werden über die Mittel des Landesprogramms „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ kontinuierlich Projekte gefördert, um Roma-Schülerinnen und Roma- Schüler zu unterstützen. Eine Übersicht findet sich in der Anlage. Im Rahmen dieser Förderung sind keine Projekte beendet worden. 2. Sind dem Senat die Ergebnisse der von Prof. Dr. Kyuchukov erarbeiteten Studie über die Effektivität der Roma-Schulmediator*innen von 2011/12 bekannt? („68% der Lehrer gibt … an, dass die Schulmediatoren sie dabei unterstützen, Probleme mit Kindern und Eltern zu lösen. … 81% der Lehrer sehen die Rolle der Schulmediatoren … als die eines Sozialarbeiters, der den Familien dabei hilft, ihre Probleme zu lösen. Alle Lehrer vertreten die Ansicht, dass Schulen Roma-Schulmediatoren brauchen, und glauben an den Mehrwert ihrer Arbeit.“ Zitat aus der Übersetzung der Studie aus dem Englischen für ein Seminar im LISUM) Welches Ergebnis dieser Studie kann als Empfehlung zur Abschaffung der Roma-Schulmediator*innen interpretiert werden? Zu 2.: Die Untersuchungsergebnisse von Prof. Dr. Kyuchukov sind dem Senat bekannt. Im Rahmen der Förderung durch das o. g. Landesprogramm fand keine Abschaffung von Roma-Schulmediatorinnen und Roma-Schulmediatoren statt. 2 3. Gibt es eine Untersuchung, die die positive Bewertung durch die Lehrer*innenschaft 2012 revidiert? Wo wäre die nachzulesen? Zu 3.: Eine Untersuchung, die die positive Bewertung der Roma-Schulmediatorinnen und Roma-Schulmediatoren durch die Lehrkräfte revidiert, ist dem Senat nicht bekannt. 4. Sind dem Senat die „Empfehlungen zur gleichberechtigten Bildungsteilhabe von Sinti und Roma in Deutschland (hrsg. von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ), Berlin 2015) bekannt. Auch hier werden die Mediator*innen als herausragendes Mittel empfohlen (ebd. S. 40). Falls die Studie bekannt ist, warum vertritt der Senat eine andere Haltung? Falls sie nicht bekannt ist – warum nicht? Zu 4.: Dem Senat sind die „Empfehlungen zur gleichberechtigten Bildungsteilhabe von Sinti und Roma in Deutschland“ bekannt. Er sieht im Einsatz der Roma- Schulmediatorinnen Roma-Schulmediatoren ein wichtiges Instrument zur gleichberechtigten Bildungsteilhabe von Roma-Kinder und Jugendlichen. 5. Ist dem Senat die europäisch Initiative ROMED bekannt, durch das seit 2011 in 32 Ländern 1300 Mediator*innen nach dem deutschen Modell ausgebildet wurden? Warum soll nun ein Projekt, das zum internationalen Vorbild wurde, beendet werden? Zu 5.: Die europäische Initiative ROMED ist dem Senat bekannt. Das Programm der Roma-Schulmediatorinnen und Roma-Schulmediatoren wurde nicht beendet. 6. Wie sollen zukünftig Familien mit Romno-Hintergrund unterstützt werden, um ihren Kindern in Berlin eine erfolgreiche Schullaufbahn zu ermöglichen? Zu 6.: Zusätzlich zu den oben aufgeführten Maßnahmen werden seit 2012 im Rahmen des Bezirksorientierten Programms des Aktionsplans zur Einbeziehung ausländischer Roma, Kultur- und Sprachmittlerinnen und Kultur- und Sprachmittler für die Sprachen Romanes, Bulgarisch und Rumänisch an Schulen für die Altersgruppen von 6 bis 19 Jahren eingesetzt. Seit 2019 wird diese Maßnahme in allen Bezirken durchgeführt. Im Unterschied zum Roma-Schulmediationsprogramm ermöglichen die Projekte zur Sprach- und Kulturmittlung einen flexibleren Einsatz. Der Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma wird zurzeit extern begleitend evaluiert. Das Ergebnis wird Ende 2019 vorliegen. 2011 erarbeitete der Senat das Gesamtkonzept ‘Inklusive Schule in Berlin’. Mit der Einrichtung der inklusiven Schule soll Unterricht und Schulleben so gestaltet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler – gleich welcher Herkunft und welcher Leistungsfähigkeit – gemeinsam leben und lernen können und ihnen das Recht auf höchstmögliche Bildung ermöglicht. Damit wird die Schule zum gemeinsamen Lernort für Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Begabungen und Interessen. Der Anspruch der Schule ist es, jede Schülerin und jeden Schüler bestmöglich zu fördern und in seiner Entwicklung zu unterstützen. Dies gilt natürlich auch für Roma Schülerinnen und Schüler. 3 7. Ist dem Senat bekannt, dass Sprachkenntnisse nicht identisch sind mit Kulturkenntnissen, mithin eine reine Übersetzungsarbeit nicht genügt, um Schulsystem und Berliner Schulgepflogenheiten („Schulkultur“, Dos und Don'ts, unausgesprochene Erwartungen etc.) zu erläutern? Zu 7.: Ja. Durch die oben aufgeführten Maßnahmen wird sowohl die Kontaktaufnahme zu Schulen, als auch die Kommunikation zwischen Schule sowie Schülerinnen und Schüler und Eltern ermöglicht. Das verfolgte Ziel ist, dass neuangekommene Familien und deren Kinder in der Schule und im Sozialraum einbezogen werden. 8. Warum entzieht der Senat den Menschen mit Romno-Hintergrund diese bewährte Unterstützung im Schulalltag, wo doch gerade diese Menschen anerkanntermaßen überwiegend deshalb ihre Herkunftsorte verlassen, weil es dort keine Schulen und keine Ausbildung für ihre Kinder gibt? Zu 8.: Dies ist wie oben aufgeführt nicht der Fall. Berlin, den 4. Februar 2019 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Programm „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ Stand: 25.01.2019 Seite 1 von 1 Jugendsozialarbeit zur Unterstützung von neu zugewanderten Schülern/innen ohne Deutschkenntnisse (u. a. mit Sinti-/Roma-Hintergrund) Derzeit werden im Rahmen des Programmes „Jugendsozialarbeit an Berliner Schulen“ 8,5 Stellen für Jugendsozialarbeit mit der besonderen Aufgabe, neu zugewanderte Kinder und Jugendliche ohne deutsche Sprachkenntnisse zu unterstützen, bereitgestellt. Diese Kinder und Jugendlichen werden häufig im Rahmen spezieller temporärer Lerngruppen oder Willkommensklassen beschult und an das Regelschulsystem herangeführt. Ursprünglich wurden im Jahr 2011 vier Projekte eingerichtet, um Schüler/innen aus Familien mit Sinti- oder Roma-Hintergrund zu unterstützen. Im Jahr 2014 wurde die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit auf „neu zugewanderte Schüler/innen ohne Deutschkenntnisse“ erweitert, da dies dem Bedarf an den Schulen entsprach. Häufig konnte ein Sinti- oder Roma-Hintergrund nicht eindeutig bestimmt werden und es fanden sich in den entsprechenden Lerngruppen auch Kinder anderer Herkunft mit Unterstützungsbedarf. Weitere Stellen konnten in den Jahren 2014 und 2015 eingerichtet werden, da die Zahl der Willkommensklassen stark angestiegen war. Zuletzt wurde im Jahr 2018 eine weitere Stelle zur Unterstützung von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern ohne Deutschkenntnisse mit dem Fokus auf die Unterstützung von Familien mit Sinti-/Roma-Hintergrund an zwei Schulen im Bezirk Mitte eingerichtet. Die Stellen werden aktuell in den Bezirken Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Spandau, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg und Lichtenberg eingesetzt. Auf diesen Stellen arbeiten insgesamt zwölf Fachkräfte der sozialen Arbeit; davon acht Frauen und vier Männer. In drei der neun Standorte wird in gemischtgeschlechtlichen Teams gearbeitet. Ein Überblick über die im Jahr 2018 finanzierten Stellen und Träger nebst Angaben zum Stellenumfang und zur personellen Besetzung findet sich in der nachfolgenden Tabelle: Projektnummer Träger Bezirk seit Stellen Fachkräfte Verortung und Schulzuständigkeiten laut Sachberichte 2015 Z006 RAA Berlin e. V. Mitte 10.2011 1 2 (w, m) Wedding-Grundschule (01G31), Humboldthain-Grundschule (01G35), Willy-Brandt-Schule (01K01) Z007 RAA Berlin e. V. Friedrichshain- Kreuzberg 10.2011 1 1 (w) 11 Grundschulen, 3 Integrierte Sekundarschulen, 1 Gemeinschaftsschule, Jugend- und Schulamt Z008 CJD Berlin- Brandenburg Spandau 10.2011 1 1 (w) Robert-Reinick-Grundschule (05G11) Z009 LebensWelt gGmbH Neukölln 10.2011 1 2 (w, m) Rixdorfer-Grundschule (08G01) Z011 JaKuS gGmbH Tempelhof- Schöneberg 08.2014 1 2 (w, m) Kiepert-Grundschule (07G28) Z012 RAA Berlin e. V. Lichtenberg 05.2014 1 1 (w) Adam-Ries-Schule (11G06), Schule am Breiten Luch (11S08) Z013 RAA Berlin e. V. Lichtenberg 01.2015 1 1 (w) Schule am Grünen Grund (11S05), Filiale in der Erstaufnahmeeinrichtung Herzbergstraße Z014 Kietz für Kids Freizeitsport e. V. Lichtenberg 08.2015 0,5 1 (m) Barnim-Gymnasium (11Y09) Z038 gss Schulpartner GmbH Mitte 08.2018 1 1 (w) Carl-Bolle-GS (01G18) und Anna-Lindh- Schule (01G42)