Drucksache 18 / 17 865 Schriftliche Anfrage 18. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) vom 12. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Februar 2019) zum Thema: Telefonkosten in den Berliner Justizvollzugsanstalten – Monopolstellung von Telio und Antwort vom 26. Februar 2019 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. März 2019) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung Herrn Abgeordneten Marc Vallendar (AfD) über den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin über Senatskanzlei - G Sen - A n t w o r t auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18/17865 vom 12. Februar 2019 über Telefonkosten in den Berliner Justizvollzugsanstalten - Monopolstellung von Telio -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1 a). Inwiefern hat sich die Situation in den Justizvollzugsanstalten bezüglich der unterschiedlichen hohen Telefonkosten für Gefangene seit 2017 geändert? Zu 1 a): Im Jahr 2018 konnten die Tarife in fünf der sieben Berliner Justizvollzugsanstalten (JVA) im Rahmen einer Vertragsanpassung der laufenden Verträge vereinheitlicht und gesenkt werden. Die Verträge konnten zudem hinsichtlich der Vertragslaufzeiten harmonisiert werden. Davon nicht erfasst sind die JVA Tegel, die JVA des Offenen Vollzugs Berlin (JVA OVB) und die Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg (JAA). 1 b). Schließt jede JVA weiterhin selbstständig Verträge mit Telefonanbietern ab? Zu 1 b): Die bereits 2018 begonnene Vereinheitlichung soll ab dem Frühjahr 2022 erweitert werden. Geplant ist eine einheitliche landesweite Ausschreibung der zukünftigen Telefonie in den Berliner Justizvollzugsanstalten durchzuführen. 1 c). Welche Laufzeiten haben eventuell neu abgeschlossene oder verlängerte Verträge? Bitte die Laufzeiten nach Haftanstalten aufschlüsseln. Zu 1 c): Die Laufzeiten können der folgenden Tabelle entnommen werden: Anstalt Vertragsende Justizvollzugsanstalt Moabit 28.02.2022 Justizvollzugsanstalt Tegel 31.12.2021 Justizvollzugsanstalt Heidering 28.02.2022 Justizvollzugsanstalt Plötzensee 28.02.2022 Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin Telefonzellen - keine vertragliche Befristung Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin 28.02.2022 Jugendstrafanstalt Berlin 28.02.2022 Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg Münztelefon - keine vertragliche Befristung 2 1 d). Welche Telekommunikationsanbieter versorgen die Haftanstalten? Bitte nach Haftanstalten aufschlüsseln . Zu 1 d): Die Anbieter können der folgenden Tabelle entnommen werden: Anstalt Anbieter Justizvollzugsanstalt Moabit Telio Justizvollzugsanstalt Tegel Telio Justizvollzugsanstalt Heidering Telio Justizvollzugsanstalt Plötzensee Telio Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin Telekom Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin Telio Jugendstrafanstalt Berlin Telio Jugendarrestanstalt Berlin-Brandenburg Zellmer 1 e). Wie hoch sind die Telefonkosten für ein fünfminütiges Gespräch aus den Berliner Haftanstalten? Bitte nach Haftanstalten und geeigneten Kategorien, z.B. ins Festnetz, ins Mobilfunknetz, ins EU-Ausland usw. aufschlüsseln. Zu 1 e): In der JVA Tegel lief der Vertrag zur Telefonie für Gefangene und Sicherungsverwahrte im Jahr 2018 aus. Nach Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens konnte für die Zeit ab dem 1. Oktober 2018 folgender Tarif erreicht werden: Destination Takteinheit (in Sekunden) Preis (brutto) je Takteinheit Preis (brutto) für ein Telefonat von fünf Minuten Orts-/Nahgespräch 30/30 0,005 € 0,05 € Ferngespräch 30/30 0,005 € 0,05 € Mobilfunkgespräch Deutschland 30/30 0,025 € 0,25 € Auslandsgespräch Festnetz 30/30 0,075 € 0,75 € Auslandsgespräch Mobilfunk 30/30 0,125 € 1,25 € Sicherungsverwahrte, die im Gegensatz zu Strafgefangenen in der JVA Tegel über ein eigenes Telefon in ihrem Zimmer verfügen, haben als Ausfluss des verfassungsrechtlichen Besserstellungsgebots darüber hinaus die Möglichkeit, für Orts- und Nahgespräche einen „Flatrate“-Tarif für 12,00 € pro Monat mit der Firma Telio abzuschließen. Des Weiteren besteht für Sicherungsverwahrte die Option der Anrufbarkeit, die kostenlos ist. In der JVA Moabit, der JVA Heidering, der JVA Plötzensee, der JVA für Frauen Berlin und in der Jugendstrafanstalt Berlin gilt seit der Harmonisierung folgender Tarif: Destination Takteinheit (in Sekunden) Preis (brutto) je Takteinheit Preis brutto) für ein Telefonat von fünf Minuten Orts-/Nahgespräch 60/60 0,07 € 0,35 € Ferngespräch 60/60 0,10 € 0,50 € Mobilfunkgespräch Deutschland 60/60 0,23 € 1,15 € Auslandsgespräch Festnetz 60/60 0,19 € 0,95 € 3 Auslandsgespräch Mobilfunk 60/60 0,29 € 1,45 € In der JVA OVB gelten in den dort aufgestellten Telefonzellen die auch sonst üblichen Gebühren der Telekom: Destination Preis für ein Telefonat von fünf Minuten Inlandsverbindung Festnetz 1. Minute 0,50 €, jede weitere Minute 0,10 € 0,90 € Mobilfunkgespräch Deutschland 1. Minute 0,80 €, weitere 15 Sekunden jeweils 0,10 € 2,40 € Auslandsgespräch 1. Minute 1,00 €, weitere 10 Sekunden jeweils 0,10 € 3,40 € 2. Geht der Senat davon aus, dass die hohen Telefonkosten ein Grund (neben anderen) für das Hineinschmuggeln von Handys in die Haftanstalten ist? Zu 2.: Nein, der Senat geht davon aus, dass hierfür andere Gründe maßgeblich sind. Die angebotene Telefonie unterliegt nach den geltenden Vorschriften des Berliner Strafvollzugsgesetzes (StVollzG Bln) möglichen Beschränkungen. Das Telefonieren über unerlaubt im Besitz befindliche Mobiltelefone lässt demgegenüber ein gänzlich unkontrolliertes Telefonieren zu. Darüber hinaus bieten viele Mobiltelefone weitere heute im Alltag weitverbreitete Möglichkeiten der Kommunikation. 3. Welche Maßnahmen und Planungen trifft der Senat, um die Bedingungen für die Telefonkosten in den Haftanstalten anzugleichen und die Häftlinge vor Wucherpreisen zu schützen? Zu 3.: Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, die bisher hohen Preise für Telefonie in den Berliner Justizvollzugsanstalten weiter zu senken. Der Senat hat die unter 1 a) und 1 b) beschriebenen Maßnahmen getroffen bzw. wird sie treffen, um der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen. Danach gebieten es die Fürsorgepflicht der Justizvollzugsanstalten und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die finanziellen Interessen der Gefangenen zu wahren und ihnen Telefonie zu marktüblichen Preisen zu ermöglichen. 4. Welche weiteren Kosten für Kommunikationsmedien entstehen den Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten ? Zu 4.: Keine. 5 a). Welcher Kommunikationsanbieter betreibt die Tablets, die für die Gefangenen in der JVA Heidenring im Rahmen des Pilotprojekts angeschafft wurden? Zu 5 a): Das Forschungsprojekt „Resozialisierung durch Digitalisierung“ wird allein vom Land Berlin durchgeführt. Mit der Realisierung sind das Forschungsinstitut Fraunhofer FOKUS und das Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft IBI beauftragt. 5 b). Welche Kosten, z. B. Miete usw., entstehen den Häftlingen bei der Nutzung der Tablets? Wie hoch sind die Kosten für eine halbstündige Nutzung? Existieren Flatrates? Wenn nein, warum nicht? Zu 5 b): Aktuell entstehen den Gefangenen für die Nutzung der Tablets keine Kosten, da diese derzeit nur im Rahmen des Forschungsprojekts „Resozialisierung durch Digitalisie- 4 rung“ erfolgt. Erst im Zuge des geplanten Übergangs vom Forschungsprojekt in den Echtbetrieb wird sich die Frage der Kosten für die Nutzung stellen. 5 c). Wie schätzt der Senat die Auslastung der Tablets ein? Zu 5 c): Die abgeschlossene erste Testphase zeigte eine sehr gute Auslastung der Tablets . Die Gefangenen nutzen die digitalen Angebote für die Entlassungsvorbereitung, für Bildungs- und Freizeitangebote, den Zugang zu Anstaltsinformationen sowie zur Aufrechterhaltung ihrer sozialen Kontakte. Erstmalig gibt es auch die Möglichkeit der digitalen Antragstellung zur Aufnahme in Sportgruppen, die in der JVA Heidering angeboten werden. Durch diese und ähnliche Maßnahmen der Organisationsentwicklung soll die Arbeit für die Bediensteten zeitgemäßer und effektiver gestaltet werden. 5 d). Welche Beschwerden, z. B. teure Nutzungskosten usw., gibt es über die Tablets von Seiten der Gefangenen ? Zu 5 d): Beschwerden sind fast ausschließlich zu technischen Schwierigkeiten eingegangen (u. a. Verbindungsabbrüche, mangelnde Bandbreite der Internetleitung). 6. Welche Möglichkeit haben bedürftige Gefangene, die wenig oder kein Geld zur Verfügung haben, um eine angemessene Kommunikation mit ihren Familien und Anwälten aufrechtzuerhalten? Zu 6.: Bedürftigen Gefangenen wird gemäß § 65 StVollzG Bln grundsätzlich ein Taschengeld gewährt. Über das Taschengeld können die Gefangenen im Rahmen der Bestimmungen des StVollzG Bln verfügen und dieses etwa verwenden, um Telefonkosten zu begleichen. Gefangene dürfen zudem regelmäßig Besuch bekommen und haben das Recht, Briefe zu versenden und zu empfangen. Sind die Gefangenen nicht in der Lage, die Kosten des Schriftwechsels zu tragen, kann die JVA die Kosten in begründeten Fällen in angemessenem Umfang übernehmen. 7. Wie bewertet der Senat die bundesweite Monopolstellung des Telekommunikationsunternehmens „Telio“ als Marktführer im Bereich der Gefängnisversorgung? Gibt es diesbezüglich Anzeigen oder Beschwerden beim Bundeskartellamt? Plant der Senat diesbezüglich eine Prüfung sowie etwaige Schritte einzuleiten? Zu 7.: Nach hiesigen Erkenntnissen kommt der Telio eine bundesweite Monopolstellung nicht zu. So ist unter anderem in Hamburg ein anderer Telefonieanbieter tätig. Daher wird derzeit kein Anlass gesehen, insofern tätig zu werden. Berlin, den 26. Februar 2019 In Vertretung M. Gerlach Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung