Drucksache 18 / 17 756 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hugh Bronson (AfD) vom 01. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Februar 2019) zum Thema: Die privaten Bürgschaften für Asylbewerber in Berlin (Teil 2) und Antwort vom 20. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. 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Es ist auch nicht aus der Antwort zu lesen, ob die Landesbehörden bisher für die Verpflichtungsgeber die Kosten übernommen, getragen oder sie von denselben befreit haben. Auch andere Teile der Antwort bedürfen einer weiteren Klärung. Vorbemerkungen: Verpflichtungserklärungen spielen vorrangig im Zusammenhang mit geplanten Einreisen und Aufenthalten eine Rolle, so z. B. im Rahmen der in Drucksache 18/16404 erwähnten Berliner Aufnahmeanordnungen. Bei diesem Personenkreis handelt es sich nicht um Asylbewerberinnen oder Asylbewerber, gleichwohl ist er dem Grunde nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zuzuordnen (vgl. Antwort zu Frage 11). Die Zuständigkeit für eine mögliche Leistungsgewährung liegt beim Sozialamt. In den Fällen, in denen Verpflichtungserklärungen für Menschen abgegeben worden sind, die z. B. als Asylberechtigte anerkannt worden sind, liegt die Zuständigkeit beim Jobcenter oder Sozialamt und es kann ein Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) oder Zwölftes Buch (SGB XII) bestehen. Auch dieser Personenkreis ist nicht mehr als Asyl suchend anzusehen. Für die Einreise und den Aufenthalt zur Durchführung eines Asylverfahrens werden Verpflichtungserklärungen nicht vorausgesetzt. Sie kommen in der Regel dann zum Tragen, wenn der Asylantrag aus der Situation eines anderen Aufenthaltszweckes heraus gestellt wird. Für Asylsuchende ist in Berlin ausschließlich das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zuständig. 2 Die einschlägigen Leistungsgesetze - SGB II oder SGB XII bzw. AsylbLG - sehen vorrangig die unmittelbare Versorgung der aufgenommenen Person durch die Verpflichtungsgeberin/den Verpflichtungsgeber vor. Dies bedeutet, dass die jeweils zuständige Leistungsbehörde keine Leistungen erbringt, wenn und solange die Verpflichtungsgeberin/der Verpflichtungsgeber der abgegebenen Verpflichtungserklärung entsprechend die hilfebedürftige Person versorgt. Erfüllt die Verpflichtungsgeberin oder der Verpflichtungsgeber die abgegebene Verpflichtungserklärung nicht oder nur teilweise, hat die hilfebedürftige Person einen Leistungsanspruch gegenüber der zuständigen Leistungsbehörde, die diese entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen hat. Erst in diesem Falle, wenn die Verpflichtungsgeberin oder der Verpflichtungsgeber also die abgegebene Verpflichtungserklärung nicht mehr zu erfüllen vermag, kann die Leistungsbehörde die Erstattung der erbrachten Leistungen gegenüber der Verpflichtungsgeberin/dem Verpflichtungsgeber geltend machen. Ob die erbrachten Leistungen tatsächlich erstattet werden können, hängt von der Situation im Einzelfall ab. Werden beispielsweise Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber arbeitslos oder erkranken langfristig, wird eine Erstattung nicht bzw. nur teilweise realisiert werden können. Unter dem Eindruck der Kriegshandlungen in Syrien haben viele hier lebende Menschen durch die Abgabe von Verpflichtungserklärungen Menschenleben gerettet. Angesichts dieses Engagements und der Erkenntnis, dass aus verschiedensten Gründen die finanziellen Folgen dieses Engagements durch die Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber unterschätzt worden ist, hat der Bund die Beitreibung von Erstattungsansprüchen durch die Jobcenter zunächst ausgesetzt und wirkt aktuell auf eine abschließende Einigung zum Umgang mit diesen Fällen hin. 1. Welche Berliner Behörden haben sich seit 2013 auf die Erstattungspflicht des Verpflichtungsgebers berufen, um die Kosten für den Lebensunterhalt des Ausländers, die sie aufgewendet haben, erstattet zu bekommen? Bitte um tabellarische Darstellung aufgeschlüsselt nach Jahren und nach Beträgen, die zu erstatten sind. 2. Wie viele Verpflichtungsgeber waren seit 2013 wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, eine Kostenerstattung zu leisten? Bitte um tabellarische Darstellung aufgeschlüsselt nach Jahren. 3. In wie vielen Fällen hat die zuständige Leistungsbehörde den Unterhalt der asylbewerbenden Personen abgedeckt, für die bereits eine Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist? Bitte um tabellarische Darstellung aufgeschlüsselt nach Jahren und Beträgen sowie eine Auflistung der Gründe für eine Abdeckung des Unterhalts der asylbewerbenden Personen. 4. Für wie viele der 1.353 zu dem Zeitpunkt der Antwort (27.09.2018) abgegebenen Verpflichtungserklärungen sind Erstattungsaufforderungen eingegangen oder werden zur Erstattung beabsichtigt? Bitte um tabellarische Darstellung aufgeschlüsselt nach Jahren, Beträge, Anzahl der betroffenen asylbewerbenden Personen, Anzahl der betroffenen Verpflichtungsgeber sowie die Gründe für die Inanspruchnahme, beziehungsweise Erstattungsaufforderung. 5. Wie beziehungsweise wo werden die durch Erstattungsaufforderung generierten Einnahmen im Haushalt verbucht? 3 Bitte um tabellarische Darstellung, nach Titel, Funktion, Bezeichnung, Haushaltsjahr und mit einer zusätzlichen Spalte zum Vergleich, wie viel Geld bereits für die betreffende asylbewerbenden Personen seitens des Landes ausgegeben wurde, um ersichtlich zu machen, ob die Ausgaben mit Einnahmen deckungsgleich sind. Zu 1. bis 5.: Die erfragten Daten werden von den Leistungsbehörden nicht erhoben, so dass hierzu keine statistischen Auswertungen möglich sind. Gleichwohl sind die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, die Sozialämter und das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) um Prüfung ersucht worden, ob Daten im Sinne der Fragestellungen ermittelt werden können. Soweit innerhalb der Antwortfrist Rückmeldungen eingegangen sind, hat es sich weit überwiegend um Fehlanzeigen gehandelt. Punktuell sind folgende Hinweise durch die Behörden übermittelt worden: Das Sozialamt Friedrichshain-Kreuzberg hat mitgeteilt, dass im Rechtskreis des AsylbLG folgende Verpflichtungserklärungen abgegeben worden sind: 2016: 7 2017: 9 2018: 6. Im Jahre 2018 konnte ein Verpflichtungsgeber seiner Leistungspflicht nicht nachkommen. Für den Anwendungsbereich des SGB XII sind keine Verpflichtungserklärungen abgegeben worden. Weitere Angaben konnten nicht gemacht werden. Im Sozialamt Lichtenberg ist ermittelt worden, dass in keinem Fall Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber außer Stande waren, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Daher mussten auch keine Erstattungsforderungen geltend gemacht werden. Das Sozialamt Neukölln hat die Information übermittelt, dass insgesamt 13 Verpflichtungserklärungen für Leistungsberechtigte mit Anspruch nach dem AsylbLG abgegeben worden sind. Im Bereich des SGB XII sind keine Verpflichtungserklärungen abgegeben worden. Weitere Angaben waren nicht möglich. Im Sozialamt Pankow sind folgende Verpflichtungserklärungen für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG abgegeben worden: 2015: 6 2016: 14 2017: 5 2018: 10. In allen diesen Fällen werden die Kosten der medizinischen Versorgung durch die Leistungsbehörde getragen. Im Rechtskreis des SGB XII sind keine Verpflichtungserklärungen abgegeben worden. Weitere Angaben waren nicht möglich. Im Zuständigkeitsbereich des Sozialamtes Reinickendorf sind im Rechtskreis des AsylbLG folgende Verpflichtungserklärungen abgegeben worden: 2014: 1 2015: 1 2016: 4 2017: 12 2018: 26. 4 In allen diesen Fällen werden die Kosten der medizinischen Versorgung durch die Leistungsbehörde getragen. Im Rechtskreis des SGB XII sind keine Verpflichtungserklärungen abgegeben worden. Weitere Angaben konnten nicht gemacht werden. Im LAF sind folgende Verpflichtungserklärungen für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG abgegeben worden: 2015: 3 2016: 20 2017: 22 2018: 11. Eine Erstattung erbrachter Leistungen ist in folgenden Fällen geltend gemacht worden: 2016: 2 Fälle (Gesamtumfang: rd. 13.200 Euro) 2017: 3 Fälle (Gesamtumfang: rd. 19.600 Euro) 2018: 1 Fall (Gesamtumfang: rd. 4.500 Euro). Zur Frage der Erstattungspraxis wird auf die Vorbemerkungen der Verwaltung verwiesen. Soweit Erstattungen nachträglich geltend gemacht werden müssen, werden entsprechende Einnahmen im Titel 28122 - Aufwendungsersatz und Kostenbeiträge bei Sozialleistungen - der Sozialämter bzw. des LAF verbucht. Eine Gegenüberstellung von Einnahmen mit einzelfallbezogenen Ausgaben ist nicht möglich, da eine derartige Differenzierung statistisch nicht vorgesehen ist und in den Titel verschiedene Einnahmearten einfließen. Für die Berliner Jobcenter hat die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg mitgeteilt, dass für insgesamt 180 Menschen eine Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist. Die Gesamtsumme der Erstattungsforderungen, die gegenüber Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgebern für nach dem SGB II leistungsberechtigte Personen seitens der Jobcenter geltend gemacht worden sind, beläuft sich Stand 30. Januar 2019 auf 799.770 Euro. 6. Wurde bisher seitens des Landes Berlin auf die Erstattungsaufforderung verzichtet und somit die Verpflichtungserklärung eines oder mehreren Bürgen ungültig gemacht, beziehungsweise ist das Land Berlin bisher für die anafallenden Kosten für einen oder mehrere asylbewerbenden Personen aufgekommen und auf die Erstattung dieser Kosten von den bestehenden Bürgen verzichtet? Wenn ja, warum, in wie vielen Fällen und in welcher Höhe? 7. Wie bewertet der Senat Verzichte auf die Erstattung der Kosten im Sinne der obigen Frage (Frage 6) und in besonderer Hinsicht auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO)? Zu 6. und 7.: Seitens des Landes Berlin ist kein Verzicht auf die Erstattung von Kosten ausgesprochen worden. Inwieweit die Leistungsbehörden in Einzelfällen auf die Inanspruchnahme von Verpflichtungsgebern verzichtet haben und ggf. aus welchen Gründen, wird nicht erhoben. Der Senat sieht in einer Niederschlagung einer Erstattungsforderung nach Prüfung des Einzelfalls, wie sie sich auf Bundesebene für den Anwendungsbereich des SGB II abzeichnet, keinen Verstoß gegen die Gebote der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Sie ist vielmehr Ausdruck rechtsstaatlichen Handelns. Hierzu zeichnet sich der Erlass einer Weisung der Bundesagentur für Arbeit in Abstimmung mit diversen Bundesministerien ab. 5 8. In wie vielen Fällen hat die zuständige Leistungsbehörde die Behandlungskosten der medizinischen Versorgung der asylbewerbenden Personen getragen? Bitte um tabellarische Darstellung aufgeschlüsselt nach Jahren und wenn möglich nach Beträgen. 9. Wie wird die Übernahme der Behandlungskosten der medizinischen Versorgung asylbewerbenden Personen durch die zuständige Leistungsbehörde geregelt? Bitte um detaillierte Erläuterung und wenn möglich um Zustellung (als Anhang zu dieser Antwort) der betreffenden Regelung. Zu 8. und 9.: Die erfragten Zahlen werden nicht erhoben und können daher statistisch nicht ausgewertet werden. Die Verpflichtungserklärungen, die der Aufnahme im Rahmen der Berliner Aufnahmeanordnungen zu Grunde liegen, erstrecken sich grundsätzlich nicht auf die Kosten der medizinischen Versorgung, so dass in allen diesen Fällen die Kosten das zuständige Sozialamt übernimmt. Die aufgenommenen Personen erhalten wie andere Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG eine elektronische Gesundheitskarte , mit der sie die erforderlichen medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen können. 10. Um welche weiteren schutzbedürftigen Personenkreise ist die Aufnahmeanordnung im Erlass der Senatsverwaltung für Inneres und Sport des Landes Berlin vom 25.09.2013 ergänzt worden? Bitte um detaillierte Erläuterung und wenn möglich um Zustellung (als Anhang zu dieser Antwort) des betreffenden Erlasses, sowie der darauffolgenden Verlängerungen und Ergänzungen. Zu 10.: Am 18. März 2014 wurde eine weitere Anordnung zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für syrische Flüchtlinge erlassen, die infolge des Bürgerkriegs fliehen mussten und sich in einem Anrainerstaat Syriens oder noch in Syrien aufhalten und eine Einreise zu ihren in Berlin lebenden Verwandten beantragen. Mit dieser Aufnahmeanordnung ist auch der begünstigte Personenkreis aus dem Erlass vom 25. September 2013 wie folgt neu definiert worden: „Eine Aufenthaltserlaubnis wird syrischen Staatsangehörigen oder in begründeten Einzelfällen auch Staatenlosen, deren Identität feststeht und die nachweislich seit mindestens drei Jahren in Syrien leben oder gelebt haben, erteilt, wenn sie infolge des Bürgerkriegs aus ihrem syrischen Wohnort fliehen mussten und sich in einem Anrainerstaat Syriens, in Ägypten oder noch in Syrien aufhalten…“ Mit dem Erlass vom 30. Januar 2017 wurde die Aufnahmeanordnung unter den gleichen Bedingungen wie für syrische auch auf den Personenkreis der irakischen Staatsangehörigen, die von den Kriegshandlungen im Irak betroffen sind, bezogen. Alle in diesem Zusammenhang bislang herausgegebenen Erlasse für Familienangehörige von syrischen bzw. irakischen Flüchtlingen sind wunschgemäß in der Anlage beigefügt. 11. Was wird alles unter dem Teil des ersten Satzes im letzten Abschnitt der Antwort auf die zweite Frage (Seite 3) „im Rahmen der Berliner Aufnahmeanordnung“ verstanden und welche Dokumente beziehungsweise welche andere mögliche Schriftstücke oder Dateien betrifft es? Bitte um detaillierte Erläuterung und wenn möglich um Zustellung (als Anhang zu dieser Antwort) der betreffenden Dokumente. 6 Zu 11.: Um eine legale Aufnahme der vom Bürgerkrieg betroffenen Personen zu ermöglichen und zugleich eine finanzielle Überforderung der Verpflichtungsgeberinnen und Verpflichtungsgeber zu vermeiden, wurde aus humanitären Gründen entschieden, einem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgezeigten Weg zu folgen. Für diesen Personenkreis entstehende Behandlungskosten werden daher nicht von den Verpflichtungsgeberinnen/ Verpflichtungsgebern getragen, sondern von den zuständigen Leistungsbehörden. Damit sollte die finanzielle Hürde für die Abgabe einer belastbaren Verpflichtungserklärung gesenkt werden. Da es sich hierbei um vom Krieg betroffene Menschen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG handelt, sind diese gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a) AsylbLG leistungsberechtigt. Das diesbezügliche Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales an das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport vom 24. September 2013 ist in der Anlage beigefügt. Berlin, den 20. Februar 2019 In Vertretung Daniel T i e t z e _____________________________ Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales