Drucksache 18 / 17 633 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Kurt Wansner (CDU) vom 23. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Januar 2019) zum Thema: Causa Knabe – War der Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen für den Kultursenator ein Dorn im Auge? – Nachfrage zur Schriftlichen Anfrage 18/16929 und Antwort vom 11. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Kurt Wansner (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17633 vom 23. Januar 2019 über Causa Knabe – war der Direktor der Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen für den Kultursenator ein Dorn im Auge? (II) Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen Dr. Knabe mit seinem Vizedirektor am 01.03.2016 ein Personalgespräch geführt, nachdem er am Vortag vom damaligen Stiftungsratsvorsitzenden Tim Renner über das Vorliegen einer Beschwerde über das Verhalten des Vizedirektors informiert worden war und er dazu einen Vermerk gefertigt hat, der einer Abmahnung gleichkam? Zu 1.: Der Senat teilt nicht die Einschätzung, dass der Vermerk „einer Abmahnung gleichkam “. Das Personalgespräch am 01.03.2016 hat der ehemalige Direktor in einem Schreiben vom 02.02.2018 an die Senatsverwaltung für Kultur und Europa (SenKultEuropa ) erwähnt; nicht dagegen, dass er einen Vermerk darüber gefertigt und dem damaligen Vizedirektor ausgehändigt hatte. Ein solches Dokument ist Herrn Dr. Lederer erst am 09.08.2018 bekannt geworden, weil der Vizedirektor auf Nachfrage in der Anhörung ein solches Schreiben erwähnte und der Senator es anschließend bei Herrn Dr. Knabe abforderte. Sowohl aus dem Gesprächsvermerk vom 01.03.2016 als auch dem Schreiben vom 02.02.2018 ist nicht ersichtlich, dass Herr Dr. Knabe eine Abmahnung ausgesprochen hat. Vielmehr findet dort nur eine Weisung an den ehemaligen Vizedirektor Erwähnung , Verhaltensweisen zukünftig zu unterlassen, weil diese missverstanden werden können. Der Vermerk war auch nicht in der Personalakte zu finden, die Herr Dr. Knabe nach dem Gespräch am 06.08.2018 auf Verlangen dem Stiftungsratsvorsitzenden und der stellvertretenden Stiftungsratsvorsitzenden aushändigte. Herr Dr. Knabe wies bei der Übergabe der Personalakte auch nicht daraufhin, dass die Personalakte nicht vollständig ist. Stattdessen teilte Herr Dr. Knabe Herrn Dr. Lederer im Gespräch am 06.08.2018 mit, dass sich sein Stellvertreter intensiv, insbesondere gegenüber jun- Seite 2 von 4 gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um ein gutes Verhältnis auf Augenhöhe bemühe . Sie würden geradezu von ihm schwärmen. 2. Ist dieser Vermerk Herrn Renner von dem Direktor übermittelt worden, mit der Bitte um Mitteilung, wenn aus seiner Sicht „weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen“ erforderlich seien? Zu 2: Dieser Vermerk wurde dem damaligen Stiftungsratsvorsitzenden offenbar mit Schreiben vom 01.03.2016 übermittelt. Der Verbleib dieses Vermerks in den Unterlagen der SenKultEuropa konnte bis heute trotz intensiver Aktenrecherche nicht ermittelt werden. Die in der Frage zu 2. zitierten drei Worte werden hier aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt; der gesamte Satz lautet: „Wenn aus Ihrer Sicht weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen erforderlich sind, bitte ich um Übersendung der Beschwerden , damit ich dies rechtlich prüfen kann.“ Auch geht hieraus hervor, dass der Direktor, der die Personalverantwortung innehatte , nicht gewillt war, aktiv und eigenverantwortlich Abhilfe zu schaffen oder Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Seitens des damaligen Stiftungsratsvorsitzenden erhielt der Vorstand ausreichend konkrete Hinweise, um sich mit dem Phänomen des Machtmissbrauchs in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen eigenverantwortlich und systematisch zu befassen. 3. Wer hat die Initiative zu dem Personalgespräch mit dem Vizedirektor am 01.03.2018 ergriffen und wodurch wird dies belegt? Zu 3.: Der damalige Stiftungsratsvorsitzende führte im Beisein der zuständigen Personalleiterin am 29.02.2016 ein Gespräch mit Herrn Dr. Knabe, informierte ihn, dass seinem Stellvertreter sexuelle Belästigung vorgeworfen werde, und wies ihn an, geeignete Maßnahmen gegenüber dem so Beschuldigten zu ergreifen. Daraufhin führte Herr Dr. Knabe ein Personalgespräch mit seinem Stellvertreter. 4. Trifft es zu, dass der damalige Stiftungsratsvorsitzenden Renner den Erhalt des Vermerks schriftlich bestätigt und dabei keine weitergehenden arbeitsrechtlichen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat? Hat er jemals dem Direktor gegenüber in schriftlicher Form den strafrechtlich relevanten Begriff „sexuelle Belästigung“ benutzt? Wenn nicht, warum nicht? Wenn ja, wo und wann? Zu 4.: Der damalige Stiftungsratsvorsitzende hat den Erhalt des Vermerkes schriftlich bestätigt und wie im Gespräch am 29.02.2016 besprochen, entschieden, dass vorerst keine Volontärinnen und Volontäre aus dem senatseigenen Programm an die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen zugewiesen werden sollten. Die Personalverantwortung lag nach allgemeinem Verständnis bei dem Direktor. Der Begriff der sexuellen Belästigung ist hier arbeitsrechtlicher Natur, vgl. etwa BAGE 150, 109; BAG NJW 2012, 407 Rn. 18. Ferner wird auf § 12 des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) verwiesen. Diese Vorschrift regelt unter der Überschrift „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ im Einzelnen den hier verwendeten Begriff. Seite 3 von 4 5. Trifft es zu, dass Herr Dr. Lederer erst während der mündlichen Anhörung des Vizedirektors am 09.08.2018 – gut zweieinhalb Jahre nach Anfertigung des Vermerks - davon erfahren hat, dass der Direktor am 01.03.2016 mit dem Vizedirektor ein Personalgespräch geführt und diesem arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht hat? Falls ja: Ist er bis zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Direktor nach den Beschwerden aus dem Jahr 2016 nicht tätig geworden ist und die Vorgänge arbeitsrechtlich nicht sanktioniert hat? Zu 5.: Der Senat kann nicht erkennen, dass ausweislich des Gesprächsvermerks vom 01.03.2016 arbeitsrechtliche Konsequenzen ernsthaft angedroht wurden. Der Direktor teilt in seinem Schreiben vom 02.02.2018 an die SenKultEuropa mit, er habe „den Mitarbeiter in dem Personalgespräch angewiesen, körperliche Berührungen oder private SMS an seine Mitarbeiter strikt zu unterlassen, da diese offenbar missverstanden werden könnten.“ Die Vorwürfe der Frauen betreffen Vorfälle bis ins Jahr 2018 und wurden erst durch die Kündigung des Vizedirektors dem Fehlverhalten angemessen und konsequent arbeitsrechtlich sanktioniert. 6. Hat Herr Dr. Lederer Frau Prof. Grütters davon unterrichtet, dass der Direktor der Gedenkstätte den Vizedirektor bereits am 01.03.2016 sanktioniert hat und damit alle bis dahin erhobenen Vorwürfe arbeitsrechtlich bereits verwirkt waren? Falls nein: Warum nicht? Falls ja: Hat sich Dr. Lederer bei Prof. Grütters für diese mangelhafte Unterrichtung entschuldigt? Falls ja: wann und wie? Zu 6.: Nach der Auffassung des Senats stellt die Anweisung, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen, da diese „missverstanden werden können“, keine Sanktionierung von sexuellen Belästigungen und Grenzverletzungen gegenüber deutlich jüngeren, in einem Abhängigkeitsverhältnis stehenden Mitarbeiterinnen dar. Siehe ferner Antwort zu 5. Eine „Verwirkung“ hätte nach dem Wortlaut des Vermerks vom 01.03.2016 selbst dann nicht vorgelegen, wenn der Vermerk als Abmahnung hinsichtlich einzelner Pflichtverletzungen zu werten wäre (BAG Urteil vom 27.11.2008 – 2 AZR 675/07). Im Übrigen hat der Vizedirektor sein Verhalten in keiner Weise verändert und die Pflichtverletzung auch in Ansehung des Gesprächs mit Herrn Dr. Knabe offenkundig fortgesetzt. 7. Wie erklärt Dr. Lederer, dass ein seinem Vorgänger übersandter Vermerk, dessen Eingang dieser seinerzeit bestätigte, sich nicht (mehr) in den Akten seiner Verwaltung befand, als es um die Sanktionierung von arbeitsrechtlichen Verfehlungen in diesem Zusammenhang ging? Wurde der Vermerk aus den Akten entfernt und wenn ja, durch wen? Zu 7.: Es ist derzeit nicht erklärbar, warum der Vermerk sich nicht in der Akte befindet. Siehe Antwort zu 2. Gleiches gilt jedoch auch für die Personalakte, die Herr Dr. Knabe Herrn Senator Dr. Lederer am 06.08.2019 übergab. In dieser Akte war der Vermerk ebenfalls nicht vorhanden , was jedoch zwingend der Fall sein müsste, wenn der Direktor darin tatsächlich eine Abmahnung ausgesprochen hätte. Die Personalakte enthält im Übrigen auch keine Vermerke zu weiteren Personalgesprächen, die Herr Dr. Knabe mit dem Vizedirektor geführt haben will. Seite 4 von 4 8. Wie hat sich Dr. Lederer auf die Anhörung des Vizedirektors vorbereitet und welche Unterlagen standen ihm dazu zur Verfügung? Wurde der frühere Staatssekretär Renner und der Direktor vor der Anhörung zur Sache befragt? Wenn nein, warum nicht? Zu 8.: Die Anhörung des Vizedirektors fand in zwei Schritten statt, nämlich zunächst durch das persönliche Gespräch vom 09.08.2018 und im Wege einer schriftlichen Anhörung mit Schreiben vom 07.09.2018. Grundlage dieser Anhörungen waren der jeweils aktuelle Stand der Ermittlungen durch die von SenKultEuropa beauftragte Anwältin und die vorliegenden Verwaltungsakten. Herr Dr. Lederer war von dem Gespräch zwischen dem damaligen Stiftungsratsvorsitzenden, Herrn Tim Renner, und Herrn Dr. Knabe vom 29.02.2016 durch die Personalleiterin von SenKultEuropa informiert , die an dem damaligen Gespräch teilgenommen hatte. Berlin, den 11.02.2019 In Vertretung Dr. Torsten Wöhlert Senatsverwaltung für Kultur und Europa