Drucksache 18 / 17 652 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 24. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Januar 2019) zum Thema: Teilhabeplanverfahren und Antwort vom 08. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17652 vom 24. Januar 2019 über Teilhabeplanverfahren ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Senat geht davon aus, dass sich die Fragen auf die Vorgehensweise des Trägers der Eingliederungshilfe als Rehabilitationsträger beziehen. Eine Beantwortung der Schriftlichen Anfrage mit Bezug zu den Verfahrensweisen bei allen Rehabilitationsträgern wäre dem Senat nicht möglich. 1. Im neu zu implementierenden Teilhabeplanverfahren wird es zukünftig zu einer Begutachtung der Empfänger von Leistungen zur Teilhabe, insbesondere von Beschäftigten in Behindertenwerkstätten geben. Diese Begutachtung soll, Angabe gemäß, 8 Stunden andauern. Hat der Empfänger von Leistungen zur Teilhabe in dieser Begutachtungssituation die Möglichkeit eine Vertrauensperson hinzuzuziehen? Diese Frage wird unabhängig von der Teilhabeplankonferenz gestellt, welche ja zusätzlich stattfindet und Vertrauenspersonen zulässt. Zu 1.: Nach § 17 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) beauftragt der leistende Rehabilitationsträger unverzüglich einen geeigneten Sachverständigen, wenn für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs ein Gutachten erforderlich ist. Er benennt den Leistungsberechtigten in der Regel drei möglichst wohnortnahe Sachverständige, soweit nicht gesetzlich die Begutachtung durch einen sozialmedizinischen Dienst vorgesehen ist. Haben sich Leistungsberechtigte für einen benannten Sachverständigen entschieden, wird dem Wunsch Rechnung getragen. In Berlin ist es die Regel, dass der Öffentliche Gesundheitsdienst die Gutachten nach § 17 SGB IX erstellt, so dass der Senat von der Einrichtung eines eigenen sozialmedizinischen Dienstes für den Träger der Eingliederungshilfe Abstand genommen hat. 2 Zur Feststellung des Rehabilitationsbedarfs war es im Übrigen auch bereits in der Vergangenheit üblich, Gutachten erstellen zu lassen. Dem Senat liegen derzeit keine Kenntnisse über die Zeitdauer von Begutachtungen gem. § 17 SGB IX vor. Hierzu bleibt die Auswertung der ab 01.01.2019 begonnenen statistischen Erfassung im Kontext des § 41 SGB IX (Teilhabeverfahrensbericht) abzuwarten. Dies gilt ebenfalls für die Anwendung von Instrumenten zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs gem. § 13 SGB IX - in Berlin für den Träger der Eingliederungshilfe das „Teilhabeinstrument Berlin“ (TIB). Die Begutachtung und die Bedarfsermittlung sind zwei fachlich und methodisch getrennte und aufeinanderfolgende Schritte im Gesamtverfahren. Der erste Teilhabeverfahrensbericht wird voraussichtlich Ende 2020 / Anfang 2021 vorliegen. Hinsichtlich der Hinzuziehung einer Vertrauensperson wird auf § 21 SGB IX hingewiesen. Dort heißt es: „Ist der Träger der Eingliederungshilfe der für die Durchführung des Teilhabeplanverfahrens verantwortliche Rehabilitationsträger, gelten für ihn die Vorschriften für die Gesamtplanung ergänzend; dabei ist das Gesamtplanverfahren ein Gegenstand des Teilhabeplanverfahrens.“ Nach § 121 Abs. 3 SGB IX wirkt der Träger der Eingliederungshilfe bei der Aufstellung des Gesamtplanes u. a. mit dem Leistungsberechtigten und ggf. einer Person seines Vertrauens zusammen. Diese Regelung tritt zum 01.01.2020 in Kraft. Bis zum 31.12.2019 ist § 141 SGB XII maßgeblich. § 141 Abs. 2 SGB XII lautet wie folgt: „Am Gesamtplanverfahren wird auf Verlangen des Leistungsberechtigten eine Person seines Vertrauens beteiligt.“ 2. Wie ist eine Begutachtung über einen Zeitraum von 8 Stunden mit einer verminderten Arbeitszeit von Beschäftigten in Behindertenwerkstätten vereinbar? 3. Wie wird in der Begutachtungssituation mit einer möglichen psychischen Überforderung des zu begutachtenden Antragstellers auf Leistungen zur Teilhabe umgegangen? Zu 2. und 3.: Der Senat wird die Bezirke in geeigneter Weise darauf hinweisen, dass bei der Begutachtung zur Feststellung bzw. der Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs auf die individuellen, insbesondere behinderungsbedingten Belange der zu begutachtenden Person Rücksicht genommen wird. 4. Nach welchen Kriterien und mit welchen Instrumenten genau erfolgt die genannte Begutachtung? Gem. § 13 Abs. 1 SGB IX sind dies dem Rehabilitationsträger nahe Verbände und Vereinigungen, sowie damit beauftragte Dritte. 5. Wer legt die Kriterien fest? 6. Wie erfolgt die Auswahl der mit der Entwicklung der Instrumente beauftragten Dritten, gem. § 13 Abs. 1 SGB IX? Zu 4. bis 6.: Nach § 13 SGB IX verwenden die Rehabilitationsträger zur einheitlichen und überprüfbaren Ermittlung des individuellen Rehabilitationsbedarfs systematische Arbeitsprozesse und standardisierte Arbeitsmittel (Instrumente) nach den für sie geltenden Leistungsgesetzen. Ferner heißt es dort, dass die Rehabilitationsträger die Entwicklung von Instrumenten durch ihre Verbände und Vereinigungen wahrnehmen lassen oder Dritte mit der Entwicklung beauftragen können (Kann-Bestimmung). 3 Der Träger der Eingliederungshilfe entwickelte sein Bedarfsermittlungsinstrument nach § 118 SGB IX (bis 31.12.2019 § 142 SGB XII). Hauptkriterium war dabei die Orientierung an der ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health). Das Instrument muss nicht nur vorübergehende Beeinträchtigungen der Aktivität und Teilhabe in den Lebensbereichen der ICF beschreiben können. Das Land Berlin hat sich nach den Ergebnissen der Vorstudie von Frau Prof. Dr. E. und Frau Prof. Dr. B. dazu entschieden, ein neues Bedarfsermittlungsinstrument zu entwickeln, das unabhängig von der Art und Schwere der Beeinträchtigung anwendbar ist. Dieses „Teilhabeinstrument Berlin“ wurde von Mai bis September 2018 unter der Federführung der für Soziales zuständigen Senatsverwaltung mit Beteiligung einer von Expertinnen und Experten besetzten Facharbeitsgruppe und der fachlichen Begleitung und Moderation von Herrn Prof. Dr. Schäfers erarbeitet. Der Auftrag zur Moderation und fachlichen Begleitung wurde im Wege einer freihändigen Vergabe gemäß § 3 Abs. 5 c VOL/A nach Anforderung von drei Angeboten erteilt. Die Entwicklung des Instruments selbst wurde nicht extern vergeben. Berlin, den 08. Februar 2019 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales