Drucksache 18 / 17 733 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (LINKE) vom 30. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 31. Januar 2019) zum Thema: Mit Überwachungskameras gegen soziale Probleme, Drogenhandel und Drogenkonsum am S-Bahnhof Neukölln? und Antwort vom 18. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Niklas Schrader (Die Linke) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17733 vom 30. Januar 2019 über Mit Überwachungskameras gegen soziale Probleme, Drogenhandel und Drogenkonsum am S-Bahnhof Neukölln? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Verwaltung: Die Schriftliche Anfrage betrifft teilweise Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher die Deutsche Bahn AG (DB) um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Sie wird in der Antwort an den entsprechend gekennzeichneten Stellen wiedergegeben. Frage 1: Welche Maßnahmen zum Ausbau der Straßensozialarbeit und der Beratung, wie beispielsweise die Einrichtung des geplanten Drogenkonsum- und Beratungsraumes, sind im Jahr 2019 im Bereich des S- Bahnhofs Neukölln durch das Land Berlin und den Bezirk Neukölln für welchen Zeitpunkt jeweils genau vorgesehen? Antwort zu 1: Der Drogenkonsumraum „Druckausgleich“ hat in Neukölln in der Karl-Marx-Straße zum 31.01.2019 seine Arbeit aufgenommen. Im Jahr 2019 sind weitere Maßnahmen nicht möglich, da keine weiteren finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Für den Doppelhaushalt 2020/21 sind Mittel für den Ausbau der niedrigschwelligen Hilfen in Berlin angemeldet. Das Bezirksamt Neukölln teilt mit, dass neben den sechs in Neukölln zur Verfügung stehenden Spritzen- und Inhalationsplätzen am Standort des Drogenkonsumraums auch das Angebot der Kontakt- und Beratungsstelle „Druckausgleich“ von dem Suchthilfeträger Fixpunkt gGmbH (ehemals Warthestraße) vorgehalten wird. Mit diesem integrierten 2 Angebot stehen insbesondere den Konsumenten im Umfeld des S-Bahnhofes Neukölln verbesserte Aufenthalts- und Beratungsangebote zur Verfügung. Frage 2: Wann wurde durch welche verantwortlichen Stellen bei der S-Bahn Berlin GmbH, Bundespolizei oder anderen Stellen aus welchem Anlass und mit welcher Begründung entschieden, den S-Bahnhof Neukölln mit Videoüberwachungskameras auszustatten? Antwort zu 2: Die DB teilt hierzu mit: „Im Rahmen eines Gespräches der DB mit der damaligen Bezirksbürgermeisterin im Sommer 2017 wurde über die beabsichtigte gestalterische Aufwertung des S-Bahnhofes Berlin-Neukölln und über das Thema Nachhaltigkeit/Sicherheit gesprochen. Die Installation von moderner Videotechnik resultiert aus diesem Gespräch.“ Frage 3: In welchen Bereichen am S-Bahnhof Neukölln (S-Bahnsteige, Bahnhofshalle, Unterführung, Bahnhofsvorplatz, anliegende Seitenstraßen, Böschungen und Bahnanlagen etc.) soll Videoüberwachung installiert werden? Antwort zu 3: Die DB teilt hierzu mit: „Insgesamt sollen 12 Kameras am S-Bahnhof Berlin-Neukölln im Bereich des Eingangsbauwerkes und der Bahnsteige installiert werden.“ Frage 4: Welche genauen Zwecke soll die Videoüberwachung am S-Bhf. Neukölln verfolgen ? Antwort zu 4: Die DB teilt hierzu mit: „Zweck der Videobeobachtung ist die Erhöhung des individuellen Sicherheitsempfindens unserer Kunden / die Steigerung der Kundenzufriedenheit sowie die Realisierung betrieblicher Belange (u.a. Verkehrslenkung).“ Frage 5: Für welchen Zeitraum werden die Aufzeichnungen gespeichert? Unter welchen Bedingungen werden die Aufzeichnungen länger gespeichert und/oder an Dritte weitergegeben? Falls eine Übermittlung stattfinden soll, an wen? Antwort zu 5: Die DB teilt hierzu mit: „Die Aufzeichnungsdauer, entsprechend der Festlegungen der Sicherheitsbehörden, ist hier auf maximal 10 Tage begrenzt. 3 Eine längere Speicherdauer ist technisch und organisatorisch nicht vorgesehen, eine Weitergabe an Dritte durch die DB AG ist ausgeschlossen. Zugriff auf die Aufzeichnungsdaten erhält ausschließlich die Bundespolizei (BPOL). Die Voraussetzungen für BPOL-Datenentnahme sind zwischen den Vertragspartnern grundsätzlich geklärt.“ Frage 6: Wie viele Fahrgäste halten sich innerhalb dieses Zeitraums nach Berechnungen der S-Bahn Berlin im S- Bahnhof Neukölln auf? Antwort zu 6: Die DB teilt hierzu mit: „Rund 55.200 Reisende/Besucher pro Tag.“ Frage 7: Hat die S-Bahn Berlin GmbH bzw. die Bundespolizei mit entsprechenden Untersuchungen vor Ort geprüft, ob eine Videoüberwachung am S-Bahnhof in geplanter Art und geplantem Umfang in dem Sinne erforderlich ist, dass Maßnahmen, die weniger intensiv als eine Videoüberwachung in die Persönlichkeitsrechte aller sich dort aufhaltender Fahrgäste eingreifen (wie beispielsweise der stärkere Einsatz von Sicherheitspersonal, Sozialarbeit und Suchthilfe), einer Installation von Überwachungskameras nicht vorzuziehen sind? Wenn ja, welche alternativen Maßnahmen wurden wann, mit welchen genauen Untersuchungen und mit welchen jeweiligen konkreten Ergebnissen geprüft? Wenn nein, aus welchen genauen Gründen nicht? Antwort zu 7: Die DB teilt hierzu mit: „Eine datenschutzrechtliche Bewertung wird grundsätzlich im Vorfeld der Planung von Videoprojekten angestellt. Die Installation von Videotechnik im S-Bahnhof Berlin-Neukölln dient grundsätzlich den unter Antwort zu 4 erläuterten Zwecken und ist vergleichbar mit anderen Bahnhöfen der DB AG an denen Videotechnik zum Einsatz kommt.“ Frage 8: Ist eine Verstärkung des Sicherheitspersonals oder eine Änderung des Einsatzkonzepts des Sicherheitspersonals durch die S-Bahn Berlin GmbH in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei am S- Bahnhof Neukölln vorgesehen oder in den letzten drei Jahren bereits erfolgt? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Antwort zu 8: Die DB teilt hierzu mit: „Der S-Bahnhof Berlin-Neukölln ist wie alle Berliner Bahnhöfe in das gemeinsame Einsatzkonzept Berlin, der DB Station & Service AG und der S-Bahn Berlin GmbH, integriert und Bestandteil eines Bewachungsraumes. Der S-Bahnhof Berlin-Neukölln gehört konkret zum Bewachungsbereich, der die Bahnhöfe Berlin-Südkreuz (Ringbahn) bis Berlin-Treptower Park umfasst. 4 Dieser Bewachungsraum ist rund um die Uhr von einer Doppelstreife des Sicherheits- und Ordnungsdienstes (SOD) besetzt. Daraus ergibt sich, dass der S-Bahnhof Neukölln regelmäßig im Tagesverlauf präventiv durch die Sicherheitskräfte bestreift wird. Zusätzlich werden Schwerpunkteinsätze des Sicherheitspersonals veranlasst, wenn es aufgrund von Hinweisen und Meldungen erforderlich ist.“ Frage 9: Sind die am S-Bahnhof geplanten Videoüberwachungskameras technisch dazu in der Lage, mit einem softwaregesteuerten System zur Verhaltensmuster- oder biometrischen Gesichtserkennung betrieben zu werden? Antwort zu 9: Die DB teilt hierzu mit: „Nein. Bei dem geplanten System handelt es sich um Standardkameras, die keine Gesichtserkennungssoftware unterstützen.“ Frage 10: Wie viele Straftaten mit welchem jeweiligen Deliktsvorwurf wurden von der Polizei jeweils in den Jahren seit 2011 auf dem S-Bahnhof Neukölln registriert? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, jeweiligem Delikt und Anzahl.) Antwort zu 10: Da die Frage mit der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) nicht beantwortet werden kann, wurden verlaufsstatistische Daten herangezogen. Diese Daten unterliegen, durch die Vorgangsbearbeitung bedingt, fortlaufenden Änderungen, so dass ggf. vorliegende frühere Erhebungen mit der aktuellen Recherche nicht vergleichbar sind. Die Hauptzuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten auf Anlagen der S-Bahn liegt bei der Bundespolizeidirektion Berlin. Deren Daten zum Straftatenaufkommen auf dem S- Bahnhof Neukölln sind der Polizei Berlin nicht bekannt. Die nachfolgende Tabelle weist die durch die Polizei Berlin auf dem S-Bahnhof Neukölln erfassten Straftaten aus. Darin sind sowohl Fälle im Zuständigkeitsbereich der Polizei Berlin enthalten, als auch solche Fälle, die von der Polizei Berlin zuständigkeitshalber an die Bundespolizeidirektion Berlin abgegeben wurden. Die Übersicht zeigt die Delikte nach Straftatenobergruppen und nur die einzelnen Erfassungsgründe, zu denen Fallzahlen in nennenswerter Höhe vorliegen. Deliktsgruppe/Delikt 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Gesamt - davon: 75 118 128 164 177 209 129 117 Sexualdelikte 1 1 1 2 2 Rohheitsdelikte darunter: 16 25 23 21 20 19 12 20 Körperverletzung 9 13 17 9 11 10 6 15 Raub 6 10 5 11 6 8 5 3 einfacher Diebstahl darunter: 28 24 40 63 95 128 62 41 5 Sonstiger EFD 14 9 13 19 31 31 18 13 Taschendiebstahl 12 14 27 43 62 95 41 27 schw. Diebstahl (Einbruch) 1 3 4 4 7 5 4 3 Vermögensdelikte 9 11 8 14 17 21 20 16 Sonstige Straftaten darunter: 21 55 53 61 37 35 29 35 Straftaten gegen das Aufenthaltsgesetz/Asylges etz/Freizügigkeitsgesetz/E U 9 44 17 11 4 2 3 5 Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln/ Neuepsychoaktive -Stoffe- Gesetz 2 7 27 42 24 24 21 25 Quelle: Verlaufsstatistik, DataWarehouse-(DWH-FI)-Recherche vom 14.02.2019 Frage 11: In welchen Bereichen am S-Bahnhof Neukölln (S-Bahnsteige, Bahnhofshalle, Unterführung, Bahnhofsvorplatz, anliegende Seitenstraßen, Böschungen und Bahnanlagen etc.) finden nach Erkenntnissen des Senats Drogenkonsum und Drogenhandel schwerpunktmäßig statt? Antwort zu 11: Eine statistische Erhebung im Sinne der Fragestellung erfolgt bei der Polizei Berlin nicht. Erkenntnisse zum Handel mit Betäubungsmitteln existieren für die Vorhalle des Bahnhofs sowie für das Zwischendeck zum U-Bahnhof Neukölln. Dies lässt jedoch keinen Rückschluss auf den Ort der tatsächlichen Beschaffung oder des beabsichtigten Konsums zu. Mitunter ist dieser Bereich aufgrund seiner baulichen Gegebenheiten für Betäubungsmittelkonsumenten und Betäubungsmittelhändler zum Aufenthalt bzw. Aufeinandertreffen attraktiv und somit prädestiniert für eine polizeiliche Schwerpunktsetzung. Frage 12: Liegt der S-Bahn Berlin zur geplanten Installation der Videoüberwachung am S-Bhf. Neukölln eine Stellungnahme der Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Bundes oder ggf. Berlins vor? Wenn ja, welche jeweils? Antwort zu 12: Die DB teilt hierzu mit: „Der S-Bahn Berlin liegt keine Stellungnahme vor.“ 6 Frage 13: An wie vielen Berliner S-Bahnhöfen sind bereits fest installierte Videokameras angebracht, die gezielt der Überwachung des öffentlichen Raumes und nicht der Fahrzeugabfertigung dienen, und für welche S- Bahnhöfe ist in Zukunft die Installation aus welchen jeweiligen Anlässen und Gründen zu welchen Zeitpunkten geplant? Antwort zu 13: Die DB teilt hierzu mit: „Aktuell sind an 19 S-Bahnhöfen fest installierte Videokameras angebracht. Die Installation an weiteren Standorten wird geprüft.“ Berlin, den 18.02.2019 In Vertretung Ingmar Streese Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz