Drucksache 18 / 17 569 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) vom 21. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. Januar 2019) zum Thema: Straftaten nach dem FreizügG/EU und Antwort vom 01. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marcel Luthe (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17 569 vom 21. Januar 2019 über Straftaten nach dem FreizügG/EU ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1) Wie viele Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Straftaten nach § 9 Abs. 1 FreizügG/EU hat es in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? 2) Wie viele Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Straftaten nach § 9 Abs. 2 FreizügG/EU hat es in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? Zu 1. und 2.: Im Aktenverwaltungssystem der Strafverfolgungsbehörden wird § 9 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) als Delikt erfasst, ohne zwischen Absatz 1 und Absatz 2 als Tatvorwurf zu unterscheiden. Eine Differenzierung zwischen beiden Absätzen ist daher nicht möglich. Die Auswertung durch das Aktenverwaltungssystem der Strafverfolgungsbehörden stellt sich wie folgt dar: Eingänge im Jahr* Anzahl Verfahren wegen ausschließlich § 9 FreizügG/EU Anzahl Verfahren wegen § 9 FreizügG/EU in Kombination mit weiteren Delikten Summe 2014 28 23 51 2015 30 12 42 2016 34 18 52 2017 25 58 83 2018 61 136 197 * Eine Auswertung der Jahre 2005 bis 2013 ist nicht möglich, weil ein Großteil der Daten wegen Ablaufs der Speicherungsfrist gelöscht worden ist. Der große Anstieg der Anzahl der Verfahren nach § 9 FreizügG/EU im Jahr 2018 ist auf ein Großverfahren zurückzuführen, das zwar bereits 2016 eingeleitet wurde, in dem es aber 2018 zu zahlreichen Verfahrensabtrennungen kam. 2 3) Wie viele dieser Verfahren sind jeweils a) nach § 170 II StPO, b) nach § 153 StPO c) nach § 153 a StPO eingestellt worden? Zu 3.: Die Auswertung des Aktenverwaltungssystems der Strafverfolgungsbehörden ist der Anlage I zu entnehmen. 4) Wie viele rechtskräftige Verurteilungen wegen Straftaten im Sinne der Frage zu 1) oder zu 2) hat es in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? Wie viele davon lauteten auf eine Freiheitsstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist? Zu 4.: Die statistischen Auswertungen sind der Anlage II zu entnehmen. Die Verurteilungen nach dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern FreizügG/EU werden erst seit dem Jahr 2009 statistisch erhoben. Die Zahlen für das Jahr 2018 werden voraussichtlich erst Mitte des Jahres vorliegen. Eine gesonderte statistische Erfassung nach Tatbeständen (§ 9 Abs. 1 und 2 Freizüg G/EU) erfolgt nicht. 5) Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren nach a) § 10 Abs. 1 Nr. 1, b) § 10 Abs. 1 Nr. 2, c) § 10 Abs. 2 sowie d) § 10 Abs. 3 FreizügG/EU hat es in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? 6) Welche Behörde ist jeweils für die einzelnen Tatbestände zu 4) zuständige Ordnungsbehörde im Sinne des § 36 OwiG? Zu 5. und 6.: Es wird davon ausgegangen, dass in Frage 6 auf die einzelnen Tatbestände zu Frage 5 Bezug genommen werden sollte, da nur die Frage 5 Ordnungswidrigkeiten betrifft. In Frage 4 geht es um Freiheitsstrafen, die es bei Ordnungswidrigkeiten nicht gibt. Sofern die zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) für Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 10 Abs. 1 und Abs. 3 Freizüg/EU erfragt wird, ist dies gemäß § 10 Abs. 5 FreizügG/EU i. V. m. § 1 Abs. 3 Nr. 5 Buchstabe c) der Verordnung über die Zuständigkeit der Bundespolizeibehörden (BPolZV) die für Berlin örtlich zuständige Bundespolizeidirektion (Frage 5 a, b, d). Statistische Angaben dieser Behörde liegen dem Senat nicht vor. Die Zuständigkeit der Ausländerbehörde Berlin erstreckt sich gemäß § 36 Abs. 2 OWiG i. V. m. § 1 Abs. 9 Buchstabe a) der Verordnung über sachliche Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten (ZustVO – OWiG) sowie nach § 2 Abs. 4 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (ASOG Bln) i. V. m. Nr. 33 Abs. 4 des Zuständigkeitskatalogs Ordnungsaufgaben (Zust- Kat Ord) i. V. m. § 71 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 5 AufenthG nur auf Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 10 Abs. 2 FreizügG/EU (Frage 5 c). Die Zahl dieser Ordnungswidrigkeitsverfahren wird statistisch nicht erfasst. 7) Betreffend wie viele Personen hat es Entscheidungen nach § 2 Abs. 7 FreizügG/EU durch die zuständige Ausländerbehörde in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? Zu 7.: Die erbetene Angabe wird erst seit dem Jahr 2018 statistisch erhoben. Im Jahr 2018 ergingen 104 Bescheide. 8) Betreffend wie viele Personen hat es Entscheidungen nach § 5 Abs. a FreizügG/EU durch die zuständige Ausländerbehörde in den Jahren 2005 bis heute jährlich in Berlin gegeben? 3 Zu 8.: Sofern die Zahl der Feststellungsbescheide nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU erfragt wird, wird mitgeteilt, dass diese erst seit 2018 statistisch erhoben wird. Im Jahr 2018 wurden 36 Bescheide erlassen. Berlin, den 1. Februar 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung S18/17 569 Anlage I Jahr des Eingangs Einstellungsartsart nur § 9 FreizügG/EU § 9 FreizügG/EU mit weiteren Delikten Summe nur § 9 FreizügG/EU § 9 FreizügG/EU mit weiteren Delikten Summe nur § 9 FreizügG/EU § 9 FreizügG/EU mit weiteren Delikten Summe nur § 9 FreizügG/EU § 9 FreizügG/EU mit weiteren Delikten Summe nur § 9 FreizügG/EU § 9 FreizügG/EU mit weiteren Delikten Summe § 153 a I Nr. 2 StPO 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 14 14 0 52 52 § 153 I StPO 2 1 3 1 0 1 2 0 2 1 6 7 1 10 11 § 170 II StPO 0 1 1 1 0 1 2 0 2 0 13 13 3 25 28 § 170 II StPO objektiv keine Straftat 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 0 1 3 0 3 § 170 II StPO Verfahrenshindernis 2 2 4 3 1 4 1 0 1 1 0 1 1 0 1 § 153 a I Nr. 2 StPO (Geldbetrag Landeskasse) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 5 0 21 21 Summe 4 4 8 5 1 6 6 0 6 3 38 41 8 108 116 StPO = Strafprozessordnung 2014 2015 2016 2017 2018 Einstellung der Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die allgmeine Freizügigkeit von Unionsbürgern FreizügG/EU in Berlin - 2014 bis 2018 - SenJustVA S18/17569 Anlage II Rechtskräftig verurteilte Personen in Berlin wegen Verstoßes gegen das Gesetz über die allgmeine Freizügigkeit von Unionsbürgern FreizügG/EU - 2005 bis 2017 - 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 FreizügG/ EU Verurteilte 0 0 0 1 0 2 0 1 2 Von den Verurteilten erhielten als schwerste Strafe - Freiheitsstrafe ohne Bewährung 0 0 0 0 0 0 0 1 1 Quelle: Strafverfolgungsstatistik des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg für die Jahre 2009 - 2017 Methodische Hinweise: Die Statistik basiert auf Zählkarten, die von den Strafvollstreckungsbehörden für jeden in Berlin rechtskräftig Abgeurteilten – unabhängig von seinem Wohnsitz – ausgefüllt werden. Bei der Aburteilung ist nur die Straftat erfasst, die nach dem Gesetz mit der schwersten Strafe bedroht ist. Werden mehrere Straftaten der gleichen Person in mehreren Verfahren abgeurteilt, wird diese Person entsprechend mehrfach gezählt.