Drucksache 18 / 17 589 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) vom 22. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Januar 2019) zum Thema: Neue Mobilität bis an den Stadtrand und Antwort vom 31. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Sebastian Czaja (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17 589 vom 22. Januar 2019 über Neue Mobilität bis an den Stadtrand Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Chancen sieht der Senat zur Ausweitung neuartiger On-Demand-Ride-Services (wie z.B. Berlkönig) in Gebieten außerhalb des S-Bahnringes? Antwort zu 1: Ob es Chancen gibt, hängt zunächst davon ab, welches konkrete Geschäftsmodell dem jeweiligen On-Demand-Service zu Grunde liegt und ob dieses genehmigungsfähig ist. Das Personenbeförderungsgesetz sieht für Bedarfsverkehr („On-demand-Verkehr“) mit Pkw regulär nur den Gelegenheitsverkehr mit Taxen oder mit Mietwagen vor. Beide Verkehrsformen müssen im Interesse der Fahrgäste und des fairen Wettbewerbs bestimmte Vorgaben einhalten. Daher sind neue Verkehrsformen, die Komponenten dieser und anderer Verkehre vermischen, ohne deren Beschränkungen zu übernehmen, personenbeförderungsrechtlich nur unter engen Voraussetzungen und im Einzelfall zulässig. Unabhängig von diesen genehmigungsrechtlichen Fragen können On-Demand-Ride- Services vor dem Hintergrund der im Mobilitätsgesetz definierten Ziele dann als „Chance“ zu bewerten sein, wenn sie einen Beitrag zur Verkehrsreduzierung und zum Umweltschutz leisten bzw. in Gebieten, die unterdurchschnittlich mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) angebunden sind, die Erschließung verbessern. Ein Umweltvorteil bzw. verringerter Verkehrsaufwand ist mit den neuen Angeboten nur dann verbunden, wenn sie ein sogenanntes „Pooling“ (Bündelung separater Fahrtwünsche) umfassen und dieses erfolgreich umgesetzt wird. Entscheidend ist darüber hinaus, ob das Angebot überwiegend Personen anspricht, die andernfalls einzeln den eigenen Pkw genutzt hätten. Werden vor allem Fahrten mit dem Rad oder dem ÖPNV ersetzt, würde 2 sich hingegen die Belastung der Stadt durch motorisierten Verkehr erhöhen. Die derzeit in Berlin laufenden Erprobungen von On-Demand-Verkehren dienen u.a. der Erhebung entsprechender Daten, um auf deren Basis die verkehrliche Bewertung von neuen On- Demand-Angeboten als Chance oder Risiko für die nachhaltige Mobilität valide bewerten zu können. Schließlich ist für die Frage der Ausweitung von On-Demand-Angeboten auf die Außenbezirke noch zu bedenken, dass nach allen bisher bekannten Daten und auch nach Aussage der kommerziellen Betreiber das Pooling am besten in dicht besiedelten, hoch verdichteten städtischen Bereichen mit vielen „digitalaffinen“ Nutzerinnen und Nutzern gelingt. Insofern sind die Rahmenbedingungen in Gebieten außerhalb des S-Bahn-Rings in Stadtgebieten mit geringerer Bevölkerungsdichte tendenziell schlechter, um kommerzielles Pooling zu etablieren. Frage 2: Welche Pläne zur Ausweitung von On-Demand-Ride-Services verfolgt der Senat derzeit, insbesondere im Hinblick auf den Nahverkehrsplan 2019-2023 (NVP) Antwort zu 2: Der Entwurf des Nahverkehrsplans 2019-2023 (NVP) befasst sich in Bezug auf On- Demand-Ride-Services (im NVP werden vor allem die Begriffe „flexibler Bedarfsverkehr“, „digitaler Bedarfsverkehr“ oder „Rufbus“ verwendet) insbesondere mit der Frage, ob digitale Bedarfsverkehre als Teil des ÖPNV-Angebots dazu beitragen können, gezielt weniger gut erschlossene Gebiete besser anzubinden. Hier geht es also vor allem darum, Mobilität erst einmal zu ermöglichen und den Zugang zu bestehenden ÖPNV-Angeboten zu verbessern. Dazu werden anhand einschlägiger verkehrsplanerischer Kriterien Potenzialgebiete identifiziert und nach ihrer Siedlungsstruktur typisiert. Für die drei gegebenen unterschiedenen Siedlungsstrukturen wird jeweils ein Erprobungsgebiet für zukünftig Angebote digital buchbarer flexibler Bedienung benannt. Bei diesen Erprobungen wird es sich um einen flexiblen Bedarfsverkehr handeln, der Teil des ÖPNV ist und somit dessen Standards erfüllen muss. Das betrifft insbesondere den Tarif (Basis: Tarif des Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB-Tarif) für Berlin AB, ggf. Zuschlag bei Premium-Produkt oder als Bordzuschlag), die Zugänglichkeit (nicht nur über App, sondern auch per Callcenter, Internet oder Fahrpersonal), die Barrierefreiheit und die Umweltstandards. Frage 3.: Welche Position vertritt der Senat, dass auch das Taxi-Gewerbe entsprechende Dienstleistungsangebote in vorbezeichneten Gebieten übernehmen könnten? 3 Antwort zu 3: Es gibt bereits heute eine enge Kooperation zwischen dem Taxigewerbe und der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), sei es bei der Erbringung von Leistungen im Nachtverkehr, sei es bei der Unterstützung im Schienenersatzverkehr. Insofern wird es auch bei weiteren und ggf. neuen Angeboten im Rahmen des ÖPNV Überlegungen geben, ob und wie das Taxigewerbe einbezogen werden kann. Berlin, den 31.01.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz