Drucksache 18 / 17 748 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Urbatsch (GRÜNE) vom 31. Januar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Februar 2019) zum Thema: Gescheitertes Vorkaufsrecht in der Waldstraße 37? und Antwort vom 18. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Herrn Abgeordneten Marc Urbatsch (Grüne) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17748 vom 31.01.2019 über Gescheitertes Vorkaufsrecht in der Waldstraße 37? Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Die schriftliche Anfrage betrifft auch Sachverhalte, die der Senat nicht aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen eine vollständige Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher den Bezirk Mitte um Stellungnahme zu den Aspekten gebeten, die diesen betreffen. Die Stellungnahme des Bezirks Mitte wurde von diesem in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt. Sie wird nachfolgend wiedergegeben. Frage 1: Warum ist die Ziehung des Vorkaufsrechts für die Waldstraße 37 in Moabit gescheitert? Antwort zu 1: Dem Bezirk stand kein vorkaufsberechtigter Dritter zur Verfügung, zu dessen Gunsten das Vorkaufsrecht hätte ausgeübt werden können. Frage 2: Welche Wohnungsbaugesellschaften wurden wann für den Vorkauf durch wen angefragt und welche Personen in welchen Funktionen wurden bei der diesbezüglichen ablehnenden Entscheidung der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften einbezogen bzw. hatten Einfluss auf diese Entscheidung? a) Wann stand fest, dass das Gebäude nicht für ein Vorkaufsrecht infrage kommt? b) Wann stand fest, dass das Vorkaufsrecht für das Gebäude unwahrscheinlich ist? 2 Antwort zu 2: Angefragt wurden: Degewo AG (degewo), Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) und die Gesobau AG (Gesobau). Die Aufforderung zur Prüfung eines Ankaufs als Dritter erfolgte bei der degewo und der WBM zwei Tage nach Eingang des Antrags auf Negativzeugnis. Allerdings prüfen zwecks sinnvollen Ressourceneinsatzes nicht zwei Gesellschaften parallel, sondern die zweite Gesellschaft beginnt mit der Prüfung des Objektes erst dann, wenn die erste Gesellschaft absagt. Die Anfrage erfolgte durch die zuständigen Sachbearbeiter im Stadtentwicklungsamt des Bezirksamts Mitte von Berlin. Die Senatsverwaltung für Finanzen wurde einbezogen. Zu a) und b): Eine Ausübung des Vorkaufsrechts kam bis zum Ablauf der Ausübungsfrist in Frage und wurde dementsprechend auch angestrebt. Frage 3: Auf welcher Basis wurde durch wen ermittelt, dass bei dem Gebäude angeblich Sanierungskosten von 1500 Euro pro qm bestünden? a) Wurden hierzu Gutachten angefertigt und wenn nein, warum nicht? b) Wurden diesbezüglich Auskünfte von mind. zwei unterschiedlichen Stellen über die Höhe der Sanierungskosten pro qm eingeholt und wenn nein, warum nicht? c) Liegen diesbezüglich Vermerke oder sonstige schriftliche Dokumente vor, aus denen die Höhe der potenziellen Sanierungskosten hervorgeht (bitte anhängen)? Antwort zu 3: Dem Bezirksamt lagen keine konkreten Kostenberechnungen für notwendige Sanierungsmaßnahmen zur Prüfung vor. Gemäß Kaufvertrag besteht Sanierungsbedarf an der Fassade sowie für die Erneuerung der Warmwasserversorgung. Dafür wurden von der WBM in der Wirtschaftlichkeitsberechnung zur normalen Instandhaltung 230.000,00 € berücksichtigt. Der Kaufvertrag lag dem Senat jedoch nicht vor. Besonderheiten bezogen auf das jeweilige Kaufgrundstück ergeben sich aus dem zwischen den ursprünglichen Parteien geschlossenen Kaufvertrag. Dieser ist auch Grundlage für die Risikoabschätzung durch die jeweils prüfende landeseigene Wohnungsbaugesellschaft. Sowohl unter Kosten- als auch unter Zeitgesichtspunkten – die Beauftragung und Prüfung von Sanierungsmaßnahmen etc. ist in der kurzen Ausübungsfrist von zwei Monaten gar nicht möglich – werden Gutachten nicht angefertigt. Frage 4: Warum hat das Stadtplanungsamt in Mitte darauf verzichtet, eine Abwendungsvereinbarung für das Gebäude auszuhandeln? a) Wann wusste das Stadtplanungsamt Mitte, dass für das Haus Waldstraße 37 das Vorkaufsrecht nicht gezogen werden soll? b) Wann hat das Stadtplanungsamt Mitte dem neuen Eigentümer die Abwendungsvereinbarung zugesandt? 3 c) Wann hat das Stadtplanungsamt Mitte sich beim neuen damals noch potenziellen Eigentümer erkundigt, ob dieser gedenkt, die Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen oder nicht? Antwort zu 4: Das Stadtplanungsamt Mitte hat nicht darauf verzichtet, eine Abwendungsvereinbarung für das Grundstück auszuhandeln. Der Käufer hat diese – wozu er auch berechtigt ist – schlicht nicht unterschrieben. Zu 4a): Das Stadtplanungsamt Mitte wusste erst mit Ablauf der Ausübungsfrist, dass das Vorkaufsrechts nicht ausgeübt werden kann. Allgemein bemüht sich das jeweils zuständige Bezirksamt bis zum Fristablauf, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu ermöglichen, sofern der Käufer die Ausübung nicht durch Abgabe einer geeigneten Erklärung abwendet. Steht jedoch kein geeigneter Dritter zur Verfügung, kann ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden. Zu 4b): Die Abwendungsvereinbarung ging dem Käufer mit Schreiben vom 27.11.2018 zu. Die Bezirke halten sich – soweit es möglich ist – an das Ablaufschema, das im Rahmen des Konzepts Vorkaufsrechte erstellt wurde. Dies wurde auch vorliegend beachtet. Zu 4c): Auf Grundlage der Erfahrungen des Bezirksamtes Mitte mit der Käuferin des Grundstücks, die bisher die Unterzeichnung einer angemessenen Abwendungsvereinbarung stets abgelehnt hat, hat sich das Bezirksamt darauf fokussiert, eine für die Ausübung des Vorkaufsrechtes erforderliche Eigenkapitalzuführung für die in Betracht kommenden Wohnungsbaugesellschaften herbeizuführen und so die Ausübung zu ermöglichen. Frage 5: Treffen Artikel aus dem Tagesspiegel zu, dass der durchschnittliche Quadratmeterpreis beim Rückkauf der Stalinbauten in der Karl-Marx-Allee bei bis zu 3500-4000 Euro lag? a) Warum hat der Senat mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften darauf verzichtet, das Haus Waldstraße 37 im Milieuschutzgebiet in Moabit per Vorkaufsrecht zu erwerben (Begründung laut BA Mitte: Kaufpreis pro qm sei zu hoch), während der Rückkauf an der Karl-Marx-Allee realisiert wurde? b) Wie hoch sind die prognostizierten Sanierungskosten pro qm bei den zurückgekauften Wohnungen in der Karl-Marx-Allee (ggf. bitte Kostenspanne angeben)? Antwort zu 5: Der Kaufpreis unterliegt dem Geschäftsgeheimnis, daher können keine Aussagen zu dessen Höhe im konkreten Fall getroffen werden. Zu 5a): Eine Ausübung des Vorkaufsrechts zur Waldstr. 37 zugunsten landeseigener Gesellschaften ließ sich selbst unter Einbeziehung von Zuschüssen nicht wirtschaftlich darstellen. Maßgeblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung hatten die zu erwartenden umfangreichen Instandsetzungsarbeiten. Dem gegenüber konnte das Vorkaufsrecht für Block D Süd der sogenannten „Stalinbauten“ in der Karl-Marx-Allee ausgeübt werden, da die wirtschaftlichen 4 Rahmenbedingungen des Gesellschafters erfüllt wurden. Bei der Berechnung der erforderlichen Rendite spielen unter anderem die vorhandene Mietstruktur und der gute technische Zustand der Objekte eine Rolle. Für die übrigen Blöcke bestand kein Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB. Denn diese liegen nicht im sozialen Erhaltungsgebiet. Zu 5b): Das Objekt befindet sich in einem guten Zustand. Es wurden aufgrund der Due Diligence keine Sanierungskosten berücksichtigt (rund 6,00 €/m² Instandsetzung). Frage 6: Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen nun durch den Senat bzw. das Bezirksamt Mitte, die MieterInnen der Waldstraße 37 vor Luxussanierungen und Verdrängung zu schützen? Antwort zu 6: Aufgrund der Lage des Grundstücks innerhalb eines sozialen Erhaltungsgebietes bedürfen auch weiterhin der Rückbau, die Änderung und die Nutzungsänderung baulicher Anlagen auf dem Grundstück sowie die Umwandlung der Mietwohnungen in Eigentumswohnungen einer Genehmigung (vgl. § 172 Abs. 1 S. 1, S. 4 BauGB). Insbesondere sog. Luxussanierungen sind in sozialen Erhaltungsgebieten nicht genehmigungsfähig. Das Genehmigungserfordernis dient der Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung. Frage 7: Liegen für das Haus Waldstraße 37 Abgeschlossenheitsbescheinigungen vor bzw. sind solche beantragt? Antwort zu 7: Abgeschlossenheitsbescheinigungen bezogen auf das Grundstück liegen nicht vor und wurden nicht beantragt. Frage 8: Wie viele Wohnungen besitzen die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften wo in Moabit? a) Da der Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Moabit ohnehin gering ist: Ist hier der Ankauf von Wohngebäuden konkret geplant? b) Da der Bestand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Moabit ohnehin gering ist: Welche weiteren Neu-bauten sind in Planung neben den Bauprojekten in der Rathenower Straße 16 und Bremer Straße? Antwort zu 8: Insgesamt beträgt der Bestand an Mietwohnungen in Mitte 26.832 Wohnungen. Für den Ortsteil Moabit kann keine Aussage getroffen werden. Die folgenden Gesellschaften verzeichnen aber vereinzelten Besitz in Moabit: degewo, Gewobag, HOWOGE und WBM. Zu 8a): Derzeit befindet sich kein Ankauf in Planung. Zu 8b): Es sind Neubauten in der Klara-Franke-Str./Lehrter Str. (118 Wohnungen) und in der Wiclefstr. (66 Wohnungen) geplant. 5 Frage 9: Wurden für das Haus Waldstraße jemals Fördermittel genutzt, aus denen sich Restriktionen für den Eigentümer mit dem Gebäude ergeben? Antwort zu 9: Dem Bezirksamt Mitte ist nicht bekannt, dass für das genannte Grundstück jemals Fördermittel genutzt wurden, aus denen sich Restriktionen für den Eigentümer ergeben. Nach Kenntnis des Senats wurden gemäß Mitteilung der Investitionsbank Berlin 1990 einmalige Aufwendungszuschüsse für LaMod-Maßnahmen ausgegeben. Berlin, den 18. Feb. 2019 In Vertretung Sebastian Scheel ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen