Drucksache 18 / 17 708 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) vom 28. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2019) zum Thema: AVAS - Schon gehört? und Antwort vom 14. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Thomas Seerig (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17708 vom 28. Januar 2019 über AVAS – Schon gehört? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die Schriftliche Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), die Berliner Wasserbetriebe (BWB) und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) um Stellungnahmen gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurden. Sie werden in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Welche Risiken sieht der Senat für die Sicherheit von blinden und stark sehbehinderten Menschen im Berliner Straßenverkehr durch den zunehmenden Einsatz elektrischer Fahrzeuge, die sich faktisch geräuschlos nähern können? Antwort zu 1: Ähnlich wie beim Radverkehr oder anderen durch Muskelkraft betriebenen Fahrzeugen sind Elektrofahrzeuge bei geringen Geschwindigkeiten nahezu geräuschlos und somit im Straßenverkehr deutlich schwerer wahrnehmbar. Dies kann für blinde und sehbehinderte Fußgänger eine Gefahr darstellen und die Orientierung im Straßenverkehr erschweren. Der Senat ist sich dieser Gefahr bewusst. Frage 2: Welche konkreten Maßnahmen hat der Senat getroffen, um - unbeschadet einer möglicherweise später in Kraft tretender gesetzlicher Regelungen - zum frühestmöglichen Zeitpunkt voll- oder teilelektrisch angetriebene Fahrzeuge - hierzu gehören auch Straßenbahnen und Omnibusse - auf Berlins Straßen auch bei einer Fahrgeschwindigkeit von unter 30 km/h hörbar zu machen, damit diese auch von blinden Verkehrsteilneh- 2 mern identifiziert werden können, denn im städtischen Verkehr sind elektrische und teilelektrische Fahrzeuge de facto unhörbar? Frage 3: Welche konkreten Maßnahmen hat der Senat getroffen, um sicherzustellen, dass elektrisch oder teilelektrisch angetriebene Fahrzeuge, die für die Landes- bzw. Bezirksverwaltungen beschafft werden, mit einem nichtabschaltbaren Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) ausgestattet sein müssen? Frage 5: Inwieweit hat der Senat sichergestellt, dass bereits vorhandene elektrisch bzw. teilelektrisch angetriebene Fahrzeuge, die auf Dienststellen des Landes bzw. der Bezirke zugelassen sind, verpflichtend mit einem nichtabschaltbaren Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) nachzurüsten sind? Antwort zu 2, 3 und 5: Die Fragen 2, 3 und 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 540/2014 des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Geräuschpegel von Kraftfahrzeugen und von Austauschschalldämpferanlagen sowie zur Änderung der Richtlinie 2007/46/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 70/157/EWG vom 16. April 2014, die in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar anzuwenden ist und die die Geräuschemissionen von Kraftfahrzeugen regelt, müssen die Hersteller ab 1. Juli 2019 in Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeugen, die eine neue Typgenehmigung erhalten, ein „Acoustic Vehicle Alerting System“ (AVAS) einbauen. Ab 1. Juli 2021 müssen alle neuen Hybridelektro- und reinen Elektrofahrzeuge mit AVAS ausgestattet werden. Darüber hinausgehende Maßnahmen hat der Senat nicht getroffen. Frage 4: Was hat der Senat unternommen, damit die Anstalten öffentlichen Rechts (z. B. BVG, BSR und BWB) sich verbindlich verpflichten, im Falle der Beschaffung o. g. Fahrzeuge nur solche zu erwerben, die über ein nichtabschaltbares Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) verfügen? Antwort zu 4: Die BSR teilt hierzu mit: „Zu den letzten abgeschlossenen und den derzeit laufenden Beschaffungen für E- Fahrzeuge können wir folgendes mitteilen: - Die letzten von der BSR beschafften PKW (40 e-Golf) verfügen über den ab Werk verfügbaren Soundgenerator (bis 30km/h). - Bei den in den Förderprogrammen „Saubere Luft“ und „Bene“ beantragten Fahrzeugen handelt es sich ausschließlich um Nutzfahrzeuge. Ein Großteil der Fahrzeuge sind Abfallsammelfahrzeuge und Kehrmaschinen. Diese Fahrzeuge sind durch die Elektrifizierung leiser als konventionell angetriebene Fahrzeuge, emittieren jedoch nach wie vor Lärm. Beim Arbeiten (Müll sammeln und kehren) entstehen nach wie vor die bekannten Geräusche. 3 - Beim Abfallsammelfahrzeug (ASF) entstehen Geräuschemissionen durch die Verdichtung des Mülls, d.h. durch den Pressaufbau. - Beim Kehreinsatz muss Luft bewegt und Besen gedreht werden [exemplarisch Kleinkehrmaschine S2 von 99dB(A) auf 91dB(A)]. Die Geräusche sind wie beschrieben wahrnehmbar (auch ohne Sound Generator) Unsere BSR Fahrzeuge nehmen am regulären Straßenverkehr teil und sind auch nur auf Straßen im Einsatz. - Ausnahme bilden hier die Kehrmaschinen, die auch auf Gehwegen zum Einsatz kommen [Geschwindigkeiten um die 2,5 km/h /Lärmwert 91 dB(A)]. - Für sicherheitsrelevante Fahrsituationen wie das Rückwärtsfahrten sind akustische Rückfahrwarner installiert. - Neben akustischen Signalen ist bei unseren Nutzfahrzeugen die visuelle Signalisierung wichtig (Rundumleuchte, Blinkende Seitenmarkierungsleuchten, Abbiegeassistenzsysteme ).“ Die BWB teilen hierzu mit, dass alle dort eingesetzten E-Fahrzeuge über ein AVAS verfügen würden. Von der BVG wird mitgeteilt, dass von den ersten 30 E-Bussen bereits 15 E-Busse ein AVAS-System implementiert haben werden. Zum jetzigen Zeitpunkt wird noch nicht von allen Fahrzeugherstellern ein solches System angeboten. Die BVG hat dennoch bereits damit begonnen, ein AVAS zu verbauen und fragt dieses bereits als technische Option bei der Fahrzeugbestellung ab. Frage 6: Welche Fristen für die Nachrüstung sind festgelegt? Antwort zu 6: Bisher keine. Frage 7: Inwieweit ist sichergestellt, dass Förderprogramme des Landes Berlin, die den Erwerb eines elektrisch bzw. teilelektrisch angetriebenen Fahrzeuges (hierzu gehören auch Lieferfahr-zeuge und Inklusionstaxen) unterstützen , nur zum Tragen kommen, wenn diese Fahrzeuge mit einem nichtabschaltbaren Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) ausgestattet sind? Antwort zu 7: Das Förderprogramm „Wirtschaftsnahe Elektromobilität“ (WELMO) der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe hat zum Ziel, die Flotten der gewerblichen Wirtschaft in Berlin auf elektrische Antriebe umzustellen. Entsprechend werden neu angeschaffte E- Fahrzeuge (je nach Fahrzeugklasse) mit jeweils min. 500,00 bis max. 8.000,00 Euro ge- 4 fördert. Auf das Erfordernis der Ausrüstung mit einem Acoustic Vehicle Alerting System ist dabei nicht explizit Bezug genommen. Frage 8: Inwieweit ist sichergestellt, dass die BVG ausschließlich elektrisch bzw. teilelektrisch angetriebene Omnibusse , Straßenbahnen und sonstige Fahrzeuge einsetzen darf, die mit einem nichtabschaltbaren Acoustic Vehicle Alerting System (AVAS) ausgestattet sind? Antwort zu 8: Hierzu teilt die BVG mit, dass sich AVAS grundsätzlich auf straßengebundene Fahrzeuge bezieht. Gesetzlich gibt es aktuell keine Grundlagen, die den Einsatz von Fahrzeugen verbieten , welche nicht mit AVAS ausgestattet sind. Selbstverständlich werde die BVG mit jedweden gesetzlichen Änderungen diesbezüglich Schritt halten. Berlin, den 14.02.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz