Drucksache 18 / 17 556 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg P. Kössler (GRÜNE) vom 16. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Januar 2019) zum Thema: Erhöhte Belastungen durch Stadtrundfahrten und Reisebusse und Antwort vom 31. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Georg P. Kössler (GRÜNE) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17556 vom 16. Januar 2019 über Erhöhte Belastungen durch Stadtrundfahrten und Reisebusse Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berlin Tourismus & Kongress GmbH (visitBerlin) um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Inwiefern ist dem Senat bekannt, wie viele und welche Fahrzeuge für Stadtrundfahrten regelmäßig im Einsatz sind (z.B. Busse, Trabis; Anbieter wie East Car Tours) und wie alt diese Fahrzeuge sind? Antwort zu 1: Derzeit sind zehn Busunternehmen mit Sitz in Berlin im Besitz von Genehmigungen für Stadtrundfahrten nach § 43 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) (Sonderlinienverkehr), die insgesamt ca. hundert Fahrzeuge hierfür einsetzen. Das Alter der Fahrzeuge ist der Genehmigungsbehörde nicht bekannt, da sich der Umfang der Genehmigung im Linienverkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 PBefG auf die Einrichtung, die Linienführung und den Betrieb, nicht jedoch auf die einzelnen Fahrzeuge bezieht. Ansonsten hat das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) keine Kenntnis darüber, ob Unternehmen, die über Genehmigungen im Ausflugs- oder sonstigem Gelegenheitsverkehr verfügen, in Einzelfällen ggf. individuelle Stadtrundfahrten in Berlin durchführen. 2 Schließlich hat das LABO keine Erkenntnisse über solche Stadtrundfahren, die ohne Chauffeur, sondern von sog. Selbstfahrern durchgeführt werden (wie z.B. East Car Tours). Derartige Fahrten sind nicht genehmigungspflichtig. In der Zulassungsbescheinigung Teil I muss lediglich der Eintrag „Selbstfahrervermietfahrzeug“ vorgenommen werden. Frage 2: Inwiefern ist dem Senat bekannt, wie viele Reisebusse aus dem In- und Ausland jährlich nach Berlin kommen und inwiefern gibt es Regelungen für die Begrenzung dieser Anzahl? Antwort zu 2: Derzeit bieten etwa 80 bis 90 Unternehmen Fernreisen per Linienbus an, bei denen Haltestellen in Berlin angefahren werden. Die Anzahl der Busse ist nicht bekannt. Ebenso ist nicht bekannt, wie viele Busse im Gelegenheitsverkehr Berlin anfahren. Regelungen zur Begrenzung gibt es nicht. VisitBerlin liegen hierzu aus dem Qualitätsmonitor folgende Tourismus-Zahlen vor: Transportmittelwahl – Anreise Urlaubsgäste Entwicklung 2015/16 vs. 2017/18 Transportmittel 2015/16 2017/18 Entwicklung Flugzeug 35 % 35 % 0 Prozentpunkte Bahn 22 % 29 % + 7 Prozentpunkte Pkw (inkl. Mietwagen) 24 % 25 % + 1 Prozentpunkte Bus 17 % 9 % - 8 Prozentpunkte Transportmittelwahl – Anreise deutscher Urlaubsgäste Entwicklung 2015/16 vs. 2017/18 Transportmittel 2015/16 2017/18 Entwicklung Flugzeug 19 % 24 % + 5 Prozentpunkte Bahn 29 % 33 % + 4 Prozentpunkte Pkw (inkl. Mietwagen) 28 % 33 % + 5 Prozentpunkte Bus 22 % 9 % - 13 Prozentpunkte Transportmittelwahl – Anreise ausländischer Urlaubsgäste Entwicklung 2015/16 vs. 2017/18 Transportmittel 2015/16 2017/18 Entwicklung Flugzeug 54 % 57 % + 3 Prozentpunkte Bahn 14 % 23 % + 9 Prozentpunkte Pkw (inkl. Mietwagen) 20 % 11 % - 9 Prozentpunkte Bus 12 % 8 % - 4 Prozentpunkte 3 Demnach nimmt der Anteil der mit dem Reisebus nach Berlin kommenden Touristen ab. Im Zeitraum von 2015 bis 2017 stieg die Anzahl der Gäste insgesamt von 12,37 Millionen auf 12,97 Millionen, wobei die Anzahl der ausländischen Gäste von 4,86 Millionen auf 5,10 Millionen und der Gäste aus dem Inland von 7,50 Millionen auf 7,86 Millionen stieg (jeweils + 5 Prozentpunkte). Frage 3: Welche Richtlinien oder Sonderrichtlinien gelten für Fahrzeuge für Stadtrundfahren und Reisebusse in Bezug auf Emissionen und andere Umweltschutzstandards? Antwort zu 3: Fahrzeuge für Stadtrundfahrten und Reisebusse, die innerhalb der Berliner Umweltzone verkehren, müssen die Anforderungen der „grünen Plakette“ erfüllen. Fahrzeuge ohne „grüne Plakette“ dürfen nur in der Berliner Umweltzone fahren, wenn es sich um Fahrzeuge mit H-Kennzeichen, d.h. um Oldtimer handelt. Denn Oldtimer sind gemäß Anhang 3 Nr. 10 der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz von den Fahrverboten in Umweltzonen befreit. Einzelausnahmen werden für Sonderfahrzeuge mit besonderer Geschäftsidee oder aufwändigen Sonderausstattungen und gleichzeitig geringen Fahrleistungen in der Umweltzone erteilt. Es muss nachgewiesen werden, dass die Fahrzeuge nicht nachrüstbar sind. Außerdem müssen diese Sonderfahrzeuge erstmals vor dem 01.11.2014 auf die Antragstellerin oder den Antragsteller zugelassen gewesen sein. Damit wird verhindert, dass zusätzliche Fahrzeuge als Sonderfahrzeug in die Umweltzone gelangen. Für die grüne Plakette ist nach der 35. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz der Abgasstandard Euro 4 oder die Nachrüstung mit Partikelfilter erforderlich. Im Übrigen müssen die Fahrzeuge die einschlägigen Umweltanforderungen des Fahrzeugzulassungsrechts erfüllen. Frage 4: Wie viele Emissionen werden nach Kenntnis des Senats durch diese Fahrzeuge jährlich verursacht? Antwort zu 4: Aktuelle Zahlen liegen für Reisebusse für das Jahr 2015 für die Luftschadstoffe Feinstaub- PM10 und Stickoxide (NOx) für das Hautverkehrsstraßennetz aus Modellrechnungen vor, die im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans erstellt wurden. Tabelle 1: Emissionen in t/a auf Hauptverkehrsstraßen für 2015. Gesamt und Reisebusse Gesamtemissionen Kfz-Verkehr Reisebusse Anteil Stickoxide 5.817,0 238,6 4,1 % Feinstaub (PM10) 546,2 13,0 2,4 % 4 Frage 5: Welche Bezirke werden dabei nach Kenntnis des Senats schwerpunktmäßig angefahren und inwiefern kommt es zu lokal erhöhten Emissionswerten? Frage 6: Wie wirken sich diese Fahrzeuge nach Einschätzung des Senats auf die Verkehrsbelastung auf den Straßen und in den touristisch stark frequentierten Gebieten aus? Antwort zu 5 und zu 6: Die nach § 43 PBefG genehmigten Verkehre fahren durch die Bezirke: Charlottenburg- Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Pankow. Der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen herausgegebene Umweltatlas enthält in der Karte 7.01 „Verkehrsmengen“ (http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umweltatlas/index.shtml) zumindest für die Hauptverkehrsstraßen straßengenaue Zahlen des Reisebusaufkommens. Demnach ist im touristisch stark frequentierten Bezirk Mitte sowie im Bereich des Messegeländes in Charlottenburg-Wilmersdorf mit typischerweise 100 - 400 Reisebussen am Tag zu rechnen, mit Anteilen am Gesamtverkehrsaufkommen von weniger als 5 %. Modellrechnungen für die Fortschreibung des Berliner Luftreinhalteplans ergaben in den 24 Straßen, in denen sich Luftgütemessstellen für Stickstoffdioxid befinden, maximale Anteile der Reisebusse an der dort vom lokalen Verkehr verursachten Zusatzbelastung von höchstens 5 %. Frage 7: Wie positioniert sich der Senat zu der Befürchtung, dass die erhöhte Verkehrsbelastung durch Stadtrundfahrten und Reisebusse den Welterbe-Status der Museumsinsel gefährden könnte? Antwort zu 7: Die erfreuliche Tatsache, dass die Berliner Welterbestätte Museumsinsel auf großes Interesse stößt und viele Besucherinnen und Besucher dort erscheinen, bringt andererseits die Gefahr einer Übernutzung mit sich. Eine hohe Anzahl von Reisebussen auf der Insel gefährdet die Wahrnehmbarkeit und schließlich die visuelle Integrität der Stätte. Erhöhtes oder ungesteuertes Verkehrsaufkommen stellt für Welterbestätten grundsätzlich eine Herausforderung dar. Der Senat steht mit Bezirken und Verbänden im Austausch, um eine Lösung zur Verkehrsentlastung der Museumsinsel zu finden. Frage 8: Wo sieht der Senat Handlungsbedarf zur Verbesserung der Situation und welche konkreten Schritte sind geplant? 5 Antwort zu 8: Es wird geprüft, ob im Rahmen der Genehmigung von Haltestellen immissionsschutzrechtliche Auflagen möglich sind. Darüber hinaus sieht der Senat Handlungsbedarf für ein Management des Reisebusaufkommens an Stätten wie der Museumsinsel (siehe auch Antwort zu Frage 7). Berlin, den 31.01.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz