Drucksache 18 / 17 707 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) vom 29. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2019) zum Thema: Gedenktag für die NS Opfer am 26.1.2019 auf dem Parkfriedhof Marzahn und Antwort vom 12. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 4 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Herrn Abgeordneten Gunnar Lindemann (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17707 vom 29. Januar 2019 über Gedenktag für die NS Opfer am 26.1.2019 auf dem Parkfriedhof Marzahn ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wurde der VVN-BdA von der BVV-Vorsteherin bzw. von der BVV Marzahn Hellersdorf eingeladen? Wenn ja, auf wessen Veranlassung? Zu 1.: Mitglieder des Berliner VVN-BdA e. V. wurden zur Veranstaltung am 26.01.2019 „Stilles Gedenken anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus“ der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Marzahn- Hellersdorf von Berlin und des Heimatvereins Marzahn-Hellersdorf e. V. durch die Vorsteherin der BVV und den Vereinsvorsitzenden des Heimatvereins eingeladen. 2. War der BVV-Vorsteherin bekannt, dass der VVN-BdA auf seiner Internetpräsenz seit Wochen zu Störaktionen von Gedenkveranstaltungen aufruft, auf denen AfD-Vertreter anwesend sind? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Nein, dies war der BVV-Vorsteherin nicht bekannt. 3. Warum wurde angesichts der öffentlich angekündigten Störaktionen im Vorfeld keine ausreichenden Polizeikräfte vom BVV Vorstand angefordert? Zu 3.: Zu allen bisherigen Veranstaltungen dieser Art wurde die Polizei Berlin rechtzeitig im Vorfeld um Unterstützung gebeten. Es gab keine Veranlassung, besondere Maßnahmen einzuleiten, da Störaktionen nicht bekannt waren. Seite 2 von 4 4. Warum wurde angesichts der Störaktion von der Veranstalterin oder den anwesenden Polizeikräften keine polizeiliche Verstärkung angefordert, um den Veranstaltungsort räumen zu lassen? Zu 4.: Durch eine Personengruppe wurde erst unmittelbar nach Veranstaltungsbeginn auf dem Parkfriedhof Marzahn der direkte Zugang zum Denkmal „Zur Erinnerung an die Opfer der Zwangsarbeit von 1939 bis 1945“ durch entsprechendes Formieren und Ausrollen themenbezogener Transparente versperrt. Angesichts dieser Störung wurden durch die vor Ort befindlichen Polizeidienstkräfte weitere Unterstützungskräfte angefordert, um auf etwaige Lageentwicklungen angemessen reagieren zu können. Im weiteren Veranstaltungsverlauf wurde ersichtlich, dass ein Großteil der Veranstaltungsteilnehmer einen ca. 10 Meter langen Umweg um die besagte Personengruppe beschreiten konnte, um zum Zweck der Kranzniederlegung ohne weitere Störungen vor dem Denkmal im Stillen Gedenken zu verweilen. Die zwischenzeitliche Unterstützungsanforderung wurde daraufhin zurückgezogen, da die Kommunikationsmaßnahmen der eingesetzten Polizeidienstkräfte sukzessive zur Deeskalation der Lage geführt haben und aufgrund des angemeldeten Zeitansatzes mit dem Eintreffen weiterer Polizeidienstkräfte erst nach Beendigung der Veranstaltung gerechnet werden konnte. Als die anwesenden AfD-Fraktionsmitglieder der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Marzahn-Hellersdorf ebenfalls den Weg zur avisierten Kranzniederlegung beschreiten wollten, formierte sich die Personengruppe neu und versperrte somit jeglichen Zugang für den genannten Personenkreis. 5. Warum hat die Veranstalterin mit dem Beginn der Veranstaltung nicht gewartet, bis die Antifa Störung beendet wurde? Zu 5.: Zur Motivlage der Veranstalterin kann durch den Senat keine Aussage getroffen werden. 6. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die Veranstalterin die Veranstaltung durchführte, obwohl einigen von ihr geladenen Teilnehmern der Zugang zum Veranstaltungsort durch extremistische Störer verwehrt wurde? Zu 6.: Das völlige Versperren des Zuganges zum Denkmal durch die störende Personengruppe erfolgte erst unmittelbar nach Hinzutreten der BVV- Fraktionsmitglieder der AfD in Richtung des Denkmals. Dieser Verlauf war zu Beginn der Veranstaltung nicht absehbar. Die Veranstalterin versuchte zeitgleich erfolglos, die Personen in direkter Ansprache zur Beendigung der Störung aufzufordern. 7. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass extremistische Störer den Vertretern und Mandatsträgern einer demokratisch gewählten Partei den Zugang zum Veranstaltungsort verwehren konnten? Zu 7.: Als Mitglieder der AfD-Fraktion der BVV Marzahn-Hellersdorf in Richtung des Denkmals treten wollten, wurde ihnen der Zugang durch die protestierende Personengruppe komplett versperrt. Es folgten lautstarke verbale Auseinandersetzungen zwischen den Veranstaltungsteilnehmenden. Im Sinne des Grundcharakters der Veranstaltung und des Veranstaltungsortes (Friedhofsgelände) Seite 3 von 4 war es geboten, diesen lautstarken Wortwechsel zu unterbinden. Zeitgleich versuchten die anwesenden Polizeidienstkräfte durch den Einsatz von körperlicher Gewalt (Wegschieben), den Zugang auch für die Mitglieder der AfD-Fraktion zu ermöglichen. Ein Durchsetzen des Zugangsrechtes für die Mitglieder der AfD- Fraktion konnte bei der Größe der störenden Personengruppe mit dem vorhandenen Kräfteansatz nicht gewährleistet werden. Gemeinsam mit den AfD-Vertretern versuchten die Polizeidienstkräfte eine Lösung zu finden, die es ihnen ebenfalls ermöglichen sollte ihr stilles Gedenken durch Kranzniederlegung auszudrücken. Da zeitgleich die ersten Veranstaltungsteilnehmenden die Örtlichkeit verließen, konnte davon ausgegangen werden, dass die Veranstaltung in nächster Zeit beendet werden würde. Den Fraktionsmitgliedern der AfD wurde nunmehr die Möglichkeit aufgezeigt, ihren Kranz zu einem späteren Zeitpunkt niederzulegen. Nach Abstimmung innerhalb der Fraktion wurde beschlossen, diese Möglichkeit wahrzunehmen. Ein nachdrückliches Verlangen während der Veranstaltung mit Hilfe der Polizei an das Denkmal herantreten zu dürfen, wurde seitens der Fraktionsmitglieder der AfD nicht geäußert. 8. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die anwesenden Polizeibeamten sich weigerten, die Anzeige eines Mandatsträgers vor Ort entgegenzunehmen? Zu 8.: Gegenüber den eingesetzten Polizeidienstkräften wurde im Verlauf der Veranstaltung kein Anzeigenbegehren geäußert. Nach Veranstaltungsende fertigten die Polizeidienstkräfte von Amts wegen eine Strafanzeige zum Verdacht der Nötigung und im Weiteren eine Strafanzeige wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. 9. Warum hat die Polizeiführung nur 3 dienstältere Polizeibeamte zu der Veranstaltung auf dem Friedhof Marzahn entsendet, obwohl Störungen durch die Antifa angekündigt waren? Zu 9.: Der polizeiliche Kräfteansatz basierte, auch unter Berücksichtigung des Versammlungsverlaufs in den vergangenen drei Jahren, auf der Gefahrenprognose eines störungsfreien Verlaufs der Veranstaltung. Daher oblag der polizeiliche Veranstaltungsschutz erfahrenen Kontaktbereichsbeamten des örtlich zuständigen Polizeiabschnitts. Konkrete Störhinweise in Bezug auf die Veranstaltung waren der Polizei Berlin im Vorfeld nicht bekannt. 10. Wie beurteilt der Senat die Tatsache, dass die eingesetzten Polizeibeamten vor Ort trotz meiner Bitte keine Personalienfeststellung bei den Störern durchführten, weil sie den Befehl hatten, zu deeskalieren? Zu 10.: Die vor Ort eingesetzten Polizeidienstkräfte befanden sich in einer sogenannten Gemengelage, da neben dem Anfangsverdacht der Verwirklichung eines Straftatbestandes gleichzeitig Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit, insbesondere die körperliche Unversehrtheit von Personen, gefährdet waren. Sind, wie in diesem Fall, beide Rechtsgebiete (Strafverfolgung und Gefahrenabwehr) betroffen, müssen unter Beachtung der Güterabwägung grundsätzlich vorrangig die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr getroffen werden, bevor die erforderlichen Ermittlungen zur Strafverfolgung der in Rede stehenden Nötigung getroffen werden können. Seite 4 von 4 11. Verstößt eine derartige nicht angemeldete Demonstration gegen die Friedhofsordnung des Parkfriedhof Marzahn? Wenn ja, warum hat die anwesende für Friedhöfe zuständige Bezirksstadträtin nicht beispielsweise durch Aussprechen von Hausverbot oder in anderer geeigneter Weise eingegriffen? Zu 11.: In der Friedhofsordnung sind Regelungen explizit für Demonstrationen nicht enthalten. Berlin, den 12. Februar 2019 In Vertretung Torsten Akmann Senatsverwaltung für Inneres und Sport