Drucksache 18 / 17 842 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Burkard Dregger (CDU) vom 06. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Februar 2019) zum Thema: House of One und Antwort vom 21. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 25. Feb. 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Seite 1 von 5 Senatsverwaltung für Kultur und Europa Herrn Abgeordneten Burkhard Dregger (CDU) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei – G Sen – Antwort auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 17842 vom 6. Februar 2019 über House of One Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Laut Darstellung der Initiatoren (https://house-of-one.org/de) wurde das am Petriplatz in Berlin- Mitte geplante House of One mit 1,2 Mio. EUR durch das Land gefördert. Wann wurden welche Mittel wofür genau an wen ausgezahlt? Zu 1.: Im Rahmen des Bundesprogramms Nationale Projekte des Städtebaus werden Planungskosten für das House of One mit insgesamt 3,35 Mio. € gefördert. Die Finanzierung erfolgt zu 2/3 aus Bundesmitteln (2,2 Mio. €) und zu 1/3 aus Landesmitteln (1,15 Mio. €). Grundlage ist der Bewilligungsbescheid der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vom 20.12.2016. Die Zuwendung wird entsprechend dem Ausgaben- und Finanzierungsplan, der Bestandteil des Bewilligungsbescheides ist, in den Jahren 2016 bis 2020 zur Verfügung gestellt. Bisher wurden Fördermittel in Höhe von insgesamt 1,778 Mio. € von der Stiftung House of One abgerufen. Die Stiftung House of One stellt für die Planungskosten Eigenmittel in Höhe von 100.000 € zur Verfügung. 2. Laut Presseberichten bekräftigte der Regierende Bürgermeister die Zusage des Senats, das House of One zu unterstützen und hierfür das betreffende Grundstück am Petriplatz im Rahmen eines Erbpachtvertrages zur Verfügung zu stellen. Möglich sei auch, es ganz oder teilweise per Zustiftung in das Vermögen der House-of-One-Stiftung zu geben. (Stand: 07.11.2017). Wurden Verträge mit den Initiatoren abgeschlossen und ggfs. mit welchem wesentlichen Inhalt, oder wurde das Grundstück per Zustiftung übertragen? Wenn nicht, wie sehen die aktuellen Pläne des Senats aus? Zu 2.: Das Land Berlin plant, der Stiftung House of One das infrage stehende Grundstück im Wege eines Erbbaurechtsvertrags zur Verfügung zu stellen. Die Senatsverwaltung für Finanzen wird die Berliner Immobilienmanagement GmbH Seite 2 von 5 (BIM) damit beauftragen, geschäftsbesorgend und im Einvernehmen mit der Stiftung einen entsprechenden Erbbaurechtsvertrag auszuhandeln. Entsprechende Senats- und Abgeordnetenhausvorlagen werden zurzeit erarbeitet. Eine Übertragung des Grundstücks an die Stiftung, z.B. als „Zustiftung“, ist aufgrund der Liegenschaftspolitik des Landes, Grundstücke nicht zu veräußern, nicht möglich. Bisher wurden noch keine Verträge mit der Stiftung geschlossen. 3. Die Kosten des Baus sollen 43,5 Millionen EUR betragen. 8,5 Millionen EUR sind laut der Initiatoren durch Spenden und Zuwendungen bereits eingegangen, 10 Millionen EUR hat der Bund zugesagt, unter dem Vorbehalt, dass das Land Berlin und private Geldgeber jeweils weitere 10 Millionen EUR beisteuern. Die restlichen fünf Millionen EUR sollen mit Crowdfunding und Spendenaktionen geschlossen werden (Stand: 16.01.2019). Beabsichtigt der Senat, den Bau mit 10 Millionen Euro zu unterstützen? Zu 3.: Im Bundeshaushalt 2019 sind 500.000 € und zusätzlich eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 9,5 Mio. € zu Lasten der Haushaltsjahre 2020 bis 2022 etatisiert. Beide Ansätze sind gesperrt. Die Aufhebung der Sperren bedarf der Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages. Insgesamt ist geplant, dass der Bund eine Kofinanzierung in Höhe von 10 Mio. € übernimmt. Für die Kofinanzierung der Baumittel des Bundes ist ein Landesanteil von 10 Mio. € – aus Mitteln des Sondervermögens Infrastruktur der Wachsenden Stadt und Nachhaltigkeitsfonds (SIWANA V) – vorbehaltlich entsprechender Zustimmung durch den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses vorgesehen. 4. Sind dem Senat bekannt, welche anderen nationalen und internationalen Spender die Errichtung des House of One finanziell unterstützen? Zu 4.: Die Finanzierung der baulichen Errichtung des House of One soll, neben der Unterstützung durch die öffentliche Hand (Land Berlin und Bund), auf zwei Ebenen ermöglicht werden: durch eine breit angelegte Fundraisingkampagne, die seit 2014 läuft, sowie durch die finanzielle Mitwirkung eines Kreises von Großspenderinnen und Großspendern. Während die Fundraisingkampagne mit Spenden aus über 50 Ländern einen internationalen Zuschnitt hat, kommen die Großspenderinnen und Großspender aus Deutschland, überwiegend aus Berlin. 5. Welche Kenntnisse liegen dem Senat über die drei Initiatoren dieses Vorhabens vor? Zu 5.: Initiatorinnen und Initiatoren des Projekts waren die evangelische Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien, die Jüdische Gemeinde zu Berlin im Verbund mit dem Rabbinerseminar Abraham-Geiger-Kolleg, und die islamische Dialoginitiative Forum für Interkulturellen Dialog Berlin e.V. (jetzt: Forum Dialog e.V.). Im Oktober 2011 haben sie den Verein Bet- und Lehrhaus Petriplatz Berlin e.V. als Trägerinstitution gegründet. Im September 2016 ist aus dem bisherigen Trägerverein die Stiftung House of One – Bet- und Lehrhaus hervorgegangen. Dem Senat von Berlin liegen folgende Informationen zu den Initiatorinnen und Initiatoren vor: Die evangelische Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien gehört zum Kirchenkreis Berlin Stadtmitte der Evangelischen Kirche Berlin – Brandenburg – schlesische Seite 3 von 5 Oberlausitz. Im Januar 2003 fusionierte die evangelische Kirchengemeinde St. Marien mit der Kirchengemeinde Georgen/Parochial, im Januar 2006 mit der Kirchengemeinde St. Petri-Luisenstadt zur evangelischen Kirchengemeinde St. Petri-St. Marien. Damit umfasst das Gemeindegebiet die gesamte historische Altstadt Berlins. Zur Gemeinde gehören zwei Kirchen: Die Marienkirche auf dem Alexanderplatz und die Parochialkirche. Die Marienkirche versteht sich als Citykirche, was sich unter anderem darin zeigt, dass sie täglich für Besucherinnen und Besucher geöffnet ist. Sie ist außerdem Predigtkirche des Bischofs der Evangelischen Landeskirche. Die Parochialkirche mit einem Glockenspiel aus 52 Glocken im 2016 wiedererrichteten Turm, wird vor allem für Andachten, Konzerte, Gottesdienste zu besonderen Anlässen und Kunst- und Kulturveranstaltungen genutzt. Auf dem Petriplatz standen seit dem 13. Jahrhundert insgesamt vier Petri-Kirchen. 1852 wurde der Bau der letzten Petri-Kirche nach Entwürfen von Johann Heinrich Strack fertiggestellt. Sie wurde 1945 schwer beschädigt. Ihre Ruine wurde nicht wieder aufgebaut und 1964 vollständig abgetragen. Seitdem fungierte der Petriplatz als Parkplatz. Der Petriplatz ist ein Urort der Stadt, auf den sich die erste urkundliche Erwähnung Berlins 1237 bezieht. Archäologische Grabungen auf dem Platz zwischen 2007 und 2009 haben die Einsicht wachsen lassen, dass dieser Ort eines besonderen Umgangs bedarf. Die St. Petri-St. Mariengemeinde hat daher im Jahr 2008 Beschlüsse gefasst, die auf die Errichtung eines neuen Bet- und Lehrhauses zielten. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin (JGzB) ist mit rund 10.000 Mitgliedern die größte Jüdische Gemeinde in Deutschland. Als Einheitsgemeinde organisiert, sind unter dem Dach der JGzB verschiedene Strömungen des Judentums in acht Gemeindesynagogen und einigen privaten Synagogengemeinschaften vertreten. Über die Gemeindepolitik entscheiden 21 für vier Jahre gewählte, ehrenamtlich tätige Repräsentantinnen und Repräsentanten, fünf von ihnen plus Stellvertreterin oder Stellvertreter bilden den Vorstand. Rund 80 Prozent der Gemeindemitglieder sind aus der ehemaligen Sowjetunion und aus anderen Ländern zugewandert. Sie werden von der Gemeinde bei ihrer Integration mit Beratung und Hilfestellungen wie Sprachkursen oder Begleitung bei Ämterbesuchen unterstützt. Neben der religiösen Betreuung ihrer Mitglieder stellt die Jüdische Gemeinde Schulen, Kitas, Jugendzentrum, Seniorenzentren sowie diverse weitere Institutionen und Aktivitäten zur Verfügung. Seit 1987 veranstaltet sie die für alle Berlinerinnen und Berliner offenen Jüdischen Kulturtage. Die Jüdische Volkshochschule feierte im Jahr 2012 ihr 50-jähriges Bestehen. Die Gemeindebibliothek steht mit einem großen Angebot von Judaica und literarischen Werken über und von Jüdinnen und Juden allen Interessierten zur Verfügung. Das Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam besteht seit 1999 und ist das erste Ausbildungsseminar für Rabbinerinnen und Rabbiner sowie Kantorinnen und Kantoren in Kontinentaleuropa nach der Schoa. Es steht in der Tradition der Berliner Hochschule für die Wissenschaft des Judentums, die 1942 von den Nationalsozialisten geschlossen wurde. Das Kolleg wird aus öffentlichen und privaten Mitteln gefördert. Die erste Rabbinerordination fand 2006 in Dresden statt. Ziel des Abraham Geiger Kollegs ist es, Rabbinerinnen und Rabbiner sowie Kantorinnen und Kantoren für jüdische Gemeinden in ganz Mittel- und Osteuropa auszubilden, insbesondere aber für Deutschland. Die akademische Ausbildung ist in Seite 4 von 5 dem umfassenden Lehrplan des Instituts für Jüdische Studien an der Universität Potsdam verankert und so in das Umfeld einer Universität eingebettet. Ein Kollegium von Rabbinerinnen und Rabbinern sowie Kantorinnen und Kantoren aus ganz Europa begleitet die Entwicklung der Kandidatinnen und Kandidaten. Das Forum für Interkulturellen Dialog Berlin (FID) hat 2002 seine Dialogtätigkeiten aufgenommen und wurde 2008 als Verein eingetragen. Ziele des FID waren die Förderung des interkulturellen Dialogs, der konstruktive Umgang mit kultureller Vielfalt sowie die Förderung des friedlichen und toleranten Zusammenlebens von Menschen. 2015 haben sich mehrere Dialogvereine aus unterschiedlichen Bundesländern dazu entschlossen, gemeinsam unter dem Namen Forum Dialog e.V. zu agieren. Das FID ist darin aufgegangen. Das Forum Dialog, das jetzt Projektpartner des House of One ist, versteht sich als bundesweit aktive Dialoginitiative, die auf ein friedliches Zusammenleben in Deutschland hinwirkt, indem es Menschen mit unterschiedlichen Überzeugungen in Gesprächsrunden, Workshops, Konferenzen und vielfältigen Kulturveranstaltungen zusammenbringt. Innerhalb des Forums werden neben religiösen Inhalten auch aktuelle gesellschaftliche und politische Themen behandelt. Der Verein wird über Mitgliederbeiträge, Spenden und Drittmittel finanziert. 6. Handelt es sich beim Forum Dialog e.V. um eine Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes? Grundsätzlich benötigt die Gründung einer Religionsgemeinschaft kein staatliches Mitwirken und liegt in der Religions- und Weltanschauungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger im Sinne von Artikel 4 und 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 136ff der Weimarer Reichsverfassung, insbesondere Artikel 137 Absatz 2 Weimarer Reichsverfassung. Eine eigene rechtliche Anerkennung ist nicht vorgesehen. Die Prüfung, ob eine Organisation eine Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes aus staatlicher Sicht ist, erfolgt nur anlassbezogen (beispielsweise Antrag auf Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Antrag auf Erteilung von Religionsunterricht an öffentlichen Schulen). Einen solchen Anlass gab es beim Forum Dialog e.V. noch nicht, so dass bisher keine Prüfung erfolgte, ob das Forum Dialog e.V. aus staatlicher Sicht die Merkmale einer Religionsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes erfüllt. 7. Ist dem Senat die Nähe des Forum Dialog e.V. zum islamischen Prediger Fethullah Gülen und dessen Lehren bekannt, und ggfs. welche Erkenntnisse hat der Senat hierzu im Einzelnen? 8. Welche Kenntnisse hat der Senat zu Fethullah Gülen, seiner Lehre und seinem Netzwerk in Berlin? Zu 7. und 8.: Dem Senat von Berlin ist bekannt, dass das Forum Dialog e.V. nach eigenen Angaben von deutschen Musliminnen und Muslimen mit überwiegend türkischer Migrationsgeschichte gegründet wurde, deren Inspiration auf die Lehren und die Werte des muslimischen Gelehrten Fethullah Gülen zurückgeht. Wegen seiner Nähe zum Gülen-Netzwerk wird das Forum Dialog e.V. kritisiert. Dem Gülen- Netzwerk werden unter Anderem strikte Hierarchien vorgeworfen. Eine Beobachtung des Forums Dialog e.V durch die Ämter für Verfassungsschutz besteht nicht. Das Forum Dialog leistet stattdessen in Berlin eine aktive und Seite 5 von 5 glaubwürdige Unterstützung der religionsübergreifenden Zusammenarbeit und zeigt sich anderen Religionen gegenüber offen und gesprächsbereit. Im Übrigen wird auf die Antworten der Schriftlichen Anfragen Drucksache 17/ 10986 „Aktivitäten der sogenannten Fetullah-Gülen-Bewegung in Berlin“ vom 20. September 2012 und Drucksache 18/ 13762 vom 13. März 2018 „House of One und Hizmet-Bewegung“ verwiesen. 9. Wie schätzt der Senat die Akzeptanz des geplanten House of One und insbesondere der Moscheeräume in Trägerschaft des Gülen-nahen Forum Dialog e.V. bei den Berliner Muslimen angesichts der Putsch-Vorwürfe gegen Gülen und seine Anhänger in der Türkei ein? Zu 9.: Der Senat von Berlin ist sich der variierenden, wechselseitigen Akzeptanz innerhalb der pluralen islamischen Community bewusst. Im Sinne der großen Vielfalt des Islam in Berlin, begrüßt der Senat die Einrichtung von Moscheen unterschiedlicher Ausrichtung und schafft Anlässe zum innermuslimischen Austausch. 10. Beabsichtigt der Senat, zukünftig die Unterstützung von Gruppierungen und Vereinigungen, die sich zu Gülen bekennen, weiter zu fördern? Zu 10.: Der Senat von Berlin unterstützt Projekte, die sich um Dialog, Verständigung und Vielfalt in unserer Stadt bemühen. Eine Förderung erfolgt erst nach sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls. Aussagen über künftige Förderungen können daher grundsätzlich nicht getroffen werden. Berlin, den 21.02.2019 In Vertretung Gerry Woop Senatsverwaltung für Kultur und Europa