Drucksache 18 / 17 641 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) vom 24. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Januar 2019) zum Thema: Spandau: Graue Wölfe 2.0 und Antwort vom 04. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 3 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Tommy Tabor (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17641 vom 24. Januar 2019 über Spandau: Graue Wölfe 2.0 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: Der Verfassungsschutzbericht des Landes Berlin 2017 berichtet im Abschnitt 6.2. "Antisemitismus im nicht-islamistisch geprägten Ausländerextremismus" u.a. über die Anhänger der "Ülkücü Bewegung": "Auch im nicht-islamistisch geprägten extremistischen Spektrum ausländischer Organisationen sind antisemitische Stereotype präsent. So ist Antisemitismus etwa bei rechtsextremistischen Türken Teil ihrer nationalistischen und rassistischen Ideologie, die in Deutschland im Wesentlichen der Dachverband „Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V.“ und meist unorganisierte Jugendliche vertreten. Die Anhänger der Bewegung sind als „Graue Wölfe“ oder „Ülkücü“-Bewegung bekannt und bezeichnen sich selbst als Idealisten („Ülkücü“). Die nationalistischrassistische „Ülkücü“-Ideologie basiert auf dem Überlegenheitsanspruch des Türkentums und der türkischen Nation sowie auf der Abwertung anderer Ethnien, Nationen und Religionsgemeinschaften. Zum übersteigerten Nationalismus der Bewegung gehören zwangsläufig rassistische und antisemitische Einstellungen." Ich frage den Senat: Meine Schriftliche Anfrage DS 18/17336 zum Thema: Spandau: Graue Wölfe beantwortet der Senat dahingehend, ihm seien nationalistische Vereine und Gruppierungen und/oder Einzelpersonen mit dem Namen „Graue Wölfe“ nicht bekannt. 1.) Hat der Senat generell keine Kenntnisse über die auch als „Ülkücü“ bekannten "Grauen Wölfe" oder nur nicht in Bezug auf Spandau? Zu 1.: Anhänger der „Ülkücü“-Bewegung sind in Berlin unter anderem in Vereinen, die dem Dachverband „Föderation der Türkischen Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland e.V.“ („Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu“, ADÜTDF) angehören, organisiert. Seite 2 von 3 Die Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hakan Taş (LINKE) über Aktivitäten rechtsextremer Organisationen von türkeistämmigen Menschen in Berlin Drucksache 17/17021 gibt den Erkenntnisstand des Senates bis zum Jahre 2015 wieder. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom Juli 2016 üben türkische Nationalisten auch in Berlin abermals verstärkten Druck auf Oppositionelle aus. 2.) Inwieweit hat sich das Lagebild für Berlin seit dem Putschversuch 2016 gewandelt? Zu 2.: In Beantwortung der Drucksache 17/17021 wurde im September 2015 durch den Senat kein Lagebild erstellt, sondern es wurden einzelne Fragen beantwortet. Die Antworten wurden inhaltlich auf eine Veränderung aufgrund der politischen Entwicklung in der Türkei seit dem Putschversuch 2016 untersucht. Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel werden in der stadtweiten Veranstaltungsdatenbank (VDB) der Polizei Berlin erfasst. Dort werden die allgemeinen Veranstaltungsdaten sowie personenbezogene Daten von Anmelderinnen und Anmeldern und gegebenenfalls verantwortlichen Personen gespeichert. Eine phänomenbezogene Erfassung erfolgte jedoch weder vor dem Jahr 2016 noch danach. Eine automatisierte Recherche im Sinne der Fragestellung ist somit nicht möglich. Zur Entwicklung gewaltsamer Übergriffe türkischer Rechtsextremisten in Berlin können keine Statistiken aufgeliefert werden. Grundlage hierfür bildet der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK). Dabei handelt es sich entgegen der „Polizeilichen Kriminalstatistik“ (PKS) um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurde. Die Fallzahlen der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) unterliegen bis zum Abschluss – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tätermotivation. Darüber hinaus werden Fälle der PMK auch nachträglich gezählt, wenn sie erst nach dem Statistikschluss bekannt werden. Deshalb kann es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen kommen. Im bundesweit geltenden Themenfeldkatalog zu KTA-PMK (Kriminaltaktischen Anfragen in Fällen Politisch motivierter Kriminalität) ist das Unterthema „PKK/Kurdenproblematik“ vorhanden. Dort werden alle Fälle in diesem Themenzusammenhang abgebildet. Eine Trennung nach pro und contra PKK bzw. Kurden ist nicht möglich, da dies in einer automatisierten Datei so nicht erfasst wird. Der zum Zeitpunkt der Schriftlichen Anfrage im Jahr 2015, auf die hier Bezug genommen wird, noch aktive Turkos MC Berlin ist seit Mitte 2016 nicht mehr existent. Der Turkos MC soll sich im Jahr 2018 weltweit vollständig aufgelöst haben. Die ehemaligen Mitglieder des MC Turkos Berlin wurden durch das LKA Berlin nicht weiter betrachtet. Weitere Motorrad Clubs, die über Verbindungen z. B. zum „Ülkücü“- Milieu verfügen, sind im Landeskriminalamt (LKA) Berlin aktuell nicht bekannt. Auch für den Zeitraum nach 2016 liegen der Polizei Berlin keine Erkenntnisse über eine Verstrickung türkischer Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten aus der „Ülkücü“-Bewegung in Drogen- oder Waffenhandel, in Schutzgelderpressung, Menschenhandel oder generell organisierte Kriminalität vor. Ebenso wenig liegen Erkenntnisse vor über Fälle, in denen Waffen bei Personen aus dem „Ülkücü“-Milieu gefunden wurden, oder über Wehrsport- oder Kampfsporttraining sowie Schusswaffentraining von Angehörigen der „Ülkücü“-Bewegung in Berlin. Es sind der Polizei Berlin auch nach 2016 keine Fälle bekannt geworden, wonach Anhänger der „Ülkücü“-Bewegung innerhalb der Polizei Berlin oder anderer Senatsund Bezirksbehörden auffällig wurden. Seite 3 von 3 Zur Einflussnahme Angehöriger der „Ülkücü“-Bewegung auf aus der Türkei stammende Oppositionelle liegen dem Senat aktuell keine belastbaren Erkenntnisse vor, die für eine grundlegende Änderung der bisherigen Bewertung durch den Senat sprechen würden. Die Schriftliche Anfrage DS 18/13377 über Internate der „Hizmet-Bewegung“ in Berlin führt eine Reihe in Spandau angesiedelter Schulen auf, die der von Fethullah Gülen inspirierten „Hizmet-Bewegung“ nahestehen. 3.) Nimmt der Senat zur Kenntnis, dass die Berliner Tagespresse umfangreich über Einschüchterungsversuche seitens türkischer Nationalisten gegenüber Eltern von Schülern der "Mosaik-Schulen" berichtet hat, und welchen Handlungsbedarf sieht er hier? Zu 3.: Die Schulaufsichtsbehörde überprüft die Genehmigungs- und Anerkennungsvoraussetzungen der Ersatzschulen. In Gesprächen zwischen Schulträger und Schulaufsicht werden auch Schwierigkeiten durch die politische Situation in der Türkei angesprochen. Berlin, den 04. Februar 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport