Drucksache 18 / 17 771 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Henner Schmidt (FDP) vom 04. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Februar 2019) zum Thema: Kennzeichenerfassung der in Berlin verkehrenden Kraftfahrzeuge und Antwort vom 19. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. 1 Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Herrn Abgeordneten Henner Schmidt (FDP) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17 771 vom 04.02.2019 über Kennzeichenerfassung der in Berlin verkehrenden Kraftfahrzeuge Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung des Abgeordneten: In meiner schriftlichen Anfrage Drs.-Nr. 18/16903 wird dargelegt, dass für die Datenerhebung des Prognosemodells zur Berechnung der Luftschadstoffbelastung anhand einer Kennzeichenerhebung die mittlere Flotte der in Berlin verkehrenden Kraftfahrzeuge bestimmt wurde. Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages schreibt in seiner Ausarbeitung WD 3 - 3000 - 413/18, S. 6 „Bildaufnahmen von Fahrzeuginsassen und Fahrzeugen sowie deren Kennzeichen unterfallen grundsätzlich dem grundrechtlichen Schutz des in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankerten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als informationelle Selbstbestimmung“. Die Kennzeichenerfassung ist vor diesem Hintergrund mit besonderer Sorgfalt zu begründen. Frage 1: Ist die Kennzeichenerfassung automatisiert erfolgt? Antwort zu 1: Ja, die Erfassung erfolgte automatisch mit einem videobasierten System. Frage 2: Wurden die durch die Kennzeichenerfassung gewonnenen Informationen genutzt, um Aufschlüsse über das Bewegungsverhalten des Fahrers oder sonstige persönlichkeitsrelevante Informationen über einzelne Fahrten zu erhalten? Antwort zu 2: Nein, die Kennzeichenerfassung wurde nicht für derartige Zwecke genutzt. 2 Frage 3: Hätten die durch die Kennzeichenerfassung gewonnenen Informationen genutzt werden können, um Aufschlüsse über das Bewegungsverhalten des Fahrers oder sonstige persönlichkeitsrelevante Informationen über einzelne Fahrten zu erhalten? Antwort zu 3: Nein, die gewonnenen Informationen wären nicht geeignet gewesen, um Aufschlüsse über das Bewegungsverhalten oder sonstige persönlichkeitsrelevante Informationen über einzelne Fahrten zu erhalten, da keine Halterabfragen erfolgten und die Kennzeichen nur an zehn Straßenquerschnitten erhoben wurden. Ein Abgleich der Kennzeichen nach Erfassung an mehreren Orten gehörte nicht zu den erhobenen Informationen. Zudem wurde bei der Übergabe der Kennzeichen an die Berliner Zulassungsbehörde und das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) der Ort der Erhebung verschlüsselt. Frage 4: Über welchen Zeitraum wurde die Erfassung durchgeführt? Antwort zu 4: Die Erfassung wurde im Zeitraum vom 25. bis 27. September 2018 für eine Dauer von 16 bis 24 Stunden pro einzelnen Erhebungsort durchgeführt. Frage 5: Sind weiträumig Kennzeichenerfassungen erfolgt? In welchem Gebiet wurden Kennzeichen erfasst? Antwort zu 5: Es erfolgte keine weiträumige Erfassung, die Kennzeichenerhebung war vielmehr beschränkt auf zehn ausgewählte Straßenabschnitte innerhalb und außerhalb der Umweltzone. Es wurden folgende Straßen untersucht: Alt-Biesdorf, Alt-Moabit, Brückenstraße, Frankfurter Allee, Französische Straße, Leipziger Straße, Mariendorfer Damm, Schildhornstraße, Silbersteinstraße und Sonnenallee. An jeder dieser Straßen wurde an jeweils einem Punkt die Erhebung durchgeführt. Frage 6: Welche Fahrzeughalterdaten wurden vom Kraftfahrbundesamt im Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) abgefragt? Antwort zu 6: Es wurden keine Halterdaten abgefragt. Frage 7: Sind Video- oder Bildaufnahmen von Fahrzeugen, Fahrern und weiteren Fahrzeuginsassen erfolgt? 3 Frage 12: Wie wurde sichergestellt, dass lediglich Ziffern- und Zeichenfolge des Kennzeichens erhoben wurden, jedoch keine personenbezogenen Daten und Bildmaterial über Fahrzeuginsassen? Antwort zu 7 und 12: Das videobasierte System nimmt keine Bilder auf, sondern arbeitet mit einer Erkennungssoftware für Fahrzeugkennzeichen, so dass nur das reine Kennzeichen als Buchstaben- und Zahlenkombination vorliegt. Es gibt somit keine Aufnahmen von Fahrzeugen, Fahrern oder weiteren Fahrzeuginsassen. Frage 8: Wie wurde sichergestellt, dass insbesondere personenbezogene Daten umgehend wieder gelöscht wurden? Frage 9: Wann wurden die Daten der Kennzeichenerfassung, die Aufschlüsse über das Bewegungsverhalten des Fahrers erlauben oder sonstige persönlichkeitsrelevante Informationen über einzelne Fahrten gelöscht? Antwort zu 8 und 9: Alle Beteiligten an dem Vorhaben mussten eine Datenschutzerklärung unterzeichnen. Die registrierten Kennzeichen wurden nach Übergabe an die Berliner Fahrzeugzulassungsstelle und das KBA nach Bestätigung der Verwendbarkeit gelöscht. Frage 10: Geben derzeit oder gaben zu dem Zeitpunkt der Kennzeichenerfassung die erfassten Daten den Vollzugsbehörden die Möglichkeit, Fahndungsbestandsmerkmale abzufragen? Frage 11: Wurden Fahndungsbestandsmerkmale im Zeitraum der Kennzeichenerfassung abgefragt? Antwort zu 10 und 11: Es bestand zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, Fahndungsmerkmale abzufragen. Hierzu diente auch die Verschlüsselung des Ortes der erfassten Kennzeichen bei Übergabe der Kennzeichen an die Zulassungsbehörde Berlin und das Kraftfahrt-Bundesamt. Von den Behörden wurden nur die technischen Daten der Fahrzeuge zurückgegeben, nicht jedoch die zugehörigen Kennzeichen oder Halterangaben. Es erfolgten auch keine derartigen Anfragen. Frage 13: Welche konkreten Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder - verletzungen wurden für die Kennzeichenerfassung als Erhebungsanlass zur Begründung zugrunde gelegt? 4 Antwort zu 13: Erhebungsanlass ist die Überschreitung von Luftqualitätsgrenzwerten in Berlin, die zum Schutz der Gesundheit erlassen wurden. Die Kennzeichenerhebung dient der Untersuchung der Wirkung von Maßnahmen des Luftreinhalteplans gemäß § 47 Abs. 4 Bundes-Immissionsschutzgesetz - BlmSchG (z.B. Ermittlung der Verursacheranteile) und Anlage 13 der 39. BImSchV (Inhalte eines Luftreinhalteplans). Hierfür ist die Berechnung der verkehrsbedingten Emissionen anhand technischer Fahrzeugdaten erforderlich, weil der Straßenverkehr die wichtigste Ursache für die Freisetzung von Luftschadstoffen in Berlin ist. Diese Daten zu der aktiv im Straßenverkehr eingesetzten Fahrzeugflotte lassen sich nur mit Hilfe einer Kennzeichenerhebung bestimmen. Die Kennzeichenerhebung wurde im Vorfeld mit der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt. Die vollständige Rechtsgrundlage für die Erhebung ist Art. 6 Abs. 1 lit. (e), Abs. 2 und 3 DS GVO i.v.m. § 3 BlnDSG (Berliner Datenschutzgesetz) i.V.m. § 47 Abs. 4 BImSchG und Anlage 13 der 39. BImSchV. Frage 14: Wie wurde zu jeder Zeit der erfolgten Kennzeichenerfassung die Einhaltung des grundrechtlich geschützten (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) Allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als informationelle Selbstbestimmung gewahrt? Antwort zu 14: Zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte wurde die Erhebung vorab bekannt gegeben. Die Bekanntgabe war verbunden mit einer Information nach § 13 Datenschutz- Grundverordnung (DS GVO). Berlin, den 19.02.2019 In Vertretung Stefan Tidow Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz